Das Haus in der Needless Street von Catriona Ward

Erschienen als gebundene Ausgabe
im FESTA Verlag
458 Seiten
22,99 €
ISBN: 978-3-86552-950-3
Kategorie: Thriller, Drama

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Ted Bannerman ist ein Einzelgänger. Und er ist verdächtig, das kleine Mädchen Lulu entführt und womöglich getötet zu haben. Dee, Lulus Schwester, beobachtet und verfolgt Ted, um ihn der Tat zu überführen. Doch während sie vollkommen überzeugt davon ist, dass Ted ein böser Mann ist, muss dieser gegen völlig andere Dämonen ankämpfen …

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Schon während der ersten Seiten merkt man, dass „Das letzte Haus in der Needless Street“ ein außergewöhnlicher Roman ist, der sich von anderen Büchern dieses Genres abhebt. Es ist der Schreibstil, der einen sofort in den Bann zieht und bei dem man nie genau weiß, wie man das alles zu deuten hat. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, so dass es niemals langweilig wird. Man rätselt mit, was sich hinter den Geschehnissen verbirgt, überlegt, ob man Ted bedauern soll oder ob er tatsächlich der Kindesentführer und womöglich auch -mörder ist. Catriona Ward schreibt verzwickt, mysteriös und poetisch. Aus dieser Mischung entsteht ein faszinierendes Roman, der durchaus auch so manches Mal in der Kategorie „All Age“ des Festa-Verlages gepasst hätte. Aber ein „Must Read“ ist das vorliegende Buch auf jeden Fall.

Sicherlich mag es bei einigen Lesern auf Kritik stoßen, zumal sich Ward eben keinen gängigen Konventionen anpasst, sondern ihre Geschichte auf eigensinnige, teils während des Lesens absurd wirkende Weise erzählt und zu einem tollen Finale führt, mit dem man so nicht gerechnet hat. Ich mochte jedenfalls die verzwickte, außergewöhnliche Erzählweise, die mich zudem in eine extrem tolle Atmosphäre mitgenommen hat, die ich mir sehr gut als Film vorstellen konnte. Aber eine Verfilmung scheint ja eh in Planung zu sein.
Die Erzahlperspektive der Katze erinnerte mich des Öfteren an die Figur des Francis aus den Katzenromanen von Akif Pirincci, wobei aber beim vorliegenden Buch letztendlich eine andere Prämisse dahintersteckt. Insgesamt hat mich „Das letzte Haus in der Needless Street“ absolut gut unterhalten und mich vor allem auch zum Nachdenken gebracht. Die ernste Thematik, die hinter diesem Stoff steht, hat die Autorin aus meiner Sicht unglaublich gut und glaubwürdig eingefangen. Ich freue mich jedenfalls schon sehr, weitere Werke aus ihrer Feder im Festa-Verlag zu lesen, denn so wie es aussieht, werden auch noch ihre weiteren Romane in deutscher Sprache erscheinen. Für mich ist dieses Buch auf jeden Fall ganz klar ein „Must Read“.

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Fazit: Mysteriös, atmosphärisch und nachdenklich. Ein außergewöhnlicher Thriller.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Monday, wo bist du? von Tiffany D. Jackson

Erschienen als gebundene Ausgabe
im FESTA Verlag
448 Seiten
22,99 €
ISBN: 978-3-86552-863-6
Kategorie: Drama, All Age, Thriller

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Claudia vermisst ihre Freundin Monday.
Tagelang ist sie nicht in der Schule zu sehen. Monate vergehen und noch immer keine Spur von Monday. Claudia gibt nicht auf und stellt selbst Nachforschungen an. Dabei entdeckt sie immer mehr erschreckende Hinweise, die darauf hindeuten, dass hinter Mondays Verschwinden etwas weitaus Schlimmeres steckt, als sie bislang vermutete …

