Monument 14 von Emmy Laybourne

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 888 Seiten
Preis: 18,00 €
ISBN: 978-3-453-32192-2
Kategorie: All Age, Abenteuer, Science Fiction

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Während eines Tsunamis geraten zwei Schulbusse außer Kontrolle und rasen in ein Einkaufszentrum. Durch die Naturkatastrophe entweicht aus einer nahegelegenen Chemiefabrik eine giftige Substanz, die verheerende Auswirkungen auf die Überlebenden hat. Die Schüler verschanzen sich im Einkaufszentrum und schon bald beginnt für sie ein erbitterter Kampf ums Überleben.

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Eines muss man sich vor Augen halten, wenn man diese Saga liest: Es handelt sich um ein Jugendbuch, im besten Fall um sogenannte All-Age-Romane. Nicht dass diese Tatsache bedeutet, dass die Geschichte schlecht wäre, aber in diesem Fall wirkt es wirklich wie ein Jugendbuch (ähnlich wie im Fall „Maze Runner“). Anders als beispielsweise „The Hunger Games“ wird in „Monument 14“ eine einfache Geschichte in einem einfachen Schreibstil erzählt, die schlichtweg „nur“ unterhält und ansonsten keinerlei literarische Qualitäten wie gehobene Ausdrucksweise, beeindruckender Satzbau etc. vorweisen kann. Aber ich denke, wer sich auf diese Bücher einlässt, weiß, was ihn erwartet, und kann sich entsprechend darauf einlassen.

Autorin Emmy Laybourne hält sich eindeutig an die Konventionen eines dystopischen Jugendromans und erfindet deshalb das Rad nicht unbedingt neu. Die Ausgangssituation hat durchaus ihren Reiz und hätte sich zu einem „Zombie im Kaufhaus“ für Jugendliche entwickeln können, was aber dann letztendlich nicht der Fall war. Layburne verlagert ihre Geschichte nach außerhalb, erzählt Dinge, die jeder von uns (wahrscheinlich sogar auch schon Kinder und Jugendliche er Zielgruppe) in Dutzenden von Filmen (und auch Büchern) gesehen und gelesen haben. Das heißt nicht, dass die Handlung uninteressant oder gar langweilig wird, aber ich persönlich hätte mir etwas Größeres, Epischeres erwartet. Die Charaktere entwickeln sich zwar, handeln aber oftmals ein wenig unglaubwürdig und „zu erwachsen“, was mich tatsächlich hin und wieder auch gestört hat. Ähnlich wie bei „Maze Runner“ könnte ich mir allerdings auch in diesem Fall durchaus vorstellen, dass das Ganze hervorragend als Film funktionieren würde.

Positiv ist, dass die Kinder viele verschiedene Persönlichkeiten besitzen und daher eine schöne Dynamik innerhalb der Gruppe zustande kommt. Wie gesagt, die Idee der Ausgangssituation ist wirklich gut, aber Laybourne hat an einigen Stellen Schwierigkeiten, diese logisch und vor allem auf spannende Art und Weise umzusetzen, da wäre tatsächlich noch mehr Potential vorhanden gewesen. Aber genug der Jammerei, „Monument 14“ stellt dennoch einen großartigen Beitrag in der Jugendliteratur der Sparte „Dystopie“ dar und ich bin sicher, dass die Zielgruppe große Freude daran hat, diese Helden auf ihrer unglaublichen und gefährlichen Reise zu begleiten. Ich hatte jedenfalls auch als Erwachsener großen Spaß mit dieser Saga, wenngleich ich einige Kritikpunkte fand. Unbedingt erwähnenswert ist, dass dieser Sammelband nicht nur die drei Teile der Saga enthält, sondern auch die Kurzgeschichte „Jakes Geheimnis“ beinhaltet, die zwischen Band 1 und 2 angesiedelt ist. Gerade diese kurze Episode hat mir ausnahmslos sehr gut gefallen und die gesamte Handlung auf eine ganz gewisse Art und Weise bereichert. „Lesefaule Kinder“ werden mit dieser Trilogie auf jeden Fall ihre helle Freude haben.

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Fazit: Kurzweilige und spannende Dystopie mit einigen Schwachstellen.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Der Geist von Lucy Gallows von Kate Alice Marshall

Erschienen als gebundene Ausgabe
im FESTA Verlag
512 Seiten
22,99 €
ISBN: 978-3-86552-859-9
Kategorie: All Age, Horror, Grusel, Thriller

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Sara sucht ihre verschwundene Schwester Becca. Sie hat den Geist von Lucy Gallows gesucht, der jedes Jahr im Wald erscheint und ahnungslose Opfer zu sich lockt. plötzlich erhält Sara eine mysteriöse Nachricht, in der sie dazu aufgefordert wird, »das Spiel zu spielen« und Lucy Gallows zu suchen.
Zusammen mit ihren Freunden betritt sie den Wald betritt und geht eine unheimliche, aus dem Nichts erschienene, Straße entlang, in der Hoffnung, nicht nur Lucy Gallows sondern auch Becca zu finden …

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Ich war sehr gespannt auf diesen Roman, wurde er doch mit zwei Filmen/Serien verglichen, die ich sehr mag. Dennoch gehe ich bei solchen Vergleichen mit einer gewissen Vorsicht an ein Buch heran, weil ich nicht enttäuscht werden will. So war es dann auch beim vorliegenden „Der Geist von Luca Gallow“, meinem ersten Buch aus der Feder von Kate Alice Marshall. Das war vielleicht auch gut so, denn was mich dann erwartete, war vielmehr eine Reise a la David Lynch. Sicherlich passen die zum Vergleich herangezogenen „Blair Witch Project“ und „Stranger Things“ im Nachhinein auch, aber Marshall erzählt eine eigene Geschichte. Durch den unkonventionellen Schreibstil ist man tatsächlich mittendrin in der Handlung. Für viele mag diese Art des Erzählens gewöhnungsbedürftig sein, ich fand sie ab der ersten Seite an einfach nur klasse.

