Die Katze, die von Büchern träumte von Sosuke Natsukawa

Erschienen als gebundene Ausgabe
im C. Bertelsmann Verlag
insgesamt 190 Seiten
Preis: 22,00 €
ISBN: 978-3-570-10436-1
Kategorie: Belletristik

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Als Rintaros Großvater stirbt, bleibt nur noch dessen Buchhandlung mit seltenen Erstausgaben als Erinnerung übrig. Rintaro schwänzt die Schule und versteckt sich in dem Antiquariat vor der Welt. Doch dann erscheint eine sprechende Katze im Laden und bitte Rintaro eindringlich um Hilfe. Es gilt, Bücher vor dem Untergang zu retten, und nur ein Buchliebhaber wie Rintaro hat das zeug dazu, diese Aufgabe zu meistern.

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„Die Katze, die von Büchern träumte“ ist eine wunderschöne Geschichte für Buchliebhaber, aber nicht nur für die. Voraussetzung ist allerdings, dass man sich auf solcherart Erzählungen einlassen kann. Sosuke Natsukawas Roman ist eine Mischung aus Michael Ende und Walter Moers, voller poetischer, philosophischer Aussagen und einer Handlung, die Melancholie im Leser erweckt. Die Geschichte ist ein Hochgesang an Bibliophile, an Menschen, die nicht nur den Inhalt eines Buches, sondern auch dessen Geruch und das fühlbare Buch lieben. Es ist eine Hommage an Buchsammler, die ihr Leben dem geschriebenen Wort widmen und Leben aus diesen Geschichten ziehen. Natsukawa ist tatsächlich ein kleines literarisches Meisterwerk gelungen, in das man sich fallenlassen und träumerisch darin schwelgen kann, als gäbe es nichts Schöneres als das Leben in Büchern. Interessant ist, dass sich die Geschichte erst so richtig entfaltet, wenn man das Buch zu Ende gelesen und zugeschlagen hat. Erst dann wirkt nämlich das Gelesene, als hätte man es selbst erlebt, als tauche es unter einem melancholischen Schleier der Vergangenheit wieder in den Gedanken des Lesers auf, um sich in Erinnerung zu rufen.
Und gerade die japanische, im ersten Moment kühl und irgendwie distanzierte wirkende Ausdrucksweise verstärkt interessanterweise die Intensität der Geschichte.

Aber es geht in diesem Buch nicht nur um die Macht der Worte, sondern auch um eine Coming-of-Age-Geschichte. Der Leser begleitet den Protagonisten nach dem Tod seines Großvaters auf einer Reise, um erwachsen zu werden. Es stecken viele philosophische Gedanken in diesem Roman, die immer wieder einmal an einen der größten deutschen Schriftsteller, nämlich Michael Ende, auferstehen lassen. Die originellen, ungewöhnlichen Ideen erinnern dann wiederum, wie schon erwähnt, an Walter Moers und seine „Stadt der Träumenden Bücher“. „Die Katze, die von Büchern träumte“ ist eine literarische Reise, die Assoziationen an Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ wecken. Man kann sich in Natsukawas Buch verlieren und in Erinnerungen schwelgen, als ein Buch noch bedeutend für die Leser war. Die Geschichte ist im Grunde genommen nichts anderes als ein Trauergesang auf den oberflächlichen „Genuss“ von ebooks, denen keinerlei Zauber mehr innewohnt, und die in der heutigen Zeit, ähnlich wie MP3-Musikdateien, nur noch als Konsumgut und nicht als physisches Produkt, mit dem man sich nachhaltiger beschäftigt hat, gelten.
„Die Katze, die von Büchern träumte“ ist ein kleines Meisterwerk, das man durchaus öfter in die Hand nehmen kann, um die wahre Bedeutung von Büchern zu spüren. Natsukawas Roman verdient Millionen von Lesern, um die Macht von Büchern und deren Worte wieder auferstehen zu lassen und entsprechend anzuerkennen. Wer Bücher mag, sollte „Die Katze, die von Büchern träumte“ unbedingt lesen.

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Fazit: Eine Liebeserklärung an die Literatur und das physische Buch.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Königsmörder von Robert Harris

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 478 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-453-32013-0
Kategorie: Historischer Roman, Belletristik

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Im England des Jahres 1660 wird König Karl I. enthauptet. Die Königsmörder, , die das Urteil zur Hinrichtung des Königs unterzeichnet haben, sind auf der Flucht. Zu diesen Flüchtigen gehören auch die Oberste Whalley und Goffe, die rechtzeitig nach Amerika fliehen können. Doch die fanatischen Häscher bleiben ihnen dicht auf den Fersen.

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Robert Harris gehört zu jenen Autoren, deren Bücher ich, sofern es mir möglich ist, sofort nach Erscheinen lesen möchte. Sein Schreibstil und die überwiegend ruhige Erzählweise faszinieren mich bei jedem seiner Romane. Beim vorliegenden „Königsmörder“ schafft der Autor es erneut, mich von der ersten bis zur letzten Seite zu überzeugen. Auch wenn es an einigen Stellen sehr historisch zugeht, was dem ein oder anderen durchaus zu langatmig sein könnte, verströmt die Geschichte zweier Männer, die als Königsmörder gejagt werden, eine unglaublich dichte Atmosphäre. Jedes Mal, wenn man das Buch in die Hand nimmt, fühlt man sich mittendrin in der Geschichte.
Wie gesagt, man muss sich an manchen Stellen ein wenig durchbeißen, wenn es zu sehr ins Historische geht, aber letztendlich gehört es zur Geschichte und vor allem zum Verständnis jener Zeit.
Harris erweckt die Vergangenheit nämlich sehr detailliert und bildhaft und erklärt politische Zusammenhänge so, dass man sie auch versteht.

