Königsmörder von Robert Harris

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 478 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-453-32013-0
Kategorie: Historischer Roman, Belletristik

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Im England des Jahres 1660 wird König Karl I. enthauptet. Die Königsmörder, , die das Urteil zur Hinrichtung des Königs unterzeichnet haben, sind auf der Flucht. Zu diesen Flüchtigen gehören auch die Oberste Whalley und Goffe, die rechtzeitig nach Amerika fliehen können. Doch die fanatischen Häscher bleiben ihnen dicht auf den Fersen.

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Robert Harris gehört zu jenen Autoren, deren Bücher ich, sofern es mir möglich ist, sofort nach Erscheinen lesen möchte. Sein Schreibstil und die überwiegend ruhige Erzählweise faszinieren mich bei jedem seiner Romane. Beim vorliegenden „Königsmörder“ schafft der Autor es erneut, mich von der ersten bis zur letzten Seite zu überzeugen. Auch wenn es an einigen Stellen sehr historisch zugeht, was dem ein oder anderen durchaus zu langatmig sein könnte, verströmt die Geschichte zweier Männer, die als Königsmörder gejagt werden, eine unglaublich dichte Atmosphäre. Jedes Mal, wenn man das Buch in die Hand nimmt, fühlt man sich mittendrin in der Geschichte.
Wie gesagt, man muss sich an manchen Stellen ein wenig durchbeißen, wenn es zu sehr ins Historische geht, aber letztendlich gehört es zur Geschichte und vor allem zum Verständnis jener Zeit.
Harris erweckt die Vergangenheit nämlich sehr detailliert und bildhaft und erklärt politische Zusammenhänge so, dass man sie auch versteht.

„Königsmörder“ ist ein typischer Harris, der durch seinen angenehmen Erzählstil überzeugen kann. Man fühlt sich wohl in der Handlung und möchte die beiden Protagonisten nicht mehr verlassen. Selbst wenn man sich für die historische Geschichte an sich nicht interessiert, so vermag der Autor alleine wegen dem Handlungsstrang der beiden Protagonisten zu faszinieren, denn man sieht diese Szenen der Flucht wie einen Film vor seinem inneren Auge.
Vor allem das (erfundene?) Ende ist ihm außerordentlich gut und emotional gelungen.
Robert Harris hat mich auch mit „Königsmörder“ erneut in seinen Bann gezogen wie all seine Romane. Vor allem seine letzten Werke haben es mir (ähnlich wie bei John Grisham und Stephen King) angetan, obwohl viele gerade die Bücher der letzten Jahre von den genannten Autoren nicht mögen.
Ich jedenfalls bin von diesen Spätwerken und eben auch dem vorliegenden Roman begeistert und freue mich schon jetzt auf ein weiteres Abenteuer von Robert Harris.

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Fazit: Spannender und sehr gut geschriebener historischer Roman, wie man es von Harris gewohnt ist.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Kill Katzelmacher! von Martin Calsow

Kill KatzelmacherErschienen als Taschenbuch
im Grafit Verlag
320 Seiten
13,00 €
ISBN 978-3-89425-675-3
Kategorie: Krimi

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Deutschland zur Nachkriegszeit im Jahre 1948. In der bayerischen Landeshauptstadt versucht man unter amerikanischer Besatzung wieder eine gewisse Normalität in das Leben der Bevölkerung zu bringen.

Ehemalige Wehrmachtsoldaten bauen gemeinsam mit amerikanischen Offizieren einen  neuen Polizeiapparat auf. Der Schwarzmarkt blüht, es gibt nach wie vor Armut, Hunger und Leid.

Im schönen München tauchen Leichen auf, die auf grausame Weise zur Schau gestellt werden: Die Toten sind teilweise gehäutet, dies geschah offensichtlich bei lebendigem Leibe. Es stellt sich heraus, dass die Toten etwas gemeinsam haben:  Sie waren ehemalige SS-Soldaten. Wer ist der Mörder? Ein Überlebender des Holocaust, der Rache an den Peinigern seines Volkes nimmt?

Schnell sollen die Morde aufgeklärt werden, denn die Währungsreform steht kurz bevor, München ist im Aufbau. Die Ermittler, die den Fall aufklären sollen, können unterschiedlicher nicht sein: Ein amerikanischer  jüdischer Offizier und ein ehemaliger Münchner Wehrmachtsoldat …

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Mich hat an diesem Krimi gereizt, dass er in München spielt. Ich liebe diese Stadt und kenne doch so einige Ecken dort und auch die Umgebung. Dann war für mich die Zeit der Handlung, nämlich 1948, als der 2. Weltkrieg vorbei war, natürlich auch sehr interessant. Die Stadt liegt in Trümmern, die amerikanischen Besatzer sind vor Ort. Zuletzt verspricht natürlich die Kombination der beiden Ermittler eine gewisse Brisanz.

Ich wurde nicht enttäuscht. Mir hat der Krimi sehr gut gefallen. Das Miteinander der beiden Protagonisten macht diesen Roman überwiegend aus. Aber auch die Stimmung in der Stadt und der damaligen Zeit kommt sehr gut rüber. Ich sah das alte München vor mir, war mittendrin.

Wie sehr sich doch unterschiedliche Menschen ergänzen und zusammenraufen, das bringt der Autor sehr gut zum Ausdruck. Das Miteinander der Protagonisten trägt diesen Roman. Als dann die beiden weiblichen Charaktere die Handlung noch bereicherten, war das der Höhepunkt. Die Szenen mit den Vieren haben mir wirklich Spaß gemacht. Die Dialoge waren einfach klasse und ich fühlte mich sehr wohl mit ihnen allen.
Komischerweise sind diese Passagen viel mehr in meinem Hirn haften geblieben, als die eigentliche Auflösung des Falls, der für mich dann eher zweitrangig war. Wobei dieser Handlungsfaden um den Täter auch gut und vor allem hintergründig war.

