Candygirl von Michael Merhi

candygirl

Erschienen als Taschenbuch
bei Redrum Books
430 Seiten
Preis:  16,54  €
ISBN: 978-3-95957010-7
Kategorie: Thriller / Horror
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Bobby hatte eine schlechte Kindheit, genauso wie Candis. Zwei Menschen, die schon als Kind von schlechten Lebenserfahrungen durch ihre Eltern und Mitmenschen negativ geprägt werden, treffen aufeinander: Bobby, auch Schweineschwarte Bob genannt, ist mittlerweile erwachsen und Zuhälter. Candis hingegen, auch Candygirl genannt, ist noch ein Mädchen im Alter von 12 Jahren und gerät in seine Fänge.
Für Candygirl beginnt ein Leidensweg, der sie durch sämtliche sadistischen Arten von Gewalt und Sex führt …

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Michael Merhi hätte sich für seinen Debütroman kein krasseres Thema aussuchen können: Kinderprostitution und Kindesmisshandlung – eine Kombination, die unweigerlich nur hart, brutal und schockierend sein kann. Wer zartbesaitet ist (und das meine ich im wahrsten Sinne des Wortes), der sollte die Finger von diesem Roman lassen, der an einigen Stellen tatsächlich Grenzen überschreitet. Aber eines nach dem anderen …

Merhis Schocker ist ein Hardcore-Buch, das ich eher im Thriller-, als im Horrorgenre ansiedeln würde. Schon schnell kristallisiert sich heraus, was Merhis Markenzeichen ist: schonungslose, explizite Gewalt- und Sexdarstellungen, die dem Leser einen gewissen Ekelfaktor zu ertragen abfordern. Da muss man schon einiges über sich ergehen lassen. Wo andere aufhören, macht Merhi (erst recht) weiter.
Aber in „Candygirl“ werden nicht nur brutale Gewalt- und pervers-masochistische Sexszenen aneinandergereiht, sondern der Autor geht auch auf die Vergangenheit seiner Protagonisten ein. Und das ist einer der großen Pluspunkte an Merhis Debüt, denn er legt, außer den bereits erwähnten, detailliert beschriebenen und teilweise abstoßenden Szenen, Wert auf eine Handlung. Das ist an sich nichts Neues, wenn ein Leser Einblick in die Psyche und die Vergangenheit der Protagonisten erhält, die zu menschlichem Abschaum werden. Aber in diesem Genre (Hardcore, Rape & Revenge, Splatter) möchte ich behaupten, dass es doch irgendwie „fast“ ein Novum ist, was Merhi da gemacht hat. Auch wenn die Charaktere nicht hundertprozentig in die Tiefe gehen und manche Handlungsweise nicht ganz nachvollziehbar sind, so wachsen einem die beiden Hautpersonen (sowohl das Opfer wie auch der Täter) auf gewisse Art und Weise ans Herz, denn man weiß, wieso sie so geworden sind.

Michael Merhi ist Filmfan und Büchernarr. Das liest man anhand vieler, versteckter Anspielungen in seiner Geschichte heraus. Sein Schreibstil ist flüssig und wahnsinnig schnell zu lesen, wobei ich an dieser Stelle meinen einzigen Kritikpunkt an „Candygirl“ anbringen muss: Merhi benutzt aus meiner Sicht zu oft umgangssprachliche Ausdrücke und Phrasen, die an einigen Stellen den schockierenden Aspekt schlichtweg kaputt machen. Da wäre eine ausdrucksstärkere Wortwahl (und eben nicht eine saloppe) die klügere Wahl gewesen. Andererseits entstand durch Merhis Schreibstil ein kleines Wunder in meinem Kopf. Was mich während des Lesens störte, verwandelte sich nach dem Lesen in einen filmreifen Plot. Ich will damit sagen, dass „Candygirl“ eigentlich erst zu wirken beginnt, wenn man das Buch geschlossen hat. Denn erst dann zeigt sich wohl Merhis Talent, seine Geschichte dermaßen bildlich verfasst zu haben, dass man am Ende meint, nicht ein Buch gelesen, sondern einen Film gesehen zu haben.

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Fazit: Michael Merhi zeigt Talent und sogar Potential nach oben und mit „Candygirl“ hat er eindeutig bewiesen, dass auch harter, ultrabrutaler und abgedrehter Hardcore-Horror (oder eben Thriller) definitiv aus Deutschland kommen kann. Freunde des Festa Extrem-Programms (oder auch Heyne Hardcore) kommen hier voll auf ihre Kosten. Ich hätte mir so manches Mal eine etwas „literarischere“ Ausdrucksform gewünscht, aber das ist immer Geschmackssache. Und dreckig ist nun mal dreckig, oder? 😉

© 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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