„Königsmörder“ ist ein typischer Harris, der durch seinen angenehmen Erzählstil überzeugen kann. Man fühlt sich wohl in der Handlung und möchte die beiden Protagonisten nicht mehr verlassen. Selbst wenn man sich für die historische Geschichte an sich nicht interessiert, so vermag der Autor alleine wegen dem Handlungsstrang der beiden Protagonisten zu faszinieren, denn man sieht diese Szenen der Flucht wie einen Film vor seinem inneren Auge.
Vor allem das (erfundene?) Ende ist ihm außerordentlich gut und emotional gelungen.
Robert Harris hat mich auch mit „Königsmörder“ erneut in seinen Bann gezogen wie all seine Romane. Vor allem seine letzten Werke haben es mir (ähnlich wie bei John Grisham und Stephen King) angetan, obwohl viele gerade die Bücher der letzten Jahre von den genannten Autoren nicht mögen.
Ich jedenfalls bin von diesen Spätwerken und eben auch dem vorliegenden Roman begeistert und freue mich schon jetzt auf ein weiteres Abenteuer von Robert Harris.

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Fazit: Spannender und sehr gut geschriebener historischer Roman, wie man es von Harris gewohnt ist.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Bowie Odyssee 71 von Simon Goddard

Erschienen als Taschenbuch
im Hannibal Verlag
insgesamt 206 Seiten
Preis: 20,00 €
ISBN: 978-3-85445-740-4
Kategorie: Biografie

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England 1971. Überall im ganzen Land herrscht Aufbruchsstimmung: Revolution im Popbusiness und in der freien Liebe. Ein mehr als geeigneter Ausgangspunkt für eine unvergleichliche Karriere eines außergewöhnlichen Musikers.

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Schon bei „Odyssee 70“ konnte mich Simon Goddard vollkommen mit seinem spritzigen, romanhaften Schreibstil überzeugen. Mit der vorliegenden Fortsetzungs-Biografie steigerte sich der Autor noch einmal und liefert ein Leseerlebnis der Extraklasse ab. Die Anfänge von David Bowies Karriere und die damit verbundene Lebensgeschichte lesen sich wie ein Roman. Witzig, tragisch und in höchstem Maße unterhaltsam. Goddard besitzt eine Gabe, seine Leser derart in den Bann zu ziehen, dass sie die Welt um sich herum vergessen und absolut in die 1970er-Jahre eintauchen. Dieses Mal wirkten die Geschehnisse noch weitaus intensiver und unterhaltsamer als beim ersten Teil. Ich war hautnah mit dabei, als Bowie Vater wurde, wie er seine ersten Auftritte als androgyner Künstler hatte und an seinem Erfolg arbeitet. Und wieder spielt Marc Bolan, der Mastermind hinter der Band T.Rex, eine maßgebliche Rolle in Bowies Leben. „Odyssee 71“ macht unglaublich Spaß und stellt eine Biografie dar, wie ich sie in der Art noch nie gelesen habe. Goddard hat einen ganz speziellen Weg gefunden, um dem interessierten Leser den Menschen David Bowie näherzubringen.

„Odyssee 71“ ist eine spannende Reise, die einen atemlos zurücklässt. Durch Goddards einzigartigen Stil, der historisch belegte Ereignisse mit fiktionalen Begebenheiten mischt, lernt man den Künstler und Menschen David Bowie näher und besser kenne, versteht seine Songs, Texte und Alben besser und wird während des Lesens auf liebenswerte Weise fast schon genötigt, die dazugehörigen Musikmeilensteine anzuhören. Vor allem durch die konsequent langsame Vorgehensweise (Goddard wird wohl jedes einzelne Jahr dieser wichtigen Entwicklungspunkte in Bowies Karriere mit einem Band beleuchten) können sich selbst unwichtige Ereignisse als wichtig für Bowie und seinen Erfolg herauskristallisieren. Der Leser lernt die politischen Umstände jenes Jahres kennen, spürt die Aufregung unter den Künstlern und die „Modernisierung“ in einigen Belangen, sodass es nicht ausbleibt, sich Bowies Songs unter diesem Aspekt anzuhören … und zu verstehen.
Sollte Goddard seinen Plan wahr machen und die zehn wichtigsten Jahre in Bowies Leben mit jeweils einem Band zu behandeln, so erwartet den geneigten Fan etwas Epischen, Bombastisches.
Mit diesem zweiten Band gelang Simon Goddard jedenfalls eine gewaltige Steigerung, was die Wartezeit auf Band 3 umso mehr „verschlimmert“, denn da geht es ja dann erst so richtig los.

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Fazit: Grandiose Fortsetzung von „Odyssee 70“, wunderbar geschrieben.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Ruf der Unendlichkeit von Andreas Brandhorst

Erschienen als Taschenbuch
im Fischer Tor Verlag
insgesamt 540 Seiten
Preis: 18,00 €
ISBN: 978-3-596-70575-7
Kategorie: Science Fiction

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Aron ist der letzte Mensch in der Milchstraße. Im Auftrag einer Superzivilisation versucht er alte Kulturgüter vor den sogenannten Blendern zu schützen. Was er dabei allerdings entdeckt, übersteigt sein Vorstellungsvermögen.

