Emerson, Lake & Palmer

Erschienen als gebundene Edelausgabe
im Hannibal-Verlag
insgesamt 266 Seiten
Preis: 45,00 €
ISBN: 978-3-85445-721-3
Kategorie: Biografie, Autobiografie, Musik

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In dieser hochwertigen Edelausgabe erzählen die drei Musiker von ihrem Leben, ihren Erfolgen und Misserfolgen, und erwecken eine vergangene Ära zu neuem Leben.

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Wer sich ein wenig mit Progressive Rock auseinandersetzt, kommt um die Band „Emerson, Lake & Palmer“ nicht herum. Immer wieder werden sie als Beispiel für dieses Musikgenre herangezogen, was bei ihrer Experimentierfreudigkeit auch definitiv nicht von der Hand zu weisen ist. In der vorliegenden „Autobiografie“ erzählen die drei Musiker von ihren Ursprüngen, den Erfolgen und dem Bruch ihrer Zusammenarbeit. Anhand von Interviewausschnitten wird hier eine faszinierende Story erzählt, die am Ende eine interessante Bandgeschichte ergibt, nach der man ELP (kurz für Emerson, Lake & Palmer) mit anderen Augen sieht und ihre Alben mit „anderen Ohren“ genießt. Es ist sehr interessant, wie die drei Künstler über ihre Anfänge und die Entstehung ihrer außergewöhnlichen und unvergleichlichen Karriere berichten. In chronologischer Reihenfolge reden Keith Emerson, Greg Lake und Carl Palmer über ihre Inspirationen, sodass man bei erneutem Hören der Alben plötzlich einen ganz anderen Bezug dazu hat und die Musik tatsächlich besser versteht.

Dieses wunderschön gestaltete Buch bringt uns die Künstler und deren Musik sehr nahe. Durch die Interviews „hört“ man ihre Stimme, als sähe man eine Dokumentation im Fernsehen, hervorragend ergänzt durch die fantastischen Bilder auf Hochglanzpapier. „Emerson, Lake & Palmer“ ist eine Reise in eine Ära, in der Musik noch echte Musik war und in der Künstler zum einen zeigten, was in ihnen steckte und zum anderen mit neuen Instrumenten und innovativen Ideen herumexperimentierten. Gerade die Verschmelzung von klassischer Musik, Rock, Balladen, Jazz und anderen Musikstilen wurde von „ELP“ geradezu perfektioniert und man muss sich eigentlich über ihren Erfolg wundern, denn keines ihrer Alben entspricht genaugenommen dem Mainstream. Während des Lesens in diesem Buch fühlte ich mich so manches Mal in alte Zeiten zurückversetzt, in denen ich ELP-Alben auf meinem Bett liegend und mit Kopfhörer angehört und gestaunt habe. Dieses Buch bringt diese Erinnerungen wieder zurück.

Es ist unglaublich interessant, wie die drei miteinander „funktionierten“. Es war nicht die private Freundschaft, die sie verband, sondern einzig und allein die Musik. Auch wenn sie auf gewisse Art und Weise Freunde waren (das aber nicht immer), so standen die Kompositionen und innovativen Ideen im Vordergrund. Der Leser begleitet im Buch die Anfänge der Band, ihre Entwicklung zu einer der auf der Bühne gigantischsten Rockband der 1970er-Jahre bis hin zum Zerfall. Man spürt ihre Genialität zwischen den Zeilen, wünscht sich das ein oder andere Mal, sie würden noch einmal Meisterwerke wie ihr Debütalbum, „Pictures At An Exhibition“ oder „Brain Salad Surgery“ aufnehmen. Das im Hannibal-Verlag erschienene Buch hinterlässt, nachdem man es beendet hat, ein Gefühl, dass man gerade das „Leben“ einer Legende gelesen hat. Für Fans von ELP ein Muss, für alle anderen, die sich bislang noch nicht an das Werk dieser Band gewagt haben, ein idealer Einstieg, um die Komplexität ihrer Musik zu begreifen.

