Höllenjazz in New Orleans von Ray Celestin

Höllenjazz

Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
510 Seiten
16,00 €
ISBN: 978-3-492-06086-8
Kategorie: Thriller, Krimi

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Im New Orleans des Jahres 1919 geht ein mysteriöser »Axeman-Mörder« um und versetzt die Stadt in Angst und Schrecken. Detective Michael Talbot wird auf den Fall angesetzt, ohne zu wissen, dass sich der ehemalige Polizist Luca D’Andrea und auch Ida, Sekretärin einer Detektei, auf die Suche nach dem Täter begeben. Ida hat sogar ihren besten Freund, den Musiker  Louis Armstrong, an ihrer Seite. Alle drei Ermittler stoßen auf unterschiedliche Spuren, die sie auf die Identität des Killers führen könnten.

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Was für ein tolles Debüt! Ray Celestin hat einen unglaublich flüssigen Schreibstil und ein sehr gutes Gefühl für Spannung. Schon nach den ersten Seiten stellt sich zweifelsohne heraus, dass es sich bei seinem Debüt „Höllenjazz in New Orleans“ um einen Pageturner handelt, den man nicht so schnell aus der Hand legen mag. Die Vermischung aus absolut gut recherchierten Tatsachen und fiktiven Handlungssträngen ist Celestin perfekt gelungen, so dass man schon bald nicht mehr zwischen Realität und Erfundenem zu unterscheiden vermag. Der Plot und die Figuren sind sehr realistisch und vor allem glaubwürdig geschildert, so dass es eine wahre Freude ist, sie bei ihren Ermittlungen und Abenteuern zu begleiten. Ein besonderes „Schmankerl“ ist die Mitwirkung der Musikerlegende Louis Armstrong. Der Jazztrompeter, zu jener Zeit noch unbekannt, ist unfreiwilligerweise bei den Ermittlungen  mit dabei.

„Höllenjazz in New Orleans“ ist kein reiner historischer Krimi, wie man sie kennt, sondern geht einen anderen Weg. Hier werden vorrangig fiktive Personen und Ereignisse mit historischen Begebenheiten vermischt und nicht umgekehrt, wo ein Plot rund um die geschichtlichen Tatsachen aufgebaut wird. Celestins Debütroman wirkte daher auf mich absolut erfrischend und unverbraucht und ich hatte großen Spaß, den Protagonisten zu folgen. Ein weiterer toller Schachzug ist die Einführung von drei (!!!) Ermittlern, die alle selbständig und auf verschiedene Weise an die Untersuchung der Morde herangehen. Ray Celestin hat sich bemüht, sämtliche Spekulationen, die es über den tatsächlichen Axemann-Mörder gibt, in seinem Roman aufzuarbeiten und zumindest anzuschneiden. Das hat mir sehr gut gefallen und, obwohl die Morde in der Realität nicht aufgeklärt werden konnten, liefert Celestin augenscheinlich eine Erklärung – oder och nicht? Gerade dieses „Herauswinden“ hat mich überzeugt, denn auf gewisse Art und Weise lässt der Autor dann das Ende doch wieder irgendwie offen, wie es wohl auch im wirklichen Leben war.

Was mich ebenfalls in den Bann gezogen hat, waren die detaillierten Beschreibungen der damaligen Zeit. Man war wirklich mittendrin in dieser Epoche und konnte sich alles absolut plastisch vorstellen. Ray Celestin hat viele historische Ereignisse in seinem Roman vermischt, aber nie die Übersicht und den Fall des Axeman-Mörders aus den Augen verloren. Gerade diese Vielseitigkeit in der Beschreibung von Menschen und Orten macht „Höllenjazz in New Orleans“ zum einen zu einem echten Pageturner und zum anderen zu einem echten Leseereignis, das man nicht so schnell vergisst. Ich fühlte mich in dem „alten“ New Orleans so richtig wohl und heimelig und konnte es immer kaum erwarten, dorthin zurückzukehren. Die meisten Personen wuchsen mir so richtig ans Herz.
Erfreulicherweise hat Celestin das Finale dann in einer Art und Weise verfasst, die mir absolut gefallen hat. Oftmals ist es ja so, dass Thriller (oder auch Krimis) auf einen Showdown hinarbeiten, der Schema F entspricht und schon hundertmal dagewesen ist. Und auch wenn es sich hier ähnlich verhält und ein Showdown natürlich stattfindet, so hob er sich in meinen Augen von den standardisierten Thriller-Enden schlichtweg ab.
Und wie geschickt Ray Celestin dann auf seine im Frühjahr 2019 bei Piper erscheinende Fortsetzung „Todesblues in Chicago“ hingearbeitet hat, ist wirklich grandios. Ich freue mich sehr auf diesen zweiten Teil.