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Wie nicht anders zu erwarten, so hat mich auch das neue Buch von Andreas Brandhorst bereits auf den ersten Seiten gepackt. Es ist wieder einmal der besondere Schreibstil, der fasziniert und begeistert. Auf philosophische, melancholische und epische Weise nimmt uns einer der besten deutschen Science-Fiction-Autoren mit auf eine unvergessliche Reise in die Weiten des Alls, auf der Zeit und Raum ungeahnte Dimensionen annehmen und in ihrem Ideenreichtum an Werke von Stephen Baxter erinnern. Brandhorst schafft es, seine Leser zu fesseln, ja, geradezu zu hypnotisieren, wenn er Geschichten aus seinem Universum erzählt, in dem verschiedene Wesen existieren. Brandhorst siedelt die Story innerhalb seines „Omniversums“ an, aber der vorliegende Roman kann, wie die Bücher „Omni“ und „Das Arkonadia-Rätsel“, unabhängig voneinander gelesen werden. Man versteht die Geschichte auch ohne Vorwissen, denn es liegen Millionen von Jahren zwischen den Handlungen der Bücher. Wer die beiden anderen Romane kennt, wird jedoch Zusammenhänge erkennen und seinen Horizont bezüglich des „Omniversums“ erweitern können.

Brandhorst behandelt Themen wie Multiversum, Unsterblichkeit, die Macht von Erinnerungen und Religion. Das alles wirkt sehr authentisch, weil solche Dinge bei Brandhorst eben Hand und Fuß haben. Sein Worldbuilding fasziniert und man kann, einmal in diese Welt voller unendlicher Weiten und philosophischer Weisheiten eingetaucht, das Buch kaum mehr aus der Hand legen.
Man ist versucht, jedes neue Buch von Andreas Brandhorst als Meisterwerk zu bezeichnen und ihm eine entsprechende Steigerung sowohl in Ausdrucksform als auch Handlung zuzusprechen, aber im Grunde genommen weiß man, dass das nicht stimmt, denn JEDES Buch von Brandhorst ist ein Meisterwerk für sich. Er schafft es, Welten im Kopf der Leser sichtbar und Gedanken fühlbar zu machen. Wenn man sich darauf einlassen kann, fühlt man sich wohl in diesem Universum und wird mit einer Geschichte belohnt, die zudem auch noch an vielen Stellen zum Nachdenken anregt.
Wie immer bin ich absolut begeistert und kann es kaum erwarten, zusammen mit Andreas Brandhorst erneut in eine Welt voller Mysterien einzutauchen.

Am Ende des Buches befindet sich ein Glossar mit allen relevanten Begriffen, die im Roman vorkommen. Ich persönlich habe nur selten nachgeschlagen, da ich die Handlung auch ohne derartige „Hilfestellung verstanden habe. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich die Vorgängerromane aus dem „Omniversum“ kenne, aber die Dinge werden meiner Meinung nach ausführlich und verständlich erklärt. „Ruf der Unendlichkeit“ ist Brandhorst at his best: episch, melancholisch und philosophisch. Eine Space Opera, die vollkommen überzeugt und süchtig macht.

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Fazit: Ein weiteres Meisterwerk deutscher Science Fiction.

©2022 Wolfgang Brunner

Fairy Tale von Stephen King

Erschienen als gebundene Ausgabe mit Leseband
im Heyne Verlag
insgesamt 880 Seiten
Preis: 28,00 €
ISBN: 978-3-453-27399-3
Kategorie: Fantasy, Märchen

Ich warne sicherheitshalber vor Spoilern

Der 17-jährige Charlie Reade ist eigentlich ein ganz normaler Teenager, außer vielleicht, dass er mit seinem Vater alleine lebt seit er 7 Jahre*** alt ist. Seine Mutter wurde überfahren, als sie auf dem Heimweg von der Tankstelle war, wo sie für die Familie Hähnchenteile besorgt hat. Charlies Vater wollte sie fahren, sie aber lehnte ab und wollte gerne etwas frische Luft genießen. Tja, dieser Abend änderte alles. Charlies Vater begann zu trinken, verlor seinen Job bei der Versicherung und beinahe wären sie finanziell so richtig zugrunde gegangen. Aber dann kam ein ehemaliger Arbeitskollege und guter Freund und das Blatt wendete sich wieder. Charlies Vater wurde durch die Treffen der AA trocken und kam wieder auf die Füße. Charlie nahm ihm das nie übel, nein, er verstand seinen Vater nur zu gut und half ihm, so gut er konnte. Er kümmerte sich um den Haushalt und um seinen Dad, wenn er wieder betrunken war, und versorgte sich selbst. Daneben entwickelte er sich – wie gesagt – zu einem Teenager, der zwar eine Weile lang seinen Frust gemeinsam mit einem Kumpel, der kein guter Umgang für ihn war, rausgelassen hat, mit Aktionen, auf die er überhaupt nicht stolz ist rausgelassen hat aber dann auch wieder die „Kurve“ gekriegt hat.

Eher zufällig lernt Charlie den alten, verschrobenen Nachbarn Howard Bowditch kennen, weil der nämlich in seinem Garten hinter der Veranda liegt, wo er von der Leiter gefallen ist. Sein Hund Radar hat so jämmerlich gejault, dass Charlie sich hinter das Gartentor gewagt hat. Und das will was heißen. Denn der riesige Schäferhund, der dort wacht, soll absolut blutrünstig und ein totales Monster sein. So sagt es zumindest Charlies Freund. Nun, Radar ist inzwischen eine alte Hundedame und liegt neben ihrem Herrn, der sich nicht mehr rühren kann. Charlie ruft den Krankenwagen und so kommt eines zum andern: Es entwickelt sich langsam aber sicher eine wahre, tiefe Freundschaft zwischen Charlie und dem alten Eigenbrötler Bowditch. Charlie kümmert sich zunächst um Radar, als der Alte im Krankenhaus liegt und wohnt nach seiner Heimkehr bei ihm, um ihm als Pfleger und „Junge für alles“ zur Seite zu stehen.