Der Autor Martin Calsow (Unterfranke und Polizistensohn) liefert einen spannenden Kriminalroman, der im Nachkriegsbayern spielt und nicht nur an bekannte Handlungsorte entführt, sondern auch von ungewöhnlichen Morden und einem noch ungewöhlicheren Ermittlerduo erzählt.

Von Martin Calsow sind im Grafit Verlag bereits einige Romane erschienen. Schaut euch doch mal um: Lieferbare Bücher von Martin Calsow im Grafit Verlag

© Buchwelten 2020

 

Das Institut von Stephen King

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Erschienen als gebundene Ausgabe
bei Heyne
insgesamt  768 Seiten
Preis: 26,00 €
ISBN: 978-3-453-27237-8
Kategorie: Roman

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Mitten in der Nacht kommt der dunkle SUV in den kleinen Vorort von Minneapolis. Die Insassen schlüpfen lautlos in das Haus von Luke Ellis und dessen Eltern. Alle schlafen nichtsahnend in ihren Betten. Luke wird betäubt und entführt. Seine Eltern brutal ermordet.

Als Luke erwacht befindet er sich in einem Zimmer, das aussieht wie seines. Alles ist identisch, bis auf eines: Das Fenster fehlt. Wo ist er? Was ist geschehen?

Luke befindet sich im „Institut“, welches versteckt in Maine liegt. Dort leben weitere Kinder verschiedenster Herkunft, Hautfarbe und Alter. Aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie besitzen telepathische oder telekinetische Fähigkeiten. Die einen mehr, die anderen weniger. Die einen haben das eine, die anderen das andere oder sogar beides. Jedenfalls sind sie alle auf irgendeine Weise paranormal veranlagt und dies macht sich das „Institut“ zunutze. Aber wozu? Luke lernt seine Mitinsassen kennen: Kalisha, den rebellischen Nick, und den schüchternen und ängstlichen 10-jährigen Avery. Derzeit leben sie alle noch im „Vorderbau“, wo sie Untersuchungen und Test unterzogen werden, ansonsten aber eigentlich einen den Umständen entsprechend angenehmen Aufenthalt haben. Man munkelt, dass es im „Hinterbau“, dem Teil des Instituts, wohin sie nach einer Weile verlegt werden, richtig übel zugeht. Aber so genau weiß es keines der Kinder, denn es kam noch nie jemand von dort zurück. Luke will fliehen und versucht alles, um dem Institut zu entkommen, damit er Hilfe holen und seine Freunde retten kann …

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Stephen King steigt in die Handlung des Romans ein, indem der Leser zunächst den ehemaligen Cop Tim Jamieson kennenlernen lässt, der aus einem Bauchgefühl heraus seinen gebuchten Sitzplatz im Flugzeug gegen Bargeld einem Regierungsmitarbeiter überlässt. Tim trampt los und landet schließlich in einem kleinen Ort namens DuPray, wo er als „Nachtklopfer“ anheuert und dort irgendwie hängenbleibt. Er fühlt sich  einfach wohl in dem kleinen Örtchen … und bleibt dort.

Erst nach diesem Teil lernen wir den eigentlich Hauptcharakter Luke Ellis kennen, den Jungen, der mit 12 Jahren einen so hohen IQ hat, dass er sich gleich in zwei Colleges einschreiben kann und will. Doch dazu kommt es leider nicht mehr.

Stephen King hat bereits mehrfach über das Thema übersinnliche Kräfte bei Kindern und Teenagern  geschrieben  (z.B. „Carrie“ oder „Der dunkle Turm“). Es reizt ihn offenbar nach wie vor. Zusätzlich hat den Autor wohl auch die Serie „Stranger Things“ inspiriert, deren großer Fan er bekanntlich ist.

Der Roman hat mich sehr gefesselt, nachdem ich „warmgelaufen“ war. Ich muss gestehen, dass die ersten Seite um Tim Jamieson mir zunächst etwas langweilig vorkamen, was aber rückblickend dann aber nicht mehr stimmt. Denn genau diese Einleitung, dieses Kennenlernen, ist sehr wichtig.

Sehr schnell sind mir die Charaktere der Kinder ans Herz gewachsen und ich habe mit ihnen gelitten. Das Schlimme ist, dass die eigentlichen Absichten des Instituts  vermeintlich gut sein sollen. Dennoch werden Kinder gequält, benutzt und kaputt gemacht. Es ist wirklich alles sehr erschreckend und real dargestellt, sodass die Existenz eines solchen Instituts gar nicht abwegig erscheint. Eine wirkliche Ähnlichkeit zu „Stranger Things“ sehe ich allerdings gar nicht so sehr, da sich die Story der Serie doch vollkommen anderes entwickelt. Eines jedoch haben beide gemeinsam: Die unheimliche Kraft, die die Kinder erzeugen. Und die ist so stark, dass sie hörbar, spürbar und auch sichtbar wird.

Mehr will ich gar nicht verraten, denn es wäre zu schade, der Handlung des Romans vorzugreifen. Dieses Buch ist wieder komplett anders als zum Beispiel die „Mr. Mercedes“-Reihe, „Sleeping Beauties“ oder „The Outsider“, aber doch irgendwie wieder typisch der „neue“ King. Einfach nur spannend, fesselnd, traurig und dramatisch. Zum Leben erweckt mit wunderbaren Charakteren (auch den bösen!) und einem Schreibstil, der die Bilder zum Geschehen und den Handlungsorten einfach perfekt ins Gedächtnis teleportiert ☺.

