One Second After von William R. Forstchen

One Second

Erschienen als Taschenbuch
im Deltus Verlag
512 Seiten
13,80 €
ISBN: 9783-940626-17-2

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Von einer Sekunde auf die andere ist die Welt nicht mehr die, die sie vorher war. John Matherson, Ex-Colonel und Geschichtsprofessor, lebt mit seiner Familie in einem kleinen Dorf mitten in den Bergen von North Carolina. Aus heiterem Himmel bricht das komplette Stromnetz zusammen und sämtliche elektrischen Geräte funktionieren nicht mehr: keine Autos, keine Computer, keine Flugzeuge. Sämtliche Radios, Kühlanlagen und medizinischen Versorgungsgeräte sind lahmgelegt. Matherson entdeckt bereits nach wenigen Tagen, dass die USA anscheinend von einem EMP-Angriff (Elektromagnetischer Impuls) betroffen ist, der die Welt weiter als ins Mittelalter zurückwirft. Ein Kampf ums nackte Überleben beginnt …

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Ich bin durch Zufall auf diesen Endzeitroman gestossen und muss sagen, dass ich mehr als angenehm überrascht war. Das Szenario, das sich Forstchen ausgedacht hat, ist dermaßen eindringlich, realitätsnah und erschreckend geschildert, dass man tatsächlich meint, man wäre mit dabei und betroffen.
Das Buch ist außerordentlich gut recherchiert. Da wird wirklich an jedes Problem gedacht, dass ohne Strom auftritt und die Menschheit lebensbedrohlich gefährdet. Oft wird man als Leser auf Zusammenhänge gebracht, bei denen man nicht im Traum daran dachte, dass so eine Möglichkeit in Verbindung mit einem Stromausfall in Betracht käme. Diese hervorragenden Hintergrund-Recherchen über ein mögliches Szenario in dieser Art, war für mich ein ganz großer Pluspunkt dieses Romans, denn dadurch wurde die Geschichte mehr als realistisch.

Forstchens Schreibstil ist in der Regel sehr gehoben und hat mich an manchen Stellen sogar an Stephen King erinnert. Nur hin und wieder kamen ein paar sehr pathetische Stellen vor, die mir dann nicht so zugesagt haben. Vor allem am Ende wurde es sehr patriotisch und „Amerika“-lastig, was schon nahe an der Grenze des Nervens war. Aber nichtsdestotrotz (und wenn man das aus meiner Sicht übertrieben heldenhafte Ende außer Acht lässt), ist Forstchen ein absolut spannender, faszinierender und erschreckender Roman gelungen, der nachhaltig im Gedächtnis bleibt, zumal die Möglichkeit eines solchen EMP-Angriffs wahrscheinlicher ist, als so manch einer wohl denkt.

Die Charaktere, die Forstchen geschaffen hat, wirken sehr glaubhaft und in vielen Dingen fühlt man ihre Verzweiflung und Angst, aber auch die Entschlossenheit und den Mut, die sie niemals aufgeben lassen. Die Stimmung gleicht vielen Endzeitfilmen („Mad Max“ oder „The Day After“), hat mich aber auch auf gewisse Art und Weise immer wieder an Stephen Kings „Die Arena“ denken lassen. Wahrscheinlich lag es an den Charakterisierungen der Menschen und der Abgeschiedenheit des Ortes.

Da hat Deltus.de, ein Imprint des Festa-Verlages, einen wirklich guten Endzeit-Thriller veröffentlicht.

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Fazit: Sehr realistisches Endzeit-Szenario, das durch einen EMP-Angriff hervorgerufen wird. Die Welt ohne Strom ist schlimmer, als sich so manch einer vorstellen kann. Forstchen hat hervorragend recherchiert und eine erschreckende, aber auch traurige Geschichte geschrieben. Ein Buch, das man unbedingt einmal lesen sollte!

© 2014 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Jeder Mord braucht einen Täter von Andreas Behm

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Behm_4Erschienen als Taschenbuch
im Acabus Verlag
220 Seiten
13,90 €
ISBN: 9783862823314

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Harald Hansen ist pensioniert, lebt endlich mit seiner Lebensgefährtin Nadja zusammen und hat die Vaterrolle für Mareike übernommen. Klingt eigentlich nach einem sehr entspannten und vorallem lang herbeigesehnten Alltag. Tja, dem ist aber ganz und gar nicht so. Hansen ist unzufrieden, ihm fehlt die Arbeit – auch wenn er das nicht einsehen will – und er wird von Tag zu Tag unerträglicher. Nadja fädelt es schlau ein, dass ein alter Kollege, Peters, dem Harald doch recht nahe stand, am Weihnachtsabend zu Besuch kommt. Er ist einer der wenigen, der Hansen direkt ins Gesicht sagen kann und darf, was er denkt. Was Harry zu hören bekommt, gefällt ihm zunächst nicht, doch er muss zugeben, dass es stimmt.

Nach einigen Tagen der Überlegung entschliesst sich Harry dafür, ein Büro anzumieten und eine Detektei zu eröffnen. Er übernimmt eigentlich nur Fälle für eine Versicherung, ermittelt hier und da in abzurechnenden Fällen nach eventuellem Versicherungsbetrug.

Als plötzlich eine schöne Unbekannte in seinem Büro auftaucht und ihn mit einer Ermittlung beauftragt, klingt dies nicht so aufwendig, sodass Hansen den Fall annimmt. Er beschattet den vermeintlichen Ehemann seiner Auftraggeberin, fertigt einige Fotos. Doch als in seinem Büro die Leiche des Journalisten Konradi aufgefunden wird, schlingt sich rasant eine böse Schlinge um Hansens Hals. Denn Hansen ist zur Tatzeit ebenfalls in seinen Büroräumen und wird umgehend verhaftet. Als er innerhalb der U-Haft Drohungen erhält, die das Leben seiner Lieben betrifft, legt er ein Geständnis ab.