Als Howard Bowditch stirbt, hinterlässt er Charlie nicht nur das alte Haus, das so verfallen nun gar nicht mehr ist, und die wundervolle alte Hundedame Radar. Nein, Bowditch hinterlässt Charlie viel viel mehr. Ein großes und wundervolles Geheimnis. Ein Tor in eine andere Welt. Doch dazu muss Charlie erst einmal den Schuppen öffnen …

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Jetzt bin ich schon bei der Inhaltsangabe etwas ausgeufert, aber mit 2 Sätzen wollte ich die Handlung nun auch nicht zusammenfassen. Aus diesem Grund passen meine Rezensionen leider auch nicht auf die Verlagsseiten. „Zu viele Zeichen“ bekommen ich immer gemeldet ☺.

Gerade dieser erste Teil des Romans hat mir so sehr gefallen, dass ich mich zunächst in der „Anderswelt“ überhaupt nicht richtig wohlgefühlt habe. Ich wollte wieder hinauf in die Realität. Ich wollte zurück zu Charlie und seinem Vater, die beide so ein absolut tolles Verhältnis haben, dass ich dort bleiben wollte. Klar, Howard Bowditch war gestorben, was ich auch sehr bedauerlich fand, denn auch dieses Verhältnis fand ich richtig toll. Charlies Vater hatte nach dem Tod der Mutter getrunken, er wurde aber nie böse oder gewalttätig, wie wir es so oft in anderen Geschichten zu lesen bekommen. Nein, Charlies Vater war einfach „nur“ traurig, depressiv und trank. Er hat seinen Sohn nie auch nur angebrüllt und Charlie hat das alles so toll gemeistert, dass diese Vater-Sohn-Beziehung mir wirklich sehr nahe ging. Ebenso das Verhältnis zwischen Alt & Jung. Der freundliche Teenager hilft einem alten, verschrobenen, total grantigen Mann und es entwickelt sich eine tolle Beziehung zwischen den beiden.

Die Anderswelt ist unter unserer Welt gelegen und mit dem Betreten dieser Welt beginnt das Märchen, die Fantasy-Reise von Charlie Reade, der diese Welt offensichtlich retten oder befreien muss. Es gibt hier wundersame Menschen und Wesen. Eine graue Krankheit, die vielleicht an Michael Ende erinnert, auf den sogar kurz hingewiesen wird (leider nimmt Stephen King nur Bezug auf den Film „Die unendliche Geschichte“ und nicht auf das Buch). Ich habe es der Anderswelt schwer gemacht, eben weil ich aus den o.g. Gründen eigentlich lieber wieder in die echte Welt wollte, aber ich habe mich „gezwungen“, mich darauf einzulassen und so nach und nach wurde ich damit warm.

Ich habe selbst nie Lovecraft gelesen, weshalb ich einige Anspielungen und Hinweise vielleicht nicht erkannt habe, doch bei einigen Wesen wusste selbst ich, dass es sich um lovecraftsche Viecher handelt, stehen doch einige seiner Bücher in unserer Bibliothek (es ist hier auch interessant auszuknobeln, wem dieses Buch gewidmet ist und wer sich hinter den 3 Kürzeln verbirgt. Versucht es mal).

Wir begeben uns mit Charlie Reade auf eine Reise, das Land Empis zu retten und befreien, wobei Charlie eine große Rolle spielt. Auch Radar ist dabei, denn sie ist der eigentliche Grund, warum Charlie überhaut den Übergang durch den Schuppen gewählt hat. Wir treffen auf märchenhafte Figuren und lernen viel über das Land und dessen Bewohner. Auch hier geht es sehr stark um Freundschaft und Vertrauen und die Stärke, die eine Gruppe aufbauen kann.

Gibt’s ein Happy End? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Vielleicht irgendwie? Jedenfalls hatte ich zum Abschluss des Buches einen dicken Kloß im Hals und hätte dann doch gerne weitergelesen.

Fazit: Eine bunte Mischung aus Fantasy, Märchen, mystischem Horror und einem großen Abenteuer, das zu Herzen geht und fesselt.

*** Im inneren Klappentext ist dem Verlag in der Erstausgabe ein kleiner Fehler unterlaufen, worauf ich Heyne auch hingewiesen habe. Dort wird Charles Reade als 3-Jähriger beschrieben. Auf Seite 12 ist er dann korrekterweise 7 Jahre alt. Ich habe einen Blick in die englische Originalausgabe geworfen und dort ist Charlie auch tatsächlich 7 Jahre alt (auch im inneren Klappentext). Lasst euch also nicht verwirren, denn gegen Ende erzählt er selbst sogar nochmal, dass seine Mum starb, als er 8 Jahre alt war ☺


©2022 Buchwelten

Freiheitsgeld von Andreas Eschbach

Erschienen als gebundene Ausgabe
bei Bastei Lübbe
insgesamt 526 Seiten
Preis: 25,00 €
ISBN: 978-3-7857-2812-3
Kategorie: Thriller, Belletristik

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Wir schreiben das Jahr 2064: In Europa wurde das sogenannte „Freiheitsgeld“ eingeführt, eine staatliche Unterstützung, die es der Bevölkerung ermöglicht, ein finanziell sorgenfreies Leben zu führen. Doch dann wird der Politiker, der dieses Freiheitsgeld eingeführt hat, tot aufgefunden. Der Polizist Ahmad Müller nimmt die Ermittlungen auf und kommt einer großen Intrige auf die Spur.