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Fazit: Ein Debüt, das überzeugt und begeistert.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Im Land der Männer von Hisham Matar

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Erschienen als Broschur
im Luchterhand Verlag
insgesamt 256 Seiten
Preis: 8,95 €
ISBN: 978-3-442-73865-6
Kategorie: Drama, Zeitgenössische Literatur

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Der neunjährige Suleiman hat keine Ahnung, dass sein Vater im Untergrund gegen den Revolutionsführer Gaddafi arbeitet und nicht auf Geschäftsreise ist, wie er dem Jungen weismachen will. Suleimans Mutter verfällt vor Kummer dem Alkohol. Suleiman versteht die Welt nicht mehr, als sich die politischen Fäden immer enger um seine Familie legen …

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Hisham Matars Debütroman ist trotz seiner politischen Hintergründe in erster Linie ein Drama über eine verlorene Kindheit inmitten politischer Querelen des Landes Libyen. Ganz fabelhaft erzählt Matar aus der Sicht des Kindes, das vieles nicht versteht, aber gerne verstehen würde. Es ist erschütternd, wie naiv der Junge die Grausamkeiten der Politik miterleben muss, ohne zu wissen, was um ihn herum geschieht. Trotz aller Schrecken hält der Protagonist an seinem Kindheitstraum fest und versucht, sein Leben zu genießen.

Matar ist ein absolut tolles und gefühlvolles Debüt gelungen, das in seinen Schilderungen so manches Mal an „Die Asche meiner Mutter“ von Frank McCourt erinnert. Man ist bei den Ereignissen förmlich mit dabei und sieht die Welt tatsächlich mit den Augen eines Kindes, stellt sich diesselben Fragen und verzweifelt an der Unwissenheit über die Zusammenhänge. Das hat Matar wirklich hervorragend und überzeugend rübergebracht. Auch wenn man sich für die politischen Verhältnisse des Landes Libyen nicht interessiert, so vermag die Geschichte zu begeistern, denn Matar schafft es, wie auch in seinem Nachfolger „Geschichte eines Verschwindens“, die Politik im Hintergrund zu halten und das Hauptaugenmerk auf die menschlichen Aspekte zu legen.

Man kommt nicht umhin, der Story eine gewisse autobiografische Perspektive zuzuschreiben, denn Hisham Matar ist, wie sein Protagonist Suleiman, ebenfalls in Tripolis aufgewachsen und später nach Kairo gegangen. Und Matars Vater ist in libyschen Gefängnissen verschwunden und sein Schicksal ist bis heute nicht bekannt. Da sind Parallelen einfach nicht von der Hand zu weisen. Umso beeindruckender wirken Matars Romane dadurch aber.

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Fazit: Beeindruckend, erschütternd und nostalgisch wird eine Kindheit erzählt, die von den politischen Wirren des Landes Libyen verdunkelt wird.