Doch Harry Hansen, wäre nicht der, der er ist, wenn er nicht auf eigene Faust versuchen würde, den Fall zu lösen und seine Unschuld zu beweisen. Hierzu nimmt er nicht nur eine gefährliche Flucht in Kauf, er bringt auch andere Menschen in Gefahr. Mitunter die Mutter des Opfers, die Hansen mit Rat und Tat zur Seite steht ….

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Als großer Fan der Harald Hansen Romane war ich natürlich sehr erfreut, dass der Autor Andreas Behm nun doch noch einen abschließenden vierten Teil um den grummeligen aber herzensguten Ermittler geschrieben hat. Behm knüpft in der Handlung an den dritten Roman an, alle Bekannten Figuren sind wieder mit dabei. Nadja, Harrys Lebensgefährtin mit ihrer Tochter, seine ehemaligen Partner und „Untergebenen“ Vera Becker (bissig wie eh und jeh) und auch Thomas Bernstein (nach wie vor homosexuell und in einer glücklichen Beziehung). Schön war es alle diese Personen wiederzutreffen und sie auf ca. 220 Seiten in ihrem letzten Fall zu begleiten.

Die Grundidee der Handlung, nämlich das der ehrwürdige Harry Hansen im Ruhestand prompt unter Mordverdacht gerät, gefällt mir gut. Auch die Art, wie Hansen damit umgeht, nämlich auf eigene Faust ermittelt, seine ehemaligen Leute an seiner Seite wissend, ist sehr gut gemacht.

Der Spannungsbogen ist gut gespannt, der Schreibstil gewohnt angenehm. Die Geschichte liest sich sehr rasant und flott und ist absolut kurzweilig. Teilweise sind wieder sehr gefühlvolle Momente in der Handlung verbaut, die den rauen Harry sentimentale Züge zeigen lassen.

Insgesamt ein würdiger Abschluss für die Reihe um Harald Hansen. Ich finde es schon schade, dass es nun nichts mehr von ihm zu lesen gibt, aber Andreas Behm möchte sich in seiner Schreiberei nun einmal anderen Dingen widmen. Absolut verständlich und auch nachvollziehbar. Ich werde den Stoffel Harry Hansen dennoch vermissen aber natürlich in liebevoller Erinnerung behalten.

Mein Fazit: Ein gut gesponnener Krimi, der eine Reihe angemessen zum Abschluß bringt. Eine gute Idee für den letzten Teil, die fast so gut ist, wie die Idee zum ersten Roman war 🙂

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Wer mehr über Harald „Harry“ Hansen wissen/lesen möchte, hier geht es zu den Rezensionen der ersten drei Romane sowie zu einem Interview mit dem Autor Andreas Behm:

Andreas Behm – Die Moral eines Killers – Harald Hansens 1. Fall
Andreas Behm – Der Lippennäher – Harald Hansens 2. Fall
Der Spion ohne Vaterland – Harald Hansens 3. Fall
Buchwelten im Gespräch mit Andreas Behm

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Ich danke dem Acabus Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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© Buchwelten 2014

Die Auserwählten (Maze Runner) – Trilogie von James Dashner

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Erschienen als Broschur
(alle drei Teile im Schuber)
im Chicken House Verlag (Carlsen)
1520 Seiten
29,99 €
ISBN: 978-3-551-52068-5

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Thomas erwacht in einem Aufzug, der ihn inmitten von einer Gruppe Jugendlicher bringt, die sich in einem überdimensionalen Labyrinth befinden. Über Jahre hinweg suchen die Kinder bereits nach einem Ausweg. Immer wieder blitzen Erinnerungen in ihren Gedanken auf, in denen sie eine Welt sehen, auf der die Menschen durch eine schreckliche Krankheit nahezu ausgestorben sind. Bald schon sind die Jugendlichen davon überzeugt, Teil eines Plans zu sein, der die Menschheit vor dem endgültigen Untergang bewahren soll.

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Durch den Trailer zur Kinoverflmung des ersten Teils „Maze Runner“ bin ich auf diese Jugendbuch-Reihe gestossen. Nachdem ich in der Regel zuerst immer das Buch / die Bücher lese, bevor ich mir einen Film ansehe, habe ich mir den Schuber mit allen drei Teilen der Buchreihe von James Dashner gekauft.
Anfangs war ich auch noch richtiggehend von der Story begeistert, was mir aber im Laufe der Folgebände immer mehr abhanden kam. Aber der Reihe nach:

Was mir an der Trilogie gefallen hat: Der erste Teil :), der Plot an sich (also die Grundidee) und die Darstellung der von einer Krankheit heimgesuchten Erde.

Was mir an der Trilogie nicht gefallen hat: Der Spannungsbogen fiel leider mit jedem Teil der Trilogie ab. Die oft kindischen, fast schon babyhaften, Ausdrücke und Gespräche der Jugendlichen, die eigentlich zu den schlauesten Kindern der Menschheit gehören sollen. Der sehr einfache Schreibstil. Eine viel zu oft verwendete Umgangssprache, die äußerst störend zu den teils spannenden Szenen passte. Die Logikfehler. Die Auflösung.