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Ein neues Buch von Andreas Eschbach bedeutet für mich immer, dass ich es erst einmal innerhalb meiner zu lesenden Bücher vorziehe, weil ich seinen Schreibstil und seine Ideen absolut mag. Vor allem sein „Perry Rhodan“ hat mich komplett aus der Bahn geworfen, so eindringlich und gut geschrieben war diese Geschichte. Doch auch sein Nachfolgewerk „NSA“ hat mir sehr gut gefallen. Umso gespannter war ich, als jetzt „Freiheitsgeld“ bei mir landete. Die Geschichte und überwiegen auch der Schreibstil stellten mich auch hier wieder mehr als zufrieden. Allerdings fiel mir bei diesem Roman an mehreren Stellen auf, dass sich Eschbachs Schreibstil ein wenig verändert und vor allem vereinfacht hat. Das hat der Geschichte zwar nicht die Spannung genommen, aber das Hochwertige, das ich bei all seinen anderen Romanen verspürte, fehlte hier an manchen Stellen. Es klang manchmal, als hätte jemand anderer das Werk geschrieben, oder zumindest Teile davon. Aber gut, vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, weil meine Erwartungen diesbezüglich hoch waren und diese normalerweise immer erfüllt wurden.

Jetzt aber zur eigentlichen Handlung und deren Umsetzung: Die Ausgangssituation, und was in der Folge daraus gemacht wurde, hat mir, wie immer, sehr gut gefallen. Eschbach schafft es einfach immer wieder, solcherart Gedankenexperimente bis ins Detail auszuarbeiten und seine Leser damit zum Nachdenken anzuregen. Wie schon in „NSA“ vermischt Eschbach Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, zeigt damit eine mögliche Entwicklung auf, die erst einmal gar nicht so unwahrscheinlich ist. Aktuelle Geschehen und fortführende Gedankenspielereien vermischen sich mit einem spannenden Kriminalfall, sodass man sich auf keiner einzigen Seite langweilt. Auch die Charaktere wurden gut ausgearbeitet und wirken in ihrem Handeln glaubhaft und echt. Bei diesem Roman wirkte es manchmal etwas schwerfällig, wenn immer wieder die Sichtweise der Protagonisten gewechselt hat, aber letztendlich wurden dann doch alle Stränge schön zusammengeführt und haben ein Ganzes ergeben. Bei der Auflösung könnte es dann aber doch einige geben, die damit nicht zufrieden sind, denn sie wirkt ein wenig konstruiert und befriedigt bezüglich des Themas dann nicht so, weil es letztendlich nicht das ist, was man sich vorgestellt hat. Aber das ist, wie immer bei Eschbach, Jammern auf hohem Niveau.

Insgesamt also hat mir „Freiheitsgeld“ wieder einmal außerordentlich gut gefallen. Der Roman zeigt, dass Andreas Eschbach nach wie vor zu den besten deutschen Thriller-Autoren gehört, der sich immer wieder Themen annimmt, die brandaktuell, gutrecherchiert und extrem spannend sind. Auch in Zukunft werde ich also angespannt darauf warten, was der Autor seinen Lesern als nächstes serviert. „Freiheitsgeld“ ist ein interessanter, unterhaltsamer Zukunftsroman, der auf realistische Weise eine gesellschaftliche Entwicklung aufzeigt, die ohne weiteres eines Tages zutreffen könnte. Nicht Eschbachs bester, aber ein sehr guter Roman.

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Fazit: Spannendes und gut ausgearbeitetes Zukunftsszenario.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Schicksalsmelodie von Rainer Mauelshagen

Erschienen als Taschenbuch
bei BoD
insgesamt 192 Seiten
Preis: 8,90 €
ISBN: 978-3-75681486-2
Kategorie: Drama, Liebe, Mystery, Belletristik.

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Kai, Julias über alles geliebter Ehemann, stirbt bei einem Verkehrsunfall. Durch dieses schreckliche Ereignis droht die Welt der Witwe und deren Kinder zusammenzubrechen. Auf den Vorschlag ihrer Eltern, für eine Weile nach Mallorca zu ziehen, reagiert sie erst ungehalten, erklärt sich dann aber bereit, diese Ablenkung doch zu versuchen. Dort lernt sie Àlvaro, einen Pianisten kennen, der sie ein wenig an Kai erinnert. Julia verliebt sich, hat aber dennoch immer wieder ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrem verstorbenen Ehemann. Doch dann entpuppt sich ihre neue Liebe immer mehr zu einer entscheidenden Wendung ihres neuen Lebens …