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© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Wurdilak von Robert Sigl

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Erschienen als Taschenbuch
im Goldfisch Verlag
ISBN: 9783906158075
Kategorie: Märchen

In einem kleinen Hafenort wird sich erzählt, dass ein geheimnisvoller weißer Wolf Jagd auf Kinderseelen macht. Die Eltern von Kara und Rupert beachten derartige Warnungen des Dorfpfarrers aber nicht und tun sie als dummes Gerede ab.
Auf einem Jahrmarkt bekommen die beiden Kinder von einer Wahrsagerin eine Puppe, den sogenannten Tupilak, geschenkt, der sie vor dem Wolf schützen soll. Dieser, so die Wahrsagerin, sei ein Gesandter des Wurdilak, einem Gehilfen des Teufels, der die Seelen kleiner Kinder sammle.
Als die Mutter von Kara und Rupert die Tupilak-Puppe entdeckt, wirft sie diese voller Zorn ins Feuer und löst damit ein Unheil nach dem anderen aus …

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„Wurdilak“ ist der erste Roman des deutschen Drehbuchautors und Regisseurs Robert Sigl.
Im Gegensatz zu seinen Filmen „Laurin“, „School’s Out“ und „Hepzibah“ (um nur die bekanntesten zu nennen) entführt Sigl den Leser mit seinem Debütroman in eine märchenhafte, aber auch -im Stil von Roald Dahl- schreckliche Märchenwelt. Da geht ein geheimnisvoller weißer Wolf um, Kinder werden in einem Heim festgehalten und benehmen sich wie Roboter und eine Vogelpuppe mit drei Köpfen steht als Helfer zur Seite.
An Ideen mangelt es Sigl nicht und aus diesem Grund erwartet den Leser auch ein extrem kurzweiliges Abenteuer voller magischer Momente und spannender Szenarien.
Am oftmals knappen Schreibstil erkennt man, dass Sigl versiert im Schreiben von Drehbüchern ist. Dies hat zur Folge, dass man „Wurdilak“ förmlich als gedrehten Film vor sich sieht. Die relativ einfache Schreibweise hat den angenehmen Effekt, dass das Buch für die Zielgruppe (nämlich Kinder) problemlos zu lesen ist und den Erwachsenen einen zügigen Lesegenuss verschafft, der einen nur so durch die Seiten fliegen lässt.

„Wurdilak“ fällt aus meiner Sicht in die Kategorie „All Age“, denn die Handlung spricht meiner Meinung nach definitiv Kinder und Erwachsene an.
Der Spannungsbogen baut sich bis zum Schluss hin konstant auf, bis er  in einem zufriedenstellenden Finale endet.

Eindeutig am besten gefallen hat mir die Figur des Tupilak, der dreiköpfigen und sprechenden Vogelpuppe. Wie liebevoll Sigl den drei Köpfen Worte in den Mund gelegt hat, das macht schon ungemein Spaß und lockert die manchmal düstere Handlung erfrischend auf.

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Fazit: „Wurdilak“, der erste Roman des deutschen Regisseurs Robert Sigl, ist ein rasantes Märchen für kleine und große „Kinder“, das mich vom Szenario manchmal ein wenig an Roald Dahl erinnerte. Das Buch ist ein Film für LeserInnen, da Sigl einen sehr bildlichen Schreibstil benutzt. Ich vergeb 4 von 5 Sterne für ein kurzweiliges Lesevergnügen in einer märchenhaften, verzauberten und gelegentlich düsteren Welt.

© Buchwelten 2014

Haus des Blutes von Bryan Smith

Erschienen als Taschenbuch
bei Festa-Verlag
insgesamt 416 Seiten
Preis: 13,95 €
ISBN: 978-3-86552-195-8
Kategorie: Horror, Thriller

Fünf Highschool-Abgänger haben vor, die glücklichen Tage ihrer Collegezeit noch einmal aufleben zu lassen. Sie planen einen Urlaub, der allerdings nicht so verläuft, wie sich die fünf vorgestellt haben. Es beginnt damit, dass sie sich verfahren, weil sie von der Landstraße abbiegen und bald darauf in einer menschenleeren Einöde landen. Das Benzin wird knapp und als ein düster aussehendes Herrenhaus in den Bergen erscheint, wähnen sich die Touristen in Sicherheit. Sie ahnen nicht, was sich hinter der Fassade des Gebäudes verbirgt. Es ist nämlich nicht Rettung, die auf die fünf Schulabgänger wartet, sondern ein höllisches Tor, das direkt in die Hölle zu führen scheint. Ein Kampf ums Überleben beginnt, als sich die Gruppe jugendlicher Touristen in einer Welt wiederfinden, die von Sadisten, Sklaven und totgeglaubten Göttern bevölkert ist.