Während der erste Teil „Im Labyrinth“ noch weitestgehend spannend und vor allem mystisch war, weil man wirklich nicht wusste, um was es überhaupt geht, fielen Teil 2 und 3 dann immer mehr ab und wurden sogar -zumindest für mich- langweilig. Sicherlich waren ein paar gute Beschreibungen dabei, z.B. wie die Erde nach so einer Epidemie aussehen könnte. Aber die Grundhandlung, die sich Dashner ausgedacht hatte, wurde gegen Ende hin immer unlogischer, langweiliger und konstruierter. Was besonders störend auf mich wirkte, war die oben bereits erwähnte kindliche Sprache, in der sich die Jugendlichen miteinander unterhielten. Vor allem dann, wenn solche Dialoge von blutspritzenden, brutalen Zombieangriffen abgelöst wurden und aus einem Kinderbuch (diese Sprache war für mich eines Jugendbuches nicht würdig) einen Splatter-Horror machten. Das passte irgendwie nicht zusammen und machte die Stimmung total kaputt. Entweder Kinder-, Jugend- oder Erwachsenenroman. Alles zusammen funktioniert nicht, Herr Dashner.

Dass ich alle drei Teile bis zu Ende gelesen habe, heißt aber auch, dass die Trilogie jetzt so schlecht auch nicht war. Aber ein zweites Mal werde ich die Bücher definitiv nicht lesen, dazu war mir der Plot dann doch zu konstruiert und unglaubwürdig. Als Film wird die Handlung wahrscheinlich „funzen“, denn visuell kann man die Atmosphäre der Bücher durchaus ansprechend in Szene setzen, da bin ich überzeugt.
Alles in allem bedient sich Dashner irgendwie an Filmen wie „Cube“, „Saw“, „Battle Royal“ oder eben Büchern wie zum Beispiel „Die Tribute von Panem“ von Suzanne Collins, die sich aber auch so ein paar Dinge von „Battle Royal“ abgeschaut hat. 😉

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Fazit: Für abenteuerlustige und nicht anspruchsvolle Kids, die kein Problem mit etwas härteren und blutigeren Sequenzen haben (aber wer von den Kindern heutzutage hat damit Probleme?), mag die „Maze Runner“-Trilogie wohl seine Reize haben. Für das anspruchsvollere Publikum sind die Bücher aber dann wohl eher nicht geeignet. Da haben mir die Jugendbücher „Die Tribute von Panem“ oder die „Biss“-Reihe bedeutend besser gefallen, vor allem die letztgenannte. Alleine schon vom Schreibstil lässt sich Dashners Trilogie leider mit keiner der genannten vergleichen.

© 2014 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Seidenspinner von Robert Galbraith

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Der Seidenspinner

Erschienen als gebundene Ausgabe
im blanvalet Verlag
672 Seiten
19,99 €
ISBN: 978-3-7645-0515-8

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Nach dem Fall Lula Landry geht es mit der Detektei von Cormoran Strike immerhin bergauf. Er erhält lukrative Aufträge, seine Büro- und Ermittlungshelferin Robin, die ihm quasi der Himmel geschickt hat, bleibt ihm erhalten und er hat mittlerweile sogar wieder eine Wohnung, sodass er nicht mehr im Büro nächtigen muss. Die Wohnung befindet sich praktischerweise über dem Büro, nicht komfortabel, aber ausreichend und penibel in Ordnung, ganz der alte Soldat eben.

Als die Ehefrau des Autors Owen Quine Strike in seinem Büro aufsucht und um Hilfe bittet, ist sich Cormoran im Nachhinein nicht sicher, warum er den Fall überhaupt angenommen hat. Irgendwie tut ihm diese unscheinbare, mausgraue Autorengattin leid, die sich um ihren Mann sorgt, obwohl er schon mehrfach für einige Tage abgetaucht war. Diesmal sei es anders, behauptet sie. Als Strike seine Ermittlungen aufnimmt, stößt er recht schnell auf interessante und vor allem brisante Informationen. In seinem neusten Werk hat Owen Quine so ziemlich alle Bekannten, Kollegen und Geschäftspartner aufs schärfste verunglimpft. Motive, Quine zum Schweigen zu bringen, haben somit einige Personen in seinem Umfeld.

Quine wird tatsächlich brutal ermordet aufgefunden und es dauert nicht lange, bis sich die ermittelnden Polizisten auf eine Hauptverdächtige konzentrieren. Die Presse schaut den Ermittlern wie immer auf die Finger, somit müssen schnelle Ergebnisse präsentiert werden. Da hilft auch die alte Freundschaft zwischen Cormoran Strike und dem leitenden Kommissar Anstis nicht, um diesen zu überzeugen, auch in einer anderen Richtung zu suchen. Denn Strike ist sich absolut sicher, dass die Hauptverdächtige der Polizei unschuldig ist. Er setzt wieder einmal alles daran, einen vertrackten Fall zu lösen. Und erneut steht im dabei Robin Ellacot tatkräftig, mit eleganter, frischer Schläue und einer Menge gutem Gespür und Gefühl zur Seite.

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Auch der zweite Fall um Cormoran Strike hat mir vom Anfang bis zum Schluss wieder richtig gut gefallen. Der Fall war erneut spannend, fesselnd, kniffelig und voller guter Details aufgebaut. Das Miträtseln hat Spaß gemacht, ich habe natürlich ständig irgendwelche Personen verdächtigt. Aber genau so soll es ja auch sein, bei einem guten Krimi.

Warum J.K. Rowling nach wie vor unter dem Pseudonym Robert Galbraith veröffentlicht, wo sie doch nun auch endlich für ihre Erwachsenenbücher hochgelobt wird, weiß ich nicht. Denn die Enttarnung ist ja nun schon lange vollzogen Vielleicht fühlt sie sich selbst einfach anders, wenn sie unter seinem Namen arbeitet, mag sein. Ich selbst habe die „Potters“ schon sehr gerne gelesen, vor allem die letzteren und ich bin wahrscheinlich eine der wenigen Leser, denen auch der „plötzliche Todesfall“ sehr gut gefallen hat. Ein „sozialkritisches Desaster“ war der Roman für mich garantiert nicht. Im Gegenteil. Aber die Meinungen gehen nun mal auseinander.