Was viele als wirr und unlogisch betrachten, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als fast schon visionäre Reise in eine andere Existenz und hat mich so manches Mal beispielsweise an den unterschätzten Horrorfilm „Reeker“ erinnert. Ich liebe solche Szenarien, bei denen man erst einmal nicht genau weiß, um was es geht und selbst etwaige Auflösungen hineininterpretieren kann. „Der Geist von Lucy Gallows“ ist fast wie ein David-Lynch-Projekt für Heranwachsende. Kate Alice Marshall hat eine hervorragende Atmosphäre eingefangen, die mich absolut in ihren Bann gezogen hat. Wer einen Horror-Roman mit jeder Menge Blut erwartet, wird hier sicherlich enttäuscht werden, denn hier bedarf es schon auch einer eigenen Interpretation mancher Geschehnisse. Ich für meinen Teil wurde positiv überrascht, als ich den Protagonisten in eine mystische Welt folgte und habe mir vieles äußerst bildhaft vorstellen können. Ich habe gehört, dass Marshalls erster Roman “ Ich lebe noch“ (ebenfalls im Festa-Verlag erschienen) verfilmt werden soll. „Der Geist der Lucy Gallows“ könnte ich mir ebenfalls als absolut magisches visuelles Erlebnis vorstellen. Die Autorin hat mich jedenfalls mit ihrem Schreibstil und ihrer ideenreichen Geschichte überzeugen können, so dass ich mir mit Sicherheit auch noch andere Bücher von ihr besorgen werde.

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Fazit: Unkonventioneller Trip in eine ganz besondere, mystische Welt.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Overworld von Dan Wells

overworld

Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
insgesamt  430 Seiten
Preis: 13,00 €
ISBN: 978-3-492-28022-8
Kategorie: Science Fiction, Fantasy

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„Overworld“ ist das beliebteste Virtual-Reality-Spiel der Welt. Marisa Carneseca, die wir schon aus „Bluescreen“ kennen, bekommt zusammen mit ihren Freunden eine Einladung, um an einem Overworld-Turnier teilzunehmen. Sollte Marisas Team gewinnen, könnte sie ihre Familie endlich finanziell unterstützen. Doch schon bald wird Marisa klar, dass sich hinter „Overworld“ nicht nur ein Spiel versteckt, sondern eine profitgierige Machenschaft, die die Existenz mittelständischer Menschen, wie Marisas Eltern, bedroht  …

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„Overworld“ setzt Abenteuer von Marisa Carneseca und ihren Freunden nahtlos fort. Auch wenn man zwischen dem ersten Teil „Bluescreen“ als Leser viele Monate hat verstreichen lassen, so findet man doch sehr schnell wieder Zugang zu den Jugendlichen und dem Stadtteil Mirador. Dinge, die man vergessen hat, werden kurz von Dan Wells angesprochen und sofort hat man den Anschluss wieder. Wells hat sehr geschickt die Abenteuer des ersten Teils eingebaut, ohne dessen Handlung nochmals zu wiederholen. Aber davon abgesehen, könnte man „Overworld“ auch durchaus als eigenständigen, unabhängigen Roman lesen und würde die Zusammenhänge dennoch verstehen.
Dan Wells hat mit seinen Mirador-Romanen eine wirklich beeindruckende Zukunftsvision erschaffen, die wirklichkeitsnäher nicht sein könnte. Auf erschreckende Weise stellt man während des Lesens fest, dass die geschilderte Zukunft in manchen Dingen näher ist, als man denkt. Die Ansätze (Internetzugang wird zum Beispiel als Lebensgrundlage bezeichnet) jener Zukunftswelt sind dystopisch und real zugleich.

Im vorliegenden zweiten Teil des Mirador-Zyklus richtet Dan Wells sein Hauptaugenmerk auf Videospiele und wird so manch einen Leser an Tad Williams‘ fantastische „Otherland“-Reihe erinnern. Doch Wells geht einen anderen Weg, der nicht minder spannend und faszinierend ist. Was mir vor allem (wieder, wie schon im ersten Teil) gefallen hat, waren die Aktionen der Teenager untereinander. Die Sticheleien und Beleidigungen sind sehr authentisch und witzig dargestellt und zaubern einem während des Lesens oftmals ein Lächeln auf die Lippen. Dieses Lebensgefühl, das Jugendliche bei Videospielen, Internetforen und Chatrooms spüren, wird sehr gut und glaubhaft beschrieben, auch wie sie miteinander sprechen. Die Dialoge sind flüssig und Wells‘ Schreibstil gewohnt hochwertig, aber leicht lesbar, so dass der Roman sehr schnell gelesen werden kann. Dass man sich sehr schwer von der Handlung trennen und das Buch zur Seite legen kann, liegt auch daran, dass Dan Wells sehr kurzweilig und fesselnd schreibt und den Leser förmlich selbst in die Handlung mit eintauchen lässt. Das konnte er schon bei seinen „Serienkiller“-Büchern, aber bei den Mirador-Romanen wirkte es zumindest auf mich noch spannender.