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„Schicksalsmelodie“ ist mein erstes Buch von Rainer Mauelshagen und es wird definitiv nicht das letzte von ihm sein, das ich mir zu Gemüte führen werde. Sein Schreibstil ist unglaublich gut und angenehm zu lesen. Schon nach den ersten Seiten hat mich der Autor mit seiner Geschichte in den Bann gezogen., Das lag vor allem an dem erwähnten Schreibstil, zum anderen aber an der faszinierenden Art und Weise, wie Mauelshagen seine Geschichte erzählt. Es steckt unglaublich viel zwischen den Zeilen (vor allem in der zweiten Hälfte) und man wird förmlich gezwungen, über bestimmte Dinge seines eigenen Lebens nachzudenken. Das Ganze passiert absolut unaufdringlich, sondern geschieht auf sanfte Weise. Die Geschichte, die Mauelshagen erzählt, ist eine tragische, aber alles andere als hoffnungslose. Die Protagonisten sind allesamt greifbar in ihren Gedanken und Überlegungen und machen das Buch daher sehr glaubhaft. Vor allem die Zweifel, die Julia plagen, sind nachvollziehbar und emotional absolut gelungen. „Schicksalsmelodie“ ist eine Geschichte über eine Liebe, die bis über den Tod hinaus besteht, aber auch eine Parabel über das Loslassen. Ein Hauch von Mystery und Übernatürlichem liegt über dem Ganzen und lässt die Erzählung im Nachhinein wie einen wunderschönen, melancholischen Traum erscheinen, den man trotz aller Tragik sehr gerne träumt.

Rainer Mauelshagens Geschichte ist wunderschön geschrieben und vermittelt eine Lebensphilosophie, derer sich jeder annehmen sollte. Es ist schon relativ selten, dass man einen Liebesroman in den Händen hält, der nicht kitschig, sondern eindringlich und emotional stimmig ist. Und das auch noch von einem männlichen Autor, der die Gefühlswelt einer Frau so überzeugend beschreibt, dass die Leser in jeder Hinsicht ihre Trauer, Liebe und Verzweiflung versteht und ihren brennenden Wunsch nach einem Neuanfang durchaus nachvollziehen kann.
Gerade die mystische und teils esoterische Entwicklung der Geschichte hat mich vollends vom Talent des Schriftstellers überzeugt. Es mag vielleicht nicht jedermanns Sache sein, sich auf eine solche Prämisse einzulassen, aber wer es kann, wird mit einem herzergreifenden Ende belohnt, dass erneut zum Nachdenken einlädt. Autoren wie Rainer Mauelshagen, die so gekonnt mit Sprache umgehen können, sind heutzutage leider selten geworden. Ich wünschte, es gäbe noch mehr solcher Schriftsteller und Schriftstellerinne, die ihre Werke qualitativ hochwertig zu schreiben, obwohl sie dabei wissen, kein größeres Publikum damit zu erreichen.

Ein guter Schriftsteller lässt sich nicht durch finanzielle Erfolge definieren, sondern einzig und allein an der Qualität seiner Bücher. In dieser Hinsicht gehört Rainer Mauelshagen für mich bereits nach einem einzigen Buch, das ich gelesen habe, zu einem ganz großen Autor, der es nicht nur schafft, sich gewählt auszudrücken, sondern auch mit „Schicksalsmelodie“ eine außergewöhnliche, ansprechende und emotional ergreifende Geschichte erschaffen hat. Ich freue mich schon auf all die anderen Bücher von ihm und hoffe, dass er uns noch viele weitere Romane beschert.

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Fazit: Außergewöhnliche, emotionale Liebesgeschichte auf sprachlich hohem Niveau.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das Heim von Mats Strandberg

Erschienen als Taschenbuch
im Fischer Tor Verlag
insgesamt 426 Seiten
Preis: 11,00 €
ISBN: 978-3-596-70377-7
Kategorie: Thriller, Horror

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Joel muss seine demenzkranke Mutter Monika schweren Herzens in ein Pflegeheim bringen. Als sich Monikas Zustand immer mehr verschlechtert, denkt er natürlich zuerst, es würde an der hinterhältigen Krankheit liegen. Doch es ist etwas Böses, das von Monika Besitz ergriffen hat …

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Mit „Das Heim“ hat sich Mats Strandberg aus meiner Sicht selbst übertroffen und einem modernen Klassiker des Horrors erschaffen. Sein Ausflug in ein Alten-und Pflegeheim ist wirklich unheimlich und steckt gleichzeitig auch voller Wahrheiten. Bei diesem Roman hinkt der Vergleich, Mats Strandberg wäre der schwedische Stephen King, nicht so sehr wie bei seinen anderen Büchern. In „Das Heim“ entwickelt sich das Grauen und der Horror aus einer Alltagssituation und macht das Geschehen dadurch umso erschreckender und auch authentischer. Die Beschreibungen der Arbeitsabläufe in einem Altenheim gleichen denen meiner Schwester, die in einem solchen Heim arbeitet, in jeder Hinsicht. Auch diese Realitätsnahe tragt dazu bei, dass man den Schrecken, der sich in die Institution und bei den Bewohnern einnistet, deutlich spürt. Hinzu kommen die Gedankengänge des Protagonisten, die seine Figur lebendig, glaubhaft und sympathisch machen. Bei all diesen Aspekten hat Strandberg ganze Arbeit geleistet und konnte mich absolut überzeugen.

Strandbergs Schreibstil ist einfach, aber flüssig zu lesen und äußerst effektiv. Er schafft es, eine unglaublich bedrohliche und unheimliche Stimmung aufzubauen, die sich durch den ganzen Roman bis zum erschreckenden Finale hinzieht. Ein wenig erinnert „Das Heim“ an den Kinoerfolg „Der Exorzist“, bewegt sich aber niemals auf den Pfaden eines Plagiats, sondern besitzt eine eigene Geschichte, in der es ebenfalls um Liebe, Zuwendung, Hilflosigkeit und natürlich Gut und Böse geht. Während des Lesens dachte ich unentwegt, was für einen genialen, stimmungsvollen Film man aus dieser literarischen Vorlage machen könnte. Und ich hoffe, dass es eines Tages vielleicht dazu kommen wird.
Geschickt vermischt Strandberg grusligen Horror mit einer alltäglichen Tragik, die uns allen drohen könnte: Ein Familienmitglied leidet an Demenz und muss in ein Pflegeheim. Ist die Krankheit schon ein Albtraum, so setzt Strandberg der Bedrohung noch einen Aspekt hinzu, nämlich eine dämonische Entität.