Mit Cormoran Strike hat die Autorin nicht nur eine sympathische, sondern auch eher untypische Figur erschaffen. Ein recht unschöner ehemaliger Angehöriger der Army, kriegsversehrt und unehelicher Sohn eines Superstars, der eine Unterbeinprothese trägt und, von seiner langjährigen, temperamentvollen Modelschönheit verlassen, ein eher einsames Leben lebt. Mit Robin Ellacot hat sie ein wunderbar heiteres, ehrgeiziges und liebenswertes Gegenstück erschaffen, das nicht nur Strike den Alltag erhellt. Mir machen die Passagen, in denen Robin dabei ist immer viel Freude.

Der Spiegel schreibt, dass man bei den Romanen eine Menge über Londons öffentlichen Nahverkehr lernt. 🙂 Stimmt, aber nicht nur das. Rowling/Galbraith hat überhaupt eine sehr gute Gabe fürs Detail. Das bezieht sich auf besuchte Orte, wie Pubs, die dem Leser als absolut urig und un-touristisch beschrieben werden. Wohngegenden und Häuser, genauso aber, wenn es um die haargenaue, grausame Beschreibung des ermordeten Autoren geht. Das ist nicht seicht, sondern blutig und krass.

Mein Fazit: 5 Sterne für den zweiten Fall von Cormoran Strike, dem hoffentlich noch eine Menge folgen werden. Ein spannender und nicht absehbar aufgebauter Kriminalfall, der nicht durch ein klassisches Ermittlerteam, sondern durch einen eher Anti-Mainstream-Helden mit einer aufgeweckten Schreibkraft an seiner Seite bearbeitet wird. Sehr gute Charaktere agieren in einer realen Umgebung, die den Leser mitten drin sein lassen. Hier gebe ich gerne ein weiteres Mal eine Leseempfehlung.


Ich danke dem blanvalet Verlag für die Bereitstellung des Leseexemplars.

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© Buchwelten 2014

NightWhere von John Everson

everson

Erschienen als Taschenbuch
im FESTA Verlag
400 Seiten
13,95 €
ISBN: 978-3-86552-286-3

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Marks Frau Rae hat so außergewöhnliche sexuelle Wünsche, dass sich das Paar auf Fesselspiele in Swingerclubs einlässt. Doch schon bald sucht Rae nach einer Steigerung. Durch Zufall erhalten Rae und Mark eine Einladung in den fast schon legendären Sexclub „NightWhere“, in dem alles erlaubt ist. Wirklich alles!!!
Rae gerät immer mehr in den Bann des Clubs und lässt sich auf Praktiken ein, die früher oder später mit dem Tod enden werden. Mark will aber seine geliebte Frau nicht verlieren und versucht sie zu retten. Doch Rae verliert sich im Strudel von Sex und Gewalt und würde sogar ihr Leben dafür opfern, wenn sie dadurch den ultimativen Orgasmus erreichen würde …

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Es ist schon erstaunlich, wie Everson es hinkriegt, ein derart „versautes“ Thema so zu beschreiben, dass es fast schon salonfähig wird. Klar geht es in „NightWhere“ so richtig zur Sache – und mit richtig meine ich auch richtig. 😉
Aber dennoch fängt Everson eine Atmosphäre mit seinen Worten ein, die den Leser fast schon so süchtig macht, wie die Protagonisten nach Folter. Ähnlich wie in seinem Roman „Ligeia“ beschreibt der Autor eine sexuelle Obsession, die dieses Mal allerdings eine Frau befällt und nicht, wie in „Ligeia“ einen Mann.

Geht der Roman anfangs noch relativ harmlos an, werden die geschilderten Sex- und Folterszenen immer expliziter, aber niemals so richtig abstossend beschrieben. Da muss man schon ein Händchen dafür haben, um nicht in eine „billige“ Schiene abzurutschen. Everson schafft es, wie immer er das auch hinbekommt.
Als Nebenhandlung kommt dann auch noch die Liebesgeschichte des Ehepaars hinzu, das sich in den Fängen des SM-Clubs „NightWhere“ mit der Zeit völlig verliert. Genau diese Geschichte ist es, die die ausschweifenden Stellen des Thrillers mit dem Hauch eines Dramas übertüncht.

Gerade in der ersten Hälfte freute ich mich genauso wie die Protagonistin darauf, wieder in den Club zurückzukehren, denn Everson beschreibt diese Welt, als wäre man live dabei. Man kennt ein paar Leute und fängt an, sie sogar trotz ihrer sexuellen Vorlieben zu mögen. Selbst wer mit der Welt der Sadomaso-Fetischischten nichts anzufangen weiß, wird diesen Roman (vorausgesetzt man lässt sich einfach darauf ein) mögen. Spannend und innovativ ist er auf jeden Fall und auch wenn mir persönlich das Ende nicht so gut gefallen hat, wie ich es mir gewünscht (und während des Lesens vorgestellt) hatte, so bleibt „NightWhere“ durchwegs positiv im Gedächtnis.
Eversons Schreibstil ist die meiste Zeit sehr hochwertig und poetisch. Gerade mit solchen Worten und Sätzen eine derartige Handlung zu verfassen, zeigt, wie mutig der Autor ist.

Wer eine außergewöhnliche, brutale, blutige, abartige, sexuell ausschweifende Geschichte in einem gehobenen Schreibstil lesen möchte, ist mit John Eversons „NightWhere“ gut bedient. Wer Blut und andere Körperflüssigkeiten nicht so explizit beschrieben lesen möchte, dass er ein dreidimensionales Bild in seinen Gedanken sieht, der sollte die Finger von dem SM-Thriller lassen, auch wenn er da einen außergewöhnlichen, mutigen Roman verpasst.