© Buchwelten 2019

 

 

 

Das Haus der schönen Dinge von Heidi Rehn

Das Haus der schönen Dinge
Erschienen als Taschenbuch
bei Droemer Knaur
insgesamt 656 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-426-51937-0
Kategorie: Belletristik, historischer Roman
Drama/Familiengeschichte

HirschemblemQuelle: https://www.droemer-knaur.de

Mai 1987 in München. Am Rindermarkt eröffnet der jüdische Kaufmann Jacob Hirschvogl die neuen Geschäftsräume seines Kaufhauses Hirschvogl am Rindermarkt. Mittlerweile zum königlich-bayerischen Hoflieferanten ernannt, geht hiermit für Jacob ein Lebenstraum in Erfüllung. Gemeinsam mit seiner geliebten Ehefrau Thea hat er den Schritt gewagt und das von ihm gegründete Kaufhaus nach ihrer beider Vorstellungen erweitert und im Stil seiner großen Vorbilder aus New York und Paris wiedereröffnet. Auch in München will Jacob Hirschvogl den Flair der großen weiten Welt aufleben lassen und mit seinem „Haus der schönen Dinge“ den Zauber dieser wundervollen Einkaufstempel, die leuchten, funkeln und glitzern, in seiner Heimatstadt eröffnen.

Angefangen als Tuchhändler ist ihm nun dieser Schritt gelungen und das Hirschvogl am Rindermarkt erfreut sich größter Beliebtheit. Ganz nach dem Motto „Der Kunde ist König“ werden hier auch die Besucher zuvorkommend umworben, die sich die angebotenen Waren (vor allem die teuren Damen- und Herrenkonfektionen) nicht leisten können, sondern nur kommen, um zu staunen und zu träumen.

In den 1920er Jahren zieht Lily, die Tochter der Hirschvogls nach und übernimmt die Leitung des beliebten Warenhauses. Sie bringt frischen Wind in die Führungsetagen und modernisiert das Kaufhaus. Anfang der 1930er Jahre werden auf einmal die Juden in ihrer Heimat nicht mehr gern gesehen, sie werden als geldgierige Mischpoke abgetan. Nun, fast alle Kaufhäuser in München sind in jüdischer Hand. Denn die Juden sind seit vielen Generationen an der Isar, viel länger als so manch Nicht-Jude.

In erster Linie bin ich Münchner, dann Bayer und dann erst Jude“ waren einmal die Worte von Jacob Hirschvogl, doch ob das wirklich so ist, dass wird sich zeigen …


* * *

Dieser Roman war ein Trödelmarktfund. Das Cover sprach mich an und als ich dann den Klappentext las, nämlich, dass die Geschichte im „alten München“ spielt, da konnte ich es nicht liegenlassen.

Und das war gut so. Dieser Roman hat mich völlig in seinen Bann gezogen und ich habe es so genossen, das München am Ende des 19. Jahrhundert zu besuchen und durch das Hirschvogl am Rindermarkt zu schlendern. Die Autorin Heidi Rehn hat eine so reale Stimmung dieser Zeit erschaffen, dass ich wirklich dort war. Ich bin durch die Abteilungen gelaufen und habe den Zauber dieses Luxustempels in mich aufgesogen. Bin durch die Rayons spaziert und habe mich von diesem Flair einfach mitziehen lassen.

Ich liebe München und war schon oft dort. Mein Mann hat dort die ca. ersten 30 Jahre seines Lebens verbracht und wenn ich dann im Roman z.B. von Giesing las, wo meine Schwiegermama noch heute in seinem Elternhaus lebt, dann ist das erst Recht so richtig toll.

Ich habe auch sehr viel gelernt, während der Lektüre vieles nachgelesen und mir Bilder angesehen. Denn es gibt ja noch viele der Kaufhäuser oder Geschäfte, die im Roman eine Rolle spielen. Als ich vom „Kustermann“ am Rindermarkt las (in dem ich letzten Sommer noch war), musste ich doch glatt die Suchmaschine anwerfen, ob das Hirschvogl nicht doch als Fassade dort irgendwo steht. Das Ludwig Beck am Rathhauseck, auch das gibt es heute noch. Begonnen hat Beck auch schon 1861 als Knopfmacher und Posamentenmeister. Ich habe gelernt, warum der Hirmer seinen Namen hat und warum auf dem Oberpollinger 2 Koggen in den Himmel ragen. Man liest meine Begeisterung vielleicht heraus, denn es war wirklich eine wundervolle Zeitreise und das Glossar am Ende des Buches ist nicht nur hochinteressant, sondern sehr lehrreich. Auch einen alten Stadtplan gibt es hinten im Buch, auf dem man sehr gut die Lagen der Kaufhäuser sehen kann, die zum großen Teil ja eben nicht fiktiv sind.

Aber auch geschichtlich hat der Roman natürlich einiges in seiner Handlung zu bieten, was nicht schön ist, sondern dramatisch, brutal und schrecklich. Hitler übernimmt die Macht und die Judenverfolgung beginnt. Und sie trifft natürlich auch die jüdischen Kaufleute der Stadt. Sie werden beispielsweise boykottiert und ihre Geschäfte in Trümmer geschlagen, sie selbst verprügelt, abgeführt und in Lager gebracht.

