Das Ministerium für die Zukunft von Kim Stanley Robinson

Das Ministerium fuer die Zukunft von Kim Stanley Robinson

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 716 Seiten
Preis: 17,00 €
ISBN: 978-3-453-32170-0
Kategorie: Science Fiction, Belletristik

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In einer nicht allzu fernen Zukunft entwickelt sich der Klimawandel zu einer unabwendbaren Bedrohung für die Menschheit. Ein sogenanntes „Ministerium für die Zukunft“ wird ins Leben gerufen, um das Überleben der nachkommenden Generationen zu sichern. Mary Murphy ist Ministerin dieses Ministeriums und kämpft mit allen Mitteln dafür, dass die Erde sich wieder regeneriert. Oftmals stellt sich ihr die Frage, ob sie mit konventionellen Aktionen überhaupt etwas erreichen kann, denn Profit zählt für einen Großteil der Menschen mehr als eine sichere Zukunft.

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Barack Obama bezeichnet Robinsons neuen Roman als einen der wichtigsten Bücher des Jahres. Ich würde sogar noch weiter gehen und „Das Ministerium für die Zukunft“ als wichtigstes Buch des letzten Jahrzehnts bezeichnen, zumindest wenn es um das Thema Klimawandel und -schutz geht. Robinson sticht mit seinem Szenario und seinen Überlegungen nicht nur in ein politisches und weltumfassendes Wespennest, sondern beschäftigt sich auf eine eindringliche Art und Weise damit, dass man selbst über all diese Entwicklungen nachdenkt und einem bewusst wird, wie schwierig die Bewältigung dieser Bedrohung aus Sicht der Politik ist. Robinson beleuchtet ein Szenario aus vielerlei Blickwinkeln und zeigt, wie kompliziert es sein könnte (es derzeit ist und auch sein wird), den Klimawandel abzuwenden. „Das Ministerium für die Zukunft“ wirkte auf mich wie eine geniale Mischung aus Roman und Sachbuch, in dem auch viele Fakten auf „nüchterne“ Weise beschrieben und erklärt werden. Aber genau diese Mischung ist es letztendlich, die dieses Buch zu einem echten Abenteuer macht, das sich in die Gedanken der Leser schleicht und sich dort auch fest verankert.

Wie schon in „New York 2140“ behandelt Robinson eine Thematik, die uns alle angeht (die meisten leider aber nicht wirklich interessiert), nämlich den Klimawandel und die daraus resultierenden Folgen für die Menschheit. Während er in „New York 2140“ aber nur von den Ereignissen einer einzigen Stadt erzählt, widmet er sich im vorliegenden Roman um die globalen Entwicklungen und den verzweifelten Kampf einzelner Politiker, das Ruder noch herumzureißen. „Das Ministerium für die Zukunft“ ist eine Warnung, die jedoch niemals wirklich mit erhobenem Zeigefinger, geschweige denn einer Holzhammer-Methode, daherkommt, sondern sich schlichtweg um Fakten kümmert. Die Protagonisten werden zwar gut charakterisiert, wachsen einem aber dennoch nicht wirklich ans Herz, weil man vielmehr mit den erschreckenden Entwicklungen auf der Erde „leidet“. Man mag es am Ende gar nicht richtig glauben, dass man soeben 700 Seiten „verschlungen“ hat, ohne dass etwas wirklich Gravierendes oder Spektakuläres stattgefunden hat. Bis auf den beeindruckenden Einstieg mit der Hitzewelle in Indien, konfrontiert uns der Autor vielmehr mit dem verzweifelten Kampf gegen die vom Menschen selbst verursachte Bedrohung und spielt mit verschiedenen Lösungsmöglichkeiten, die allesamt durchaus realistisch erscheinen. Ich empfinde „Das Ministerium für die Zukunft“ ebenfalls als sehr wichtigen Roman, der aufzeigt, an welcher Stelle wir uns bereits seit Jahren befinden. Und dennoch unternehmen wir nichts dagegen …

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Fazit: Eindringliche Beschreibung des Klimawandels in außergewöhnlicher Romanform.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Dürre von Uwe Laub

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 464 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-453-44118-7
Kategorie: Thriller