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Fazit: Mutig, blutig, teilweise abartig und zeitgleich visionär und poetisch beschreibt Everson eine Welt, die die wenigsten von uns kennen (und wahrscheinlich auch nicht kennenlernen wollen). Nicht ganz so gut wie „Ligeia“, aber mit einer wunderbaren Stimmung, die von blutigen, unter die Haut gehenden Szenen abgelöst werden, die aber niemals wirklich abstoßend wirken.

© 2014 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Rattenfänger von Paul Finch

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faul finchErschienen als Taschenbuch
(mit orangem Schnitt)
im PIPER Verlag
480 Seiten
9,99 €
ISBN: 978-3-492-30579-2
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Mark „Heck“ Heckenburg steht vor einer Herausforderung als eine Mordserie beginnt, die an Grausamkeit kaum zu übertreffen ist:

Am Weihnachtsfeiertag wird ein toter Mann aufgefunden, ein junges Paar ermordet – oder eher hingerichtet – am Valentinstag, der nächste Mord geschieht an Ostern. Gibt es hier einen Zusammenhang? Da die Morde an Feiertagen verübt wurden, liegt die Vermutung eines religiösen Fanatikers nahe. Keine einfache Aufgabe für das Dezernat für Serienverbrechen. Plötzlich scheint eine DNA Spur der entscheidende Hinweis zu sein. Doch Heck glaubt nicht an solch eine einfache Lösung. Dafür sind die Morde viel zu ausgeklügelt und perfekt arrangiert. Heck findet die Spur viel interessanter, die er in einem nie veröffentlichten Manuskript findet. Denn hier sind die verübten Morde relativ detailgetreu niedergeschrieben …

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Rattenfänger“ ist nach „Mädchenjäger“ der zweite Fall um Detektive Mark Heckenburg. Gleich vorweg, den ersten Teil kenne ich nicht, dennoch habe ich mir diesen Thriller ausgesucht, weil er mich sehr angesprochen und neugierig gemacht hat. Und ich wurde nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Paul Finch hat hier einen sehr guten, spannenden, fundierten Thriller geliefert, der mich vom Anfang bis zum Ende gefesselt hat. Der Spannungsbogen ist sehr gut gespannt, der Schreibstil absolut gut und angenehm. Die Figuren sind mir sehr sympathisch, allen voran der Ermittler Mark „Heck“ Heckenburg, in dem nach eigener Aussage des Autors eine Menge Charaktereigenschaften seines Vaters zu finden sind. Dies hat der sehr sympathische Autor in seinem ausführlichen Nachwort beschrieben. Sein Vater war selbst Autor und Drehbuchautor. Paul Finch selbst hat allerdings viele Jahre als Polizist und Journalist gearbeitet, weshalb er die Einblicke in beide Arbeitsbereiche wahrscheinlich so glaubhaft und real rüberbringen kann.

Finch schreibt nicht seicht, die Morde sind blutig, heftig und sehr detailliert beschrieben. Allerdings nicht reißerisch oder übertrieben. Er beschreibt nicht nur die grausamen Anblicke von Tatorten und deren Fotos, sondern auch die unmittelbaren Reaktionen darauf durch die beteiligten Kollegen sehr gut und glaubhaft. Immer wieder nimmt die Handlung neue Wendungen an, die den Handlungsbogen straff halten.

Was ich auch positiv hervorheben möchte, sind die diversen Verfolgungsjagden, die der Autor so real und rasant geschrieben hat, dass ich meinte, ich schaue einen Film und lese kein Buch. Ich habe mich dabei erwischt, dass ich mein Lesetempo an das der jeweiligen Verfolgungsszene angepasst habe. Als würde die Figur schneller rennen können, wenn ich schneller lese. Ich denke, man versteht was ich meine. So etwas geschieht mir nicht oft.

Der Roman, der im Original „Sacrifice“ (Opfer) heißt, ist für mich nicht so passend ins Deutsche übersetzt, aber nun gut, dass erlebt man leider öfter. Anstatt man einfach den englischen Titel beibehält, wird ein deutscher gesucht, der nichts mehr mit der Handlung zu tun hat. Aber immer noch besser, als ein deutscher Titel, der auch englisch ist und trotzdem „übersetzt“ wurde 🙂 Gibt es ja alles. Sehr schön und ausgefallen ist der Schnitt, den der Verlag in knalligem Orange hat das Buch zieren lassen. Auch wenn es ab und zu ein bisschen bröselt, es ist ein toller Hingucker.

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Mein Fazit: Ein erstklassiger Thriller, der rasant, ausgeklügelt, dramatisch und oft auch sehr brutal ist. Absolut fesselnd und ausgestattet mit sehr guten, angenehmen Charakteren macht er Lust auf mehr. Mir zunächst einmal auf den ersten Roman „Mädchenjäger“.

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© Buchwelten 2014

LEVEL von Hugh Howey

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Level

Erschienen als gebundene Ausgabe
(mit Lesebändchen)
im PIPER Verlag
432 Seiten
19,99 €
ISBN: 978-3-492-05647-2

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Donald ist eigentlich Architekt, schafft es jedoch mit Senator Thurmans Hilfe als Abgeordneter in den Senat. Er ist natürlich sehr stolz auf diesen Erfolg, und als der Senator ihn mit der Planung und dem Bau eines gigantischen unterirdischen Silos beauftragt, zweifelt er keinen Moment am genannten Nutzen des Teils. Das Silo muss angeblich als zusätzliche Schutzmaßnahme neben einem geplanten Endlager für radioaktive Brennstäbe erbaut werden.

Als es dann am Tage der Einweihung der Anlage zur Katastrophe kommt, flüchten sich die Menschen in die erbauten Silos, auch Donald gelingt die Flucht in eines der unterirdischen Wohnanlagen. Mit dem Wechsel des Lebens von der überirdischen Welt, die durch den Kollaps unbewohnbar geworden ist, in die unterirdische, beginnt nicht nur für Donald ein Leben, wie man es sich nicht annähernd vorstellen kann.

Macht, Intrigen, Rebellion und Aufstände beherrschen das Leben in den Silos und nach und nach kommt Troy, der Leiter des Silo 1 dahinter, dass sein eigenes Schicksal mit dem der mächtigen Gründer der Silos verbunden ist ….

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Level ist der zweite Teil der Silo-Reihe, der jedoch keine Fortsetzung, sondern ein Prequel ist, somit also die Vorgeschichte zu SILO erzählt. Wusste man in SILO nicht wirklich, in welchem Jahr die Geschichte spielt, so sind hier in LEVEL die Jahreszahlen benannt. Und Hugh Howey springt zwischen den Jahren hin und her, sodass ich mir ab der Hälfte des Buches etwa einen Spickzettel zugelegt habe, damit ich nicht den Überblick verliere. Denn auch zwischen zwei Zeitsprüngen hat der Autor gerne nochmal eine Rückblende eingebaut.

Der Autor beginnt den ersten Teil mit der Zeit vor dem Bau und dem anschließenden Bau der Silos, und springt dann immer wieder in eine Zeit, in der die Menschheit schon geraume Zeit dort unten lebt.

Dann eröffnet Howey im Laufe der Handlung immer wieder neue Handlungsstränge, die sich schlussendlich auch verbinden, wobei ich einen Handlungsstrang für die „Auflösung“ nicht unbedingt als wichtig erachtet habe, aber nun gut. Deshalb war er nicht weniger interessant 🙂

Hugh Howey hat den Spannungsbogen gut gespannt und seine Charaktere wieder gut ausgearbeitet. Ich kam in Laufe der Geschichte recht schnell auf die anstehenden „Auflösungen“, allerdings empfand ich sie nicht als zu absehbar. Als aufmerksamer Leser, der sich noch gut an den ersten Teil SILO erinnern kann, kann man aber gut folgen. Von daher war für mich das Ende auch nicht wirklich überraschend. Ich muss jedoch gestehen, dass ich während der Lektüre SILO mindestens viermal in der Hand hatte, um mir Figuren aus dem ersten Buch noch einmal anzuschauen und mir meine Vermutungen zu bestätigen.

PIPER präsentiert den Roman wieder als gebundene Ausgabe mit Lesebändchen. Dass der Verlag aber in diesem zweiten Teil an einem schönen Hingucker des Erstlings SILO gespart hat, verstehe ich nicht wirklich und finde es auch schade. Denn bei Silo war der Schnitt ringsherum passend zum Cover in knallgelb gefärbt. In diesem Teil hätte ein türkis oder ähnliches sehr gut gepasst, der Schnitt wurde in LEVEL aber gar nicht farbig gefertigt.

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Mein Fazit: 5 Sterne für einen gelungenen Teil 2, der eher ein Prequel und keine Fortsetzung ist, sich jedoch im Laufe der Handlung an SILO heranarbeitet. Ausgestattet mit einem guten Handlungsbogen und charakterstarken Figuren, gefällt er mir sogar besser als Teil 1. Ein fesselndes, dystopisches Science Fiction Abenteuer.

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Ich danke dem PIPER Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

(Quellen der Videos: Piper.de)

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Rezension auf Buchwelten zu SILO

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© Buchwelten 2014

Die Arbeit der Nacht von Thomas Glavinic

Arbeit der nacht

Erschienen als
gebundene Ausgabe bei
Hanser
400 Seiten
Preis: 21,50  €
ISBN: 978-3-446-20762-2

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Jonas wacht auf und ist mutterseelenallein auf der Welt. Kein Bus kommt, keine Radiosendung ist zu empfangen, niemand geht ans Telefon …
Was ist passiert? Ist Jonas der letzte Mensch? Er macht sich auf den Weg, um Maria, seine Freundin, zu suchen und entdeckt auf dieser Reise sich selbst …

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Was Glavinic da erschaffen hat, wird die Lesermeinungen spalten. Die einen werden sagen, dass es sich um eines der langweiligsten, unlogischsten Bücher handelt, die sie jemals gelesen haben. Die anderen, und dazu gehöre ich, werden ein literarisches Meisterwerk erkennen, das einen förmlich umhaut, lässt man sich auf die Geschichte und deren Ausgang ein. Das Buch ist keine leichte Kost und wer auf Mainstream-Handlungen abfährt, sollte die Finger davon lassen.

Ich konnte mich sehr schwer von dieser düsteren (auf gewisse Art und Weise aber dennoch hoffnungsvollen) Erzählung losreißen. Die philosophischen Gedanken trafen mich teilweise mit einer Wucht, mit der ich nicht gerechnet hatte. „Die Arbeit der Nacht“ ist wie eine Lebenserfahrung, wie ein Monolog des Protagonisten über den Sinn und Nichtsinn des Lebens. Man sieht Dinge anders, beginnt über sein eigenes Leben nachzudenken und zweifelt so manches Mal zusammen mit dem Protagonisten, wo der wahre Lebenssinn sich versteckt hält.

Glavinic hält die Qualität seines Werkes durchgehend hoch, nimmt uns Leser mit auf eine Reise, die tief in unser Innerstes, in das Universum eines Menschen, führt. In einer Mischung aus Cormac McCarthys „Die Straße“ (Orig.: „The Road“), Marlen Haushofers „Die Wand“ und Richard Mathesons „Ich, der letzte Mensch“ (Orig.: „I Am Legend“) begleiten wir den Protagonisten durch eine menschenleere, dystopische Welt, die Angst macht.