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Fazit: Interessante Bandgeschichte in einer tollen Edelausgabe. Ein Muss für Fans.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Nordische Mythen und Sagen von Neil Gaiman

mythen

Erschienen als Broschur
im Eichborn Verlag
insgesamt 254 Seiten
Preis: 14,00 €
ISBN: 978-3-8479-0667-4
Kategorie: Mystery, Belletristik

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Neil Gaiman erzählt den Mythos von Odin und seinen Söhnen Thor und Loki mit eigenen Worten. Die Intrigen der Götter un der apokalyptische Weltuntergang Ragnarök erwachen zu einem faszinierenden Leben.

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Ich war schon wirklich sehr gespannt auf das neue Buch von Neil Gaiman, zumal er sich dieses Mal einem klassischen Stoff gewidmet hat, der mich interessiert: Die nordischen Mythen, Sagen und Legenden um Odin, seine Söhne Thor und Loki und die ganze Welt der Götter. Ich war neugierig, wie Gaiman diese alten Geschichten mit seinen eigenen Worten wiedergeben würde und, um es kurz zu machen: Neil Gaiman hat meine Erwartungen bereits nach den ersten paar Seiten übertroffen. Ihm ist es hervorragend gelungen, den Leser gleich zu Beginn derart zu fesseln und in diese klassischen Göttergeschichten zu ziehen, dass man das Buch kaum mehr aus der Hand legen kann, hat man erst einmal damit angefangen, es zu lesen.
Mit einem wunderbaren, gehobenen Schreibstil, der mich des Öfteren an J.R.R. Tolkien erinnerte, nimmt uns der Autor mit in eine Welt, die schön, verzaubert und gleichzeitig auch hart und brutal ist.

Es ist eine wahre Freude, Thor und Loki bei ihren Abenteuern mit anderen Göttern, Riesen und mystischen Fabelwesen zu begleiten. Kurz und knapp, und genial auf den Punkt gebracht, erzählt Gaiman das Wesentliche all jener Sagen nach und verleiht den Geschichten einen eigenen Charakter und Glanz, wie ich es nicht erwartet hätte.
Selbst wer Neil Gaimans andere Bücher kennt (und diese aufgrund seines außergewöhnlichen Schreibstils nicht mag), sollte hier unbedingt zugreifen und sich dieses literarische Ereignis nicht entgehen lassen. Einziges Manko dieses Buches ist, dass es viel zu kurz ist. Man hätte sich einen Umfang von Tolkiens „Silmarillion“ gewünscht, so faszinierend waren die Geschichten.

Besonders toll finde ich, dass Gaiman immer wieder Informationen wiederholt, um die Zusammenhänge zwischen den Geschichten nachvollziehbar zu machen, denn aufgrund der Vielzahl an Namen verliert man schon an der ein oder anderen Stellen einmal die Übersicht. Geschickt wirft der Autor einen Satz ein und man ist schon wieder im Bilde, erinnert sich an den Namen oder die Begebenheit, um die es geht, und versteht daraufhin auch die folgende Erzählung. Gaimans Version dieser Legenden liest sich fast wie ein Roman, der in unterschiedliche Kapitel eingeteilt ist und zwar verschiedene Geschichten erzählt, die aber alle miteinander in Verbindung stehen und einen ganzen, großen Plot ergeben. Selbst für Laien, die sich in diesen nordischen Mythen überhaupt nicht auskennen, wird alles so gut erklärt, dass man es versteht. Vor allem könnten auch Kinder an seinen Interpretationen Gefallen finden, die Thor und Loki zumindest aus den Marvel-Comics und -Verfilmungen kennen dürften. Gaimans Buch zeigt die echten Hintergründe auf, die hinter den modernen Comic- und Filmadaptionen stehen.
Wie oben schon erwähnt, hätte ich mir gewünscht, Neil Gaiman hätte nicht nur die von ihm bevorzugten Geschichten dieser Sagen neu interpretiert, sondern alle. 😉

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Fazit: Die Neuerzählung von alten Geschichten trumpft vor allem durch seine Detailliertheit und einem tollen Schreibstil auf.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Türke aber trotzdem intelligent von Selcuk Cara

Selcuk Cara
192 Seiten
Klappenbroschur
ISBN 978-3-8419-0364-8
Autobiographie/Erfahrungsbericht

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Selcuk Cara wurde 1969 in Deutschland als Kind türkischer Eltern geboren und gilt hierzulande als Ausländer. Doch wenn er in seine „Heimat“ kommt ist er: Ausländer! Weil er ihn Deutschland geboren wurde und lebt und irgendwie ziemlich deutsch ist. Aber  Heimat, was ist das? Wo ist das? Schon ein schönes Dilemma, so irgendwie. 

Selcuk Cara hat eine Kindheit, die eigentlich wie jede andere und trotzdem total anders ist. Er gewährt dem Leser einen Einblick in sein Leben. Wie das so war als Türke in einer Kleinstadt, der aber so westlich ist, das er eben gar nicht wirklich türkisch ist. 

Ein Erfahrungsbericht. Eine Geschichte, seine Geschichte. Normal, total unnormal, traurig, lustig, verrückt und absolut sympathisch ….

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Gestoßen bin auf das Werk in einem 1€-Shop. Das zweite tolle Buch übrigens, das ich dort geschnappt habe. Ich nahm es in die Hand wegen dem Titel, der mir sofort ins Auge sprang und mich denken ließ: „Was für eine Frechheit!“. Dann dachte ich, dass es vielleicht so ein „Comedy-Ding“ ist, was ich überhaupt nicht leiden kann. Aber nein. Ein Türke, geboren in Deutschland und zwar 1969. „Genauso alt wie ich“ dachte ich so, las den Klappentext und nahm es mit. 

Ich fühlte mich mit Selcuk Cara gleich verbunden. Ich bin auch im „Ghetto“ von Ratingen aufgewachsen. „Papageienhaus“, 13 Etagen. Das war auch nicht die tollste Gegend, aber ich habe da sehr gerne gewohnt. Wir waren ein Haufen Kinder aus allen Klassen und vielen Ländern. Auf jeder Etage wohnte ein Freund/eine Freundin. Im Nachbarhaus auf der Erfurterstraße wohnte mein erster ausländischer Freund (Spielfreund): Nico T. hieß er. Er war genauso griechisch, wie ich Niederländerin. Wir hatten beide diese „fremde“ Staatsangehörigkeit, ansonsten war er so deutsch wie ich. Wir hatten viel Spaß. Dann gab es den Jungen, von dem ich meinen ersten Kuss bekam. Lino C., leider inzwischen verstorben. Er war Italiener, eigentlich. Zumindest die Eltern. Man liest schon heraus, damals Mitte/Ende der 1970er Jahre, da war es uns Kindern total egal, aus welchem Land unsere Freunde kamen. Im Gegenteil, es war sogar toll, wenn man bei den Kindern mal in die Wohnung kam und dort Leckereien bekam, die man so gar nicht kannte. Machte Oma schließlich nur Kartoffeln und Marmorkuchen ☺

Selcuk Cara ist seinen Weg gegangen und er lässt den Leser daran teilhaben. Als Junge, der nach Anatolien zu seinem Großvater fuhr und sich fremd fühlte. Als  Klavierschüler, dessen Klavierlehrerin wohl bereits im dritten Reich gespielt hat und der Meinung war, dass der Selcuk intelligent ist, obwohl er doch Türke ist! Als Abiturient, der verlauten lässt, dass er Opernsänger werden wird. Ein Student, der zusammen mit seinem farbigen Kommilitonen die blöden Leute in der Bahn mit einer Show konfrontiert, die mich ganz breit hat grinsen lassen.

Ich fand dieses Buch einfach nur genial. Selcuk Cara ist ein Mensch, der sehr sympathisch ist mit seiner ehrlichen und offenen Art. Der sagt, was er denkt und sich einen „Dreck“ schert um Dinge, die ihm keiner zugetraut hat. Mittlerweile ist er 50 Jahre alt und führt u.a. Regie bei deutschen Opern. Er kennt die Opern mit seinen türkischen Wurzeln wohl besser als so manch Deutscher. Ich selbst habe schon einige Opern gesehen, aber noch keine deutsche. Es wäre schön, eine von ihm inszenierte Aufführung zu besuchen. 

Ich gebe eine unbedingte Leseempfehlung für das Buch und unten gibt es noch einen kleinen Trailer mit Selcuk Cara.

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