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Es fällt mir nicht leicht, Bryan Smiths Debütroman zu rezensieren. Einerseits erwartete mich so etwas wie ein Hohelied auf die Slasherfilme der 80er-Jahre, andererseits wurde ich durch die Entwicklung der Handlung in eine Geschichte geworfen, die mich -wie soll ich sagen?- enttäuschte, weil ich mir unter dem „Haus des Blutes“ etwas anderes vorgestellt hatte.

Der Einstieg in die Geschichte machte unheimlichen Spaß und die Charaktere bekamen kurzfristig sogar einen Platz in meinem (Leser-)Herzen. Auch als die Gruppe das geheimnisvolle Haus in den Bergen erreicht, ist noch alles schlüssig und unterhaltsam spannend zu lesen.

Aber dann entwickelt sich der Handlungsstrang in eine Richtung, die ich, zumindest meist, als störend empfand. Sicherlich gab es auch in der zweiten Hälfte des Buches die ein oder andere Szene, die mir gefallen hat. Aber …

Smith hätte eine weitaus besseres Buch geschrieben, hätte er sich nicht in eine (manchmal leider abstruse) Welt voller Dämonen gestürzt, die unter dem Haus existiert. Die Szenarien erinnerten mich teilweise an „Tagebuch aus der Hölle“ von Jeffrey Thomas, wobei Smith nicht die nötige Tiefe erreicht, die Thomas‘ Roman so faszinierend macht.

Was leider auch in der zweiten Hälfte des Romans passierte: die Charaktere verloren, bis auf die Hauptprotagonistin Dream, an Farbe und so manches Mal ertappte ich mich dabei, wie ich die ein oder andere Person verwechselte.

Bryan Smith hat allerdings ein paar „erotische“ Momente aus Sicht einer Frau beschrieben, die ich mochte und die für mich sehr überzeugend geschildert wurden.

Dennoch kann ich „Haus des Blutes“ (wenngleich aus meiner Sicht ein wenig eingeschränkt) empfehlen. Wie in den anderen Büchern, die ich von Bryan Smith kenne, wechselt der Schreibstil des Autor zwischen hochwertigen Sätzen und manchmal etwas plumper (nicht böse gemeinter) Trivialliteratur a la John Sinclair. Aber das Buch macht Spaß und das ist das Wichtigste. Und auf die Fortsetzung, „Herrin des Blutes“, die im Mai ebenfalls im Festa-Verlag erscheint, bin ich natürlich neugierig. Nach dem „offenen“ Ende des ersten Teils könnte ich mir durchaus vorstellen, dass in einer Weiterführung der Handlung, die mir bei „Haus des Blutes“ nicht so zugesagt hat, jetzt richtig Potential stecken könnte.

Die Covergestaltung ist, wie vom Festa-Verlag gewohnt, einfach nur genial, ansprechend und passend. Und dass wir durch diesen Verlag mit Werken von Autoren wie Bryan Smith, die sonst kein deutscher Verlag publizieren würde, versorgt werden, ist toll.

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Fazit: 3,5 von 5 Sternen für einen Mystery-Horror-Thriller, der zwar ein paar Schwächen aufweist, für einen Debütroman aber absolut gelungen ist. Bryan Smiths Fans werden das Buch mögen (ich mag es ja irgendwie auch 😉 )

Ein anfangs stimmungsvolles 80er-Jahre Horrorfilm-Flair wird von einem Ausflug in eine blutige, apokalyptische Unterwelt voller abgelöst.

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© Cryptanus für Buchwelten 2013