Heidi Rehn hat diese lange Geschichte über drei Generationen sehr stimmungsvoll und voller Emotionen erzählt und meine Zusammenfassung reißt wirklich nur einen kleinen Teil der Handlung an, daher: lest selbst! Es ist kein historischer, kitschiger Liebesroman. Sondern eine Liebeserklärung: an die Kaufhäuser, an die „alte Zeit“, an München und die Menschen, die dort lebten und wunderschöne Dinge erschaffen haben.

Ich freue mich so auf meinen nächsten Besuch in München, da werde ich mir alle diese Orte wieder ansehen und wahrscheinlich mit anderen Augen betrachten. Komisch, noch letzten Sommer saß ich mit meiner Familie am Rindermarkt und habe die riesige Baustelle gesehen. In einer Baulücke erwuchs in Heidi Rehns Fantasie das Hirschvogl am Rindermarkt. Schade, dass es nur Fiktion ist. Aber viele der alten zauberhaften Luxuskaufhäuser gibt es heute noch zu bewundern. Z.B. Das Bon Marché in Paris, Macy’s in New York, das KaDeWe in Berlin.

Und wie es ausging für die Familie Hirschvogl, ob sie und ihr Kaufhaus das dunkle Kapitel der deutschen Geschichte überstanden haben, dass sei nicht verraten. Fakt und Fazit: Ich bin hin und weg und hätte noch 1.000 Seiten lesen können ☺

Interessante Hintergrundinformationen gibt es hier: –> Verlagseite *klick*

© Marion Brunner_Buchwelten 2018

Das Haus zur besonderen Verwendung von John Boyne

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Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
560 Seiten
12,00 €
ISBN: 978-3-492-27265-0
Kategorie: Belletristik

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Der 16-jährige Georgi lebt in ärmsten Verhältnissen mit seinen Schwestern in einem kleinen Bauerndorf in Russland. Als der Vetter des Zaren mit seiner Armee durch das Dorf kommt, verhindert Georgi ein Attentat auf den Oberbefehlshaber.

Das dies eher zufällig geschah ist offensichtlich irrelevant und scheint niemanden sonderlich zu interessieren. Denn als Dank lässt Zar Nikolaus II. Georgi nach St. Petersburg bringen, direkt in das Winterpalais. Er soll als Leibwächter für den Zarewitsch seine Dienste tun. Den jungen Zarensohn beschützen und ihm gleichzeitig ein Gesellschafter sein. Denn die beiden trennen nur 5 Jahre Altersunterschied.

Für Georgi ist dieser Umzug in den Palast des Zaren natürlich nicht nur aufregend, sondern auch ein Kulturschock. Hat er bislang im Dreck mit seinen Schwestern auf dem Boden geschlafen, trifft er nun auf Prunk, Protz und Reichtum.

Kurz nach der Ankunft im Winterpalais trifft Georgi auf die jüngste der vier Zarentöchter Anastasia und verliebt sich augenblicklich in sie. Diese erwidert seine Liebe, doch es ist gefährlich. Diese Verbindung ist verboten und darf nicht auffliegen. Eine „von Gott Auserwählte“ kann keine Beziehung zu einem Bediensteten führen. Doch Georgi ist bereit alles für seine liebste Anastasia zu tun …

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Achtung, eventuelle Spoilergefahr!

Beginnt der Roman im Jahre 1915 in Russland, so endet er in den 80er Jahren in England. Eine große Zeitspanne liegt dazwischen und gemeinsam mit dem Erzähler Georgi springen wir durch die Jahre immer vor und zurück. Aber nicht immer zu den gleichen Jahren.

Wir erleben sein Leben und sein Älterwerden, begleiten ihn und seine Liebe Anastasia durch deren Leben und erleben viel schönes und noch viel mehr schreckliches.

Ich muss sagen, dass ich mich nicht wirklich mit der russischen Geschichte auskenne. Natürlich wusste ich, dass es dort früher Zaren als Regenten gab, viel mehr jedoch nicht. John Boyne hat sehr gut recherchiert. Denn ich habe natürlich dann einiges nachgelesen und die komplette Familie der Romanows ist korrekt dargestellt und benannt, alle Namen stimmen. Die der Zarin, der Kinder, sogar die Krankheit des Zarewitsch ist nicht erdacht.

Als ich dann über den Namen Rasputin stolperte, musste ich lächerlicherweise erstmal an Boney M. denken: Ra Ra Ra Rasputin, Lover of the Russian Queen … wurde da gesungen und schau an: meine Recherche daraufhin ergab, dass Rasputin sich wirklich im Palais herumtrieb und eine sehr zwielichtige Gestalt war, die immer um die Zarin herumschlich. Vater Gregori, sein eigentlicher Name, war eine düstere Figur, die im Laufe der Handlung nicht nur dem Protagonisten Georgi unheimlich war.

Die Geschichte ist natürlich sehr umfassend und hat mich absolut gefesselt. Boyne hat eine sehr schöne Atmosphäre erschaffen, stimmungsvoll hat er die Geschichte um das Leben und den Niedergang der prächtigen Zarenfamilie geschildert.

Zu viel möchte ich nicht verraten, denn der Roman ist nämlich sehr vielseitig, ausführlich, abwechslungsreich und absolut lesenswert.

John Boyne ist auch einer der Schriftsteller, der sich nicht nur auf ein festes Genre einlässt. Er schreibt, wozu er Lust hat. Erzählt einfach die Geschichte, der er gerade erzählen will. Ich habe fast alles von ihm gelesen und jeder Roman ist anders, eigenständig.

Mein Fazit: Eine sehr schöne gefühlvolle, stimmungsvolle und aufwühlende Geschichte um zweier Leben, beginnend in Russland und endend in England und mit ganz viel dazwischen.