Und (ich muss mich sehr in Acht nehmen, um nicht zu spoilern) das Ende, sofern man es versteht und interpretieren kann, verschlägt einem schier den Atem. Ich kann gar nicht richtig beschreiben, was in mir vorging, als ich am Ende des  Buches angelangt und „verstanden“ habe. Thomas Glavinic hat für mich ein Meisterwerk abgeliefert, das seinesgleichen sucht. Eigenwillig, intensiv und bombastisch in seiner Sprache und Aussage nimmt dieser Roman einen sehr hohen Stellenwert bei mir ein und lässt mich sich für mich in seiner nachhaltigen Intensität eigentlich nur noch mit Samuel R. Delanys „Dhalgren“ vergleichen.

Wer hier eine vernichtende Rezension abgibt, wie sie im Internet desöfteren zu lesen ist, der hat den Roman eindeutig nicht verstanden.

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Fazit: Wuchtig und intensiv serviert Galvinic ein literarisches Meisterwerk, das nachhaltig in Erinnerung bleibt. „Die Arbeit der Nacht“ ist Lebenserfahrung und philosophische Reise in die menschliche Seele zugleich. Volle Punktzahl für dieses Werk.

© 2014 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Kirche der toten Mädchen von Stephen Dobyns

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Die Kiche der toten Mädchen
Erschienen als Taschenbuch
im fischer Verlag
462 Seiten
ISBN: 9783596144044

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Aurelius, die typische amerikanische Kleinstadt erlebt einen Schock, als die 14-jährige Shannon, Tochter des örtlichen Arztes, spurlos verschwindet. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Ermittler von außerhalb werden hinzugezogen, doch wirklich weiter kommen auch diese mit ihren Nachforschungen nicht.

Natürlich richtet sich der Verdacht der Bewohner zunächst auf die Menschen, die von außerhalb kommen. Z.B. der aus Algerien stammende Lehrer Houari Chihani, der mit seiner Einstellung zum Marxismus eine Reihe von Teenagern in einer Lese- und Diskussionsgruppe versammelt und daher schon nicht gern gesehen wird.

Plötzlich verschwindet das zweite Mädchen, sie musste an Halloween nur einige Häuser weiter nach Hause und kam dort nie an. Leider sind die dramatischen Ereignisse noch nicht vorbei. Denn nicht nur ein drittes Mädchen verschwindet, es gibt weitere Todesfälle, die die gesamte Stadt in Angst und Schrecken versetzen.

Jeder scheint auf einmal verdächtig zu sein. Der nette Nachbar mit seinem Spaniel genauso wie der immer freundliche Biologielehrer …. Jugendliche genauso wie Erwachsene …

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Jahrelang hat mich der Roman von Stephen Dobyns in unserer Bibliothek Abend für Abend „angelacht“. Nun habe ich ihn endlich zur Hand genommen und verschlungen.

Wer hier einen rasanten, modernen Hightechthriller (á la Chris Carter o.a.) erwartet, der wird enttäuscht sein und sich oftmals über viele Seiten hinweg sogar langweilen. Wer jedoch gerne tiefgründige, weit in die menschliche Psyche blickende, ruhige und stimmungsvolle Thriller mag, die fesseln und zum Nachdenken anregen, der ist hier gewiss richtig.

Dobyns lässt sich sehr viel Zeit mit der Beschreibung seiner Charaktere, stellt jeden ausführlich vor, holt weit aus und lässt uns die Figuren tatsächlich kennenlernen. Sicher mag das für viele langatmig wirken und ungeduldig werden lassen. Mir hat es sehr gut gefallen. Er hat eine gute Stimmung erschaffen, hat mich in die Handlung eintauchen lassen und durch die ausführliche Erzählweise sehr gute Hintergrundinformationen geliefert.

Erzählt wird die Geschichte von einem sehr netten Biologielehrer, der natürlich – wie eigentlich fast jeder Bewohner von Aurelius – so seine Geheimnisse hat.

Ich finde den Roman nicht gruselig oder mystisch. Ich empfand ihn als fesselnd und als sehr durchdacht. Der Autor legt viele Fährten, denen der Leser natürlich versucht nachzugehen und teilweise auch erliegt.

Der Schreibstil ist sehr gehoben, der Autor schreibt ausdrucksstark und bildhaft, sodass ich als Leserin wirklich mitten im Geschehen war und es nicht erwarten konnte, weiterzulesen. Es gab sicherlich auch krasse, heftige und blutige Szenen, die ich aber nicht als blutrünstig empfunden habe. Mich hat der Roman in etwa an eine Mischung aus „Ein plötzlicher Todesfall“ von J.K. Rowling und „Die Stadt der verschwundenen Kinder“ von Reginhald Hill erinnert, wenn ich den Versuch wagen sollte, Vergleiche zu tätigen. In unserer Bibliothek befindet sich ein weiterer Roman von Stephen Dobyns „Der Junge im Pool“, den ich ganz bestimmt auch lesen werde.

Mein Fazit: Volle Punktzahl für einen sehr tiefgründigen, in die menschliche Psyche leuchtenden Thriller, der zwar ruhig, aber dennoch fesselnd und absolut stimmungsvoll geschrieben ist.

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Meine Rezension bezieht sich auf die gebundene Originalausgabe, erschienen 1998 im Wolfgang Krüger Verlag.