„Overworld“ mutet manchmal wie ein Film an, manchmal aber auch wie ein Videospiel. wobei Dan Wells gut und gerne mehr von dem eigentlichen Game hätte beschreiben können. In diesem Fall kann Tad Williams eindeutig mehr auftrumpfen. Nichtsdestotrotz fliegt man nur so durch die Seiten, um zu erfahren, wie es den Mädchen ergeht. Und auch wenn man, wie ich, kein Gamer ist und nicht über entsprechendes Wissen verfügt, kann man den Spielverläufen und den Fachausdrücken ohne weiteres folgen, denn die meisten Dinge werden innerhalb des Romans erklärt und am Ende des Buches ist auch noch ein Glossar abgedruckt, mittels dem man sich schlau machen kann. Mir persönlich hat dieser zweite Teil „Overworld“ ein klein wenig besser gefallen als „Bluescreen“, was mich vermuten lässt, dass Dan Wells selbst tiefer in seine Charaktere und Szenarien eingedrungen ist. Dies wiederum lässt meine Erwartungshaltung gegenüber dem dritten Teil höher steigen, wobei ich allerdings auch ziemlich sicher bin, dass Dan Wells diese Erwartungen erfüllen wird. „Overworld“ ist ein absolut unterhaltsames Science Fiction-Abenteuer mit sozialkritischem Anteil, in dem auf wirtschaftliche Auswirkungen des Internets eingegangen wird. Gerade diese Mischung aus intelligenter Zukkunftsvision und spannendem Actionabenteuer funktioniert hervorragend und wird Fans des ersten Teils uneingeschränkt gefallen.

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Fazit: Spannender, intelligenter zweiter Teil der Mirador-Saga, der hervorragend unterhält.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Kontrolle von Robert Charles Wilson

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 398 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-453-31658-4
Kategorie: Science Fiction

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Cassie wohnt in einer Gegenwart, die wir nicht kennen: Seit 100 Jahren lebt die Menschheit in Frieden, den Vietnamkrieg und das Attentat am 11. September 2001 auf das World Trade Center zum Beispiel gab es nie. Doch eines Tages kommt Cassie hinter das Geheimnis dieses Weltfriedens, denn eine außerirdische Macht kontrolliert die Entwicklung der Erde. Zusammen mit ihrem Bruder Thomas, ihrer Tante Nerissa und ein paar Freunden versucht sie, das Rätsel zu entschlüsseln und entdeckt, dass das Wohl aller Menschen auf dem Spiel steht.

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Robert Charles Wilson Erzählstil ist immer wieder faszinierend. Einfach und absolut flüssig nimmt der Autor, der mit seiner SPIN-Trilogie weltweiten Erfolg feierte, in seinem Roman „Kontrolle“ den Leser mit auf eine lange Reise. „Kontrolle“ erscheint oftmals wie ein literarischer Roadmovie durch die Welt. Gerade durch die jugendlichen Protagonisten wird die Story zu einem erfrischenden Science Fiction-Abenteuer, das einen von der ersten Seite an in den Bann zieht. Zumindest mir ging es so, dass ich mich der rasanten Geschichte nicht entziehen konnte und immer weiter lesen wollte. Wilson erklärt den Plot sehr gut und kann auch mit ein paar überraschenden Wendungen aufwarten, die den Leser definitiv bei Laune halten.

Wer allerdings einen Roman im Stil von Wilsons Spin-Trilogie oder „Quarantäne“ erwartet, könnte unter Umständen enttäuscht sein. Denn wie bereits in „Netzwerk“ entfernt sich Wilson vom Weltall und widmet sich zukunftsorientierten Themen, die auf der Erde stattfinden. Aber auch das kann gute Science Fiction sein. Viele mögen aber diese Entwicklung an Robert Charles Wilson nicht, ich hingegen empfinde es als willkommene Abwechslung im Schaffen des Autors. Sicherlich besitzt „Kontrolle“ keine Hightech-Hintergründe oder einen bis ins letzte Detail wissenschaftlich durchdachten Plot, aber das kennt man doch aus der Science Fiction. Wichtiger ist doch, mit welchen Fragen sich der Autor beschäftigt und diese dann in seine Handlung verbaut. Aus dieser Sicht hat mir „Kontrolle“ gefallen, denn es beinhaltet eine mögliche, parasitäre Inbesitznahme der Erde, die durchaus glaubwürdig geschildert wird. Mir hat sich während des gesamten Buches niemals die Frage gestellt, ob das tatsächlich auch so möglich wäre oder nicht. „Kontrolle“ war für mich ein Roman, der mich schlichtweg unterhalten soll, was er auch getan hat.

Sicherlich waren die Charaktere nicht besonders tiefgründig, aber ich konnte zumindest mit ihnen mitfiebern und ihr Handeln nachvollziehen. Wilson folgt mit „Kontrolle“ dem klassischen Plot eines Roadmovie: Feind in Sicht, Flucht über das Land. Gefährten trennen sich und finden wieder zueinander.
Dennoch fühlte ich auf keiner Seite jemals Langeweile aufkommen, wie ich es so oft in anderen Rezensionen gelesen habe. Die Geschichte war durchweg schlüssig und baute auch einen konstanten Spannungsbogen auf, der mit einem, aus meiner Sicht wieder zu stark übertriebenem Finale, endete. Ich weiß nicht, warum es mir in letzter Zeit so oft passiert, dass ich die Enden mancher Romane als zu aufgesetzt finde, weil sie mit aller Macht spektakulär sein wollen. Liegt es an den momentanen Kinofilmen, die versuchen, sich selbst immer bombastischer zu übertrumpfen? Ich hätte ein ruhigeres Ende bedeutend besser empfunden wie Explosionen. Aber gut, das ist nun einmal Geschmackssache und wird dem ein oder anderen besser gefallen als die bis dahin dahinplätschernde Flucht vor den außerirdischen Lebensformen.

Wer allerdings solcherart Handlungsgerüste (eine Radiosphäre, die den gesamten Erdball umhüllt und aus einer Schwarmintelligenz  besteht, die die Menschheit manipuliert) auf jeder Seite hinterfragt, wird mit „Kontrolle“ definitiv keine Freude haben. Zu vieles wirkt nämlich bei näherer Untersuchung als zu unausgegoren oder gar unlogisch. Doch eine Hinterfragung stand, zumindest bei mir, irgendwie nie zur Debatte, weil ich mich einfach auf den Plot eingelassen habe und die Geschichte auf mich wirken ließ. Und, wie gesagt, auch wenn es sich um kein Weltraumabenteuer handelt, so hinterließ „Kontrolle“ von Robert Charles Wilson bei mir dennoch den Eindruck, einfach einen guten und unterhaltsamen SF-Roman gelesen zu haben. Mehr habe ich nicht erwartet …

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Fazit: Interessanter Ausgangsplot, der in ein Abenteuer führt, das an einen Roadmovie erinnert. Kurzweilig und unterhaltsam.

© 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das zweite Schiff (Rho Agenda 1) von Richard Phillips

Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
432 Seiten
12,99 €
ISBN: 978-3-492-26991-9

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Im Jahr 1948 kann das amerikanische Militär in New Mexico ein abgestürztes, außerirdisches Raumschiff bergen. Über Jahrzehnte hält die Regierung diesen spektakulären Fund geheim. Bis eines Tages drei Jugendliche durch Zufall ein zweites Raumschiff entdecken und damit ein bedrohliche Hetzjagd ins Rollen bringen …

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Schon nach den ersten Seiten wird klar, dass man es bei „Rho Agenda“ mit einem klassischen Science Fiction-Roman zu tun bekommt, der technische Hard-SF mit jugendlichem Abenteuerroman verbindet. Das Konzept geht auf und man wird sofort von der bildhaft geschilderten Handlung mitgerissen. Wie bei einem typischen SF-Film aus den 80er-Jahren begleitet der Leser drei jugendliche Freunde, die durch Zufall einen spektakulären Fund machen und zuerst unschlüssig sind, wie sie sich verhalten sollen. Phillips braucht eine Weile, um dem Leser die Protagonisten nahe zu bringen, vor allem denkt man anfangs, es handelt sich vielmehr um Erwachsene als um Jugendliche. Aber das ändert sich schon bald.

Dem Verlag (und auch dem Buch) wird wohl des Öfteren vorgeworfen, es handle sich um eine Mogelpackung, da der Verlag den Roman als Buch für Erwachsene anpreist. „Bei „Das zweite Schiff“, übrigens dem ersten Teil eines Zyklus, handelt es sich in der Tat um einen Genremix aus Teenager-Abenteuer, Mystery und Science Fiction. Aber was ist so schlimm daran, dass Jugendliche die Hauptperson spielen? Und als typisches Jugendbuch würde ich dieses Werk auch nicht unbedingt bezeichnen, denn an manchen Stellen wird es schon auch einmal brutal und blutig. Ich für meinen Teil habe diese Geschichte wirklich sehr genossen, zumal sie ich, wie schon oben erwähnt, an SF-Filme wie „Explorers“, „Zathura“ oder die Serie „Roswell“ erinnert hat.
Richard Phillips‘ Schreibstil ist sehr flüssig zu lesen und hält, bis auf einige umgangssprachliche Ausrutscher (die allerdings auch an der Übersetzung liegen könnten), ein durchwegs ansprechendes Niveau.

Sicherlich strotzt der Plot nur so von klischeehaften Bildern der Guten und der Bösen. UFOs, FBI, Serienkiller und drei Jugendliche, die alles in den Griff kriegen, das hat schon was von Enid Blytons „Fünf Freunde“ oder Alfred Hitchcocks „Die drei ???“. Aber auch so etwas hat seine Existenzberechtigung und ist noch um Längen besser wie so manch genauso klischeebehafteter Action-Blockbuster des heutigen Kinos. Richard Phillips hat mit diesem ersten Abenteuer einen soliden Grundstein für die weitere Geschichte gelegt und, wenngleich die Charaktere nicht immer optimal ausgearbeitet wirkten, so habe ich sie auf gewisse Art und Weise ins Herz geschlossen und bin wirklich sehr gespannt, wie es weitergeht. Wir haben es bei diesem Roman also mit einer zwar seichten, aber durchaus funktionierenden Unterhaltung zu tun, die zudem auch noch spannend und sehr bildhaft erzählt wird. Ich hatte einen Riesenspaß mit dem ersten Teil der „Rho Agenda“-Serie und freue mich schon auf Teil 2 und 3. Bleibt nur zu hoffen, dass der Verlag die weiteren Bände, von denen im Original bereits zwei weitere erschienen sind, ebenfalls publiziert.

Für Science Fiction- und Abenteuerfans kann ich „Das zweite Schiff“ trotz klitzekleiner Makel nur empfehlen.

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Fazit: Äußerst spannender und absolut unterhaltsamer Science Fiction-Roman mit sympathischen, jugendlichen Protagonisten und dem charmanten Flair von 80er Jahren-Filmen.

© 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Bluescreen von Dan Wells

bluescreen

Erschienen als Taschenbuch
bei Piper
insgesamt 368 Seiten
Preis:  12,99  €
ISBN: 978-3-492-28021-1
Kategorie: Science Fiction

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Los Angeles 2050. Fast alle Menschen sind durch ein Implantat im Kopf, einem sogenannten Djinni, 24 Stunden am Tag online. So auch die junge Marisa, die im Stadtteil Mirador wohnt und mit ihren Freunden mehr Zeit in virtuellen Welten verbringt als in der Realität.  Als die Jugendlichen auf eine virtuelle Droge namens Bluescreen stoßen, decken sie eine unglaubliche Verschwörung auf …

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In Dan Wells neuem Roman wird eine Zukunft aufgezeigt, die höchstwahrscheinlich gar nicht mehr so weit entfernt ist. Ich wage zu behaupten, dass wir nicht, wie im Roman angegeben, bis zum Jahr 2050 warten müssen, um eine Menschheit anzutreffen, die größtenteils durch Implantate 24 Stunden online ist.
Wells entwirft ein sehr glaubwürdiges Szenario, das mich anfangs sehr stark an Tad Williams‘ grandioses „Otherland“-Epos erinnert hat. „Bluescreen“ erreicht allerdings die Komplexität und den Ideenreichtum der „Otherland“-Reihe nicht, begibt sich aber im Verlaufe der Handlung sowieso auf ein völlig anderes, eigenständiges Terrain.  Wells schafft es durch seinen überaus gut lesbaren Schreibstil, den Leser von Anfang an gefangen zu nehmen und für die Geschichte zu interessieren.
Die technischen Errungenschaften, die sich Dan Wells ausgedacht hat, können allesamt überzeugen, weil sie sehr realitätsnah beschrieben werden und ich keine Logikfehler entdecken konnte.

Die Charakterisierung der Hauptpersonen ist Wells nur teilweise gelungen. Von der Hauptprotagonistin Marisa einmal abgesehen, erhalten die restlichen Figuren nicht wirklich Tiefe, was aber daran liegen kann, dass es sich bei „Bluescreen“ um den Auftakt einer neuen Reihe handelt und der Autor eine nähere Charakterzeichnung in den Folgebänden durchaus noch nachholen könnte. Nichtsdestotrotz sind „Guten“ sehr sympathisch dargestellt und wachsen einem trotz der genannten „Gesichtslosigkeit“ irgendwie ans Herz. Dennoch reißt der Plot mit und lässt durch die oftmals ausdrucksstarke Beschreibung im Kopf des Lesers Bilder wie in einem Science Fiction-Film erscheinen. „Bluescreen“ ist ein dystopisches Science Fiction-Abenteuer, das jugendliche und erwachsene Leser gleichermaßen begeistern wird. Gekonnt meistert Wells die Grenze zwischen einem Jugendbuch und einem ernstzunehmenden Science Fiction-Szenario, so dass man sein neues Werk auf jeden Fall als typischen All Age-Roman bezeichnen kann.

So drastisch und gefährlich Wells die Gefahren einer steten Online-Präsenz auch darstellt, so möglich erscheinen sie einem dennoch, wenn man den technischen Fortschritt der letzten Jahre beobachtet. All die Gefahren, die auf die Protagonisten in „Bluescreen“ einprasseln, könnten bald schon in genau dieser Art und Weise geschehen. Dan Wells schlägt mit seiner neuen Reihe einen komplett anderen Weg als in seinen John Cleaver-, aber einen ähnlichen wie in seinen Partials-Romanen, ein. Das leicht dystopisch angehauchte Abenteuer wirkt erfrischend und unverbraucht, obwohl es irgendwie gar nicht so sehr vor innovativen Ideen sprüht.  Aber das macht gar nichts, denn man kann das Buch trotzdem schwer aus der Hand legen. Der Endkampf dauert mir, ehrlich gesagt, ein wenig zu lange. Aber das ist wohl Geschmackssache. Ich bin wirklich sehr gespannt, wie es weitergeht.

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Fazit: Dan Wells Auftakt zur neuen „Mirador“-Reihe kann ein sehr realistisches und überzeugendes Zukunftsbild vorweisen und unterhält grandios und vor allem spannend.

© 2016 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Vollendet – Der Aufstand von Neal Shusterman (Teil II)

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Vollendet
Erschienen als Hardcover
bei S. Fischer Verlage
insgesamt  Seiten
Preis: 16,99 €
ISBN: ISBN: 978-3-7373-6718-9
Kategorie: Young Adult

Nachdem der Admiral die Führung des Friedhofs an Connor abgegeben hat, muss dieser sich täglich beweisen. Risa, die nach dem Unglück im Camp im Rollstuhl sitzt, versucht ihm zu helfen wo sie kann. Sie leitet die Sanitätsabteilung, dennoch fürchtet sie ständig Connor eher eine Last zu sein.

Lev versucht ein neues Leben zu beginnen, wird in ein Haus ehemaliger Zehntopfer gebracht und durch die Leiter dort als eine Art Gott hochgejubelt. Als ehemaliges Zehntopfer und DER Klatscher, der nicht geklatscht hat, betet ihn dort jeder regelrecht an. Damit kommt Lev allerdings gar nicht zurecht. Als dort das Mädchen Miracolina auftaucht, findet Lev endlich eine Ansprechpartnerin, die ihm gefällt. Allerdings hat er es nicht leicht, sich ihr überhaupt zu nähern. Denn Miracolina ist mit ihrer Rettung kurz vor dem Zehntopfergang gar nicht einverstanden und reagiert aggressiv und wütend.

Als ein gestorchter Junge namens Starkey kurz vor der Umwandlung durch Connor und seine Leute gerettet und zum Friedhof gebracht wird, ist für ihn sofort klar, dass er ganz langsam, still und heimlich Connor den Rang ablaufen will. Er sieht sich als den neuen Anführer des Friedhofs und wird alles tun, dieses Ziel zu erreichen …..

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Der zweite Teil der Vollendet-Reihe schließt nahtlos an den ersten Teil an und der Leser trifft alle bekannten Personen wieder und lernt neue kennen. Ich hatte keine Probleme, mich wieder in die Handlung einzufinden und die Stimmung hat mich gleich wieder in ihren Bann gezogen.

Der Spannungsbogen ist gut gesponnen und durch die verschiedenen Handlungsorte wird die Geschichte nicht langatmig oder zäh.

Mir hat die Erschaffung einer weiteren, sehr besonderen Person, absolut gefallen, auf die ich aber gar nicht näher eingehen möchte, denn dass würde einen Teil der Handlung verraten, der die Geschichte wirklich bereichert. Das Problem, was ist richtig, was ist falsch, was ist ethisch tragbar und was nicht, all dies kommt durch diese Figur sehr gut heraus und sorgt für Brisanz.

Neal Shusterman hat mit seiner Vollendet-Reihe ja eine sehr gute Grundidee umgesetzt, nämlich: Ein Mensch darf rückwirkend bis zu seinem 16 Lebensjahr abgetrieben werden. Das bedeutet, Eltern können z.B. schwierige pubertierende Teenager loswerden, indem sie sie umwandeln lassen. Das bedeutet, der Körper des Umzuwandelnden wird zerlegt und sämtliche Teile werden transplantiert und somit am Leben erhalten. Doch die große Frage ist ja: Was passiert mit der Seele?

Wenn das Leser meiner Rezension neugierig gemacht hat, können sie gerne die Rezension zum ersten Teil einmal lesen und dann vielleicht entscheiden, ob sie Lust haben, sich der Reihe mal zu widmen?

Mein Fazit: Ein sehr gut gelungener Teil II der Vollendet-Trilogie, der die Geschichte weitererzählt und sie um weitere Figuren bereichert, die sicher im dritten und letzten Band eine große Rolle spielen. Ich freue mich darauf!

Buchtrailer zu Vollendet – Der Aufstand

Trailer zum Making of des Hörbuchs:

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© Buchwelten 2015

Grimm von Christoph Marzi

Grimm

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 560 Seiten
Preis: 17,99 €
ISBN: 978-3-453-26661-2
Kategorie: Jugendbuch
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Als Vesper Golds Vater stirbt, erfährt das junge Mädchen, dass die Welt nicht so ist, wie sie scheint. Ihr Vater vererbt ihr einen geheimnisvollen Schlüssel, hinter dem plötzlich ein Unbekannter her ist. Der Tod des Vaters erscheint Vesper auch immer mysteriöser, je mehr sie davon erfährt. Und dann fallen plötzlich alle Kinder weltweit in einen minutenlangen Schlaf und Wölfe streifen durch die Stadt. Märchenfiguren, die als erfunden galten, scheinen zur Realität geworden zu sein. Zusammen mit dem Studenten Leander macht sich Vesper auf den Weg, das Geheimnis der zum Leben erwachten Märchen zu lüften.

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Der Einstieg in Marzis Märchenwelt ist gelungen und macht so richtig Spaß auf das, was da noch kommen möge. Vespers jugendliche Charakterzeichnung ist absolut gelungen und zaubert einem so manches Mal ein Schmunzeln in die Mundwinkel.
Auch wie die Märchenwelt immer mehr in die Realität eindringt, hat Marzi sehr geschickt und spannend gemacht. Der teils sehr gehobene Schreibstil wird immer wieder durch saloppe Sprüche, die aber aus dem Mund der Protagonistin kommen und daher absolut in Ordnung sind, abgelöst, was zur Folge hat, dass man durch das Buch nur so fliegt. Es ist sehr kurzweilig und baut die Spannung schön gleichmäßig vom Anfang bis zum Ende auf. Hin und wieder gab es ein paar Szenen, die mir persönlich nicht so zugesagt haben, weil sie dann doch zu übertrieben auf mich wirkten, aber die verloren sich in der Vielfalt der gelungenen Teile.

Ein paar Ideen finde ich großartig und sehr überzeugend. Wenn es dann aber wiederum um eine Vereinigung geht, die bereits seit etlichen Jahrhunderten Jagd auf Märchenfiguren macht, dann war mir das doch ein wenig zu weit hergeholt und hat mir dann eher nicht so gefallen. Dennoch hat mir „Grimm“ trotz der genannten Kritikpunkte sehr gut gefallen, weil der Roman, wie oben schon erwähnt, meist in einem sehr schönen Schreibstil verfasst wurde und im Prinzip auch eine sehr nachvollziehbare Handlung aufweist.

Marzi hätte noch bedeutend mehr bekannte und unbekannte Märchen einbauen können, das hätte den Reiz des Buches mit Sicherheit erhöht. So aber beschränkte er sich nur auf ein paar ausgewählte, die aber jedermann kennen dürfte. Besonders hat mir eine Begegnung zwischen Vesper und einem eingesperrten, sogenannten „Goldspinner“ gefallen. Diese Szene fand ich äußerst amüsant und gelungen, denn, auch wenn der Name des kleinen Männchens nicht genannt wird, weiß man sofort, um wen es sich handelt. Aus diesem Grund hätten mir mehr solcher Einlagen gefallen.

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Fazit: Unterhaltsam und spannend entführt Marzi den Leser in eine Märchenwelt, die in unsere reale Welt eindringt. Deutsche Jugend-Fantasy, die absolut Spaß macht und in einem sehr gehobenen Schreibstil verfasst ist.

© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Endlich sind sie tot! von Sebastian Stammsen

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Erschienen als Taschenbuch
im grafit Verlag
376 Seiten
Preis: 10,99 €
ISBN: 978-3-89425-412-4
Katergorie: Krimi

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So einen schrecklichen Tatort hat die Krefelder Kripo noch nie vorgefunden. In einem unscheinbaren, „normalen“ Mehrfamilienhaus hat sich das Wohnzimmer der Familie Brose in ein Schlachthaus verwandelt. Drei Mitglieder der Familie, der Vater, die Mutter und der älteste Sohn, hängen kopfüber von der Decke. Die Leichen sind übelst zugerichtet, stundenlange Folter müssen die Toten vor ihrem Ende erfahren haben.

Die Sachlage scheint überraschend einfach. Denn der jüngere Sohn der Familie, der 16-jährige Marvin, sitzt in der Diele Wohnung apathisch und völlig verstört auf einem Stuhl. Er lässt sich ohne ein Wort oder überhaupt eine Reaktion abführen. Marvin ist der Mörder, das steht fest. Doch die Frage ist, wie hat der schmächtige 16-jährige solch grausame Morde verüben können, warum hat er das getan und wie hat er es körperlich geschafft, die Opfer an die Decke zu hängen?

Kommissar Oliver Busch kommt an den Tatort und ist nicht nur wegen des vorgefundenen Schlachthauseindrucks geschockt. Vor der Türe stehen pink farbige Pumps, das heißt, sein Vorgesetzter hat „Psycho-Barbie“ Daniela Ellinger hinzugezogen. Das fehlt im gerade noch, denn auf diese Blondine mit ihren bonbonfarbenen Kostümchen hat er gar keine Lust. Und das liegt nicht nur an ihrem äußerlichen Erscheinungsbild (er kann ja nicht wissen, dass die Ellinger diese Berufskleidung als Schutzwall benutzt, den sie Abends mit allen Problemen ihrer Patienten ablegt).

Busch kann mit diesen Psychologen nichts anfangen, denn er ist der festen Überzeugen, dass diese nur darauf aus sind, psychologisch zu belegen, dass ein extremer Straftäter auf Grund einer schrecklichen Kindheit zum Mörder wurde und somit seiner gerechten Strafe entgeht.

Es gibt keinen Weg daran vorbei. Die Ellinger wird im als „Partnerin“ zur Seite gestellt, sie soll helfen, das Motiv des Mörders zu ermitteln. Dummerweise wurde sein regulärer Partner Lars auch noch kurzfristig weggerufen, was diesem wiederum beim Anblick der Leichen gar nicht schwerfiel.

Also begibt sich das ungleiche Paar, Bruce Willis Verschnitt Busch und Psycho-Barbie Ellinger, an die Arbeit. Bereits nach ersten Befragungen der Nachbarn stellt sich heraus, dass die Familie Brose über Jahre hinweg sämtliche Mitbewohner des Hauses regelrecht terrorisiert hat. Egal wen Busch und Ellinger aufsuchen, alle sind erleichtert und froh, dass diese Leute ermordet wurden und fort sind: Endlich sind sie tot! …

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Psychokrimi, dass ist das erste was mir zu diesem Roman einfällt. Es gibt Krimis, Thriller und Psychothriller. Psychokrimis gibt es nicht, vielleicht sollte dieses Genre eingeführt werden. Denn genau als solchen würde ich dieses Buch bezeichnen.

Die Handlung ist nicht nur spannend und fesselnd, und dass obwohl ja offensichtlich ist, wer die Morde begangen hat, sondern eben auch sehr psychologisch. Ausführlich wird beschrieben, wie der 16-jährige Marvin untersucht, befragt und beobachtet wird, um in sein Hirn zu schauen und herauszufinden, was geschehen ist und was der Hintergrund der Tat war.

Auch die Nebenrollen, die Bewohner des Hauses, die ja alle extremen Belästigungen ausgesetzt waren, werden sehr psychologisch umschrieben, denn bei Terror – über Jahre hinweg – leidet auch jede normale Seele .

Der Schreibstil ist nicht einmal sonderlich gehoben, sondern eher flott und einfach. Dennoch fesselt die Handlung bis zuletzt, was natürlich auch an den beiden total gegensätzlichen Protagonisten liegt. Hier hat der Autor es außerdem sehr geschickt gemacht, dass er die Kapitel nicht klassisch gewählt hat.

Er wechselt kapitelweise immer zwischen Daniela und Oliver. Jeder erzählt die Handlung aus der Ich-Perspektive, was die Gedankengänge des jeweils anderen beinhaltet. Und die sind interessant zu verfolgen. Jeder der beiden hat seine eigene Sichtweise auf den Fall und den Kollegen. Wie sich die beiden dennoch zusammenraufen (müssen) und dann zusätzlich noch recht erfolgreich miteinander arbeiten macht schon Spaß zu verfolgen.

Was mir zusätzlich noch besonders gut gefiel war die Nebenrolle des behinderten Dirk. Menschen mit geistiger Behinderung sind nicht die klassischen Charaktere eines Romans, besonders nicht in einem Krimi. Und wir alle haben ja oft Berührungsängste diesen Menschen gegenüber, was aber eigentlich völlig unbegründet ist. Der behinderte Dirk ist hier so ein liebenswerter Mensch, der sehr eifrig einer Arbeit nachgeht und sich offen und ehrlich freuen kann. Auch wie der Autor den Umgang durch seinen Kommissar Busch mit diesem behinderten jungen Mann beschrieben hat, war absolut überraschend und gut geschrieben.

Das Ende des Romans nenne ich einfach mal psychologisch wertvoll und passend, es hat mich nicht enttäuscht.

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Mein Fazit: Eine gute Gesamtbewertung von 5 Sternen für diesen Roman, der von mir als Psychokrimi bezeichnet wird. Rasend, flott, oft amüsant aber auch hintergründig und erschreckend. Opfertechnisch stellenweise sicher nichts für schwache Lesernerven, doch spannend und gut ausgearbeitet. Ich hatte ihn ihn zwei Tagen „inhaliert“.

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Ich danke dem grafit Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. 

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© Buchwelten 2012

Vollendet von Neil Shusterman (5/5)

.Vollendet 1

Erschienen als
gebundene Ausgabe
im sauerländer Verlag
432 Seiten
Preis: 16,99 €
ISBN:  978-3-411-80992-9
Kategorie: Jugendbuch

.Das Buch beginnt mit den Worten der „Charta des Lebens“. Verfasst nach dem zweiten Bürgerkrieg, dessen Ursache das Thema der Abtreibung war:

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Nach der Charta des Lebens ist das menschliche Leben von der Empfängnis bis zum dem Zeitpunkt, an dem ein Kind dreizehn Jahre alt wird, unantastbar .

Im Alter zwischen dreizehn und achtzehn Jahren können Eltern ein Kind „rückwirkend“ abtreiben.

… unter der Bedingung, dass das Leben des Kindes „streng genommen“ nicht endet. 

Der Vorgang, mit dem das Leben eines Kindes abgeschlossen wird, das Kind aber dennoch am Leben bleibt, wird Umwandlung genannt.

Die Umwandlung ist inzwischen eine gängige Praxis in der Gesellschaft.

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Sie sagen, die Umwandlung sei schmerzfrei und jeder Teil des Körpers lebt weiter. Aber was passiert mit deiner Seele? Wo geht sie hin? Wird sie auch aufgeteilt?

Connor, Risa und Lev sind drei absolut unterschiedliche Jugendliche, die eher zufällig auf einander treffen.
Connor ein nicht einfacher 16-jähriger soll umgewandelt werden, weil seine Eltern nicht mehr mit ihm zurechtkommen.
Risa ist ein „Mündel des Staates“ und im Waisenhaus aufgewachsen. Sie ist eine begnadete Klavierspielerin, doch die staatlichen Einrichtungen benötigen den Platz für die nächsten Waisenkinder.
Lev ist ein sogenanntes Zehntopfer. Das 10. Kind einer religiös-fanatischen Familie, dem von Geburt an eingepredigt wird, dass er einzig dafür existiert um als Opfer umgewandelt zu werden.

Die drei begeben sich gemeinsam auf die Flucht und die ist absolut nicht ungefährlich. Doch trotz aller Gefahren und Ängste denen sie ausgesetzt sind: Sie finden auf diesem Weg auch zu sich selbst. Ob ihnen das allerdings etwas nützt bleibt fraglich. Denn sollte man sie schnappen und sie umgewandelt werden, sind sie nicht mehr existent. Zumindest nicht „an einem Stück“ ….

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Die Kurzbeschreibung des Romans hat mich auf Anhieb absolut neugierig gemacht. Und dieses Buch hat meine Erwartungen absolut erfüllt. Ein spannendes, kurzweiliges und – vor allem – sehr hintergründiges Buch hat Neil Shustermann abgeliefert. Fragen wie: Wann ist ein Mensch ein Mensch? Ab wann beginnt die Seele zu existieren? Dürfen Erwachsene über das Leben eines Kindes entscheiden? werden behandelt.

Der Autor hat in seiner Handlung ein heftiges und umstrittenes Thema aufgegriffen. Wie er dies in die Handlung um die Jugendlichen eingebaut hat, hat mich vollkommen überzeugt.

Ängste, Hoffnung, Neid, Machthunger, dies und noch viel mehr Zwischenmenschliches hat er beschrieben und er hat seinen Protagonisten nicht nur vollkommen verschiedene, sondern auch reale und glaubhafte Charaktere gegeben.

Dieses Buch wurde mir von der ersten bis zur letzten Seite nicht langweilig, was wohl auch an dem kurzen, knappen Schreibstil liegt. Shustermann erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive, wobei er immer zwischen seinen drei Hauptfiguren wechselt. Die Sätze sind kurz und leicht verständlich. Es gibt viele Dialoge, die – natürlich – auch ein einer umgangsprachlichen Weise formuliert sind. Doch sie wirken nicht flach oder gestelzt.
Es war sehr interessant, an den Meinungen, Einstellungen und tiefgründigen Gedanken der „Wandler“ teilzuhaben.

Und der Autor hat es gut hinbekommen, dass man den auftauchenden „Guten“ nicht so recht glauben und trauen will. Das Ende des Buches fand ich nicht enttäuschend, sondern gut gelungen.

Und mehr möchte ich an dieser Stelle einfach nicht erzählen. Denn auch wenn es sich hier um die Kategorie „Jugendbuch“ handelt, es ist ein All-Age Buch, wie man heute so schön sagt. Ein Buch mit einem ernsten Thema und tiefem Hintergrund, das lange nachwirkt.

Präsentiert wird der Roman in einer gebundenen Ausgabe mit einem klasse mattsilbernen Cover. Der Einband ist ein Hingucker. Die Kapitel sind recht kurz gefasst, die Seiten in lockeren Zeilenabständen verfasst und die Buchseiten sind sehr dick.
Das Buch ist im Endeffekt sicherlich kürzer als es auf den ersten Blick wirkt. Also, nicht von der Dicke des Buches abschrecken lassen!

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Mein Fazit: 5 von 5 Sternen für diesen (Jugend)Roman der die ernsten Thema Leben, Tod, Abtreibung und einiges mehr aufgreift. Dies verpackt in einer spannenden, flotten Handlung mit guten Ideen und interessanten Schauplätzen (auch reale!). Für mich absolut lesenswert und sehr zu empfehlen!

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Ich danke Amazon Vine für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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Und wer noch mehr erfahren  möchte:

Ein sehenswerter Trailer zum Buch —> *** KLICK ***