© Marion Brunner_Buchwelten 2018

Starkstrom von Jan Zweyer

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Erschienen als Taschenbuch
im Grafit Verlag
insgesamt 282 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN:  978-3-89425-576-3
Kategorie: Kriminalroman

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Um den Flüchtlingsstrom einzudämmen hat sich Zentraleuropa hinter einem Zaun verschanzt. Der soll es Flüchtenden unmöglich machen, in die „gelobten Länder“ einzureisen. Denn Europa will diese Flüchtlinge nicht. Die Menschen warten geballt in Transitzentren auf ihr Schicksal. Die, die offiziell einreisen und einen Asylantrag stellen dürfen, werden durch ein Lotterieverfahren ausgewählt.

Die Firma, die den Zaun unterhält und bewacht (von der Regierung beauftragt) soll es schaffen, den Zaun noch undurchdringlicher zu machen, denn immer noch versuchen Flüchtlinge auf illegalem Weg einzureisen. Die einfachste und günstigste Lösung scheint ein Bluff: Es wird behauptet, dass der Zaun nun unter Starkstrom stehe. Als es dann aber genau dadurch ein Todesopfer gibt, wird die Regierung natürlich erheblichem Druck und Erklärungsnöten ausgesetzt.

Unterdessen begeben sich 2 junge Männer aus dem Senegal auf ihre Reise/Flucht nach Europa. Sie haben den Schritt gewagt und sich für teures Geld in die Hände einer Schlepperbande begeben …

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Ganz klar, ein Thema, das neugierig macht, kann es doch aktueller gar nicht sein. Genau aus diesem Grund habe ich das Buch ausgewählt. Der Flüchtlingsstrom hält nicht an, immer mehr Menschen fliehen nach Europa. Ob aus Kriegsgebieten oder wie oben erwähnt aus Afrika, wo die Dürre die Menschen nach und nach dahinsiechen lässt.

Alle haben wir in den Medien von Schlepperbanden gehört und Bilder von Flüchtlingen gesehen, die neben zerborstenen Booten im Mittelmeer treiben und mit Glück lebend geborgen werden.

Der Roman „Starkstrom“ spielt in der Zukunft, jedoch nur einige Jahre. Der Autor Jan Zweyer beschreibt hier schon „unsere Welt“, in der wir hier und jetzt leben.

Und auch wenn mir der Roman zu großen Teilen gefallen hat, so hat er mich nicht zu 100 % überzeugt. Die Passagen, die im Senegal spielen, in denen der Leser die beiden Flüchtlinge begleitet, die auf die Schlepper hoffen, die haben mir sehr gut gefallen. Auch die Hintergründe und Verwicklungen waren interessant, erschreckend und leider auch sehr überzeugend.

Dennoch, sobald die Handlung sich in der Politik und dem Großkonzern abspielte, haben mich die Charaktere nicht wirklich überzeugt und ich kam teilweise mit den Namen bis zuletzt oft durcheinander. Die Figuren erschienen alle so gleich und durchsichtig, ich kann es gar nicht genau erklären. Dann waren wiederum Personen miteinander verbunden, wo ich dann schon dachte: dieser Zufall ist etwas an den Haaren herbeigezogen.

Unterm Strich war der Roman auf der einen Seite sicher gut recherchiert und auch erschreckend real. Auf der anderen Seite war er etwas wirr und machte auf mich den Eindruck, als wollte der Autor einem bekannten deutschen Politthriller- Autor nacheifern. Das ist ihm aber leider nicht gelungen.

Fazit: Ich bin ein wenig zweigeteilt, aber lest selbst und macht euch euer eigenes Bild. Für mich hat der Roman leider nicht ganz meine Erwartungen erfüllt.

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© Marion Brunner_Buchwelten 2018

Bringt sie zum Schweigen von Ramon Maria Winter

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bookcover-1-1-238x300Erschienen als Broschur
im Scylla -Verlag
insgesamt 544 Seiten
Preis:  14,99  €
ISBN: 978-3945287002
Kategorie: Thriller

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Eventuelle Spoilergefahr! Ich verrate ein bisschen mehr als der Klappentext …

Im kleinen beschaulichen Ort Whispertal kommt es plötzlich zu einigen blutigen Zwischenfällen. Die Hunde scheinen von der Tollwut befallen und Menschen und Bewohner anzugreifen und zu verletzten.

Der Landarzt Dr. Nordström wird zu einigen Familien gerufen und erlebt furchtbare Szenen. Als die brutalen Angriffe immer öfter auftreten, stößt Betty Jäger als ermittelnde Polizistin hinzu.


Auch der Pfarrer des Ortes, Gordon Shooter, zusätzlich auch der beste Freund des Arztes Nordström, versucht zu helfen und gemeinsam bemühen sie sich zum einen, der Lage Herr zu werden und zum anderen, dem Hintergrund für diese Ausbrüche auf die Spur zu kommen.


Dies gestaltet sich nicht nur als sehr schwer, sondern zusätzlich auch als lebensgefährlich für alle Beteiligten …..

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Der Roman des neuen und jungen Verlages gefällt mir eigentlich und grundsätzlich gut. Die Storyline ist spannend und fesselnd, die Charaktere sind gut gezeichnet und die Handlung gut geführt, der Bogen meist straff gespannt.

Das klingt schon nach einem Aber und das gibt es auch. Denn ich habe mich mit diesen 544 Seiten Roman/Thriller so schwer getan, dass ich volle zwei Monate brauchte, um durch zu sein. Ich komme nicht mehr so oft zum lesen wie früher und wenn ich dann Buchseiten in einer gefühlten Schriftgröße 8 und ca. 46 Zeilen vor mir habe, dann komme ich einfach nicht vorwärts. Ich habe es auch oft so empfunden, als sei der Handlungsstrang künstlich in die Länge gezogen, ich finde es zog sich stellenweise doch sehr.


Die beiden Protagonisten Nordström und Shooter sind mir während der Handlung schon ans Herz gewachsen und näher gekommen, mit Betty Jäger wurde ich bis zuletzt nicht so wirklich warm.

Der Verlag liefert ein schönes Cover und ich muss sagen, den Geschäftsslogan „Wir lesen Independant“ finde ich ziemlich gut! http://www.scylla-verlag.de/

Mein Fazit: Eine Geschichte, die eine gute Idee liefert, stark beginnt, sich nachher aber für mein Empfinden sehr zieht. Leider war für mich die Lektüre sehr anstrengend, weil die Seiten einfach zu eng, voll und klein beschrieben waren. Etwas kürzer, knackiger vom Text und luftiger und großzügiger vom Druck wäre mir sehr lieb gewesen.

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© Buchwelten 2016

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Nur über deine Leiche von Dan Wells – Serienkiller IV

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Dan Wells
Erschienen als
broschierte Ausgabe
im Rough Cut bei
PIPER
384 Seiten
Preis: 12,99 €
ISBN: 978-3-492-28024-2

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John Cleaver, 18 Jahre alt, kann Dämonen sehen. Zwischenzeitlich hat er auch bereits einige von Ihnen erfolgreich vernichtet. Inzwischen arbeitet er eigentlich für das FBI, das längst weiss, dass uralte böse Mächte unter den Menschen weilen und immer wieder morden. Doch nach dem Desaster vor Fort Bruce, bei dem John zwar erfolgreich, aber unter etwas widrigen und sehr extremen Umständen, den Dämonen Rack ausgeschaltet hat, befindet er sich auf der Flucht.

Gemeinsam mit Brooke (und Niemand und den vielen tausend anderen Seelen, die ihr Körper beherbergt) ist er unterwegs, um weitere Verwelkte aufzuspüren und auszuschalten. Hilfreich sind hierbei die Erinnerungen der verstorbenen Mädchen in Brookes Körper. Hier finden sich immer wieder Hinweise oder zumindest Bruchstücke darauf, wo sie den nächsten Verwelkten aufspüren können.

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Ich bin oder war Fan der Serienkiller-Reihe von Dan Wells vom ersten Moment an. Dieser junge und eigentlich total irre und verkorkste Protagonist John war mir vom ersten Moment an ans Herz gewachsen. Jedoch war ich vom vierten Teil eher enttäuscht als erfreut. Der Schauplatz hat gewechselt von Clayton, dem kleinen Ort, wo John über dem Bestattungsinstitut seiner Mutter gelebt hat und was eigentlich für mich den besonderen Flair dieser Romane mit ausgemacht hat. Im vierten Teil war John dann bereits für das FBI tätig und die vielen Namen der Verwelkten und unendlichen Persönlichkeiten, die Brooke innewohnen, haben mich oft mehr genervt als begeistert. Dennoch war ich natürlich neugierig auf den fünften Teil der Reihe. Ob es nun der letzte ist, bleibt abzuwarten. Ich denke es eher nicht, auch wenn die Romane ursprünglich als Trilogie geplant waren.

Die erste Hälfte des Buches gefiel mir erneut nicht so besonders gut. Das Roadmovie mit lustigen Buchstabensuchspielen und dem dauernd wechselnden Selbst von Brooke hat mich auch hier eher nicht begeistert. Ein bisschen rausgerissen hat es dann für mich, dass eine wichtige und bekannte Figur in Brookes Körper zum Vorschein kam und letztlich auch wieder zeitweise die Handlung aktiv bereichert hat.

Ab der zweiten Hälfte des Buches gefiel es mir dann wieder viel besser und es kam sogar wieder an die drei sehr guten ersten Teile heran. Vielleicht lag es daran, dass die Handlung sich wieder auf einen kleinen Ort beschränkt hat, in dem ein Dämon sein Unwesen treibt und kaltblütig mordet. John befindet sich plötzlich in einem Umfeld ähnlich dem von Clayton wieder und die beiden kommen auch wieder mit Gleichaltrigen in Kontakt. Die Stimmung des verschlafenen Nestes, welches von Gräueltaten heimgesucht wird hat mir dann wieder sehr gut gefallen. Auch die Idee, nach welcher Art und Weise der Dämon handelt, hat mich überzeugt. Eine gute Idee – hier hat das Lesen mir wieder richtig Spaß gemacht.

Alles in allem denke ich jedoch, dass man es bei der Trilogie hätte lassen sollen. Denn man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist und da ist schon was wahres dran. Ja, die Leser wollten natürlich mehr, ich selbst hatte mich ja auch gefreut, als ich hörte, dass es weitergeht. Aber Fortsetzungen sind nicht immer gut oder sinnvoll. Wie gesagt, ich denke schon es geht weiter um John Cleaver. Ob ich selbst noch einmal Lust auf einen weiteren Teil habe kann ich noch nicht sagen. Derzeit tendiere ich zu einem Nein.

Optisch bleibt der Verlag seiner Linie treu und liefert den Roman wieder im ausgefallenen und optisch total ansprechenden Rough Cut. Das finde ich sehr gut, denn es kommt ja auch vor, dass Verlage selbst innerhalb einer Reihe einfach mal so das Design ändern.

Mein Fazit: Der fünfte Teil der Serienkiller-Reihe hat sich für mich in der ersten Hälfte sehr gezogen und ab und an leider beinahe genervt. In der zweiten Hälfte konnte er mich wieder fesseln und hat zurückgefunden zur Stimmung der ersten drei Teile.

Ich danke dem PIPER Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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© Buchwelten 2016

Finderlohn von Stephen King

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King
Erschienen als gebundene Ausgabe
bei Heyne
insgesamt 544 Seiten
Preis:  22,99  €
ISBN: 78-3-453-27009-1
Kategorie: Thriller

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1978 – John Rothstein, Autor der erfolgreichen Jimmy Gold-Trilogie lebt seit vielen Jahren zurückgezogen und hat lange nichts veröffentlicht. Eines ruhigen Abends dringen drei junge Männer in sein Haus ein und der berühmte Schriftsteller wird brutal ermordet. Kopf der drei Verbrecher ist Morris Bellamy, ein mehr als fanatischer Anhänger des Autors. Und eben der begeht den Mord nicht etwa aus Habgier, sondern einzig und allein aus Rache und Wut darüber, wie der Autor die Trilogie hat enden lassen. Den Wandel, den der Protagonist der Reihe durchlebt hat, konnte und wollte Bellamy nicht akzeptieren, er sah ihn als Verrat an. Als Beute nehmen die Eindringlinge nicht nur eine große Menge Bargeld mit, sondern auch einen kompletten Tresor voller Notizbücher, die Rothstein über Jahre hinweg Seite um Seite von Hand beschrieben hat. Für Bellamy ist dieser Teil der Beute der einzig wichtige. Morris Bellamy vergräbt die gesamte Beute zunächst, weil die Umstände es erforderlich machen und kommt dann, einige Monate später, dummerweise für ein ganz anderes Verbrechen ins Gefängnis. Und dort bleibt er auch die nächsten 28 Jahre.

2009 – Pete Saubers ist ein Junge aus einem eigentlich völlig normalen Elternhaus. Einzig der Umstand, dass sein Vater durch einen Unfall schwer verletzt wurde, bereitet der Familie große Schwierigkeiten. Sie kommen finanziell kaum noch über die Runden und Pete und seine Schwester müssen die Streitigkeiten der Eltern leider immer öfter ertragen. Da kommt Pete sein zufälliger Fund wie ein wahrer Segen vor. Denn Pete findet Bellamys vergrabene Beute durch puren Zufall. Er nutzt zunächst das Geld seines „Schatzes“ dafür, um seine notleidende Familie über die Runden zu bringen.

Nach 35 Jahren wird Morris Bellamy auf Bewährung aus der Haft entlassen. Natürlich will er als erstes nach seiner vergrabenen Beute sehen, denn all die Jahre im Knast hat ihn einzig und allein die Freude auf die ungelesenen Notizbücher aufrecht gehalten. Als er bemerkt, das seine Beute verschwunden ist, macht sich Bellamy auf die Suche. Und natürlich kommt er Pete Saubers auf die Spur. Nun ist Detective Hodges gefragt. Kann der Cop im Ruhestand, der bei Mr. Mercedes schon sehr erfolgreich „ermittelt“ hat, Pete helfen und den irren, fanatischen Anhänger des ermordeten Autors aufhalten ….?

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Der „neue“ King. Man mag ihn oder nicht. Ich mag ihn. Ein mir bekannter King-Fan sagte mal, dass man bei ihm die ersten 100 Seiten getrost überlesen kann, weil er immer erst dann in die Handlung gefunden hat. Bei Mr. Mercedes war das schon ganz und gar nicht der Fall. Da wurde der Leser gleich zu Anfang mit Drama und Chaos, Action und Tod konfrontiert. Auch hier ist das der Fall. King geht es überhaupt nicht ruhig an, sondern kommt direkt zur Sache. Und die ist nicht unbedingt seicht.

Finderlohn ist der zweite Teil um den alternden Detective Hodges, der schon in Mr. Mercedes so brillante Arbeit geleistet hat, nachdem er damals durch den Killer selbst aus seiner Lethargie gerissen wurde. Auch hier spielt Hodges wieder eine große Rolle und wir treffen neben ihm auch weitere Personen wieder, die wir noch aus Mr. Mercedes kennen. Allerdings spielt er erst recht spät eine Rolle.

King beginnt seine Erzählung mit zwei Handlungssträngen in der Vergangenheit. Einmal im Jahre 1978 ff den Strang um Bellamy und dann im Jahre 2009 den Strang um den Jungen Pete Saubers. Wir verfolgen die beiden einige Jahre dann, bevor King dann in die Gegenwart wechselt. Und dies nicht nur in seiner Erzählung, sondern auch in der Zeitform.

Wie die Vorgänger liefert King hier einen Roman, der eher von einer ruhigen, aber sehr dichten und komplexen Stimmung getragen wird. Dennoch gibt es sehr heftige Szenen, die an Blut, Dramatik und Nervenzerren ganz und gar nicht sparen. Ich mag diesen neuen Stil von Stephen King sehr. So hat er bereits „Joyland“ und „Der Anschlag“ geschrieben und nun eben auch „Mr. Mercedes“. Viele mögen dies zu langatmig und zäh finden, mir geht es gar nicht so. Ich tauche in die Geschichte ein, begleite die Protagonisten über viele Jahre, bekomme Einblicke in deren Charaktere, ihr Umfeld und genieße es, mich durch die Geschichte treiben zu lassen. Und ich finde es sehr positiv, dass mir seitdem auch endlich die Enden von Kings Romanen gefallen. Denn die fand ich bei den älteren Werken oft leider mäßig, missglückt oder zu kurz abgefertigt. An ganz vielen Stellen des Romans finden sich sehr gute Aussagen, bezogen auf die Arbeit eines Schriftsteller und die Liebe der Leser. Mich haben diese Stellen immer an sein Buch „Das Leben und Schreiben“ erinnert (ich fand es toll). Ich muss eine kleine Stelle zitieren:

