Fillingers Erbe von Olaf R. Dahlmann

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Erschienen als Taschenbuch
im Grafit Verlag
insgesamt 315  Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-978-3-89425-592-3
Kategorie: Krimi

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Katharina Tenzer, inzwischen schon einige Zeit in der Kanzlei von Friedemann Hausner als Teilhaberin tätig, bekommt ein eher ungewöhnliches Mandat. Sie soll Bernhard Fillinger, einem sehr kranken Steuerflüchtling, die Haft ersparen.  Dieser will nach Deutschland zurückkehren, um eine besondere Behandlung in Anspruch zu nehmen, die er im Ausland nicht erhalten kann. Als Gegenleistung verspricht er brisante Informationen preiszugeben: Er behauptet nämlich, zu wissen, wohin während der Wendezeit die verschwundenen DDR-Millionen verblieben sind.

Katharina Tenzer setzt sich, nach einem seltsamen Gespräch mit einem engen Freund und Verbindungsmann ihres Mandanten, mit dem zuständigen Staatsanwalt in Verbindung und leitet alles Notwendige in die Wege. Es scheint ganz offensichtlich zu funktionieren, dass ihr kranker Mandant einreisen kann, ohne dass der Haftbefehl gegen ihn greift.

Doch kaum hat Bernhard Fillinger deutschen Boden betreten, wird er am Flughafen aus einer dunklen Limousine heraus niedergeschossen und verstirb noch an Ort und Stelle. Katharina Tenzer ist die letzte, die mit Fillinger spricht. Er flüstert in seinen letzten Atemzügen noch Worte, mit denen Katharina nichts anfangen kann. Mit eingereist ist Fillingers 10-jähriger Sohn, der den Anschlag auf seinen Vater mit ansehen musste.

Katharina Tenzer entscheidet spontan, dass sie den Jungen zunächst einmal mitnimmt. Sie setzt ihn also ins Auto und verlässt den Tatort. Erste Spuren führen die Anwältin dann in die Schweiz, wo sie versucht, Licht in die dunkle Angelegenheit zu bringen. Doch gefährlich ist dieses Mandat nicht, ganz und gar nicht …

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Olaf R. Dahlmann ist vom Fach, wie man so schön sagt. Seit über 25 Jahren arbeitet er als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Steuerstrafrecht. Er weiß also, worüber er schreibt und mit seinem Debütroman „Das Recht des Geldes“ hatte er mich schon gepackt.

Da ich selber bei einem Juristen arbeite, sind mir selbst einige Begriffe und Arbeiten natürlich vertraut und sein Erstling um die, damals noch als Referendarin tätige, Katharina Tenzer hatte mir sehr gut gefallen.

Olaf R. Dahlmann liefert auch hier wieder eine spannende Handlung, die er geschickt in seinem Plot vorantreibt. Es ist spannend und hintergründig, wir gehen als Leser weit zurück in die Vergangenheit und reisen auch in die Schweiz. Es geht um Stasi und geheime Firmen, die Gelder verschleiern und verschieben. All das ist kompliziert und sehr verworren, doch der Autor schafft es dennoch, dass auch ein Laie folgen kann. Genau das finde ich immer sehr wichtig. Denn Polit- oder Steuerkrimis-/thriller mag ich eigentlich gar nicht. Horst Eckert war der erste, der es schaffte, mich mit solch einer Thematik dennoch zu fesseln. Und auch Olaf R. Dahlmann schafft es. Ich finde es einfach enorm wichtig, mich zu packen und die Handlung verstehen zu lassen, auch wenn es eigentlich für einen Otto-Normalleser alles viel zu kompliziert ist.

In diesem zweiten Teil fiel es mir allerdings ein wenig schwer, eine emotionale Bindung zur Protagonistin aufzubauen. Sie ist mir irgendwie nicht so recht ans Herz gewachsen. Es mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass der damalige Firmenchef, der im Debüt noch eine recht große Rolle gespielt hat, diesmal bereits im Ruhestand ist und nur ab und an die Handlung bereichert. Friedmann Hausner war für mich ein großer Sympathieträger und fehlte mir hier im Folgeroman einfach ein wenig.

Die schweizerischen Namen waren für mich etwas komisch und gewöhnungsbedürftig, die Charaktere jedoch gut ausgearbeitet und auch wichtig beziehungsweise positiv für Handlung und das Lesevergnügen.

Gegen Ende des Romans gab es eine Wendung, die so richtig Schwung in die Geschichte gebracht hat. Für mich war dies absolut nicht vorhersehbar und genial ausgedacht. Das hat mir richtig gut gefallen.

Fazit: Alles in allem ein guter und fesselnder Roman, der mich trotz allem nicht ganz so hat packen können wie sein Vorgänger. Dennoch freue ich mich auf weitere Werke von Olaf R. Dahlmann.

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Wer die Rezension zum ersten Roman lesen möchte, der klicke untenstehenden Link:

Das Recht des Geldes – Debütroman von Olaf R. Dahlmann

© Marion Brunner für Buchwelten 2019

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Der dunkle Wächter von Carlos Ruiz Zafón

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Erschienen als Taschenbuch
bei Fischer
insgesamt 344 Seiten
Preis: 8,99 €
ISBN: 978-3-596-19302-8
Katergorie: Jugendbuch (Schauerroman)

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Man schreibt das Jahr 1937 und die 15-jährige Irene zieht nach dem Tod ihres Vaters gemeinsam mit ihrer Mutter Simone und ihrem etwas jüngeren Bruder Dorian an die Küste der Normandie. Simone hat dort eine neue Stelle angenommen, sie wird die Haushälterin des ehemaligen Spielzeugfabrikanten Lazarus Jann. Der lebt in dem riesengroßen Anwesen Cravenmoore, inmitten Unmengen an unheimlicher Spielzeuge und Metallfiguren. Bei ihrem ersten Besuch auf dem Anwesen können Irene und Dorian nichts anderes, als mit offenem Mund staunen. Lazarus Jann ist ein sehr netter, humorvoller und liebenswerter Mann, der die Familie in einem kleinen aber sehr gemütlichen Haus direkt am Kap kostenfrei wohnen lässt. Für Simone ist ihr Arbeitsplatz quer durch den Wald zu Fuß erreichbar und die Lage des Hauses, direkt am Meer, ist einfach nur himmlisch.

Die kleine Familie fühlt sich sogleich sehr wohl in dem Haus und auch im kleinen Dorf finden sie schnell Kontakt. Irene freundet sich zunächst mit Hannah an, sie ist ebenso bei Lazarus Jann angestellt, sie kocht für ihn. Hannah ist ein sehr offenes Mädchen, dass ohne Punkt und Komma redet und Irene schließt schnell Freundschaft. Durch Hannah lernt Irene den 16-jährigen Ismael kennen. Er ist ihr Cousin, der nach dem Tod seiner Eltern bei ihren Familie aufwächst.

Der jüngere Bruder Dorian sieht in dem Spielzeugfabrikanten einen echten Freund, der ihm zuhört, Geschichten erzählt und in die Geheimnisse des Spielzeugs einweiht. Auch Simone fühlt sich zu Lazarus hingezogen. Der ältere Mann ist ein angenehmer Zeitgenosse, sehr höflich und Simone hat in den langen Unterhaltungen mit ihm stehts das Gefühl, diesen Mann schon ewig zu kennen.

Aber Cravenmoore birgt auch Geheimnisse. So dürfen Simone und die Kinder z.B. niemals das Obergeschoss des Anwesens betreten. Und im Wald des Anwesens scheinen schattenartige Kreaturen umherzuwandeln, die nichts Gutes im Sinn haben. Irene versucht gemeinsam mit ihrem neuen Freund Ismael die Geheimnisse von Lazarus Jann zu lüften und sie begeben sich dadurch ungewollt in große Gefahr …

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Viele Leser, so wie ich, kennen die Romane um die „vergessenen Bücher“ des Autors, wie „Schatten des Windes“ oder auch „Spiel der Engel“. Ersteres habe ich bereits gelesen und ich fand es sehr gut. Mir gefällt der Schreibstil des Autors sehr und darum habe ich zu diesem Jugendbuch gegriffen, als es mir im Buchladen in die Finger fiel.

Vor seinen Barcelona Roman hatte Zafón bereits drei Jugendbücher geschrieben. Dieses hier ist eines davon. Wie ich nachher erfuhr der zweite Teil der sog. „Nebel-Trilogie“. Die Handlungen stehen alle für sich allein, daher war der Griff zum zweiten Teil der Reihe nicht weiter schlimm. Bereits im Jahre 1995 wurde das Buch in Spanien veröffentlicht. Hier in Deutschland im Jahre 2009.

Und ich muss sagen, auch hier in dem Jugendbuch ist der schöne, angenehme Schreibstil des Autors erkennbar. Die Protagonisten waren mir schnell ans Herz gewachsen, die Handlung ist schön schaurig und spannend aufgebaut.

Die Orte der Handlung werden sehr bildhaft und detailgetreu beschrieben. Sei es der Wald, das Haus Cravenmoore, die Spielzeuge oder die Fledermausgrotte mit ihrem kristallklaren Wasser.

Der Autor hat die gesamte Handlung über eine schöne Stimmung aufrechterhalten, mal ruhiger und mal aufregend. Die zarten Gefühle einer ersten Liebe waren schön und überhaupt nicht kitschig oder übertrieben. Die Auflösung und Hintergründe der Geschichte waren stimmig und gefielen mir gut.

Die Kapitel sind nicht zu lang gehalten, sodass auch jugendliche Leser nicht die Lust verlieren. Das Cover zeigt einen Leuchtturm im Nebel, der gut gewählt ist, weil er in die Handlung gehört.

Mein Fazit: 5 von 5 Sternen für das Jugendbuch des Autors, der mit seinen Barcelona Romanen viele Leser begeistert hat. Auch hier hat er eine Geschichte mit einer spannenden, schaurigen aber auch ruhigen und liebevollen Stimmung geschrieben. Nicht nur für Fans des Autors empfehlenswert und auch nicht nur für Jugendliche. Ich werde mir jedenfalls nach und nach noch die anderen Jugendbücher der Reihe besorgen.

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© Buchwelten 2013

Kälte von Michael Northrop (5/5)

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Erschienen als
Taschenbuch
im
LOEWE Verlag
256 Seiten
Preis: 6,95 €
ISBN: 978-3-7855-7428-7
Kategorie:  Jugendbuch (ab 13. Jahre)
für mich aber „All Age“

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Tattawa, eine Highschool in Neuengland, gebaut auf einem Acker. Also somit am Ende der Welt.

Schüler, die während der ersten Unterrichtsstunden aus dem Fenster sehen und sich über den fallenden Schnee nicht wundern. Doch der Schnee wird nicht weniger, sondern stärker und natürlich kommt die Durchsage des Rektors, dass der Unterricht abgebrochen wird, damit die Schüler vor dem Schlimmsten mit den Bussen nach Hause gebracht werden können.

Sieben Jugendliche, die diese Busse nie nehmen, sondern in der Schule bleiben. Alle aus unterschiedlichen Gründen.

Weems und Pete haben sich von ihrem Freund Jason überreden lassen, ihm noch beim Bau seines Mega-Flammenwerfer-Gokarts im Werkraum zu helfen. Jasons Vater hatte zugesagt, die Jungs später abzuholen.

Dann sind da noch Krista und Julie, auch sie wollten auf Kristas Mum warten, damit sie nicht mit dem Bus fahren müssen. 

Dann wäre da noch der Aggro Les, der eigentlich mal wieder zum Nachsitzen antreten sollte und deshalb noch in der Schule ist und warum der seltsame Elijah noch da ist? Man weiß es nicht, nur dass er als seltsamer Gothic-Psycho bezeichnet wird und ständig mit sich alleine rumhängt.

Da sitzen sie nun, diese ungleiche Gruppe von sieben Schülern. Und es dauert eine Weile bis ihnen bewusst wird, dass sie in der verdammten Schule festsitzen. Die Schneewände an den Außenfenstern wachsen rasant auf 2,5 Meter an.

Die Handynetze brechen zusammen, nach Hause anrufen oder nur eine SMS schicken funktioniert nicht mehr.

Dann fällt der Strom aus und mit ihm wird die Heizung auch nicht mehr weiterlaufen. Spätestens da ahnen die Jugendlichen, dass dies keine lustige Campingnacht in der Schule wird, sondern dass dieser Schneesturm zu einer Naturkatastrophe heranwächst und sie gehörig in Gefahr sind ….

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Ich fange diesmal andersrum an, also mit dem Cover. Denn das hat mich auf Anhieb auf der LOEWE Verlagsseite direkt angesprochen und neugierig gemacht. Es ist  in einem tollen eisblau-grau gehalten und zeigt die zugeschneite Highschool und noch immer fallenden Schnee, der verdammt echt aussieht. Der Titel „Kälte“ ist einfach und schlicht und hat mir auch auf Anhieb gefallen

Der Schreibstil ist schlicht und einfach, denn erzählt wird die Geschichte von Scotty Weems, einer der sieben Schüler aus seiner Sicht. Das gibt allerdings noch keinen Hinweis darauf, wie sich die Handlung entwickelt, auch wenn man gleich weiß, er hat es offensichtlich geschafft aus der Schule raus zukommen.

Die Handlung beinhaltet typische Jugendlichenprobleme: z.B. Mädchen und Jungs treffen aufeinander, wie verhält Junge sich da? Aber auch die Darstellung des Aggro-Schülers, den keiner mag und der allen Angst einjagt ist sehr gut gelungen. Nämlich völlig entgegen der typischen Klischees.

Letztendlich geht es nur darum, zu überleben und diese Katastrophe zu überstehen. Und wie diese 7 Schüler dies meistern, dass ist doch sehr erwachsen.

Die Jugendliche werden mit immer neuen dramatischen Umständen konfrontiert, da ist der ausgefallene Strom noch das kleinste Übel. Denn extreme Schneemassen bringen bekanntlich auch die beste Statik ins schwanken.

Mich hat dieser Roman sehr gefesselt und auch hier finde ich die „Erfindung“ des Genres All-Age mehr als passend. Denn dieser Roman ist, auch wenn er sich offiziell in der Kategorie Jugendbuch befindet, auch für Erwachsene spannend und empfehlenswert.

Die eventuellen Eltern von Teenagern, so wie ich :-), können miterleben wie Jugendliche in diesem Alter über sich hinaus wachsen können, sich zusammenraufen, miteinander umgehen und Probleme lösen.

Denn diese Schüler sind ja eigentlich normale Teenies, die ständig mit ihren Smartphones rumhängen, schmerzhaft die Kommentare auf ihrer Facebook Pinnwand vermissen oder stinkig sind, weil wegen dem Schneesturm das wichtige Basketballspiel ausfällt.

Doch diese Schüler sind eben auch Teenager, die sich Sorgen um ihre Eltern zu Hause machen, um ihre Mitschüler, die in den Bussen saßen. Junge Erwachsene die in dieser Gefahrensituation auch ohne ihre Handys auskommen (denn die dienen nur noch als Taschenlampe).

Dieser Roman hat richtig Spaß gemacht, er hat mich gefesselt, mitfiebern lassen und ich kam mir vor als sähe ich einen Film, auch wenn es oft recht dunkel war 🙂 .

Die Charaktere waren sehr unterschiedlich, gut und lebensecht ausgearbeitet und mit Tiefe dargestellt. Alle wie sie da waren. Hoffnung, Angst, Mut, Neid, Enttäuschung, Einfallsreichtum. Dies sind einige Punkte, die in „Kälte“ behandelt werden und ich finde die Umsetzung ist sehr gut gelungen.

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Mein Fazit: 5 von 5 Sternen für diesen Katastrophen-Thriller, der sich um Jugendliche dreht, aber nicht nur diese als Zielgruppe anspricht. Eine fesselnde Handlung, spannend und mit Charakteren, die gegen das Klischee handeln. Somit für mich ein „All-Age“ Roman, den ich gerne weiterempfehle!

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Ich danke dem LOEWE Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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© Buchwelten 2012

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Das Geflecht von Andreas Laudan (5/5)

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Erschienen als
Taschenbuch
bei  rororo
368 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN:  978-3-499-25848-0

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Justin Bringshaus hat eine geniale Idee für die Abschlussparty der Realschule. Sein Vater ist als Ingenieur beruflich mit der Aufsicht des alten Bergwerks betraut und für ihn ist es ein Leichtes an den Schlüssel zu gelangen. Gemeinsam mit seiner Freundin Dana, seinem Freund Finn und dessen Freundin Laura macht er sich sich auf den Weg. Die Rucksäcke sind mit Chips und Co. bestückt, es soll ein schöner und außergewöhnlicher Abend werden. Justin muss seine Freundin überreden mitzugehen, denn sie hat auf Grund eines Kindheitstraumas panische Angst vor der Dunkelheit. Er schafft es und Dana möchte schließlich auch keine Spielverderberin sein.
Also gibt sie sich einen Ruck und die vier machen sich auf den Weg in das alte, stillgelegte Salzbergwerk. Zunächst steigen die vier an Leitern mehrere Etagen in die Tiefe, bis sie schließlich ca. 6o Meter unter der Erde sind. Dort machen sie sich es in einem Raum bequem, eine Grubenlampe spendet Licht und Wärme, die Stimmung ist gut.

Doch als Finn sich von der Gruppe ein Stück entfernt um sich zu erleichtern, stolpert er und stürzt geradewegs in einen Schacht, einen alten Müllschacht, der in einer recht starken Neigung abfällt. Finn schreit und Dana ist die einzige die reagiert. Die anderen beiden schlafen noch, da war der Joint unter Tage wohl doch heftiger als gedacht. Als Dana versucht Finn irgendwie zu helfen, verliert auch sie den Halt und rutscht ab. Die beiden rufen so laut sie können um Hilfe und vor Schmerzen, was letztendlich Justin und Laura weckt. Sie laufen zum Schacht und versuchen etwas zu tun, doch ohne ein Seil ist das nicht möglich.
Da dort unten die Handys nicht funktionieren, sie erhalten kein Signal, können Justin und Laura nur eines tun: sie müssen nach oben und Hilfe holen. Also machen sie sich auf den Weg zurück nach draussen. Dort angekommen ruft Justin umgehend seinen Vater an, Ärger gibt es sowieso und er weiss, er kennt sich dort unten aus und weiss was zu tun ist.

Vater Bringshaus war an diesem Abend auf einem Vortrag der bekannten – blinden – Höhlenkletterin Tia Taveern. Sie ist eine der besten auf diesem Gebiet, wahrscheinlich eben weil sie blind ist. Und weil Justins Vater aus persönlichem Interesse nicht unbedingt die örtliche Feuerwehr in das Bergwerk hinterlassen möchte, bittet er die grazile Blinde um Hilfe. Da diese nicht nur eine spitzen Kletterin ist, sondern ein ebenso gutes Herz hat, sagt sie zu und macht sich schnellstmöglich mit ihrem Partner Leon auf zum Unglücksort.

Schnelligkeit ist gefragt, denn Finn ist dort unten nicht nur verletzt und Dana eingeklemmt, dort wächst etwas monströses, dass die beiden bereits überwuchtert …

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Mein erster Gedanke als ich das grüne Cover mit den Augen und Ranken sah war „Dickicht“, daran hat mich das Bild – und auch ein wenig die Inhaltsangabe – erinnert. Doch mit diesem Roman von Scott Smith ist „Das Geflecht“ nicht vergleichbar.

„Das Geflecht“ ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite, der Roman ist sehr gut recherchiert, spannend, dramatisch, lehrreich und die Handlung ist nicht weit hergeholt und reisserisch, sondern nachweisbar und wissenschaftlich erforscht, dass es diese Dinge/Wesen wirklich gibt, die dort unten im Bergwerk wachsen.

Seine Protagonistin Tia, die zierliche Frau ohne Augenlicht aber dafür umso schärferen übrigen Sinnen hat der Autor wunderbar ausgearbeitet und rübergebracht. Er ist ausführlich auf die Echo-Ortung durch Zungenschnalzen eingegangen, diese Methode ist Tatsache. Die Art und Weise wie sich „seine“ Tia dort unten zurecht findet macht den Leser sprachlos. Wie sie es dann auch noch schafft, die übrigen zu motivieren, auch wenn sie Todesangst vor der Dunkelheit haben, hat mir sehr gut gefallen.

Doch auch die Nebenfiguren waren gut ausgearbeitet und niemand kam zu kurz. Denn der Autor hat die Kapitel in die verschiedenen Personen der Handlung unterteilt. Darin hat er dann nicht nur die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt, sondern ist auch immer wieder auf Hintergründe und die Vergangenheit eingegangen. Dies hat mir als Leser die Charaktere nahe gebracht und ausserdem immer für Abwechslung gesorgt.

Obwohl sich die Romanhandlung meist in absoluter Finsternis abspielt habe ich die Szenen vor Augen gehabt. Die Auflösung war nicht aus der Luft gegriffen, sondern nachvollziehbar und wie bereits erwähnt, wissenschaftlich und biologisch erwiesen.

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Mein Fazit: 5 von 5 Sternen für einen Spannungsroman der zumeist in absoluter Finsternis handelt, in der eine kleine blinde Person die Hautrolle spielt, die einfach nur eine tolle Person ist. Wer es spannend und fundiert mag, wird die Zeit in der Dunkelheit sicherlich genauso „geniessen“ wie ich!

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Ich danke dem Rowohlt Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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© Buchwelten 2012

Gastrezension zu NACHTZUG von Wolfgang Brunner (5/5)

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05. Januar 2011! Schneechaos im gesamten Deutschland! Der Schriftsteller Thomas Kassner befindet sich im Nachtzug von Berlin nach Düsseldorf, um von dort aus weiter in seine Heimatstadt Hamminkeln am unteren Niederrhein (sic) zu fahren. Zur gleichen Zeit brechen aus einem Klonforschungsinstitut in der Nähe von Gütersloh in Ostwestfalen Hybriden aus, eine Kreuzung zwischen Mensch und Hyäne. Die genmanipulierten Bestien stoßen bei der Suche nach Nahrung auf den im Schnee steckengebliebenen Zug. Ein Kampf auf Leben und Tod entbrennt.

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Ich muss zugeben, dass ich Horror-Literatur bisher eher weniger gelesen habe. Eigentlich beschränkt sich meine Erfahrung damit auf die klassischen Romane wie ‚Frankenstein‘, ‚Dracula‘ oder ‚Der Golem‘. Das ich dieses Mal dennoch zu einem Buch aus dem Horror-Genre gegriffen habe, liegt an dem Autor, dessen ‚Cryptanus‘-Bücher mich fasziniert haben.
Aus diesem Grund konnte ich gar nicht anders, als diesen neuen Roman von Wolfgang Brunner zu lesen. Und ich muss sagen, trotz meiner anfänglichen Skepsis dem Genre gegenüber, hat Wolfgang Brunner mich auch dieses Mal nicht enttäuscht.

Der Autor beherrscht dieses Genre ebenso. Ich habe das Buch an einem Wochenende durchgelesen, und ich muss sagen, ich habe mich auf keiner Seite gelangweilt. Brunner treibt das Tempo so voran, dass es schwerfällt, dass Buch kurz zur Seite zu legen. Nur selten passiert es mir, dass ich mit einem Buch in der Hand in die Küche gehe, und beim Teekochen weiterlese.

Die Komponente der Kritik an der Genforschung, eine Liebesgeschichte und natürlich auch das Gruseln haben mir beim Lesen ein sehr angenehmes, gruseliges Wochenende bereitet. Dazu muss ich sagen, dass ich in Bielefeld-Brackwede sozusagen an der Grenze zu Gütersloh wohne, und daher jetzt mit anderen Augen aus meinen Fenstern auf die Nachtlandschaft schaue.

Die Aufmachung des Buches aus dem Verlag P&B ist sehr schön gemacht. Ein toll gemachtes Coverbild ziert dieses großartige Buch. Wolfgang Brunner sagt von sich selber ja, dass er sich nicht auf eine bestimmte Kategorie eingrenzen lässt, und mit dieser neuen Sparte in seinem Œuvre beweist er es eindrucksvoll. Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf sein nächstes Werk.

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Geschrieben von FOP – Frank Olaf Paucker am 23.10.2011

Gastrezension zu „Nachtzug“ von Wolfgang Brunner

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Erschienen als
Taschenbuch
im Verlag
P & B Pia Bächtold
468 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-39409517932

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„Nachtzug“ von Wolfgang Brunner

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Ein spannender Roman in einem kleinen Verlag, der in der Sparte des Horror-Romans seinen Platz finden wird.
Zwei zunächst unabhängige Handlungsstränge kreuzen sich zufällig – und es kommt zu einer blutigen Katastrophe vor tief verschneiter Kulisse. Durch diesen Trick (Starkschneefall) gelingt es überhaupt erst, dass sich irgendwo zwischen Gütersloh und Bielefeld (also dort, wo sonst nie etwas passiert) für einige Stunden ein sehr blutiges Drama abspielen kann, ohne dass die Öffentlichkeit es überhaupt bemerkt.
Da Deutschland ja nicht gerade primärer Tummelplatz der klassischen Monster ist, wird eben eines in einer lokalen Gentechnik-Firma geschaffen: Ein Hybride aus Hyäne und Mensch. – Wofür braucht die Forschung solch ein Geschöpf? Tatsächlich um Transgender behandeln zu können, wie es der Autor vorschlägt? (Nüchtern betrachtet ist der Markt sicherlich nicht lukrativ genug, um den Aufwand glaubhaft zu rechtfertigen; aber – so ist es nun einmal.)
Das Motiv wird geschickt weitergesponnen: Was, wenn es diesen Geschöpfen gelänge, die (offensichtlich lausigen) Sicherheitsvorkehrungen zu umgehen und auszubrechen? Wie würden sie sich verhalten? – Ziemlich aggressiv und blutrünstig. Die menschlichen Opfer haben eigentlich keine Chance. Immer wieder tappen sie, wider den gesunden Menschenverstand, in die Falle…
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Diese Rezension wurde verfasst von
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