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© Buchwelten 2014

Der Ruf des Kuckucks von Robert Galbraith

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ruf des kuckucks#Erschienen als gebundene Ausgabe
im blanvalet Verlag
640 Seiten
22,99 €
ISBN: 978-3-7645-0510-3

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Cormoran Strike, ein ehemaliger Soldat in Afghanistan, ist nach einer schweren Verletzung, die ihn sein halbes Bein gekostet hat, aus der Armee ausgeschieden und arbeitet nun eher schlecht als recht als Privatdetektiv. Der Laden läuft mies, er ist völlig überschuldet und zu guter Letzt hat er sich von seiner Lebensgefährtin getrennt und muss nun auch noch in seinem Büro übernachten.

Robin Ellacot, fünfundzwanzig Jahre jung, frisch und überglücklich verlobt, lebt noch nicht lange in London und hält sich derzeit noch mit Aushilfsjobs in einer Zeitarbeitsfirma über Wasser. Sie wird Cormoran Strike als Aushilfe für zwei Wochen zugeteilt und der ist völlig überrumpelt, als Robin ihren ersten Arbeitstag bei ihm antreten möchte.

Das berühmte Topmodel Lula Landry stürzt in einer bitterkalten Januarnacht vom Balkon ihrer Penthouse Wohnung in den Tod. Die Polizei ist schnell mit ihren Ermittlungen fertig und tut den Todesfall als Selbstmord ab. Schließlich ist bekannt, dass Lula psychisch labil war, und da sie sich kurz vor ihrem Tod wieder einmal mit ihrem Freund gestritten hat, sind die Gründe für ihren Sturz in den Tod natürlich glasklar gegeben. Ihr Bruder ist da anderer Meinung. Er ist davon überzeugt, dass Lula vom Balkon gestoßen wurde. Er beauftragt Cormoran Strike, sich dem Fall erneut anzunehmen und den wahren Tod seiner Schwester aufzudecken. Da er Cormoran dafür ein angenehmes Honorar in Aussicht stellt, nimmt dieser den Auftrag nach einem ausführlichen Erstgespräch schließlich an. Vielleicht schafft er nicht nur, den Todesfall aufzuklären, sondern zugleich noch durch den Verdienst seine Existenz als Detektiv zu retten …

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Zuallererst einmal der Hinweis, dass sich hinter dem Autor Robert Galbraith niemand anderes verbirgt als J.K. Rowling. Die Autorin hatte sich wohl nach dem Verriss der Kritiker für ihren ersten Erwachsenenroman „Ein plötzlicher Todesfall“ dazu entschieden, ihre nachfolgenden Romane unter einem Pseudonym zu schreiben. Nun, Sinn eines solchen ist es ja eigentlich, dass der wahre Autor im Verdeckten bleibt, dies hat bei Rowling allerdings offensichtlich nicht funktioniert. Denn gleich auf dem hinteren Buchumschlag ist vermerkt, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt. Meiner Meinung nach hätte sich Rowling das Pseudonym gar nicht zulegen müssen, denn mir hat schon ihr erster Erwachsenenroman sehr gut gefallen. Warum soll sich ein Autor/eine Autorin in eine Schublade stecken lassen? Durfte sie nicht einmal etwas Neues versuchen? Sollte sie ihren Fans zuliebe die Potter Reihe bis Teil was-weiß-ich fortführen? Die Potter-Reihe ist sehr gut, mit jedem Teil sogar besser, aber sie ist nun mal fertig.

Jetzt schreibt Rowling andere Romane und die schreibt sie auch sehr gut. Mir hat – wie gesagt – der Erstling schon sehr gut gefallen und genau wie darin, hat J.K. Rowling auch in diesem Roman wieder die unterschiedlichsten Figuren erschaffen und deren eigene, besondere Charaktereigenschaften sehr real und lebensecht ausgearbeitet.
Der Detektiv Cormoran Strike ist ein sympathischer Kerl, auch wenn er absolut nicht dem Frauentyp entspricht. Aber er verfügt über einen sehr wachen Verstand, ist bissig, hartnäckig, aber auch gefühlvoll und ehrlich. Seine Aushilfssekretärin Robin ist mir mit ihrer frischen und sehr flotten Art auch sehr ans Herz gewachsen. Mit welcher Spontanität und auch Souveränität sie die unterschiedlichsten Situationen meistert, ist bemerkenswert und oft auch sehr humorvoll.

Die Handlung an sich hat die Autorin sehr gut aufgebaut. Im Laufe der Story hatte ich alle möglichen Leute im Verdacht und immer wieder kamen interessante Wendungen auf, die absolut keine Langeweile aufkommen ließen. Mit dem Ende hatte ich eigentlich so nicht gerechnet, was ich wiederum auch sehr gut finde.

Ich kann nicht einmal sagen, welcher der beiden Erwachsenenromane mir von ihr besser gefällt, da man sie nicht wirklich miteinander vergleichen kann. Mit „Der Ruf des Kuckucks“ (der übrigens wörtlich aus dem englischen übersetzt ist) hat die Autorin einen guten englischen Krimi in der Welt der Promis geliefert, der viele Einblicke hinter die Fassaden der Reichen und Schönen liefert. In „Ein plötzlicher Todesfall“ gibt es ja keine Krimihandlung, er beschreibt einfach das Leben und die unterschiedlichen sozialen Schichten und deren Verknüpfungen in einer Kleinstadt.

Mein Fazit: 5 von 5 Sternen für einen sehr originellen, abwechslungsreichen und flotten Krimi, der, gespickt mit sehr greifbaren Charakteren, richtig Spaß macht. Es gibt nicht das typische Ermittlerteam, sondern einen ärmlichen Privatdetektiv und seine Aushilfssekretärin (erinnerte mich ein bisschen an „Das Model und der Schnüffler“ mit Bruce Willis und Cybill Shepherd). Ich freue mich, dass es hier bald eine Fortsetzung gibt.

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Rezension auf Buchwelten zu —> „Ein plötzlicher Todesfall“

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