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Der Klimawandel beschleunigt sich unaufhaltsam und Dürren, verbunden mit Ernteausfällen, nehmen nicht nur in Deutschland, sondern weltweit zu. In ganz Europa herrscht mittlerweile Hungersnot. Um dieser wachsenden Klimakatastrophe entgegenzusteuern, beschließen die Länder drastische Maßnahmen, in dem sie mit Hilfe einer App den CO2-Verbrauch eines jeden Bürgers zu kontrollieren.
Die Geschwister Julian und Leni werden des CO2-Betrugs angeklagt und werden von der Regierung erbarmungslos gejagt. Dabei decken sie einen Skandal auf, der erschreckende Konsequenzen nach sich zieht …

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Nach den drei Vorgänger-Romanen „Blow Out“, „Sturm“ und „Leben“ war die Erwartungshaltung gegenüber einem neuen Werk von Uwe Laub beträchtlich, hatte der Autor doch die eigene Messlatte ziemlich hoch gesetzt. Doch schon der Einstieg gelang Laub, wie gewohnt, sehr stimmungsvoll und man stellte sich bereits nach den ersten Seiten wieder auf ein spektakuläres, gut durchdachtes Abenteuer ein. Der Hintergrund der Welt, in der „Dürre“ spielt, ist in sich logisch und in der Tat eine konsequente Fortführung der Situation, in der sich die Menschheit derzeit (leider) befindet. Klimawandel ist das große Thema, dem sich Laub dieses Mal widmet. Und damit komme ich auch schon zum einzigen Kritikpunkt, wenn man diesen überhaupt so nennen kann: Laub entwirft zwar ein Szenario, in dem die Klimastörungen massive Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben, nutzt aber irgendwie die Chance nicht, ein richtig düsteres, atmosphärisches Zukunftsbild zu erschaffen. Das ist an sich aber wiederum gar nicht schlimm, denn „Dürre“ ist trotzdem ein durch und durch spannender Thriller und Pageturner geworden, wie man es von Uwe Laub gewohnt ist. Aber ich habe mir durch den Titel eigentlich ein bisschen was anderes vorgestellt.

Das ganze Drumherum um die Klimakatastrophe wurde perfekt geschildert und erklärt. Das hat mir richtig gut gefallen, auch die daraus resultierende App, die den CO2-Verbrauch der Menschen und Firmen kontrolliert, war perfekt. Und das „Manko“, das ich oben erwähnte, ist im Grunde genommen ja auch wirklich keines, denn man wird erneut auf ein spannendes Abenteuer mitgenommen, das auf keiner Seite langweilig wird. Wer jedoch Laubs „Sturm“ und „Leben“ gelesen hat, weiß, was ich meine, wenn ich sage, dass die Bedrohlichkeit der Natur in „Dürre“ irgendwie zu kurz kommt. Vielleicht lässt es sich am einfachsten so umschreiben: Während „Sturm“ und „Leben“ die Naturgewalten in den Vordergrund stellen und das Ganze dann im Kleid eines Thrillers darstellen, verhält es sich bei „Dürre“ irgendwie umgekehrt. Dieses Mal ist es vordergründig erst einmal ein Thriller, der die Entwicklung(en) des Klimawandels mit zum Thema hat. Konnte ich mich einigermaßen verständlich ausdrücken? 🙂
Dennoch, ich wiederhole mich ausdrücklich, ist „Dürre“ kein schlechteres Buch wie seine Vorgänger, sondern schlichtweg ein anderes.

Uwe Laubs flüssiger Schreibstil trägt, neben den zahlreichen wissenschaftlichen Einschüben und innovativen Ideen diesbezüglich, dazu bei, dass man das Buch, wie eben auch seine Vorgänger, schlecht aus der Hand legen kann. Zu sehr will man wissen, wie es weitergeht und fiebert mit den Protagonisten mit. Was mir wirklich gut gefallen hat, war der Ursprung der App mit dem klangvollen Namen Aequitas. Es hat richtig Spaß gemacht, zu verfolgen, wie der Entwickler die Idee hatte und sie im Laufe der Jahre perfektionierte. Auch wenn Uwe Laub mit „Dürre“ dieses Mal weniger Wert auf ein wissenschaftliches Abenteuer a la Michael Crichton erschaffen hatte, sondern eher einen Thriller, so liest man das Buch in Rekordzeit. Und auch „Dürre“ bleibt aufgrund seiner intensiven Handlung bleibend im Gedächtnis haften. Nun, was bleibt mir noch übrig, zu sagen? Unbedingt lesen und, sofern noch nicht geschehen, auch alle anderen Werke des Autors. Und dann muss man sich nur noch gedulden, bis endlich wieder ein neuer Roman von Uwe Laub erscheint.