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Schon mit „Der bittere Trost der Lüge“ hat mich Tiffany D. Jackson voll gepackt. Und genau das passierte auch mit dem vorliegenden „Monday, wo bist du?“, wenn auch auf eine andere Art und Weise.
Wie schon im Vorgängerbuch beschreibt Jackson sehr eindringlich und authentisch, wie sich junge Menschen fühlen, wenn in ihrem Leben etwas schiefläuft. Hier nun begleitet der Leser die junge Claudia, die ihre Freundin vermisst. Die Gedankengänge, Überlegungen, Ängste und Hoffnungen hätte man nicht besser beschreiben können, wie Jackson es tat. Man kann sich in die Protagonistin einfühlen und versteht ihre Sorgen auf jeder Seite. Auch wenn nicht sonderlich viel passiert, so liest man Seite um Seite, Kapitel um Kapitel, weil man nicht fähig ist, das Buch aus der Hand zu legen, und unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Jackson hat in diesem Bereich der All-Age-Bücher auf alle Fälle die Nase ganz weit vorne.

Tiffany D. Jackson schafft es hervorragend, ernste, schreckliche und wichtige Themen wie Rassismus und Kindesmissbrauch in feinfühlige, aber nichtsdestoweniger erschütternde und schockierende Worte zufassen, um die Welt darauf aufmerksam zu machen. Das hat sie mit „Der bittere Trost der Lüge“ schon gemacht und tut es auch hier wieder. In vielen Passagen sind auch andere sozialkritische Aspekte versteckt, derer sich die Autorin ebenfalls in ihren Geschichten annimmt.
Was im vorliegenden Buch besonders auffällt: Die Autorin erzählt die Geschichte auf verschiedenen Zeitebenen, schwenkt immer wieder zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart umher, bis sich am Ende für den Leser ein Gesamtbild ergibt. Man rätselt mit und fragt sich, wie die Protagonistin, was mit Monday geschehen ist und versucht, das anfangs undurchsichtige Rätsel mit zu lösen.
„Monday, wo bist du?“ ist letztendlich eine literarische Aufforderung an uns alle, die Augen offenzuhalten, wenn mit jemandem, den wir lieben, etwas passiert.
Für mich ein weiteres Highlight aus der Feder dieser außergewöhnlichen Autorin.

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Fazit: Faszinierend, erschreckend, verstörend und voller sozialkritische Aspekte, in einem spannenden All-Age-Roman verpackt.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Kidnapped von Chelsea Cain

 

Erschienen als Taschenbuch
bei blanvalet
Preis: 8,99 €
ISBN: 978-3-641-15803-3
Kategorie: Science Fiction

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Als 6-jährige wird Kathleen „Kit“ Lannigan entführt. 5 Jahre später wird das Mädchen gefunden und gerettet. Ihre Mutter schlägt nach der Rettung Profit und Ruhm aus ihrer Tochter, die jahrelang missbraucht und zur Produktion von Filmen für Pädophile benutzt wurde. Als „Beth“ erlangte sie in diesen Kreisen Berühmtheit. Noch heute, 10 Jahre später kursieren diese Filme im Internet.

Wieder ist ein kleiner Junge ist verschwunden und gemeinsam mit James, ihrem Bruder – wie Kick ( „Kit“ ) ihn selbst nennt – versucht sie, ihn aufzuspüren. Denn diese Fälle beschäftigen sie noch heute. Sie muss zwanghaft jeden Vermissten-Fall lückenlos verfolgen. Denn sie weiß ganz genau, was mit diesen Kindern geschieht. Eines Abends sitzt plötzlich ein ihr unbekannter Mann in Kicks Wohnung. John Bishop sucht professionell vermisste Kinder und ist sich absolut sicher, dass Kick ihm bei seiner Suche nach Adam Rice, dem aktuell vermissten Kind,  helfen kann. Denn sie weiß Dinge, die für Bishop von großem Vorteil sind. Doch dazu muss Kick sich auf eine dunkle Reise in ihre Kindheit begeben. Sie muss Erinnerungen hervorholen, die sie jahrelang versuchte zu verdrängen ….