„Eine der beglückendsten Erfahrungen, die man als Leser im Leben machte, war die ein Leser zu sein – also nicht nur lesen zu können ……, sondern in die Tätigkeit als solche vernarrt zu sein. Hoffnungslos. Hals über Kopf. Das erste Buch, das dies zustande brachte, vergaß man nie, und jede einzelne Seite schien eine neue Offenbarung mit sich zu bringen, eine die brannte und begeisterte …“

Eine Kleinigkeit noch: Ich habe bei einer Figur das Gefühl nicht losbekommen, dass Stephen King die Serie Twin Peaks gesehen und gemocht hat. Denn der flippige Englisch Lehrer von Pete Saubers, namens „Ricky the Hippie“ erinnert mich sehr stark an Dr. Jacoby :-). Bauschige Hemden, Schlaghosen und sonstiges Hippie-Outfit haben mich immer genau diese Person sehen lassen …

Mein Fazit: Eine absolut gelungene Fortsetzung von Mr. Mercedes, die mich in einer ruhigen, stimmungsvollen Atmosphäre gefesselt hat. Einerseits kommt der Roman gemächlich daher und andererseits ist er voller dramatischer, heftiger, brutaler und sehr erschreckender Szenen. Die Figuren bieten alles zwischen liebenswert und total irre, sind jedoch charakteristisch alle sehr echt und glaubhaft gezeichnet. Ich freue mich sehr auf den dritten Teil!

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© Buchwelten 2015

Vollendet – Der Aufstand von Neal Shusterman (Teil II)

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Vollendet
Erschienen als Hardcover
bei S. Fischer Verlage
insgesamt  Seiten
Preis: 16,99 €
ISBN: ISBN: 978-3-7373-6718-9
Kategorie: Young Adult

Nachdem der Admiral die Führung des Friedhofs an Connor abgegeben hat, muss dieser sich täglich beweisen. Risa, die nach dem Unglück im Camp im Rollstuhl sitzt, versucht ihm zu helfen wo sie kann. Sie leitet die Sanitätsabteilung, dennoch fürchtet sie ständig Connor eher eine Last zu sein.

Lev versucht ein neues Leben zu beginnen, wird in ein Haus ehemaliger Zehntopfer gebracht und durch die Leiter dort als eine Art Gott hochgejubelt. Als ehemaliges Zehntopfer und DER Klatscher, der nicht geklatscht hat, betet ihn dort jeder regelrecht an. Damit kommt Lev allerdings gar nicht zurecht. Als dort das Mädchen Miracolina auftaucht, findet Lev endlich eine Ansprechpartnerin, die ihm gefällt. Allerdings hat er es nicht leicht, sich ihr überhaupt zu nähern. Denn Miracolina ist mit ihrer Rettung kurz vor dem Zehntopfergang gar nicht einverstanden und reagiert aggressiv und wütend.

Als ein gestorchter Junge namens Starkey kurz vor der Umwandlung durch Connor und seine Leute gerettet und zum Friedhof gebracht wird, ist für ihn sofort klar, dass er ganz langsam, still und heimlich Connor den Rang ablaufen will. Er sieht sich als den neuen Anführer des Friedhofs und wird alles tun, dieses Ziel zu erreichen …..

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Der zweite Teil der Vollendet-Reihe schließt nahtlos an den ersten Teil an und der Leser trifft alle bekannten Personen wieder und lernt neue kennen. Ich hatte keine Probleme, mich wieder in die Handlung einzufinden und die Stimmung hat mich gleich wieder in ihren Bann gezogen.

Der Spannungsbogen ist gut gesponnen und durch die verschiedenen Handlungsorte wird die Geschichte nicht langatmig oder zäh.

Mir hat die Erschaffung einer weiteren, sehr besonderen Person, absolut gefallen, auf die ich aber gar nicht näher eingehen möchte, denn dass würde einen Teil der Handlung verraten, der die Geschichte wirklich bereichert. Das Problem, was ist richtig, was ist falsch, was ist ethisch tragbar und was nicht, all dies kommt durch diese Figur sehr gut heraus und sorgt für Brisanz.

Neal Shusterman hat mit seiner Vollendet-Reihe ja eine sehr gute Grundidee umgesetzt, nämlich: Ein Mensch darf rückwirkend bis zu seinem 16 Lebensjahr abgetrieben werden. Das bedeutet, Eltern können z.B. schwierige pubertierende Teenager loswerden, indem sie sie umwandeln lassen. Das bedeutet, der Körper des Umzuwandelnden wird zerlegt und sämtliche Teile werden transplantiert und somit am Leben erhalten. Doch die große Frage ist ja: Was passiert mit der Seele?

Wenn das Leser meiner Rezension neugierig gemacht hat, können sie gerne die Rezension zum ersten Teil einmal lesen und dann vielleicht entscheiden, ob sie Lust haben, sich der Reihe mal zu widmen?

Mein Fazit: Ein sehr gut gelungener Teil II der Vollendet-Trilogie, der die Geschichte weitererzählt und sie um weitere Figuren bereichert, die sicher im dritten und letzten Band eine große Rolle spielen. Ich freue mich darauf!

Buchtrailer zu Vollendet – Der Aufstand

Trailer zum Making of des Hörbuchs:

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