Mit sich langsam immer stärker aufbauender Spannung zieht Strandberg seine Leser von der ersten Seite an in seinen Bann. Im Verlaufe der Handlung wird die Geschichte immer beklemmender und unheimlicher. Auch wenn man „Das Heim“ nicht mit Strandbergs Debüt „Die Überfahrt“ vergleichen kann, so hat mich der vorliegende Roman weitaus mehr gepackt. Mats Strandberg ist nach „Die Überfahrt“, dem hier besprochenen „Das Heim“ und seinem neuesten Werk „Die Konferenz“ für mich einer der Autoren, deren nächsten Romane ich kaum erwarten kann. Seine Bücher sind ganz großes Kopfkino, „Das Heim“ insbesondere.

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Fazit: Unheimlich, atmosphärisch und extrem gut geschrieben.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das tiefschwarze Herz von Robert Galbraith (Cormoran-Strike-Reihe Teil 6)

Erschienen als gebundene Ausgabe mit Leseband
bei Blanvalet
insgesamt 1360 Seiten
Preis: 26,00 €
ISBN: 978-3-7645-0817-3
Kategorie: Krimi – Thriller

In ihrem mittlerweile sechsten gemeinsamen Fall ermitteln Cormoran Strike und Robin Ellacott in Online- Kreisen. Die Mitentwicklerin der beliebten Animationsserie „Das tiefschwarze Herz“, Edie Ledwell, kreuzt total aufgelöst in der Detektei auf und bittet Robin Ellacott eindringlich um Hilfe. Sie erzählt, dass sie von einem fast schon krankhaften Fan online extrem terrorisiert und bedroht wird. Der Fan, der außerdem ein Online-Game zur Serie ins Leben gerufen hat, nennt sich Anomie und Edie Ledwell hat tatsächlich Angst um ihr Leben.
Robin erklärt ihr, dass die Detektei erstens überhaupt keine freien Kapazitäten für einen neuen Fall habe und sie außerdem nicht wirklich erfahren im Bereich der Cyber-Kriminalität wären. Robin empfiehlt der aufgebrachten Edie Ledwell eine bekannte/befreundete Detektei und schickt sie weg.
Einige Tage später ist Edie Ledwell tot.
Sie wurde ermordet auf dem Highgate Cemetery aufgefunden, genau dem Ort, an dem die Serie „Das tiefschwarze Herz“ spielt und die ersten Ideen dazu entstanden waren.
Nun werden Strike und Ellacott doch beauftragt und zwar von den Produzenten des Spielfilms zu „Das tiefschwarze Herz“, der in naher Zukunft geplant war. Das Ermittlerduo soll herausfinden, wer sich hinter Anomie verbirgt und begibt sich selbst dadurch auch (erneut wieder einmal) in Gefahr …

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Sicherheitshalber gebe ich einen Spoileralarm, falls ich mich doch zu sehr auslasse.

Ich bin von Anfang an Fan der Romane von Robert Galbraith, dem Pseudonym von J.K. Rowling. Und auch „Ein plötzlicher Todesfall“ (Rowlings erster NICHT-Potter) hat mich absolut gefesselt und überzeugt und mir gezeigt, dass J.K. Rowling tatsächlich mit jedem Buch gewachsen ist. Sie hat einmal gesagt, dass sie, auch wenn nun bekannt ist, dass sie sich hinter Galbraith verbirgt, dennoch dabei bleibt. Denn sie kann als Robert Galbraith einfach „anders“ schreiben.

Dieser sechste Teil der Reihe um den etwas außergewöhnlichen Ermittler mit Beinprothese umfasst über 1.300 Seiten und ich hätte mir trotzdem noch mehr gewünscht. Ich fühlte mich so wohl mit den beiden und in ihrer Umgebung, dass ich sie auch nach noch so vielen Seiten nicht verlassen mochte.

Wir beginnen die Geschichte mit Robins 30. Geburtstag, den die beiden gemeinsam im Ritz verbringen und ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, dass das ständige „kriegen sie sich nun oder nicht“ perfekt weitergeführt wird. Robin und Cormoran sind offensichtlich ein Dream-Team. Sie passen eigentlich perfekt zusammen und stehen sich privat trotzdem immer wieder selbst im Weg ☺. Es gibt wieder einmal Frauengeschichten bei Corm und auch die attraktive Robin kommt nach wie vor bei den Männern gut an. Natürlich steht auch Charlotte – die Ex – wieder auf dem Plan. Mehr soll aber nicht verraten werden.

Die Autorin/Der Autor wechselt, wie gehabt, in den Kapiteln ab. Es gibt ein Strike-Kapitel, wo wir ihn aktiv begleiten, dann wieder ein Ellacott-Kapitel, wenn der Leser an Robins Seite ist. Aber es gibt auch, wie ich finde vermehrt, gemeinsame Kapitel. Denn die beiden sind tatsächlich wieder öfter gemeinsam unterwegs.