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Als jahrelanger Fan von Chelsea Cain (die Gretchen Thriller – ich habe sie hier alle rezensiert) war ich natürlich sehr neugierig auf den Start ihrer neuen Reihe. Und wieder einmal hat mich die Autorin schlagartig gefesselt. Schon lange habe ich kein Buch mehr innerhalb einer Woche gelesen.

Das Thema ist schlimm, pervers und leider aktuell und hochbrisant. Kinderpornografie, Kindesmissbrauch, Entführung und Handel. Alle diese Themen behandelt der neue Thriller der Autorin. Brutal ist er sicher auch, jedoch nicht auf die o.g. Punkte bezogen, hier spielt sich die Grausamkeit eher auf psychologischer Ebene ab. Denn Cain beschreibt keine sexuellen Handlungen an den Kindern. Sie beschreibt, wie sie „gehalten“ wurden, wie sie „klein gemacht“ wurden, wie sie ständig umzogen und die Häuser wechselten.


Ganz extrem finde ich diese Art „Bindung“, die die Autorin beschreibt, die sich zwischen Beth (der kleinen Kick) und ihrem Entführer „Daddy“/Mel aufgebaut hat und die irgendwie immer noch andauert. Er selbst hat Kick körperlich nie weh getan, er hat mit ihr gespielt und war gut zu ihr. Er hat mit ihr Ferien gemacht und Kick mochte ihn. Es klingt unglaublich und mehr erzähle ich auch nicht.

Die Kick der Gegenwart ist tough, stark und schlagfertig auf der einen Seite und auf der anderen immer noch sehr emotional und verletzlich. Die Ermittlungen, gemeinsam mit John Bishop, haben mir großen Spaß gemacht. Die Gespräche der beiden waren einfach sehr gut geschrieben und trotz der ganzen Spannung und Dramatik hat die Autorin hier eine ganz tolle Stimmung erschaffen. John Bishop erinnerte mich immer ein wenig an Jason Statham in „Transporter“ und bei Kick hatte ich immer Lisbeth Salander vor Augen, auch wenn Kick lange und wuschelige Haare hat.

Mein Fazit: Ein absolut gelungener Auftakt einer neuen Reihe, mit einer wunderbaren Protagonistin. Ein schreckliches Thema wird behandelt, aber Cain hat die Gratwanderung mit Bravour gemeistert und einen fesselnden Thriller geliefert, der sehr emotional und dennoch absolut spannend und unterhaltsam ist.

© Marion Brunner_Buchwelten 2017

Krähenmutter von Catherine Shepherd

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Erschienen als Taschenbuch
bei PIPER
insgesamt 288 Seiten
Preis:  9,99  €
ISBN: 978-3-492-30965-3
Kategorie: Thriller
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Laura Kern bekommt einen seltsamen Fall zugeteilt. Ein Säugling verschwindet am helllichten Tag aus einem Supermarkt. Samt seinem Kinderwagen wurde er entführt, die junge Mutter ist völlig außer sich. Der Vater des Kindes scheint etwas zwielichtig. Er schweigt, ist nicht sonderlich hilfsbereit bei den Ermittlungen und wirkt somit verdächtig. Doch plötzlich verschwindet der Vater des entführten Kindes ebenfalls und Laura und ihr Partner Max müssen sich sputen, die Ermittlungen voranzutreiben. Doch sie stehen vor einem Rätsel ….

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Diesen Thriller habe ich überraschend vom Verlag bekommen, darum kam ich auch erst recht spät dazu, ihn zu lesen. Die Inhaltsangabe klang nicht schlecht. Das Cover ist hingegen derzeitiger Standard. Schwar-weiß-rot sind sie seit einigen Jahren ja fast alle. Das diese Präsentation nicht für einen spektakulären Inhalt garantiert, wusste ich schon länger.

Fange ich mal damit an, dass ich von Catherine Shepherd bis dato weder was gelesen noch gehört hatte. Eine kleine Anfrage in einer Suchmaschine ergab, dass die Autorin eigentlich Katrin Schäfer heißt und normalerweise Zons-Krimis schreibt, die wohl recht erfolgreich sind. Ich finde es schon komisch, dass eine deutsche Autorin sich ein englisches Pseudonym zulegt, um interessanter zu wirken. So empfinde ich das zumindest.

Die Grundidee dieses Thrillers finde ich wirklich gut, auch die Haupthandlung, den Grund der Entführung, die abschließende Aufklärung. All dies ist eigentlich eine tolle Idee. Ich finde nur die Umsetzung ein wenig zu fad, zu absehbar und mit Protagonisten, mit denen ich die gesamte Handlung über nicht warm wurde. Ich muss gestehen, dass ich die Person des Max (Partner der Ermittlerin) schon irgendwie vergessen habe. Laura Kern selbst wirkte irgendwie gestelzt und unnahbar. Ihr fehlte für mich die Seele, die Tiefe.

Flott lesen lies sich der Thriller allemal. Ich war in zwei Tagen durch und das soll bei meiner Lesegeschwindigkeit mittlerweile (leider extrem runtergeschraubt) doch was heißen.

Mein Fazit: Ein Thriller der von mir, um es mit Sternen auszudrücken, leider nicht mehr als 3 von 5 erhält. Er liefert eine gute Grundidee, die mir jedoch irgendwie zu lieblos oder auch dröge niedergeschrieben wurde. Ist aber alles Geschmackssache. Also, wen die Inhaltsangabe neugierig macht, sollte selbst lesen und sich sein eigenes Bild machen.

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© Buchwelten 2017

Hilflos von Barbara Gowdy

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Erschienen als gebundene Ausgabe
bei Kunstmann
insgesamt 336 Seiten
Preis: 19,90 €
ISBN: 978-3-88897-462-5
Kategorie: Drama, Thriller

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Bei einem Stromausfall verschwindet die neunjährige Rachel spurlos. Die Mutter und Freunde helfen der Polizei bei der Suche, nichtsahnend, dass sich das Mädchen gar nicht einmal so weit entfernt von ihnen befindet. Rachel wurde von Ron und Nancy entführt, die sich nichts sehnlicher wünschen, als ein eigenes Kind. Und Ron verspürt manchmal eine wahnsinnige Sehnsucht und Liebe gegenüber dem Mädchen, dass er sie nicht mehr hergeben möchte …

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Barbara Gowdy hat ein intensives Drama geschrieben, das sehr mitnimmt und emotional aufwühlt. Alleine die Tatsache, dass Gowdy versucht, eine Kindesentführung aus Sicht des Entführers, der Entführten und der betroffenen Mutter zu schildern, macht diesen Roman lesenswert. Denn die Autorin schafft es tatsächlich, jede Seite „verständlich“  und nachvollziehbar zu machen. Auf sehr ruhige Art wird eine Geschichte erzählt, die im Grunde genommen nur von einer Sache erzählt, nämlich der Macht der Liebe. Es ist eine Gratwanderung, die Gowdy hier entlang geht, ohne dabei auf eine Seite abzustürzen.
So schrecklich die Thematik auch ist, so einfühlsam und empathisch wird die Geschichte erzählt, dass sie so manches Mal sogar den Schrecken vergessen lässt und Hoffnung auf eine bessere Welt aussät. Immer wieder hofft man, dass der Entführer seinen Gelüsten nicht nachgibt. Wie diese innere Zerrissenheit des Mannes beschrieben wird, ist schon sehr realistisch und sensibel.

Eindringlich, nachvollziehbar und tiefgründig beschreibt Gowdy, was in einem Mann vorgeht, der Liebe und Begehren zu einem Mädchen nicht ganz unterscheiden kann. Andererseits spürt man die Verzweiflung der Mutter und die Anspannung, die solch ein Vorfall im Freundeskreis auslöst. Die Unsicherheit des entführten Mädchens wird so grandios in Szene gesetzt , als erhielte man tatsächlich Einblick in die Gefühlswelt eines solchen Opfers.
Barbara Gowdy hat sich in ihrem sechsten Roman einem schwierigen Thema gewidmet und hat dies aus meiner Sicht mit Bravour gemeistert. Ich konnte mich schwer von der Geschichte losreißen. Das Ende hat mich nachdenklich gemacht.
Gowdy versucht, sich in die Psychologie eines solchen Straftäters einzudenken und ich finde, das ist ihr sehr gut gelungen. Ihr geht es in ihrem Roman weniger um eine effektgeladene Krimigeschichte, als vielmehr um ein Psychogramm von Entführer und Entführter.
Wer sich auf das Thema einlassen kann, wird mit einer spannenden, aber dennoch sehr ruhigen Geschichte belohnt, die es in sich hat.