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Fazit: Rasanter Thriller, der in einem vom Klimawandel betroffenen Szenario spielt.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Starkstrom von Jan Zweyer

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Erschienen als Taschenbuch
im Grafit Verlag
insgesamt 282 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN:  978-3-89425-576-3
Kategorie: Kriminalroman

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Um den Flüchtlingsstrom einzudämmen hat sich Zentraleuropa hinter einem Zaun verschanzt. Der soll es Flüchtenden unmöglich machen, in die „gelobten Länder“ einzureisen. Denn Europa will diese Flüchtlinge nicht. Die Menschen warten geballt in Transitzentren auf ihr Schicksal. Die, die offiziell einreisen und einen Asylantrag stellen dürfen, werden durch ein Lotterieverfahren ausgewählt.

Die Firma, die den Zaun unterhält und bewacht (von der Regierung beauftragt) soll es schaffen, den Zaun noch undurchdringlicher zu machen, denn immer noch versuchen Flüchtlinge auf illegalem Weg einzureisen. Die einfachste und günstigste Lösung scheint ein Bluff: Es wird behauptet, dass der Zaun nun unter Starkstrom stehe. Als es dann aber genau dadurch ein Todesopfer gibt, wird die Regierung natürlich erheblichem Druck und Erklärungsnöten ausgesetzt.

Unterdessen begeben sich 2 junge Männer aus dem Senegal auf ihre Reise/Flucht nach Europa. Sie haben den Schritt gewagt und sich für teures Geld in die Hände einer Schlepperbande begeben …

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Ganz klar, ein Thema, das neugierig macht, kann es doch aktueller gar nicht sein. Genau aus diesem Grund habe ich das Buch ausgewählt. Der Flüchtlingsstrom hält nicht an, immer mehr Menschen fliehen nach Europa. Ob aus Kriegsgebieten oder wie oben erwähnt aus Afrika, wo die Dürre die Menschen nach und nach dahinsiechen lässt.

Alle haben wir in den Medien von Schlepperbanden gehört und Bilder von Flüchtlingen gesehen, die neben zerborstenen Booten im Mittelmeer treiben und mit Glück lebend geborgen werden.

Der Roman „Starkstrom“ spielt in der Zukunft, jedoch nur einige Jahre. Der Autor Jan Zweyer beschreibt hier schon „unsere Welt“, in der wir hier und jetzt leben.

Und auch wenn mir der Roman zu großen Teilen gefallen hat, so hat er mich nicht zu 100 % überzeugt. Die Passagen, die im Senegal spielen, in denen der Leser die beiden Flüchtlinge begleitet, die auf die Schlepper hoffen, die haben mir sehr gut gefallen. Auch die Hintergründe und Verwicklungen waren interessant, erschreckend und leider auch sehr überzeugend.

Dennoch, sobald die Handlung sich in der Politik und dem Großkonzern abspielte, haben mich die Charaktere nicht wirklich überzeugt und ich kam teilweise mit den Namen bis zuletzt oft durcheinander. Die Figuren erschienen alle so gleich und durchsichtig, ich kann es gar nicht genau erklären. Dann waren wiederum Personen miteinander verbunden, wo ich dann schon dachte: dieser Zufall ist etwas an den Haaren herbeigezogen.

Unterm Strich war der Roman auf der einen Seite sicher gut recherchiert und auch erschreckend real. Auf der anderen Seite war er etwas wirr und machte auf mich den Eindruck, als wollte der Autor einem bekannten deutschen Politthriller- Autor nacheifern. Das ist ihm aber leider nicht gelungen.

Fazit: Ich bin ein wenig zweigeteilt, aber lest selbst und macht euch euer eigenes Bild. Für mich hat der Roman leider nicht ganz meine Erwartungen erfüllt.

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© Marion Brunner_Buchwelten 2018

MR. SHIVERS von Robert Jackson Bennett (5/5)

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Erschienen als
Taschenbuch im „ROUGH CUT
bei PIPER
12,95 €
ISBN: 978-3-492-26753-3

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Mr. Shivers erzählt den Weg von Michael Connely durch das verödende Land Amerikas auf der Suche nach dem Mörder seiner Tochter Molly. Er will seine Tochter rächen, will den Mann, der ihm das wichtigste in seinem Leben genommen hat, tot sehen.

Dafür nimmt er einen wahrlich schweren Weg auf sich. Er zieht als Landstreicher (Hobos werden sie genannt) in Richtung Westen. Teilweise springt er auf Züge auf und fährt gemeinsam mit den vielen Wanderarbeitern ein Stück mit. Große Teile des Weges muss er zu Fuss gehen.
Das Land hat es schwer in diesen Tagen, eine andauernde Dürre lässt es vertrocknen und so verlassen Unmengen an Menschen ihre Städte und Orte um in einem anderen Teil des Landes Arbeit zu suchen. Connelly trifft auf seiner Reise eine Gruppe Männer, die ebenso Mr. Shivers verfolgen. Auch ihnen hat der Narbenmann mit dem grauen, geflickten Mantel einen lieben Menschen genommen.
Obwohl Connelly ein stiller und in sich gekehrter Mann ist, schließt er mit ihnen eine Freundschaft und sie gehen den weiteren Weg gemeinsam. Immer wieder fragen sie die Leute in den Lagern der Landstreicher oder den fast verlassenen Städten  nach Mr. Shivers,  gesehen haben ihr viele, aber sie alle scheinen Angst zu haben und sehr ungerne über ihn zu sprechen, diesen Mann mit dem vernarbten Gesicht, dass ihn erscheinen lässt, wie einen grinsenden Clown. Aber Connelly gibt nicht auf, er will ihn finden und er will ihn töten ….

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Zunächst einmal wird das Taschenbuch vom Verlag wieder im Rough-Cut präsentiert. Erstmalig hat Piper die Dan Wells-Reihe in diesem Design angeboten und es gibt dem Buch ein besonderes Erscheinungsbild (Mr. Shivers ist aber kein Thriller!). Die unregelmässig geschnittenen Seiten haben schon was. Das Cover ist in seinen Grüntönen eher dezent gehalten aber der verschwommene, wanderne Mann und die geprägte Schrift passen gut zum Thema.

Mr. Shivers ist das Debüt von Robert Jackson Bennett und er wird auf der Rückseite des Buches mit Stephen King und Neil Gaiman verglichen. King kommt hin, denn mein erster Gedanke war: Das erinnert mich an Schwarz, dem ersten Teil der „Dunklen Turm-Reihe“, ist nur besser geschrieben. Aber die Reise von Connelly durch die trocken Weiten und Ebenen des Landes, Gespräche am Lagerfeuer und die Jagd auf einen dunklen Mann, dass ähnelt doch sehr.
Bennett hat einen Schreibstil, der fesselt und mich immer hat weiterlesen lassen. Er schreibt anspruchsvoll und ist für mich eher mit der visionären Art von Clive Barker vergleichbar. Die Geschichte hat sehr viel Hintergrund und eine wirkliche Botschaft, vorallem das Ende hat mir absolut gut gefallen. Nicht absehbar und dennoch so logisch.

Innerhalb des Romans geht es um sehr viel Zwischenmenschliches, es werden viele – auch tiefgründige – Unterhaltungen zwischen den Protagonisten geführt und das hat mich sehr angesprochen. Natürlich kommen auch die abenteuerlichen Szenen nicht zu kurz und es fliesst auch eine Menge Blut. Zarte Leser, die ein paar „Splatter“ – Elemente nicht so gerne lesen, sollten vorgewarnt sein :-). Mich selber hat es überhaupt nicht gestört, im Gegenteil, es gehörte zur Story und eine Kürzung oder Streichung dieser Stellen hätten sie amputiert.

Ich habe knappe 300 der 400 Seiten an meinem freien Tag weggelesen, das heisst, es hat mich gefesselt. Die relativ dicken, nicht so voll beschriebenen Seiten lassen sich aber auch sehr flott lesen.

Mein Fazit: Dieses Debüt bekommt von mir die volle Punktzahl. Ein Roman, der als Rachefeldzug beginnt aber letztendlich eine echte Botschaft rüberbringt. Absolut empfehlenswert für Fans von Clive Barker und auch Stephen King.

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Noch eine kleine Information zum Autor vom PIPER Verlag:

Robert Jackson Bennett wurde für sein Debüt „Mr. Shivers“ mit dem Shirley Jackson Award 2010 ausgezeichnet. Er gewann als bester Roman in den Genres Psychological Suspence, Horror und Dark Fantastic und konnte sich gegen hochkarätige Konkurrenz durchsetzen.

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Ich danke dem PIPER Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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© Buchwelten 2011