Richtung Nirgendwo (Melodys Song) von Michael Dissieux

Richtung-Nirgendwo--Frontco

Erschienen als Taschenbuch
im KOVD Verlag
insgesamt 384 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-96698-607-6
Kategorie: Dystopie, Drama

.

In einer Zukunft, in der nichts mehr so ist wie es einmal war, macht sich ein Mann auf die Suche nach einer neuen Hoffnung. In Gedanken begleiten ihn seine Frau und Tochter, als er auf einen Mann und ein Mädchen trifft, die ein Ziel haben. Er begleitet sie und erfährt, was es heißt, die Hoffnung niemals zu verlieren …

.

Es gibt actionreiche Dystopien wie „Mad Max“ und es gibt ruhige, melancholische wie etwa Corman McCarthys „The Road“. Michael Dissieux’ „Richtung Nirgendwo“, erschienen im KOVD-Verlag, gehört eindeutig in die letztgenannte Kategorie. Mehr Melancholie, Einsamkeit und Sinnieren über das Leben geht nicht. Dissieux besitzt einen unglaublich intensiven Schreibstil, der, verbunden mit dem Stilmittel des Ich-Erzählers, schon auf den ersten Seiten eine bedrückende, nachdenkliche, aber dennoch auch irgendwie hoffnungsvolle Atmosphäre ausstrahlt. Genau dieser Mix aus den verschiedenartigsten Stimmungen zieht den Leser sofort in seinen Bann und lässt ihn auch bis zum Schluss nicht mehr los. Wie ein Sog wird man in die Geschichte gesogen und vergisst sehr schnell die Realität um einen herum, während man den Protagonisten auf seiner Reise durch eine zerstörte Welt begleitet.

„Richtung Nirgendwo“ ist mein erstes Buch von Michael Dissieux, der durch seinen tollen, flüssigen Schreibstil in mir einen neuen Anhänger gefunden hat. Vor allem die unspektakuläre Herangehensweise an diesen Stoff hat mich nachhaltig beeindruckt, legt der Autor nämlich sein Hauptaugenmerk auf die Psyche seines Protagonisten und kommt dadurch zu einem weitaus epischeren Ergebnis als so mancher sogenannter Bestseller-Autor, der sich auf Action oder zombielastiges Gemetzel konzentriert. Dissieux’ Welt ist zerstört, einsam und deprimierend. Doch die Überlebenden tragen bei ihm eine Hoffnung in sich, wie sie wahrscheinlich jeder von uns in solch einer Situation hätte. Das ist es, was dieses Buch auch so menschlich, und dadurch authentisch macht.
Die Mischung aus „Ich, der letzte Mensch“ (auch bekannt unter dem Titel „I am Legend“) von Richard Matheson und dem bereits erwähnten „The Road“ von Corman McCarthy überzeugt vollends und besitzt aus meiner Sicht uneingeschränkt das Format eines Bestsellers, der förmlich nach einer Verfilmung schreit.

Trotz seiner Schlichtheit und ruhigen Erzählweise wird das Buch in keinem einzigen Moment auch nur annähernd langatmig, geschweige denn langweilig. Ganz im Gegenteil, man hätte als Leser (zumindest erging es mir so) gut und gerne noch eine Weile in dieser apokalyptischen Welt verharren können.
Und dann kommt das Ende …
Eine herzergreifende Wendung, die einem den Atem raubt, das Herz bricht und zum Nachdenken bringt, und dennoch auch irgendwie mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen zurücklässt. In „Richtung Nirgendwo“ sieht man sich oft selbst und erkennt so manches Mal seine eigenen Gedanken über das Leben. Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass und Dissieux bei einigen Dingen im Unklaren lässt (was mit Sicherheit Absicht ist, denn auch im wirklichen Leben warten wir oftmals vergebens auf eine Erklärung), so kann man diesen Roman durchaus als Beschreibung unserer aller Leben bezeichnen: Sind wir nicht alle im Grunde genommen auf uns alleine gestellt und irren einsam durchs Leben, um uns einzig an einem festzuhalten: der Liebe.

.

Fazit: Melancholische, herzergreifende und authentische Apokalypse.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Werbung

Fireman von Joe Hill

Erschienen als Taschenbuch
bei Heyne
insgesamt 958 Seiten
Preis: 17,99 €
ISBN: 978-3-453-31834-2
Kategorie: Dystopie, Science Fiction

.

Eine Seuche namens „Dragonscale“ droht, die gesamte Menschheit zu vernichten. Anfangs bemerken die Infizierten eine seltsame Hautkrankheit, die wie Tätowierungen gleichen. Doch schon wenig später entzünden sich die von der Krankheit Befallenen selbst und verbrennen. Das Ende der Welt scheint angebrochen zu sein. Harper Grayson ist Krankenschwester und wird ebenfalls von dem Virus befallen. Sie findet Schutz in einer Gemeinschaft, die die Feuerkrankheit zumindest soweit in den Griff bekommen haben, dass sie sich nicht selbst entzünden. Dort lernt Harper den sogenannten „Fireman“ kennen, ein Mann, der innerhalb kürzester Zeit zu einer Legende geworden ist, weil er „Dragonscale“ vollkommen unter Kontrolle halten kann. Ist jener „Fireman“ die letzte Hoffnung der Menschheit?

.

Als Stephen King-Anhänger und auch ebensolcher seines sehr talentierten Sohnes war ich natürlich unheimlich gespannt darauf, was Joe Hill nach „Christmasland“ und seinem hervorragenden Debüt „Blind“ abgeliefert hat. Ich bin gespalten, was das Dystopie-Epos angeht, das gebe ich unumwunden zu, denn „Fireman“ hat durchaus einige beeindruckende Höhen, aber leider auch einige anstrengende Längen.
Der Beginn des Plots ist allerdings filmreif und man kann nach den ersten Seiten kaum abwarten, wie das Ende der Menschheit bei Joe Hill ablaufen wird. Allerdings wird man leider aus dieser grundsoliden, absolut stimmungsvollen Endzeitatmosphäre herausgerissen, als Harper auf die Gemeinschaft stößt. In einer Mischung aus „Walking Dead“, „Postman“ und „Tribute von Panem“, gewürzt mit einem Schuss „The Road“ von Cormac McCarthy, erzählt Joe Hill im Prinzip den (Leidens-)Weg einer Frau, nämlich Harper Grayson. Hill versteckt viele Anspielungen auf seine eigenen Romane, die seines Vaters und auch weitere Bestseller, die wohl jede Leseratte kennen dürfte, aber er geht eindeutig seinen eigenen Weg.

Dennoch funktioniert „Fireman“ trotz seines bombastischen Ausmaßes und der wirklich tollen Ausgangssituation nur bedingt. Vielleicht liegt es sogar am Umfang des Werkes, das bei vielen Lesern oftmals Langeweile aufkommen lässt. Ich genoss die Geschichte, mir war sie auch niemals zu langatmig, wenn ich ehrlich bin, aber trotzdem zündete der Funke, der am Anfang verbreitet wurde, im Verlauf der Geschichte nicht. Schade, denn das Ausgangsszenario hätte, wie gesagt, Potential zu einem epischen Dystopie-Road-Movie ausgebaut werden können. Hill übt Gesellschaftskritik (was keinesfalls schlecht ist), aber er konzentriert sich zu sehr auf die Vorfälle, die in der Gemeinschaft passieren (und das erinnert in der Tat an einige Folgen von „Walking Dead“ – vielleicht auch beabsichtigt). Aber hätte Hill mehr Augenmerk auf die Welt gerichtet, die dem Untergang geweiht ist, und seine Protagonisten durch diese Hölle geschickt, wäre bestimmt ein weitaus beeindruckenderes Werk entstanden. Aber Joe Hill hat einen anderen Weg gewählt und sich, wie gesagt, auf das Leben in einer Gemeinschaft konzentriert, die sich in Sicherheit wähnt.

Die Charaktere sind durchaus glaubwürdig und mit Seele ausgearbeitet. Joe Hill bewegt sich mit seinem Schreibstil oftmals auf hohem Niveau, gerät aber an einigen Stellen auch ins Umgangssprachliche, so dass ich mir ein paar Mal gedacht habe, das Buch wäre von zwei Autoren geschrieben worden. Auch wirkten manche Ereignisse ein wenig zu weit hergeholt und an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit.
Doch trotz all meiner Kritikpunkte ist Joe Hill aus meiner Sicht eine beeindruckende Endzeitvision gelungen, die vor allem durch seine bildhafte Sprache zu einem Kopfkino-Blockbuster wird. Im Nachwort wird erwähnt, dass die Filmrechte bereits verkauft sind. Ich könnte mir ohne weiteres vorstellen, dass im Falle von „Fireman“ die Filmumsetzung durchaus ansprechender ausfallen könnte als die Buchvorlage. „Fireman“ ist für die große Leinwand gemacht und könnte von der Atmosphäre her wie seinerzeit die Buchadaption von David Brins „Postman“ von Kevin Costner wirken.

Joe Hill beschreibt stimmungsvolle  Bilder. Am Anfang schreibt er über die Liebe zu einem Menschen. Diese Beschreibung, gerade auch noch von einem Mann geschrieben, ist wunderschön und wahr. Und eben genau solche Beschreibungen, hochwertige literarische Sätze, fehlten mir dann oftmals im Verlaufe des weiteren Buches. Das hätte Joe Hill bestimmt besser gekonnt. „Fireman“ ist ein über 900 Seiten starkes Mammutwerk, das letztendlich aber dann doch keines ist. Im Nachhinein denkt man nämlich, der Plot hätte auf nur 400 Seiten stattgefunden. Dennoch möchte ich das Leseerlebnis nicht missen, denn „Fireman“ hat wirklich auch viele gute Seiten.

.

Fazit: Groß angelegte Endzeitvision, die durchaus auch auf halb so vielen Seiten funktioniert hätte. Wer es ausführlich mag, wird „Fireman“ genießen, Ungeduldige könnten Probleme damit haben.

©2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten

One Second After von William R. Forstchen

One Second

Erschienen als Taschenbuch
im Deltus Verlag
512 Seiten
13,80 €
ISBN: 9783-940626-17-2

.

Von einer Sekunde auf die andere ist die Welt nicht mehr die, die sie vorher war. John Matherson, Ex-Colonel und Geschichtsprofessor, lebt mit seiner Familie in einem kleinen Dorf mitten in den Bergen von North Carolina. Aus heiterem Himmel bricht das komplette Stromnetz zusammen und sämtliche elektrischen Geräte funktionieren nicht mehr: keine Autos, keine Computer, keine Flugzeuge. Sämtliche Radios, Kühlanlagen und medizinischen Versorgungsgeräte sind lahmgelegt. Matherson entdeckt bereits nach wenigen Tagen, dass die USA anscheinend von einem EMP-Angriff (Elektromagnetischer Impuls) betroffen ist, der die Welt weiter als ins Mittelalter zurückwirft. Ein Kampf ums nackte Überleben beginnt …

*

Ich bin durch Zufall auf diesen Endzeitroman gestossen und muss sagen, dass ich mehr als angenehm überrascht war. Das Szenario, das sich Forstchen ausgedacht hat, ist dermaßen eindringlich, realitätsnah und erschreckend geschildert, dass man tatsächlich meint, man wäre mit dabei und betroffen.
Das Buch ist außerordentlich gut recherchiert. Da wird wirklich an jedes Problem gedacht, dass ohne Strom auftritt und die Menschheit lebensbedrohlich gefährdet. Oft wird man als Leser auf Zusammenhänge gebracht, bei denen man nicht im Traum daran dachte, dass so eine Möglichkeit in Verbindung mit einem Stromausfall in Betracht käme. Diese hervorragenden Hintergrund-Recherchen über ein mögliches Szenario in dieser Art, war für mich ein ganz großer Pluspunkt dieses Romans, denn dadurch wurde die Geschichte mehr als realistisch.

Forstchens Schreibstil ist in der Regel sehr gehoben und hat mich an manchen Stellen sogar an Stephen King erinnert. Nur hin und wieder kamen ein paar sehr pathetische Stellen vor, die mir dann nicht so zugesagt haben. Vor allem am Ende wurde es sehr patriotisch und „Amerika“-lastig, was schon nahe an der Grenze des Nervens war. Aber nichtsdestotrotz (und wenn man das aus meiner Sicht übertrieben heldenhafte Ende außer Acht lässt), ist Forstchen ein absolut spannender, faszinierender und erschreckender Roman gelungen, der nachhaltig im Gedächtnis bleibt, zumal die Möglichkeit eines solchen EMP-Angriffs wahrscheinlicher ist, als so manch einer wohl denkt.

Die Charaktere, die Forstchen geschaffen hat, wirken sehr glaubhaft und in vielen Dingen fühlt man ihre Verzweiflung und Angst, aber auch die Entschlossenheit und den Mut, die sie niemals aufgeben lassen. Die Stimmung gleicht vielen Endzeitfilmen („Mad Max“ oder „The Day After“), hat mich aber auch auf gewisse Art und Weise immer wieder an Stephen Kings „Die Arena“ denken lassen. Wahrscheinlich lag es an den Charakterisierungen der Menschen und der Abgeschiedenheit des Ortes.

Da hat Deltus.de, ein Imprint des Festa-Verlages, einen wirklich guten Endzeit-Thriller veröffentlicht.

*

Fazit: Sehr realistisches Endzeit-Szenario, das durch einen EMP-Angriff hervorgerufen wird. Die Welt ohne Strom ist schlimmer, als sich so manch einer vorstellen kann. Forstchen hat hervorragend recherchiert und eine erschreckende, aber auch traurige Geschichte geschrieben. Ein Buch, das man unbedingt einmal lesen sollte!

© 2014 Wolfgang Brunner für Buchwelten

LEVEL von Hugh Howey

.

Level

Erschienen als gebundene Ausgabe
(mit Lesebändchen)
im PIPER Verlag
432 Seiten
19,99 €
ISBN: 978-3-492-05647-2

.

Donald ist eigentlich Architekt, schafft es jedoch mit Senator Thurmans Hilfe als Abgeordneter in den Senat. Er ist natürlich sehr stolz auf diesen Erfolg, und als der Senator ihn mit der Planung und dem Bau eines gigantischen unterirdischen Silos beauftragt, zweifelt er keinen Moment am genannten Nutzen des Teils. Das Silo muss angeblich als zusätzliche Schutzmaßnahme neben einem geplanten Endlager für radioaktive Brennstäbe erbaut werden.

Als es dann am Tage der Einweihung der Anlage zur Katastrophe kommt, flüchten sich die Menschen in die erbauten Silos, auch Donald gelingt die Flucht in eines der unterirdischen Wohnanlagen. Mit dem Wechsel des Lebens von der überirdischen Welt, die durch den Kollaps unbewohnbar geworden ist, in die unterirdische, beginnt nicht nur für Donald ein Leben, wie man es sich nicht annähernd vorstellen kann.

Macht, Intrigen, Rebellion und Aufstände beherrschen das Leben in den Silos und nach und nach kommt Troy, der Leiter des Silo 1 dahinter, dass sein eigenes Schicksal mit dem der mächtigen Gründer der Silos verbunden ist ….

***

Level ist der zweite Teil der Silo-Reihe, der jedoch keine Fortsetzung, sondern ein Prequel ist, somit also die Vorgeschichte zu SILO erzählt. Wusste man in SILO nicht wirklich, in welchem Jahr die Geschichte spielt, so sind hier in LEVEL die Jahreszahlen benannt. Und Hugh Howey springt zwischen den Jahren hin und her, sodass ich mir ab der Hälfte des Buches etwa einen Spickzettel zugelegt habe, damit ich nicht den Überblick verliere. Denn auch zwischen zwei Zeitsprüngen hat der Autor gerne nochmal eine Rückblende eingebaut.

Der Autor beginnt den ersten Teil mit der Zeit vor dem Bau und dem anschließenden Bau der Silos, und springt dann immer wieder in eine Zeit, in der die Menschheit schon geraume Zeit dort unten lebt.

Dann eröffnet Howey im Laufe der Handlung immer wieder neue Handlungsstränge, die sich schlussendlich auch verbinden, wobei ich einen Handlungsstrang für die „Auflösung“ nicht unbedingt als wichtig erachtet habe, aber nun gut. Deshalb war er nicht weniger interessant 🙂

Hugh Howey hat den Spannungsbogen gut gespannt und seine Charaktere wieder gut ausgearbeitet. Ich kam in Laufe der Geschichte recht schnell auf die anstehenden „Auflösungen“, allerdings empfand ich sie nicht als zu absehbar. Als aufmerksamer Leser, der sich noch gut an den ersten Teil SILO erinnern kann, kann man aber gut folgen. Von daher war für mich das Ende auch nicht wirklich überraschend. Ich muss jedoch gestehen, dass ich während der Lektüre SILO mindestens viermal in der Hand hatte, um mir Figuren aus dem ersten Buch noch einmal anzuschauen und mir meine Vermutungen zu bestätigen.

PIPER präsentiert den Roman wieder als gebundene Ausgabe mit Lesebändchen. Dass der Verlag aber in diesem zweiten Teil an einem schönen Hingucker des Erstlings SILO gespart hat, verstehe ich nicht wirklich und finde es auch schade. Denn bei Silo war der Schnitt ringsherum passend zum Cover in knallgelb gefärbt. In diesem Teil hätte ein türkis oder ähnliches sehr gut gepasst, der Schnitt wurde in LEVEL aber gar nicht farbig gefertigt.

.

Mein Fazit: 5 Sterne für einen gelungenen Teil 2, der eher ein Prequel und keine Fortsetzung ist, sich jedoch im Laufe der Handlung an SILO heranarbeitet. Ausgestattet mit einem guten Handlungsbogen und charakterstarken Figuren, gefällt er mir sogar besser als Teil 1. Ein fesselndes, dystopisches Science Fiction Abenteuer.

.

Ich danke dem PIPER Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

(Quellen der Videos: Piper.de)

.

Rezension auf Buchwelten zu SILO

.

© Buchwelten 2014