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Fazit: Einfühlsam und ruhig erzählt Barbara Gowdy die Geschichte einer Kindesentführung und versucht dabei, die Psychologie des Täters zu durchleuchten.

© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Verderbnis von Mo Hayder

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Erschienen als Taschenbuch
bei Goldmann
insgesamt 448 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-442-47780-7
Kategorie: Krimi, Thriller

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Bei einem Autodiebstahl wird anscheinend zufällig ein elfjähriges Mädchen mit entführt. Cafferys anfängliche Hoffnung auf einen guten Ausgang gerät allerdings ins Wanken, als das Mädchen offensichtlich vom Täter nicht einfach irgendwo „ausgesetzt“ wird und auch Tage später noch nicht auftaucht. Dann verschwindet ein zweites Mädchen und je mehr Zeit vergeht, desto schlechter werden die Aussichten, die beiden Mädchen noch lebend zu finden. Jack Caffery und Polizeitaucherin Flea Marley ermitteln getrennt voneinander und entdecken bald, dass noch weitaus mehr hinter dem Fall steckt, als sie bislang vermutet hatten …

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Der fünfte Fall für Ermittler Jack Caffery entführt den Leser erneut in eine düstere Welt voller menschlicher Abgründe. Die Parallelhandlungen von Cafferys und Flea Marleys Ermittlungen sind wieder hochgradig spannend und fesselnd, so dass es einem wirklich schwer fällt, das Buch aus der Hand zu legen.
Mit jedem Teil dieser superben Thriller-Reihe zieht Mo Hayder ihre Leser immer mehr in einen unausweichlichen Bann, der süchtig macht. Die Charaktere und die abermals verstrickte Handlung, die sich über unerwartete Wendungen zu einem logischen Ganzen zusammenfügt, könnten nicht besser sein.

Mit jedem Band werden mir Caffery und Marley mit all ihren Stärken und vor allem Schwächen sympathischer. Durch die intensive, glaubhafte Beschreibung der beiden könnte man als Leser fast meinen, sie persönlich zu kennen. Die Zusammenhänge der einzelnen Fälle (Bücher) über den Umweg des „Walking Man“ macht unglaublich Spaß und man kann nicht abwarten, den Folgeband zu lesen. Mo Hayder hält ein durchwegs hohes Niveau und zeigt, dass sie zu den ganz großen Thriller-Autorinnen unserer Zeit zählt. Die Plots sind allesamt überraschend und durchdacht und der Schreibstil auf hohem Niveau.
Wie Hayder die Schauplätze beschreibt ist schon filmreif. Die immerwährende düstere und beklemmende Stimmung mag nicht jedermanns Sache sein, ich für meinen Teil kann gar nicht genug davon bekommen. Und trotz der psychologischen Härte und Brutalität ist man erstaunlicherweise nie angewidert. Mo Hayder hat ein feines Gespür, über Grenzen zu gehen, ohne zu ekeln.

Wie schon in den vorhergehenden Bänden begeisterte mich die intelligent verstrickte Handlung auch hier wieder. Man fiebert und ermittelt mit, wird auf falsche Spuren gelockt und kommt lange nicht dahinter, was genau gespielt wird. Was kann man mehr von einem Thriller erwarten?

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Fazit: Erneut entführt Mo Hayder den Leser in einen beklemmenden, düsteren Kriminalfall, der von Anfang bis Ende durch geschickte Wendungen überrascht und begeistert. Absolut zu empfehlen!

© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Kirche der toten Mädchen von Stephen Dobyns

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Die Kiche der toten Mädchen
Erschienen als Taschenbuch
im fischer Verlag
462 Seiten
ISBN: 9783596144044

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Aurelius, die typische amerikanische Kleinstadt erlebt einen Schock, als die 14-jährige Shannon, Tochter des örtlichen Arztes, spurlos verschwindet. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Ermittler von außerhalb werden hinzugezogen, doch wirklich weiter kommen auch diese mit ihren Nachforschungen nicht.

Natürlich richtet sich der Verdacht der Bewohner zunächst auf die Menschen, die von außerhalb kommen. Z.B. der aus Algerien stammende Lehrer Houari Chihani, der mit seiner Einstellung zum Marxismus eine Reihe von Teenagern in einer Lese- und Diskussionsgruppe versammelt und daher schon nicht gern gesehen wird.

Plötzlich verschwindet das zweite Mädchen, sie musste an Halloween nur einige Häuser weiter nach Hause und kam dort nie an. Leider sind die dramatischen Ereignisse noch nicht vorbei. Denn nicht nur ein drittes Mädchen verschwindet, es gibt weitere Todesfälle, die die gesamte Stadt in Angst und Schrecken versetzen.

Jeder scheint auf einmal verdächtig zu sein. Der nette Nachbar mit seinem Spaniel genauso wie der immer freundliche Biologielehrer …. Jugendliche genauso wie Erwachsene …

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Jahrelang hat mich der Roman von Stephen Dobyns in unserer Bibliothek Abend für Abend „angelacht“. Nun habe ich ihn endlich zur Hand genommen und verschlungen.

Wer hier einen rasanten, modernen Hightechthriller (á la Chris Carter o.a.) erwartet, der wird enttäuscht sein und sich oftmals über viele Seiten hinweg sogar langweilen. Wer jedoch gerne tiefgründige, weit in die menschliche Psyche blickende, ruhige und stimmungsvolle Thriller mag, die fesseln und zum Nachdenken anregen, der ist hier gewiss richtig.

Dobyns lässt sich sehr viel Zeit mit der Beschreibung seiner Charaktere, stellt jeden ausführlich vor, holt weit aus und lässt uns die Figuren tatsächlich kennenlernen. Sicher mag das für viele langatmig wirken und ungeduldig werden lassen. Mir hat es sehr gut gefallen. Er hat eine gute Stimmung erschaffen, hat mich in die Handlung eintauchen lassen und durch die ausführliche Erzählweise sehr gute Hintergrundinformationen geliefert.

Erzählt wird die Geschichte von einem sehr netten Biologielehrer, der natürlich – wie eigentlich fast jeder Bewohner von Aurelius – so seine Geheimnisse hat.

Ich finde den Roman nicht gruselig oder mystisch. Ich empfand ihn als fesselnd und als sehr durchdacht. Der Autor legt viele Fährten, denen der Leser natürlich versucht nachzugehen und teilweise auch erliegt.

Der Schreibstil ist sehr gehoben, der Autor schreibt ausdrucksstark und bildhaft, sodass ich als Leserin wirklich mitten im Geschehen war und es nicht erwarten konnte, weiterzulesen. Es gab sicherlich auch krasse, heftige und blutige Szenen, die ich aber nicht als blutrünstig empfunden habe. Mich hat der Roman in etwa an eine Mischung aus „Ein plötzlicher Todesfall“ von J.K. Rowling und „Die Stadt der verschwundenen Kinder“ von Reginhald Hill erinnert, wenn ich den Versuch wagen sollte, Vergleiche zu tätigen. In unserer Bibliothek befindet sich ein weiterer Roman von Stephen Dobyns „Der Junge im Pool“, den ich ganz bestimmt auch lesen werde.

Mein Fazit: Volle Punktzahl für einen sehr tiefgründigen, in die menschliche Psyche leuchtenden Thriller, der zwar ruhig, aber dennoch fesselnd und absolut stimmungsvoll geschrieben ist.

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Meine Rezension bezieht sich auf die gebundene Originalausgabe, erschienen 1998 im Wolfgang Krüger Verlag.

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© Buchwelten 2014