Galbraith versteht es ungemein viele Fäden auszuwerfen, Fährten auszulegen und den Leser immer wieder ins Grübeln zu bringen, wer denn nun Anomie sein könnte, nur um die Überlegungen dann doch wieder über den Haufen zu werfen. Wie gesagt, über 1300 Seiten Lesestoff und kein Stück Langeweile kommt auf. Es gibt hochdramatische Momente, spannende Szenen aber auch Lustiges, Liebevolles und Herzliches zu erleben. Und natürlich auch jede Menge Hass, Neid, Intrigen und echte Gefahr.

Es wird in einigen Teilen der Bücher in einem eher ungewöhnlichen Stil geschrieben. Da sind zum einen die Chatverläufe innerhalb des Online Games, in dem Anomie einer der Hauptadministratoren ist. Und die zu lesen ist mir wirklich schwer gefallen. Vor allem, wenn 3 Moderatorenkanäle zur Unterhaltung geöffnet waren und man somit über Seiten hinweg in drei Spalten Chatverläufe lesen musste. Das war anstrengend und war mit einigem Hin- und Herblättern verbunden. Zum Anderen wurden Twitter-Postings gedruckt, inkl. der Retweets oder Kommentare. Die zu lesen war hingegen angenehmer und natürlich war beides für die Handlung ungemein wichtig. Aber ich gestehe, dass ich immer froh war, wenn ich wieder zum „herkömmlichen“ Stil wechseln konnte. Auf meine Begeisterung zum Buch hatte dies auch überhaupt keinen Einfluss.

Fazit: Ein grandioser sechster Teil der Reihe um Cormoran-Strike, der tief ins Cybermobbing und die Welt des Internets eintaucht. Sowohl im positiven Sinne (denn gruselige Animationsserien, und dazu das von Fans für Fans entwickelte Game als Austausch ist grundsätzlich super), als auch im extrem negativen. Aktueller kann das Thema wohl kaum sein, geht es doch um Youtube-Serien, Netflix, Online-Games und das absolute Niedermachen mancher Personen in den sozialen Medien von Menschen, die sich hinter Ihrem Nickname und/oder Avatar verstecken.

Rezensionen zu den übrigen Teilen:

Der Ruf des Kuckucks (Teil 1)
Der Seidenspinner (Teil 2)
Die Ernte des Bösen (Teil 3)
Weißer Tod (Teil 4)
Böses Blut (Teil 5)

& weil er wirklich gut war meine Rezension zu „Ein plötzlicher Todesfall“

©2022 Buchwelten

Der Federmörder von James Patterson und J.D. Barker

Erschienen als Taschenbuch
bei Blanvalet
insgesamt 596 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-3-7341-1054-2
Kategorie: Thriller

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Als Michael Fitzgerald nach einem Auftrag als LHW-Fahrer seine Wohnung betritt, findet er eine Frauenleiche in der Badewanne vor. Michael hat die Frau noch nie in seinem Leben gesehen und ruft die Polizei. Als diese dann auftaucht, spricht alles Mögliche dann doch dafür, dass Michael der Mörder ist. Eine Welt bricht für Michael zusammen und als er versucht, seine Unschuld zu beweisen, wird alles nur noch schlimmer ..

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Ich kenne (und liebe) die Bücher von James Patterson und auch die von J. D. Barker. Umso erfreuter und auch neugieriger war ich, als ich entdeckte, dass die beiden nun einen gemeinsamen Roman geschrieben haben. Und, was soll ich sagen? Diese Zusammenarbeit hat es in sich. Schon der Einstieg in die Handlung ist so spannend und ideenreich, dass man bereits nach den ersten Seiten das Buch gar nicht mehr weglegen möchte. Die Geschichte liest sich enorm flüssig und durch die kurzen Kapitel ist es wirklich schwer, mit dem Lesen aufzuhören. Die Schreibstile der beiden vermischen sich und harmonieren absolut gut. Es macht wirklich großen Spaß, die Protagonisten auf ihrer atemberaubenden Reise zu begleiten.
Die Wendungen sind sehr gut und manchmal auch vorhersehbar, aber auf die Auflösung am Ende kommt man dann doch tatsächlich nicht so schnell.

Wenn ich ehrlich bin, haben mir Barkers Bücher im Alleingang zwar besser gefallen, aber „Der Federmörder“ ist dennoch ein astreiner Pageturner. So undurchsichtig und im Grunde genommen genial die Story auch ist, letztendlich ist sie relativ einfach gestrickt, wenn man genauer darüber nachdenkt, was aber der Rasanz des Romans nichts nimmt.
Die Geschehnisse passieren Schlag auf Schlag, immer wieder denkt man, man hätte die Sache durchschaut und dann kommt es doch wieder irgendwie anders. Die Charaktere mögen manchmal oberflächlich erscheinen, aber letztendlich besitzen sie dann doch eine gewisse Tiefe, wenn man das Ende kennt.

Im Vordergrund von „Der Federmörder“ steht aber eindeutig die Spannung und die überaus rasante Erzählweise der Geschichte. Und das bekommt das Autorenduo perfekt hin. Bei der Punktevergabe schwanke ich zwischen 5 und 4 Sternen, vergebe aber letztendlich dann doch „nur“ 4, weil so mancher Roman eines der beiden Autoren im Alleingang einfach besser ist. Dennoch ist „Der Federmörder“ ein spannender Thriller mit einem coolen Plot und einigen Wendungen, bei denen man immer wieder denkt, man hätte sie durchschaut, obwohl man am Ende dann doch eines besseren belehrt wird.

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Fazit: Spannender Pageturner.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten