Fairy Tale von Stephen King

Erschienen als gebundene Ausgabe mit Leseband
im Heyne Verlag
insgesamt 880 Seiten
Preis: 28,00 €
ISBN: 978-3-453-27399-3
Kategorie: Fantasy, Märchen

Ich warne sicherheitshalber vor Spoilern

Der 17-jährige Charlie Reade ist eigentlich ein ganz normaler Teenager, außer vielleicht, dass er mit seinem Vater alleine lebt seit er 7 Jahre*** alt ist. Seine Mutter wurde überfahren, als sie auf dem Heimweg von der Tankstelle war, wo sie für die Familie Hähnchenteile besorgt hat. Charlies Vater wollte sie fahren, sie aber lehnte ab und wollte gerne etwas frische Luft genießen. Tja, dieser Abend änderte alles. Charlies Vater begann zu trinken, verlor seinen Job bei der Versicherung und beinahe wären sie finanziell so richtig zugrunde gegangen. Aber dann kam ein ehemaliger Arbeitskollege und guter Freund und das Blatt wendete sich wieder. Charlies Vater wurde durch die Treffen der AA trocken und kam wieder auf die Füße. Charlie nahm ihm das nie übel, nein, er verstand seinen Vater nur zu gut und half ihm, so gut er konnte. Er kümmerte sich um den Haushalt und um seinen Dad, wenn er wieder betrunken war, und versorgte sich selbst. Daneben entwickelte er sich – wie gesagt – zu einem Teenager, der zwar eine Weile lang seinen Frust gemeinsam mit einem Kumpel, der kein guter Umgang für ihn war, rausgelassen hat, mit Aktionen, auf die er überhaupt nicht stolz ist rausgelassen hat aber dann auch wieder die „Kurve“ gekriegt hat.

Eher zufällig lernt Charlie den alten, verschrobenen Nachbarn Howard Bowditch kennen, weil der nämlich in seinem Garten hinter der Veranda liegt, wo er von der Leiter gefallen ist. Sein Hund Radar hat so jämmerlich gejault, dass Charlie sich hinter das Gartentor gewagt hat. Und das will was heißen. Denn der riesige Schäferhund, der dort wacht, soll absolut blutrünstig und ein totales Monster sein. So sagt es zumindest Charlies Freund. Nun, Radar ist inzwischen eine alte Hundedame und liegt neben ihrem Herrn, der sich nicht mehr rühren kann. Charlie ruft den Krankenwagen und so kommt eines zum andern: Es entwickelt sich langsam aber sicher eine wahre, tiefe Freundschaft zwischen Charlie und dem alten Eigenbrötler Bowditch. Charlie kümmert sich zunächst um Radar, als der Alte im Krankenhaus liegt und wohnt nach seiner Heimkehr bei ihm, um ihm als Pfleger und „Junge für alles“ zur Seite zu stehen.

Als Howard Bowditch stirbt, hinterlässt er Charlie nicht nur das alte Haus, das so verfallen nun gar nicht mehr ist, und die wundervolle alte Hundedame Radar. Nein, Bowditch hinterlässt Charlie viel viel mehr. Ein großes und wundervolles Geheimnis. Ein Tor in eine andere Welt. Doch dazu muss Charlie erst einmal den Schuppen öffnen …

***

Jetzt bin ich schon bei der Inhaltsangabe etwas ausgeufert, aber mit 2 Sätzen wollte ich die Handlung nun auch nicht zusammenfassen. Aus diesem Grund passen meine Rezensionen leider auch nicht auf die Verlagsseiten. „Zu viele Zeichen“ bekommen ich immer gemeldet ☺.

Gerade dieser erste Teil des Romans hat mir so sehr gefallen, dass ich mich zunächst in der „Anderswelt“ überhaupt nicht richtig wohlgefühlt habe. Ich wollte wieder hinauf in die Realität. Ich wollte zurück zu Charlie und seinem Vater, die beide so ein absolut tolles Verhältnis haben, dass ich dort bleiben wollte. Klar, Howard Bowditch war gestorben, was ich auch sehr bedauerlich fand, denn auch dieses Verhältnis fand ich richtig toll. Charlies Vater hatte nach dem Tod der Mutter getrunken, er wurde aber nie böse oder gewalttätig, wie wir es so oft in anderen Geschichten zu lesen bekommen. Nein, Charlies Vater war einfach „nur“ traurig, depressiv und trank. Er hat seinen Sohn nie auch nur angebrüllt und Charlie hat das alles so toll gemeistert, dass diese Vater-Sohn-Beziehung mir wirklich sehr nahe ging. Ebenso das Verhältnis zwischen Alt & Jung. Der freundliche Teenager hilft einem alten, verschrobenen, total grantigen Mann und es entwickelt sich eine tolle Beziehung zwischen den beiden.

Die Anderswelt ist unter unserer Welt gelegen und mit dem Betreten dieser Welt beginnt das Märchen, die Fantasy-Reise von Charlie Reade, der diese Welt offensichtlich retten oder befreien muss. Es gibt hier wundersame Menschen und Wesen. Eine graue Krankheit, die vielleicht an Michael Ende erinnert, auf den sogar kurz hingewiesen wird (leider nimmt Stephen King nur Bezug auf den Film „Die unendliche Geschichte“ und nicht auf das Buch). Ich habe es der Anderswelt schwer gemacht, eben weil ich aus den o.g. Gründen eigentlich lieber wieder in die echte Welt wollte, aber ich habe mich „gezwungen“, mich darauf einzulassen und so nach und nach wurde ich damit warm.

Ich habe selbst nie Lovecraft gelesen, weshalb ich einige Anspielungen und Hinweise vielleicht nicht erkannt habe, doch bei einigen Wesen wusste selbst ich, dass es sich um lovecraftsche Viecher handelt, stehen doch einige seiner Bücher in unserer Bibliothek (es ist hier auch interessant auszuknobeln, wem dieses Buch gewidmet ist und wer sich hinter den 3 Kürzeln verbirgt. Versucht es mal).

Wir begeben uns mit Charlie Reade auf eine Reise, das Land Empis zu retten und befreien, wobei Charlie eine große Rolle spielt. Auch Radar ist dabei, denn sie ist der eigentliche Grund, warum Charlie überhaut den Übergang durch den Schuppen gewählt hat. Wir treffen auf märchenhafte Figuren und lernen viel über das Land und dessen Bewohner. Auch hier geht es sehr stark um Freundschaft und Vertrauen und die Stärke, die eine Gruppe aufbauen kann.

Gibt’s ein Happy End? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Vielleicht irgendwie? Jedenfalls hatte ich zum Abschluss des Buches einen dicken Kloß im Hals und hätte dann doch gerne weitergelesen.

Fazit: Eine bunte Mischung aus Fantasy, Märchen, mystischem Horror und einem großen Abenteuer, das zu Herzen geht und fesselt.

*** Im inneren Klappentext ist dem Verlag in der Erstausgabe ein kleiner Fehler unterlaufen, worauf ich Heyne auch hingewiesen habe. Dort wird Charles Reade als 3-Jähriger beschrieben. Auf Seite 12 ist er dann korrekterweise 7 Jahre alt. Ich habe einen Blick in die englische Originalausgabe geworfen und dort ist Charlie auch tatsächlich 7 Jahre alt (auch im inneren Klappentext). Lasst euch also nicht verwirren, denn gegen Ende erzählt er selbst sogar nochmal, dass seine Mum starb, als er 8 Jahre alt war ☺


©2022 Buchwelten

Werbung

Stunde der Flammen (Der dunkle Kristall 4) von J.M. Lee

Erschienen als Taschenbuch
im blanvalet Verlag
insgesamt 382 Seiten
Preis: 10,00 €
ISBN: 978-3-7341-6297-1
Kategorie: Fantasy

.

Die Clans der Gelflinge verbünden sich gegen die Skekse, um ihre Heimat zu retten. Der letzte, große Kampf um die Zukunft der Gelflinge steht bevor ..

.

Es geht nahtlos dort weiter, wo Band 3 endete. J.M. Lee gelingt ein toller Einstieg in die Geschichte, sodass man sich, selbst wenn ein wenig Zeit zwischen Band 3 und 4 vergangen ist, sofort wieder wohl fühlt und sich an die vorhergehenden Ereignisse wieder erinnert. Lees Schreibstil ist unverändert gut und treibt die Handlung sehr kurzweilig voran. Auch wenn ich dieses Mal an manchen Stellen Schwierigkeiten mit den vielen Namen und Bezeichnungen hatte (ja, ich weiß, am Ende des Buches sind hilfreich Glossar und Appendix), so verlor ich dennoch auf wundersame Weise niemals den Überblick. Lee hat der von Jim Henson erschaffenen Welt ein glaubwürdiges, literarisches Leben eingehaucht und wenn man nun nach Band 4 die Abenteuer von Naia und Kylan Revue passieren lässt, kann man nichts anderes sagen, als dass es, im Gesamten gesehen, ein unglaubliches Abenteuer war, das man nicht so schnell vergisst.

Es ist ein stimmiger Abschluss, denn Lee seinen Lesern präsentiert. In Verbindung mit den fantastischen Illustrationen von Cory Godbey, die auch in den ersten drei Bänden zu bestaunen waren, bekommt die Geschichte noch einen zusätzlichen optischen Reiz, der die Fantasie der Leser vertieft und die einzelnen Szenen zum Leben erweckt. „Stunde der Flammen“ ist ein toller Fantasy-Roman, der junge Leser gleichermaßen begeistern wird, wie solche der älteren Generation, die mit Jim Hensons filmischer Vorlage aufgewachsen sind. Lee haucht den Kreaturen neues Leben ein und kreiert die Welt der Gelflinge und Skekse so hervorrragend und detailliert, dass man fast meinen könnte, er wäre an der Originalgeschichte um den dunklen Kristall beteiligt gewesen.

Was ich unbedingt noch erwähnen möchte, ist die Cover- und Buchrückengestaltung der Reihe. Jetzt, wo alle vier Bände nebeneinander stehen, verdient der Verlag ein großes Lob für die absolut stimmige Gesamtgestaltung. Während bei vielen Buchserien die Titel nebeneinander aussehen, als würden sie nicht zusammengehören, stellt die Reihe um den dunklen Kristall das genaue Gegenteil dar. Hier ist nicht nur der Inhalt wunderschön, sondern auch die visuelle Gestaltung der vier Bände.
Am Ende bleibt mir nur zu sagen: Vielen Dank, J.M. Lee, dass du mich auf ein neues, atemberaubendes Abenteuer in der Welt des dunklen Kristalls mitgenommen hast. Ich hoffe, wir bekommen noch einiges von diesem talentierten Autor zu lesen.

.

Fazit: Gebührender Abschluss der vierteiligen Reihe um den dunklen Kristall.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Tieftraumreisen von Arthur Gordon Wolf

Erschienen als handgebundene Ausgabe
(traditionelle japanische Stabbindung)
im KOVD Verlag
insgesamt 134 Seiten
Preis: 24,99 €
ISBN: Privatdruck – ohne ISBN
Kategorie: Mystery, Fantasy, Science Fiction

.

Jaron Silberman möchte endlich einmal wieder schlafen. Da kommt ihm „Ypnotal-VR“ der Firma UMC gerade recht. UMC ist es nämlich gelungen, Träume in die erholsame Tiefschlafphase zu verlegen, wodurch der Schläfer zu einem sogenannten „Oneironauten“ wird, der seine Träume teilweise selbst steuern kann. Doch nicht jeder Traum läuft so ab, wie von Silberman erwartet …

.

Willkommen zurück im UMC-Universum von Arthur Gordon Wolf. Und das ist nur eine der vielen guten Nachrichten, die dieses Buch betreffen. Nicht nur, dass man sich als Fan und Leser wieder in der absolut faszinierenden, von Wolf perfekt ausgedachten Welt aufhalten kann, nein, man hält auch noch ein kleines Kunstwerk in Händen, denn das im Verlagshaus KOVD handgebundene Buch wurde in traditioneller, japanischer Stabbindung hergestellt und ist daher nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch ein Genuss sondergleichen. Inmitten uninteressanter E-Book-Veröffentlichungen, liebloser Taschenbuchausgaben vermittelt „Tieftraumreisen“ von Arthur Gordon Wolf endlich wieder einmal, ein echtes, handgefertigtes, ganz persönliches Exemplar in den Händen zu halten. Solche Ausgaben machen das Lesen wieder zu einem Erlebnis. Und wenn dann die Geschichte auch noch von einem Autor stammt, der es versteht, seine Visionen literarisch zum Leben zu erwecken, dann ist „die Sache“ ohnehin perfekt.

Genug der Schwärmerei um die Aufmachung des Buches, wenden wir uns dem Inhalt zu. Und der ist nicht zu verachten, entführt er uns doch in ein nicht ganz so unmögliches Szenario. „Tieftraumreisen“ ist eine faszinierende Mischung aus Fantasy, Science-Fiction, Mystery und auch ein wenig Cyber-Punk, was aber während des Lesens gar nicht weiter auffällt, weil man sich ohnehin bereits nach den ersten Seiten in der Geschichte verliert und sich keine Gedanken über irgendwelche Genre-Schubladen macht. Dies spricht übrigens sehr für die Schreibweise und den Ideenreichtum des Autors, denn selbst wenn man sich nicht dafür interessieren würde, verfällt man dem Charme und Sog der Geschichte.
„Tieftraumreisen“ erinnert von seiner Prämisse her ein wenig an den Film „Brainstorm“ aus den 1980er-Jahren, wobei Wolf letztendlich dann doch einen ganz anderen Weg geht. Der Vergleich soll lediglich dazu dienen, dass man in etwa weiß, auf was man sich da einlässt.

„Tieftraumreisen“ spielt, wie schon erwähnt, im UMC-Universum, kann aber ohne jegliches Vorwissen gelesen und genossen werden. Arthur Gordon Wolf hat ein verträumtes, aber auch erschreckendes Märchen geschrieben, das durchgehend unterhält und qualitativ hochwertig bleibt. Sicherlich denkt man am Ende, der Autor hätte durchaus aus der Thematik einen Roman anstatt eine Novelle schreiben können, aber, wie sagte schon seinerzeit Michael Ende, eine Geschichte dauert so lange wie sie eben dauert. „Tieftraumreisen“ ist daher kompakt, niemals langatmig und folglich extrem kurzweilig.
Addiert man das fabelhafte Aussehen und die liebevolle Machart / Bindung zu der Story, dann kann man letztendlich nur sagen, man hält mit dieser Ausgabe von Arthur Gordon Wolfs „Tieftraumreisen“ ein Kleinod der Buchkunst in Händen, nach dem man immer wieder greift, um es zu bestaunen und ein paar Zeilen darin zu lesen. Ich will definitiv mehr davon. 🙂

.

Fazit: Eine märchenhafte, faszinierende Novelle in einer beeindruckenden, handgebundenen Ausgabe.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Nacht der Gezeiten (Der dunkle Kristall 3) von J.M. Lee

Erschienen als Taschenbuch
im blanvalet Verlag
insgesamt 350 Seiten
Preis: 10,00 €
ISBN: 978-3-7341-6296-1
Kategorie: Fantasy

.

Die Skekse sind noch immer hinter den Gelflingen her. Naia und Kylan versuchen nun, alle Clans der Gelflinge zu vereinen, um gegen den Plan der Skekse anzukämpfen.

.

Wie schon bei Band 2 knüpft der vorliegende dritte Teil der Reihe um den dunklen Kristall genau da an, wo der vorherige Band aufgehört hat. Das Abenteuer geht also ohne Unterbrechung weiter, und selbst wenn man zwischen Band 2 und dem Erscheinen des vorliegenden dritten Bandes einige andere Romane gelesen hat, so fällt der Einstieg nicht weiter schwer. Bereits nach nur wenigen Seiten ist man sofort wieder im Geschehen und weiß, worum es ging. Lee schafft es wirklich gut, die Stimmung des Films und der Serie rüberzubringen, sodass man sich in seiner Geschichte äußerst wohl fühlt. Es macht, wie schon in den vorherigen Bänden, unglaublich Spaß, die Protagonisten auf ihrer Reise durch eine atemberaubende Welt zu begleiten. Es ist auch immer wieder interessant, wie Lee die Ereignisse aus der Sicht von verschiedenen Personen schildert. Das lockert die Geschichte angenehm auf und lässt auf keiner Seite Langeweile aufkommen.

Erneut unterstützen einige Illustrationen die Geschichte, die dem High-Fantasy-Roman noch eine zusätzliche Note verleihen und zumindest hin und wieder einzelne Ereignisse sichtbar machen. Die Entwicklung der Charaktere ist Lee sehr gut gelungen und man fühlt mit der Gruppe, spürt die Anspannungen und Hoffnungen. Was auch in diesem Teil wieder auffällt, sind die teilweise tollen Botschaften, die Lee in die Worte seiner Protagonisten legt. Das erinnert wirklich sehr an Jim Hensons Meisterwerk und macht aus diesem Grund auch richtig Freude. „Nacht der Gezeiten“ ist ein Fantasyroman, den man gerne noch einmal liest, weil er eine Atmosphäre transportiert, von der man gar nicht genug haben kann. Ich freue mich schon sehr auf das Finale mit „Stunde der Flammen“, bin mir aber sicher, dass Lee die Saga hervorragend beenden wird.

.

Fazit: Toller dritter Teil der High-Fantasy-Saga, der wieder die Atmosphäre des Originals trifft.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Zeit der Lieder (Der dunkle Kristall 2) von J.M. Lee

Erschienen als Taschenbuch
im blanvalet Verlag
insgesamt 332 Seiten
Preis: 10,00 €
ISBN: 978-3-7341-6295-4
Kategorie: Fantasy

.

Das Abenteuer geht weiter. Nachdem Naia und Kylan die Verschwörung der Skekse aufgedeckt haben, machen sie sich auf den Weg, um die anderen Gelflinge zu warnen. Dabei stoßen sie auf tapfere Wegbegleiter, die ihnen dabei helfen, die Welt vor einer schlimmen Zukunft zu bewahren.

.

Der vorliegende Band der vierteiligen Fantasyreihe von J. M. Lee schließt nahtlos an den ersten Band an und setzt die Abenteuer um die beiden Gelflinge Naia und Kylan auf spannende Weise fort. Denkt man am Ende des ersten Bandes „Ära der Schatten“ noch, dass der Autor ein episches Ende setzte, so übertrumpft er sich mit dem zweiten Teil sogar, denn am Ende kann sich jeder Leser gewiss sein, dass sich diese Geschichte zu etwas Größerem entwickeln wird. Lees Schreibstil ist, wie gewohnt, sehr flüssig zu lesen. Dadurch gewinnt die Geschichte eine rasante Geschwindigkeit und lässt den Leser in ein spannendes, fantastisches Abenteuer eintauchen, das man gar nicht mehr verlassen möchte.

Besonders gefallen hat mir eine Begegnung mit einem Charakter, den der Fan des alten Films von Jim Henson sofort erkennt. Dies war, nachdem die vorliegende Romanreihe ja ein Prequel zum Film darstellt, eine gelungene Überraschung, durch die die Stimmung des Originalfilms sofort zurückkam. Ich habe diese Szene wirklich genossen und dieses „Wiedersehen“ stellt für mich eine echte Bereicherung für das von Lee erschaffene „neue Dunkle-Kristall-Universum“ dar. Nach dem gelungenen Start in die Quadrilogie entwickelte sich die Story um Naia und Kylan in diesem Band, zumindest aus meiner Sicht, viel atmosphärischer und abenteuerlicher. Ich fühlte mich dieses Mal in der Welt von der ersten Seite an wohl und habe mich dort sehr gerne aufgehalten. Leider ist es oft sehr mühsam, die komplizierten und teilweise gleich klingenden Namen auseinanderzuhalten. Sicherlich gibt es ein Namens- und Sachglossar am Ende des Buches. Dies habe ich aber relativ wenig benutzt, weil ich sonst immer wieder aus der Geschichte herausgerissen worden wäre. Letztendlich wusste ich dann dennoch, wer wer war, aber es war, wie gesagt, an manchen Stellen etwas mühselig.

Ich bin wirklich gespannt, wie sich die Handlung entwickelt und freue mich schon jetzt auf den dritten Band dieser Reihe. Wer sich für Fantasy interessiert und Jim Hensons Meisterwerk „Der dunkle Kristall“ und die dazugehörige Netflix-Serie mag, sollte diese Reise unbedingt lesen. Aber man muss schon mit dem ersten Band beginnen, sonst versteht man nicht viel, soll heißen, die Geschichten sind nicht separat und unabhängig voneinander lesbar, sondern haben alle miteinander eine einzige Storyline, die sich von Buch zu Buch aufbaut.

*

Fazit: Toller zweiter Teil der Reihe, der mir persönlich noch besser als Band 1 gefallen hat.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Yusuf – Der Schamane von Fitnat Ahrens

Erschienen als Taschenbuch
im Kelebek Verlag
insgesamt 174 Seiten
Preis: 9,90 €
ISBN: 9783947083497
Kategorie: Urban Fantasy

.

Der Schamane Yusuf, der einen Pakt mit dem bösen Erlik Khan geschlossen hat, trifft auf den querschnittsgelähmten Bestatter Josef aus Bayern. Schon bald verbindet die beiden eine innige Freundschaft, zumal Yusuf seinem neuen Freund seine Gehfähigkeit, wenn auch nur für kurze Zeit, zurückbringen kann. Doch dies hat seinen Preis und stellt die Freundschaft der beiden Männer auf eine harte Probe …

.

Ich wusste nicht, was mich bei diesem Buch erwartet, was zur Folge hatte, dass mich die Geschichte um Yusuf und Josef förmlich umgehauen hat. Mit so einer philosophischen, esoterischen und atmosphärischen Story hatte ich nun gar nicht gerechnet, zumal der Roman als Urban Fantasy betitelt wird. Klar, im Nachhinein gesehen passt diese Genre-Einordnung sicherlich, aber letztendlich bekommt man eine tiefgehende Geschichte über eine verhängnisvolle, tragische Männerfreundschaft geboten, die sehr zum Nachdenken anregt. Es ist vor allem die durchgehend ruhige und fast hypnotische Erzählweise, die mich bei „Yusuf – Der Schamane“ begeistert und vor allem überzeugt hat. Fitnat Ahrens präsentiert einen sehr stimmungsvollen Roman, den man sich sehr gut als Film vorstellen kann, was nicht nur an der Geschichte selbst, sondern auch an der sehr bildhaften und niveauvollen Schreibweise der Autorin liegt.

Ahrens behandelt mitunter auch religiöse Themen, die aber niemals störend oder aufdringlich wirken. Sie fügen sich in das Gesamtbild ein und zeigen auf, dass sich auch Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen hervorragend ergänzen können. „Yusuf – Der Schamane“ ist kein Buch für zwischendurch, dafür geschieht viel zu viel zwischen den Zeilen und lässt neben den geschriebenen Worten ein fantastisches Kopfkino bei den Lesern entstehen, dass eine zweite, tiefergehende Geschichte erzählt, die sich lediglich in den Gedanken abspielt. Fitnat Ahrens Roman ist eine mystische Reise in die Gedankenwelt zweier unterschiedlicher Männer, die sich dennoch auf geistiger Ebene treffen. Ich hätte gut und gerne nochmal so viele Seiten lesen können, nur um bei Yusuf und Josef bleiben zu können.

Um noch einmal auf das Genre zurückzukommen, in das der Roman eingestuft wurde: „Yusuf – Der Schamane“ ist Urban Fantasy, keine Frage, aber die Handlung bewegt sich auf einen vollkommen anderen Niveau als gängige Genrebeiträge. Weitab von Vampiren, Hexen oder gar Drachen, behandelt der Roman zwar ein gewisses Fantasy-Element, ähnelt aber mehr einem mystischen Märchen in der heutigen Realität, der die europäische Kultur und die des Orient geschickt miteinander verknüpft und eine Welt daraus kreiert, wie man sie sich wünscht. Von mir gibt es eine ganz klare, unbedingte Leseempfehlung. Und wer sich auf diese Geschichte einlasen kann, wird mit einem Mysterium belohnt, an das man noch lange und gerne zurückdenkt.

.

Fazit: Unbedingt lesen! Ein fantastisches, philosophisches und mystisches Abenteuer.

© 2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Ära der Schatten (Der dunkle Kristall 1) von J.M. Lee

Erschienen als Taschenbuch
im blanvalet Verlag
insgesamt 320 Seiten
Preis: 10,00 €
ISBN: 978-3-7341-6294-7
Kategorie: Fantasy

.

Naia, ein Gelfling, macht sich auf den Weg zur Kristallburg im Land der Skekse. Ihr Bruder ist des Hochverrats angeklagt und Naia möchte unter allen Umständen seine Unschuld beweisen, um ihn vor Schrecklichem zu bewahren. Am Ziel angelangt, entdeckt sie, dass ihr Bruder eine bedeutende Entdeckung gemacht hat, die die Skekse verschleiern wollen …

.

Und hier ist er dann endlich: der erste Teil der Saga von J,K. Lee, in dem die Vorgeschichte zu Jim Hensons Kultfilm „Der dunkle Kristall“ aus dem Jahr 1982 erzählt wird. Netflix hat Lees vierbändiges Epos als Grundlage für die 10-teilige Serie „Der dunkle Kristall – Ära des Widerstands“ genommen, erzählt aber letztendlich die Geschichte aus einer anderen Perspektive. Im Klartext heißt das, dass man hier nicht nur eine literarische Form der neuen Serie bekommt, sondern ein vollkommen neues Abenteuer. Im Grunde genommen wird, wie bereits erwähnt, zwar die gleiche Geschichte erzählt und man begegnet auch dem ein oder anderen Charakter sowohl im Buch als auch der Serie, aber Lee geht einen eigenen selbstständigen Weg und kann mit seiner perfekt auf die filmische Originalvorlage abgestimmten Welt absolut überzeugen. Auch wenn man anfangs ein wenig Schwierigkeiten mit den ganzen fremden Namen hat, so gewöhnt man sich sehr schnell daran und wird mit auf ein Abenteuer genommen, das äußerst bildhaft und spannend beschrieben wird.

Immer wieder fühlt man sich an den Originalfilm (aber natürlich auch an die Serie) erinnert und kann sich wunderbar in die Welt einfühlen. Lee beschreibt seine Charaktere liebevoll und bildhaft, sodass man an vielen Stellen ein hervorragendes Kopfkino erhält, dass einen immer noch ein weiteres Kapitel lesen lässt. Originalfilm, Serie und der vorliegende erste Teil der vierbändigen Saga ergänzen sich auf ganz wunderbare Weise miteinander und erschaffen eine unglaublich intensive aber auch authentische Welt, in der man sich trotz all der herrschenden Gefahren auf eine gewisse Art und Weise heimelig fühlt. Was mit gefallen hat, ist, dass der Autor es innerhalb 300 Seiten schafft, eine großartige Umgebung mit wunderbaren Charakteren aufzubauen. Das Ende der Geschichte lässt erahnen, dass noch Episches geschehen wird und das lässt den Leser zum einen zufrieden, aber auch erwartungsvoll und neugierig zurück. „Der dunkle Kristall – Ära der Schatten“ war sehr kurzweilig und stimmungsvoll.

Was mir besonders gefallen hat, waren die zwischen den Zeilen mal offensichtlich geäußerten, mal versteckten philosophischen Anklänge, über die man unweigerlich nachdachte. Das gab der Geschichte noch einen zusätzlichen Reiz, der ungemein Spaß machte.J.M. Lee hat einen angenehmen Schreibstil, der im ersten Moment vielleicht ein wenig unterkühlt wirkt, wenn man sich aber daran gewöhnt hat, durchaus flüssig und ansprechend zu lesen ist. Der Aufbau der Geschichte geht geruhsam vonstatten, ohne je langweilig zu wirken. Auch dies empfand ich als äußert angenehm, da man nicht sofort mit Actionszenen am laufenden Band bombardiert wird. Es geht eher ruhig zu, wodurch auch die ganz spezielle Atmosphäre vermittelt wird, die auch Film und Serie ausmacht. Die wenigen, dafür aber umso wunderbareren Illustrationen von Brian Froud und Corey Godbey runden das Leseerlebnis auch optisch ab. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt, wie J.M. Lee diese Vorgeschichte weiterspinnt und freue mich schon auf Band 2 mit dem Titel „Der dunkle Kristall: Zeit der Lieder“, der im Oktober 2021 erscheint.

.

Fazit: Eine wunderbare Fantasygeschichte, die die Atmosphäre von Kinofilm und Serie hervorragend widerspiegelt.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Fluch der vergessenen Stadt von Jethro Wegener

Erschienen als Taschenbuch
im Luzifer Verlag
insgesamt 260 Seiten
Preis:  13,95  €
ISBN: 978-3-95835-551-4
Kategorie: Abenteuer, Fantasy

.

Lady Amelia Swift glaubt fest daran, dass sich im brasilianischen Dschungel die geheimnisvolle Stadt Z befindet, die bereits seit Jahrzehnten von Wissenschaftler gesucht wird. Zusammen mit einer Gruppe aus Abenteurern unternimmt sie eine Expedition in die unwirtliche Gegend, ohne zu wissen, dass nicht nur Gauner ihren Weg kreuzen werden, sondern auch gefährliche Kreaturen, die aus einer anderen Zeit zu stammen scheinen …

.

Schon allein das Titelbild suggeriert Abenteuer-Trash in Hochkultur, und genau das bekommt man hier auch geboten. „Der Fluch der vergessenen Stadt“ von Jethro Wegener ist eine literarische Rückkehr in die eigene Kindheit und Jugend, wo man sich noch auf solcherart Geschichten bedingungslos einlassen konnte und mit den Helden mitfieberte und die Abenteuer mittels seiner Vorstellungskraft hautnah miterlebte. Genau auf diese Art und Weise nimmt uns der Autor mit auf eine Reise, die wie eine Geschichte aus der Feder von Jules Verne wirkt und die Abenteuerlust in einem weckt. Sicherleich erfindet Wegener das Rad des klassischen Abenteuerromans nicht neu, aber das macht nichts, denn die Unterhaltung ist definitiv garantiert, auch wenn man das ein oder andere bereits aus Büchern oder Filmen kennt. Aber genau das ist es auch, was man erwartet, wenn man Titel und Cover sieht. Jethro Wegeners Schreibstil ist einfach und schnörkellos, was dazu führt, das man das Buch sozusagen in einem einzigen Rutsch durchlesen kann, was dem Roman sozusagen das Prädikat eines Pageturners verleiht.

Ich persönlich hätte mir sogar noch mehr Trash respektive Monster gewünscht, was allerdings wiederum nicht heißt, dass mir der relativ ruhige Beginn der Geschichte nicht gefallen hat. Das erste Drittel „dümpelt“ nämlich (und das ist jetzt absolut nicht negativ, sondern eher positiv gemeint) erst einmal so dahin. Man lernt die Charaktere ein wenig kennen und durch einen Rückblick in die Vergangenheit und die Reisevorbereitungen in der Gegenwart kommt ein richtig tolles Abenteuerfeeling auf, das mich neben Jules Verne auch an die Indiana-Jones-Filme oder die Serie „Relic Hunter“ erinnert hat. Man fühlt sich wohl in der Geschichte und möchte natürlich unbedingt wissen, wie es weitergeht. Während der Expedition kommt dann ein gewisser Trashfaktor hinzu, der dem Plot eine angenehme Wendung verleiht und einen immer wieder an die alten Monsterfilme denken lässt, die man in seiner Jugend im Kino gesehen hat. Und genau an diesem Punkt hätte ich mir dann doch sogar, wie oben bereits erwähnt, noch mehr Monster-Action gewünscht. Die auf dem Titelbild abgebildete Spinne beispielsweise (auf die ich ehrlich gesagt die ganze Zeit gewartet habe 😉 ), kommt aus meiner Sicht einfach zu kurz. Da hätte man schon mehr draus machen können.

Dieser Kritikpunkt bedeutet aber nicht, dass ich mich nicht hervorragend unterhalten gefühlt habe. Wegener lässt seine Leser wieder zum Kind werden, das mit vor Staunen geweiteten Augen eine bedrohliche, fremde Welt betrachtet, in der hinter jedem Busch ein Monster lauern könnte. Auch die Beschreibung der vergessenen Stadt liest sich wie ein Film und man sieht die Gebäude in Gedanken vor sich. „Der Fluch der vergessenen Stadt“ ist eine Reise in die Vergangenheit, wo Heftchenromane zum Kult(ur)gut wurden und Trash die Abenteuerlust eines jungen Lesers befriedigte. Jethro Wegeners Roman ist sicherlich leichte Kost, beinhaltet aber durchaus auch gut recherchierte historische Begebenheiten, die der Autor in die Handlung einfließen lässt. Auch die Charaktere wirken nicht flach und oberflächlich, sondern bieten (zumindest in der ersten Hälfte des Buches) genügend Material, um dem Leser ein sehr genaues Bild von ihnen zu verschaffen. „Der Fluch der vergessenen Stadt“ ist ein kurzweiliges, spannendes Abenteuer, das den Geist der klassischen Abenteuerliteratur wenigstens ein Stück weit wieder für ein paar Lesestunden aufleben lässt.

.

Fazit: Kurzweiliger Abenteuertrip, der an Klassiker des Genres erinnert.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Mythos des Cthulhu von Clark Ashton Smith

Erschienen als Taschenbuch
im FESTA Verlag
316 Seiten
16,99 €
ISBN: 978-3-86552-857-5
Kategorie: Horror

.

Erzählungen, die im Universum von H.P. Lovecraft spielen.

.

Clark Ashton Smith gehört ohne Zweifel zu jener Autorenriege, die mich mit ihrer Sprachgewalt jedes Mal aufs Neue sprachlos machen. Dazu gehören natürlich Lovecraft, aber auch Bram Stoker und Robert E. Howard. Es gibt noch mehrere, die in ähnlicher Weise schreiben, aber Smith zählt eindeutig mit zu den Besten. Seine Ausdrucksweise, der äußerst gehobene Schreibstil, all dies macht seine Geschichte zu einem bildhaften und beeindruckenden Leseerlebnis und vor allem -genuss.

Schon das Gedicht „Für H. P. Lovecraft“ macht deutlich, was den Leser bei diesem Buch erwartet: Schreckliche, unheimliche Geschichten mit einer düsteren Atmosphäre. „Die Rückkehr des Hexers“ wirft einen auf hypnotische Weise in das Universum von Lovecraft und verschafft uns ein Wiedersehen mit dem berühmten Necronomicon.
„Die Geschichte des Satampra Zeiros“ erinnert dann eher an ein Werk von Robert E. Howard, wobei der Schauplatz wiederum lovecraftsche Züge hat. „Das Tor zum Saturn“ ist ebenfalls eher im Fantasygenre angesiedelt und lässt einen manchmal an Stephen R. Donaldsons „Thomas Covenant“-Reihe denken. Doch auchhier ist der Bezug zu Lovecraft unüberlesbar.
„Die namenlose Ausgeburt“ ist eine sehr atmosphärische Gruselgeschichte, gefolgt von „Das wunderliche Schicksal des Avoosl Wuthoqquan“, das eher einem Märchen mit einer entsprechenden Moral gleicht. „Das Manuskript des Athammaus“ und „Ubbo-Sathla“ stellen wieder typische Geschichten im Sinne Lovecrafts dar, während „Die Heiligkeit des Azédarac“ einen ganz besonderen Reiz hat und wieder in Richtung Fantasy geht. Die folgenden Erzählungen „Der in den Staub tritt“, „Die Ankunft des weißen Wurms“, „Die Epiphanie des Todes“ und „Die sieben Banngelübde“ sind genauso faszinierend wie ihre Vorgänger und ziehen einen vollkommen in den Bann. Das abschließende, von H. P. Lovecraft verfasste Gedicht „Für Clark Ashton Smith“ rundet diese empfehlenswerte Buch perfekt ab.


Das Nachwort von Bobby Derie gibt einige sehr interessante Einblicke in die Universen von Smith. Lovecraft und Howard und zeigt auch diverse Verbindungen auf. Ich kann jedem, der sich mit solcherart Literatur beschäftigt, dieses Buch nur ans Herz legen. Es stellt eine beeindruckende Auswahl von Smiths Schaffen dar und eignet sich auch als Einstiegslektüre für werdende Lovecraft-Fans, obwohl die Geschichten gar nicht von Lovecraft selbst stammen. Doch sein Geist ist in jeder dieser Erzählungen spürbar.

.

Fazit: Beeindruckende und atmosphärische Erzählungen eines genialen Schriftstellers.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Anima ex Machina von Michael Marrak

Erschienen als Taschenbuch
in der Edition Mono
280 Seiten
Preis: 20,00 €
ISBN: 978-3-902796-73-8
Kategorie: Fantasy, Science Fiction

.

Acht Monate sind vergangen, seit Ninive aus der Welt jenseits der Bannmauer zurückgekehrt ist. Beunruhigende Gerüchte aus der Pränumerischen Öde machen die Runde, dass sich eine Seuche im Land ausbreitet, die seine mechanischen Bewohner zu irrationalem Verhalten verleitet. Und über alldem schwebt zusätzlich noch eine Bedrohung, die weitaus älter als der Kataklysmos ist, der den Menschen vor Jahrtausenden bereits ein Ende bereitet hatte. Ninive verlässt zusammen mit ihrem Freund Aris das Hochland sucht die Stadt der beseelten Maschinen auf, um das Geheimnis zu entschlüsseln …

.

Da neigten die Raubmechanoiden, Gegenschaller und Altstromkrämer wohl ihr Haupt, als sie erfuhren, dass eine neue Geschichte aus dem Kanon-Universum von Michael Marrak erscheinen würde. Nun ist der Roman da und wollte natürlich sofort gelesen werden. Ich war gespannt wie ein pilgernder Kolbenmönch aus dem Kloster Dualon auf die Fortsetzung des grandiosen Romans „Der Kanon mechanischer Seelen“, der mich seinerzeit wegen seiner Ideenvielfalt vom Hocker gerissen hatte. „Anima ex Machina“ führt die Geschichte weiter und hat die zwischendurch erschienene Novelle „Die Reise zum Mittelpunkt der Zeit“ kurzerhand inhaliert, die im vorliegenden Buch nun erweitert wurde und zu einem neuen, eigenständigen Abenteuer heranwächst.

Michael Marraks Schreibstil, und vor allem seine Ideen, sind einfach grandios und man fragt sich immer wieder, woher diese Einfälle nur kommen. Denn sie sind nicht nur absurd und skurril, sondern stecken oftmals auch voller Poesie und Zweideutigkeiten. Alleine deswegen liebe ich die Bücher dieses Ausnahmeautors. Aber zurück zum vorliegenden „Anima ex Machina“. Marrak überrascht mit einigen sehr interessanten Wendungen und bringt den ein oder anderen neuen Charakter mit ins Spiel, der teilweise auch eine tragende Rolle spielt und die Geschichte auf neue Wege bringt. Man fühlte sich sofort wieder wohl im Kanon-Universum und hat, wie schon bei „Der Kanon mechanischer Seelen“, Schwierigkeiten, das Buch aus der Hand zu legen. Aber wer will schon so ein Buch aus der Hand legen? Von daher passt das Suchtpotential, das dieser Roman verströmt.

Eines sollte man bei diesem Roman allerdings auf alle Fälle machen, nämlich ihn in Ruhe lesen. Denn aufgrund der vielen Namen könnte man bei einem oberflächlichen Genuss schnell die Übersicht verlieren, und das wäre bei diesem Werk wirklich äußerst schade. Marrak entlässt den Leser mit einem Ende, das zum einen auf eine Fortsetzung hoffen lässt und zum anderen kein klischeebehaftetes Happy End darstellt. Und genau das ist meiner Meinung nach ein kluger Schachzug, denn alles andere wäre dem Gesamtwerk nicht gerecht geworden. „Der Kanon mechanischer Seelen“ und „Anima ex Machina“ bilden zusammen ein episches Abenteuer, das spannend, witzig und vor allem randvoll mit schrägen und interessanten Charakteren, Handlungssträngen und Ideen ist. Liebhaber von außergewöhnlicher Fantasy und Science Fiction sollten unbedingt einen Blick riskieren, denn so etwas hat man bislang selten gelesen.

.

Fazit: Außergewöhnlicher, schräger und herrlich verrückter Fantasy-Science-Fiction-Genremix. Unbedingt lesen.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten