Das tiefschwarze Herz von Robert Galbraith (Cormoran-Strike-Reihe Teil 6)

Erschienen als gebundene Ausgabe mit Leseband
bei Blanvalet
insgesamt 1360 Seiten
Preis: 26,00 €
ISBN: 978-3-7645-0817-3
Kategorie: Krimi – Thriller

In ihrem mittlerweile sechsten gemeinsamen Fall ermitteln Cormoran Strike und Robin Ellacott in Online- Kreisen. Die Mitentwicklerin der beliebten Animationsserie „Das tiefschwarze Herz“, Edie Ledwell, kreuzt total aufgelöst in der Detektei auf und bittet Robin Ellacott eindringlich um Hilfe. Sie erzählt, dass sie von einem fast schon krankhaften Fan online extrem terrorisiert und bedroht wird. Der Fan, der außerdem ein Online-Game zur Serie ins Leben gerufen hat, nennt sich Anomie und Edie Ledwell hat tatsächlich Angst um ihr Leben.
Robin erklärt ihr, dass die Detektei erstens überhaupt keine freien Kapazitäten für einen neuen Fall habe und sie außerdem nicht wirklich erfahren im Bereich der Cyber-Kriminalität wären. Robin empfiehlt der aufgebrachten Edie Ledwell eine bekannte/befreundete Detektei und schickt sie weg.
Einige Tage später ist Edie Ledwell tot.
Sie wurde ermordet auf dem Highgate Cemetery aufgefunden, genau dem Ort, an dem die Serie „Das tiefschwarze Herz“ spielt und die ersten Ideen dazu entstanden waren.
Nun werden Strike und Ellacott doch beauftragt und zwar von den Produzenten des Spielfilms zu „Das tiefschwarze Herz“, der in naher Zukunft geplant war. Das Ermittlerduo soll herausfinden, wer sich hinter Anomie verbirgt und begibt sich selbst dadurch auch (erneut wieder einmal) in Gefahr …

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Sicherheitshalber gebe ich einen Spoileralarm, falls ich mich doch zu sehr auslasse.

Ich bin von Anfang an Fan der Romane von Robert Galbraith, dem Pseudonym von J.K. Rowling. Und auch „Ein plötzlicher Todesfall“ (Rowlings erster NICHT-Potter) hat mich absolut gefesselt und überzeugt und mir gezeigt, dass J.K. Rowling tatsächlich mit jedem Buch gewachsen ist. Sie hat einmal gesagt, dass sie, auch wenn nun bekannt ist, dass sie sich hinter Galbraith verbirgt, dennoch dabei bleibt. Denn sie kann als Robert Galbraith einfach „anders“ schreiben.

Dieser sechste Teil der Reihe um den etwas außergewöhnlichen Ermittler mit Beinprothese umfasst über 1.300 Seiten und ich hätte mir trotzdem noch mehr gewünscht. Ich fühlte mich so wohl mit den beiden und in ihrer Umgebung, dass ich sie auch nach noch so vielen Seiten nicht verlassen mochte.

Wir beginnen die Geschichte mit Robins 30. Geburtstag, den die beiden gemeinsam im Ritz verbringen und ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, dass das ständige „kriegen sie sich nun oder nicht“ perfekt weitergeführt wird. Robin und Cormoran sind offensichtlich ein Dream-Team. Sie passen eigentlich perfekt zusammen und stehen sich privat trotzdem immer wieder selbst im Weg ☺. Es gibt wieder einmal Frauengeschichten bei Corm und auch die attraktive Robin kommt nach wie vor bei den Männern gut an. Natürlich steht auch Charlotte – die Ex – wieder auf dem Plan. Mehr soll aber nicht verraten werden.

Die Autorin/Der Autor wechselt, wie gehabt, in den Kapiteln ab. Es gibt ein Strike-Kapitel, wo wir ihn aktiv begleiten, dann wieder ein Ellacott-Kapitel, wenn der Leser an Robins Seite ist. Aber es gibt auch, wie ich finde vermehrt, gemeinsame Kapitel. Denn die beiden sind tatsächlich wieder öfter gemeinsam unterwegs.

Galbraith versteht es ungemein viele Fäden auszuwerfen, Fährten auszulegen und den Leser immer wieder ins Grübeln zu bringen, wer denn nun Anomie sein könnte, nur um die Überlegungen dann doch wieder über den Haufen zu werfen. Wie gesagt, über 1300 Seiten Lesestoff und kein Stück Langeweile kommt auf. Es gibt hochdramatische Momente, spannende Szenen aber auch Lustiges, Liebevolles und Herzliches zu erleben. Und natürlich auch jede Menge Hass, Neid, Intrigen und echte Gefahr.

Es wird in einigen Teilen der Bücher in einem eher ungewöhnlichen Stil geschrieben. Da sind zum einen die Chatverläufe innerhalb des Online Games, in dem Anomie einer der Hauptadministratoren ist. Und die zu lesen ist mir wirklich schwer gefallen. Vor allem, wenn 3 Moderatorenkanäle zur Unterhaltung geöffnet waren und man somit über Seiten hinweg in drei Spalten Chatverläufe lesen musste. Das war anstrengend und war mit einigem Hin- und Herblättern verbunden. Zum Anderen wurden Twitter-Postings gedruckt, inkl. der Retweets oder Kommentare. Die zu lesen war hingegen angenehmer und natürlich war beides für die Handlung ungemein wichtig. Aber ich gestehe, dass ich immer froh war, wenn ich wieder zum „herkömmlichen“ Stil wechseln konnte. Auf meine Begeisterung zum Buch hatte dies auch überhaupt keinen Einfluss.

Fazit: Ein grandioser sechster Teil der Reihe um Cormoran-Strike, der tief ins Cybermobbing und die Welt des Internets eintaucht. Sowohl im positiven Sinne (denn gruselige Animationsserien, und dazu das von Fans für Fans entwickelte Game als Austausch ist grundsätzlich super), als auch im extrem negativen. Aktueller kann das Thema wohl kaum sein, geht es doch um Youtube-Serien, Netflix, Online-Games und das absolute Niedermachen mancher Personen in den sozialen Medien von Menschen, die sich hinter Ihrem Nickname und/oder Avatar verstecken.

Rezensionen zu den übrigen Teilen:

Der Ruf des Kuckucks (Teil 1)
Der Seidenspinner (Teil 2)
Die Ernte des Bösen (Teil 3)
Weißer Tod (Teil 4)
Böses Blut (Teil 5)

& weil er wirklich gut war meine Rezension zu „Ein plötzlicher Todesfall“

©2022 Buchwelten

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Lex Talionis von Michael Marrak

Erschienen als Taschenbuch
im Memoranda Verlag
insgesamt: 318 Seiten
Preis: 19,90 €
ISBN: 978-3-948616-64-9
Kategorie: Thriller, Krimi, Mystery

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Alexander ‚Lex‘ Crohn hat eine außergewöhnliche Begabung: Durch einen Projektilsplitter in seinem Kopf verstärkt sich seine Gabe, sich durch die Berührung eines Tatgegenstandes in die Vergangenheit eines Mordopfers begeben. Doch während solcher Ermittlungen wird Lex von seiner eigenen Vergangenheit heimgesucht.

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Michael Marrak einmal anders, nämlich außerhalb seines aktuellen Kanon-Universums und anderer Science-Fiction-Geschichten. Und, was soll ich sagen, auch im Thrillerbereich überzeugt mich Marrak ohne Einschränkungen. Sein Schreibstil ist natürlich auch hier sehr gehoben und niveauvoll, wie sollte es schließlich auch anders sein. Aber wenn Marrak seine Geschichte in der realen Welt ansiedelt und sie mit Horror und Mystery würzt, stellt er ohne Frage unter Beweis, dass er auch diese Genre hervorragend beherrscht. Schon während der ersten Seiten gerät der Leser, wie nicht anders von Marrak gewohnt, in einen Sog, der einen nicht mehr loslässt. Die Ideen, die der Autor zu Papier bringt, sind phänomenal und werden so atmosphärisch geschildert, sodass man hautnah mit dabei ist. Marrak scheut sich nicht, die Genregrenzen zu sprengen, was für mich eine zusätzlichen Stern bedeutet, denn gerade diese Symbiose aus verschiedenen Richtungen macht „Lex Talionis“ unglaublich interessant und spannend.

Die Geschichte wirkt an manchen Stellen wie ein Spin-off des Lovecraftschen Universums, was mit Sicherheit beabsichtigt sein dürfte. Doch Marrak hat seinen eigenen Stil und entführt seine Leser gekonnt in eine mystische, fast schon esoterische Welt, wenn man den Protagonisten auf seinen Ausflügen in die sogenannte Echo-Dimension folgen darf. Es sind epische Bilder, die Marrak mit seiner Sprachgewandtheit ins Gehirn der Leser zaubert, Bilder, an die man noch denkt, wenn man schon längst das Buch zugeschlagen und zur Seite gelegt hat. Zwischendurch erinnerte mich die Atmosphäre immer wieder an Filme wie „Constantine“ oder Bücher wie „Das Schweigen der Lämmer“, doch, wie bereits erwähnt, Michael Marrak kopiert nie, sondern verbeugt sich höchstens vor diesen Einflüssen.

Michael Marraks Schreibstil ist ausdrucksstark und sprachlich perfekt. Ich wünschte, es gäbe mehr solcher Schriftsteller, die sich sprachlich so gut ausdrücken können. Marrak ist einer der wenigen, die das wirklich können.
Eines kommt auch bei „Lex Talionis“ auch nicht zu kurz: nämlich der Humor. Ähnlich wie bei seinen anderen Büchern lockert Marrak seine Geschichte mit Witzen auf, die einem während des Lesens ein Schmunzeln auf die Lippen zaubern. Ich muss gestehen, dass ich Marraks Humor wirklich mag und bei seinen Büchern mittlerweile fast schon darauf warte, bis sie zum Zuge kommen. Gerade diese Mischung aus düsterem Setting und gekonntem Wortwitz macht „Lex Talionis“ zu einem außergewöhnlichen Werk. Es handelt sich hierbei um den ersten Band einer zweiteiligen Reihe, sodass einige Handlungsfäden am Ende noch offen oder unbeantwortet bleiben. Umso mehr freue ich mich schon auf den zweiten Teil, der bereits in Arbeit ist und 2023 erscheinen soll.
„Lex Talionis“ ist ein Buch, das man lesen sollte. Vor allem diejenigen, die den Mainstream-Einheitsbrei satt haben und sich schon immer ein genreübergreifendes Abenteuer gewünscht haben.

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Fazit: Beeindruckender Genremix aus Thriller, Krimi, Mystery und Horror.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

How to kill your family von Bella Mackie

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 432 Seiten
Preis: 22,00 €
ISBN: 978-3-453-27370-2
Kategorie: Krimi, Thriller

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Aus dem Gefängnis erzählt Grace Bernard ihre Lebensgeschichte. Unter anderem berichtet sie davon, warum sie ihre Familie ermordete und wie sie sich dabei fühlte. Ein Bericht voller blutiger Morde, abstruser Begebenheiten und schwarzem Humor.

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Es dauert keine Seite und man ist mittendrin in der Geschichte, die einen dann auch bis zum Schluss nicht mehr loslässt. Bella Mackie schreibt in der Ich-Form und man hört die Stimme der Erzählerin während des Lesens, so authentisch wird die Story geschildert. An manchen Stellen hat mich das Ganze ein wenig an Brett Easton Ellis‘ „American Psycho“ erinnert, wenngleich beim vorliegenden Buch bei weitem nicht so viel Brutalität in die Handlung fließt. Aber die Beschreibung von zeitgenössischen Mitbürgern und der sozialkritische Sarkasmus ähneln schon ein wenig dem erwähnten Bestseller. Auf jeden Fall weiß Mackenzie, wie man die Leser unterhält und sie neugierig von einem Kapitel zum anderen blättern lässt. „How To Kill Your Family“ kann man getrost als Pageturner bezeichnen, was vor allem auch an der flüssigen und amüsanten Schreibweise der Autorin liegt. Aber auch die Handlung ist nicht ohne und macht ungemein Spaß.

Die einzelnen Begebenheiten, wie sich die Protagonistin auf die Morde ihrer Familienmitglieder vorbereitet sind stets mit einem gehörigen Schuss Humor und sozialkritischen Betrachtungen getränkt, so dass die Leser ein wunderbar kurzweiliges Leseerlebnis bevorsteht, das einen das Buch wirklich nur sehr schwer aus der Hand legen lässt. Gerade das Erzählen aus dem Gefängnis heraus, schafft eine unterhaltsame Atmosphäre, während man in Rückblicken von den „Untaten“ erfährt. Oftmals ging mir dabei durch den Kopf, dass sich dieser Plot auch hervorragend für eine Verfilmung eignen würde. Mackie baut viele Gedanken über die gesellschaftliche Entwicklung in ihren Plot und macht dadurch ihre im Grunde genommen einfach gestrickte Geschichte interessant.

„How To Kill Your Family“ ist in hohem Maße unterhaltsam, bringt aber, wenn man die Story genauer betrachtet, nichts wirklich Neues ins Thriller- und Krimigenre. Wem das nichts ausmacht, der wird mit einem rasant erzählten und vor allem jederzeit unterschwellig witzigen Pageturner belohnt, der schlichtweg unglaublich Spaß macht.

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Fazit: Unglaublich rasant und witzig erzählter Pageturner, der allerdings nichts Neues im Genre bringt.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Talberg 2022 von Max Korn

Talberg 2022 von Max Korn

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 361 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-453-42461-6
Kategorie: Krimi, Thriller

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Nach einem schweren Unwetter findet man in Talberg die Überreste einer Leiche. Es handelt sich dabei um einen Jungen, der, so wie es aussieht, seit fast hundert Jahren vergraben war und augenscheinlich einen Mord verdecken soll. Dorfpolizist Adam Wegbauer beginnt mit seinen Ermittlungen und wird schon bald mit Ereignissen aus seiner eigenen Kindheit konfrontiert …

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Auch wenn es eine neue Geschichte ist, die Max Korn hier aus Talberg erzählt, so fügt sie sich virtuos in die beiden vorherigen Storys ein und vermittelt von der ersten Seite an eine gleichbleibende Atmosphäre, die den Leser sofort wieder in ihren Bann zieht. Und auch wenn dieses Mal Handys, Computer und moderne Ermittlungstechniken eine Rolle spielen, so sind sie dennoch untergeordnet und zerstören die Stimmung der vorhergehenden Bände nicht. Max Korn schafft es auch hier wieder, in höchstem Maße zu unterhalten und die Welt einer abgelegenen Dorfgemeinde rüberzubringen. Ich habe mich in jedem seiner Bücher „wohlgefühlt“, so auch hier bei „Talberg 2022“. Was mich besonders fasziniert hat, war die Rückkehr in die 1970er-Jahre, die daraus entstehende Verbindung zum Jahr 2022 und die unterschwellige Vermischung mit den Vorgänger-Romanen der „Talberg“-Reihe.

Auch die Charakterzeichnungen hat Korn wieder hervorragend hinbekommen, man denkt tatsächlich, einige der Figuren persönlich kennenzulernen. Die Auflösung war grandios und hat mich sehr gepackt. Max Korns Schreibstil ist flüssig zu lesen und besitzt einen unglaublich intensiven Erzählstil, der die Leser nur so durch die Seiten fliegen lässt. Rückblickend kann ich ohne Einschränkungen behaupten, dass die Talberg-Reihe eine der eindrucksvollsten und authentischsten Krimi-Reihen ist, die ich gelesen habe. An manchen Stellen erinnerten mich die ruhig erzählten und dennoch brutalen Passagen an die geniale Fernsehserie „Der Pass“. Man spürt beim Lesen das Unwetter und die Bedrohung, die von manchen Charakteren ausgeht. „Talberg 2022“ ist ein Abenteuer, dass man (wie auch Band 1 und 2) nicht mehr so schnell vergisst.

Bei der Covergestaltung und dem Aussehen der Bücher muss man dem Heyne-Verlag ein großes Lob aussprechen. Die drei Bücher sind covertechnisch im gleichen Stil gehalten, die Schriftzüge auf den Buchrücken sind gleich und haben den gleichen Abstand zueinander, was dazu führt, dass man einen optisch echten Blickfang im Regal stehen hat. Die einzelnen Titel sind nur farblich voneinander zu unterscheiden. Abschließend möchte ich die Hoffnung aussprechen, dass sich Max Korn in Zukunft erneut einer solchen bombastischen Geschichte widmet, wie er mit den „Talberg“-Büchern gemacht hat, denn die waren ein unvergessliches Erlebnis für mich. Und ich weiß jetzt schon, dass ich sie eines Tages wieder in die Hand nehmen werde und mich erneut auf diese einmalige Stimmung einlassen kann. „Talberg 2022“ (und natürlich auch die beiden Vorgängerbände) muss man einfach gelesen haben.

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Fazit: Toller Abschluss, der die Reihe zu einem Gesamtkunstwerk macht.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das Jahr der Gier von Horst Eckert

Erschienen als Klappenbroschur
im HEYNE VERLAG
insgesamt 432 Seiten
Preis: 13,00 €
ISBN: 978-3-453-42637-5
Kategorie: (Polit)Thriller

In der Düsseldorfer Altstadt gab es einen Angriff auf einen britischen Journalisten. Da Kriminalrätin Melia Adan ihn aus ihrer Jugend kennt, setzt sie Vincent Veih auf die Ermittlungen an. Irgendetwas ist an dem Fall seltsam. Das vermeintliche Opfer macht sich aus dem Staub.

Dann gibt es einen Mord an einer jungen Frau, Opfer eines Gewaltverbrechens, heißt es. Und in einem Wald in Bayern ist ein Wirtschaftsprüfer in seinem Auto verbrannt. Melia und Vincent haben gemeinsam mit ihrem Team eine Menge Ermittlungsarbeit zu leisen. Denn irgendwie scheinen diese Vorfälle alle miteinander zusammenzuhängen. Kann das sein? Aber ein gutes Team, wie es die beiden sind, lassen sich von Herausforderungen und Unwägbarkeiten nicht abschrecken oder ausbremsen.

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Dies ist der dritte gemeinsame Fall von Hauptkommissar Vincent Veih und der Kriminalrätin Melia Adan. Und ich kann es immer wieder nur wiederholen: Ich mag Politik und Politthriller eigentlich überhaupt nicht, aber die Roman von Horst Ecker verschlinge ich nahezu.
Horst Eckert besitzt die Gabe, seine komplizierte Handlungen, die ja meist (oder immer) einen realen Hintergrund haben, so fesselnd und spannend zu Papier zu bringen, dass ich nur so durch die Handlung fliege. Es ist meist kompliziert, weil wirklich viele Fäden ausgeworfen und Handlungen verknüpft werden(meist sogar in vorangegangene Bücher) und es unterschiedliche Handlungsstränge gibt. Es gibt immer viele Namen wichtigerer und weniger wichtigerer Leute und Firmen sowie die unterschiedlichsten Abteilungen innerhalb der Regierung(sapparate). Trotzdem, Horst Eckert gelingt es immer wieder, dass ich den Überblick behalte und nicht nach 100 Seiten aufgebe, weil ich nicht mehr durchblicke.
Er recherchiert sehr gut und ausführlich, sodass alles immer Hand und Fuß hat. Da in diesem dritten Teil wirklich einige Schauplätze in der Handlung vorkommen und darin jeweils eine Menge Charaktere agieren, gibt es hier ein Personenregister, sortiert nach den Handlungsorten. Das finde ich eine sehr gute Idee, die ich oft und gerne genutzt habe. Gabriella Wollenhaupt hat dies in ihren Grappa-Krimis auch so gehandhabt und ich finde es einfach eine feine Sache.

Das Thema ist wieder hochbrisant, die Story rasant, fesselnd und spannend. Ich habe viele Bekannte erneut getroffen und fühlte mich wieder zu Hause, wenn die Handlung an den Rand von Ratingen führte oder der Handlungsstrang in München und Bayern an der Reihe war.


Es hat mir wirklich großen Spaß gemacht, diesen dritten Thriller um das Ermittlerduo zu lesen, bei dem wir uns immer fragen: Kriegen sie sich oder nicht? Ja, auch Zwischenmenschliches kommt in Eckerts Thrillern nicht zu kurz. Er schreibt spannende Thriller aus dem Leben, über Menschen wie du und ich und über die Großen mit Macht, Geld und Einfluss. Die Strippenzieher im Hintergrund mit ihren ganzen Machenschaften über die wir (wohl offensichtlich wohl dosiert) in den Nachrichten zu sehen und hören bekommen.

Meine absolute Leseempfehlung für alle Thriller und Politthriller-Fans!

Hier gibt es einen Buchtrailer, in dem Horst Eckert ein bisschen über sein neuestes Werk erzählt:

© Marion Brunner_Buchwelten 2022

Viral. Blutrausch von Mark Benecke und Dennis Sand

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Benevento Verlag
insgesamt 240 Seiten
Preis: 20,00 €
ISBN: 978-3-453-42460-9
Kategorie: Krimi, Thriller

Innerhalb kürzester Zeit werden die Leichen zweier junger Frauen gefunden. Das besondere an ihnen ist, dass sie beide keine offensichtlichen Verletzungen haben. Lediglich beim genaueren Hinsehen findet der Leichenbeschauer kleine chirurgische Einschnitte an den Opfern, durch die ihnen fast das gesamt Blut entnommen wurde. Dadurch wirken beide Leichen schneeweiß und der Fall hat schnell den Namen „Schneewittchen-Morde“ erhalten.

Die Kommissarin Petersen holt sich zu ihren Ermittlungen Unterstützung von einem ehemaligen Kollegen, Bastian Becker, der inzwischen den Polizeidienst aufgegeben hat. Ein damaliger Fall hat ihn seelisch so runtergezogen, dass er nun als privater Ermittler mit seiner Partnerin Janina Funke selbständig ist.

Die Ermittlungen gestalten sich schwierig und die Kommissarin bekommt enormen Druck von oben, da die Öffentlichkeit sich einmischt und Demos veranstaltet, weil die Polizei nicht schnell genug handelt. Die junge Nachwuchspolizistin Alina Brinkmeier findet dann eine Spur zum modernen Vampirismus. Ist da wirklich was dran oder wird diese Spur nur so unbedingt als Lösung präsentiert, damit endlich Erfolge vorzuweisen sind … ?

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  • Eventueller Spoileralarm

Crime Noir, Viral, Blutrausch. Das sind die Worte mit denen der Roman wirbt. Nun, für „Viral“ gibt es mir in der Handlung eindeutig zu wenig Internetaktion. Ja, nachher wird von einem YouTuber gesprochen, der über irgendwelche (Verschwörungs-)Theorien spricht, aber zu „Viral“ gehört für mich eindeutig mehr. Auch verstehe ich nicht wirklich, warum direkt nach der Auffindung der Opfer irgendwelche Leute in großen Mengen auf der Straße demonstrieren. Dass sich Bastian Becker das als Protagonist selbst auch gefragt hat, ist immerhin etwas. Das hätte etwas intensiver behandelt und besser dargestellt werden können.

Crime Noir und Blutrausch. Ja, es ist ein Krimi, das Noir hat sich mir nicht so wirklich erschlossen. Vielleicht wegen der neumodischen Vampir-Spur? Sicher bin ich nicht. Und einem Blutrausch bin ich in der Handlung leider auch nicht wirklich begegnet. Das einzige Blut im Krimi ist das Blut, das nicht mehr da ist.

Ebenso kam nie so wirklich raus, warum jetzt Bastian Becker so depressiv ist. All das wird nur angeschnitten. Dafür wird ausführlich erklärt, wie verschmuddelt die Wohnung und auch er selbst ist. Mehrfach wird auf den Dreck und die stinkenden Mülltüten hingewiesen. Warum er aber Geld für Zugtickets und Hotel hat, obwohl ihm sogar der Strom abgeschaltet wurde, habe ich auch nicht herauslesen können. Dann ist da noch der Zickenterror zwischen der Polizistin Alina Brinkmeyer und Bastian Becker, der mich wirklich extrem genervt hat. Und dann ist Brinkmeier urplötzlich total anders und steht voll hinter ihm? Auch die Auflösung des Falls war für mich sehr absehbar. Mir war schon lange klar, wer der Killer ist. Wobei die Szene in seinem Keller für mich die beste im ganzen Krimi war.

Man liest vielleicht raus, das mich der Krimi leider nicht überzeugt hat, wobei ich die Grundsatzidee sehr gut finde. Aber gepackt hat er mich nicht, dafür war mir zu viel zu oberflächlich und wiederum anderes viel zu übertrieben und in die Länge gezogen.

Optisch hat der Verlag ein schönes Buch abgeliefert. Die gebundene Ausgabe mit dem tollen Druck (auch im Buchdeckel innen) ist wirklich toll anzusehen. Die Motten erinnern, wie im Buch gegen Ende eine Stelle ebenso) ein bisschen an „Das Schweigen der Lämmer“, was aber beabsichtigt sein wird.

Hier habe ich noch einen Buchtrailer. Schaut mal rein. Denn auch wenn das Buch mich nicht wirklich hat packen können, kann das bei anderen Lesern ja völlig anders sein ☺

© Buchwelten 2022

Talberg 1977 von Max Korn

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 382 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-453-42460-9
Kategorie: Krimi, Thriller

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Maria lebt nach dem Tod ihres Mannes allein in einer Hütte im Wald. Im Dorf nennt man sie eine Hexe. Als Maria eines Tages einem unbekannten Wanderer für eine Nacht Unterkunft gewährt, gerät sie in einen Strudel aus Intrigen und mysteriösen Vorgängen, die sich alle gegen Maria richten. Aber wer steckt dahinter? Gibt es ein altes Familiengeheimnis? Als Maria dann auch noch einen Brief ihrer Tante bekommt, die bereits vor 20 Jahren verstorben ist, wird alles noch unheimlicher …

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Schon der erste Teil von Max Korns Talberg-Trilogie (Talberg 1935) hat mich in höchsten Maße begeistert. Ich ging natürlich davon aus, dass der zweite Teil der Geschichte in gleichem Maße atmosphärisch, spannend und ausgeklügelt ist. Der Autor hat mich in jeder Hinsicht absolut zufriedengestellt. „Talberg 1977“ spielt, wie der Titel ja schließlich verrät, im gleichen Dorf und handelt teilweise von den gleichen Menschen bzw. deren Nachkommen wie im ersten Buch. Das macht einen Heidenspaß, wenn man Parallelen zum ersten Band entdeckt, die zwar nur bedingt mit der jetzigen Handlung zu tun haben, aber dennoch die Geschichten auf fantastische Weise irgendwie miteinander verquicken. Max Korn erschafft mit dem vorliegenden zweiten Teil die gleiche düstere und einsame Stimmung, was mich persönlich extrem fasziniert hat, so dass ich das Buch schlecht aus der Hand legen konnte.

Auch dieser Roman, der im Übrigen unabhängig von „Talberg 1935“ durchaus auch als eigenständiges Werk gelesen werden kann, vermittelt eine Atmosphäre, in der man sich von Anfang an mittendrin fühlt. Durch die detaillierten Beschreibungen kann man sich alles so gut vorstellen, als wäre man dabei und würde alles beobachten. Manchmal meint man, selbst das Knacken der Äste zu hören, während man die entsprechende Szene liest. Max Korns Schreibstil ist faszinierend und macht die Talberg-Bücher zu wahren Pageturner, deren Welt man gar nicht mehr verlassen will. Auch hier, wie schon bei Teil 1, könnte ich mit eine Verfilmung geradezu grandios vorstellen.

„Talberg 1977“ fügt sich nahtlos in das Bild ein, dass Korn mit „Talberg 1935“ erschaffen hat. Die Geschichte beleuchtet ein anderes Jahrzehnt, zeigt aber ganz klar und deutlich, dass ich in Dörfern wie Talberg nicht viel während der verstrichenen Jahrzehnte verändert hat. Was mir persönlich ausnehmen gut gefällt, ist, dass Korn die bayerischen Redensarten sehr gekonnt immer wieder in die Handlung und die Verhaltensweisen der Bewohner einflicht. Das erinnert natürlich an „Tannöd“ von Andrea Maria Schenkel, aber Max Korn geht dennoch seinen ganz eigenen Weg. Diese sprachlichen „Tricks“ verschaffen der Geschichte eine unglaublich hohe Authentizität und spiegeln die Mentalität von Dorfbewohnern absolut glaubhaft wieder.
Kurzum: Ich habe mich in die Talberg-Reihe nach dem zweiten Teil vollends verliebt und bin sicher, dass ich diese Ausnahmekrimis noch einmal lesen werden.

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Fazit: Genialer zweiter Teil der süchtig machenden Talberg-Trilogie.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Talberg 1935 von Max Korn

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 396 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-453-42459-3
Kategorie: Krimi, Thriller

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Ausgerechnet vor dem Turm, den er selbst erbauen ließ, wird der Lehrer Steiner tot aufgefunden. Während des Baus munkelte man in Talberg, dass der Mann ihn alleine aus dem Grund erschaffen hat, um seine Frau in den Tod zu stürzen. Bei den Untersuchungen wird jedoch ein Geheimnis aufgedeckt, von dem niemand im Dorf auch nur die leiseste Ahnung hatte …

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Schon während der ersten Seiten bekam ich das Gefühl nicht mehr los, dass mich hier etwas Außergewöhnliches und vor allem sehr Atmosphärisches erwartet. Mein erster Eindruck hat sich bestätigt: „Talberg 1935“ ist ein unglaublich stimmungsvoller Krimi, der vor einer beeindruckenden Bergkulisse spielt und mit wunderbaren Charakteren auftrumpfen kann. Die ein oder andere Stelle hat mich bezüglich unterschwelliger Bedrohlichkeit an „Tannöd“ von Andrea Maria Schenkel erinnert, was mit Sicherheit an der Umgebung liegt, in der die Handlung angesiedelt ist. Max Korn (es handelt sich dabei um ein Pseudonym eines Bestsellerautors – Google hilft bei der Auflösung 😉 ), schafft eine unvergleichliche Atmosphäre, bei der ich mich sofort heimelig fühlte, wenngleich alles sehr bedrohlich und düster in dieser Welt ist. Ich hätte übrigens gut und gerne weitere 400 Seiten „verschlingen“ können, so sehr faszinierten mich die Beschreibungen und Dialoge.

„Talberg 1935“ funktioniert als Buch, würde aber auch einen hervorragenden Film abgeben. Alleine das Setting eignet sich in höchstem Maße, um die Geschichte (die übrigens sehr durchdacht ist und mit einer tolle Wendung aufwarten kann) auf cineastischem Wege umzusetzen. Max Korns Schreibstil ist wunderbar flüssig zu lesen und durch die hin und wieder eingestreuten bayrischen Dialekte und die Beschreibung und Verhaltensweisen der Menschen entsteht ein mehr als glaubwürdiges Szenario. Die überraschende Wendung, die Korn am Ende eingebaut hat, macht die Ereignisse dann noch authentischer, denn besser könnte man eine Dorfgemeinschaft zu jener Zeit und ihre Reaktion auf diesen Vorfall charakterlich gar nicht beschreiben. „Talberg 1935“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Für mich einer der besten Krimis der letzten Zeit, der vor allem und in erster Linie durch seine unglaublich intensive Atmosphäre auftrumpfen kann. Ich freue mich schon sehr auf die beiden Nachfolgebände, die im Laufe des Jahres 2022 erscheinen werden. Besser kann man einen Krimi fast nicht schreiben.

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Fazit: Unglaublich atmosphärischer Krimi in ländlicher Umgebung. Muss man gelesen haben!

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Fräulein Wolf und die Ehrenmänner von Gabriella Wollenhaupt & Friedemann Grenz

Erschienen als Taschenbuch
im Grafit Verlag
insgesamt 288 Seiten
Preis: 13,00
ISBN 978-3-89425-781-1
Kategorie: Historischer Kriminalroman
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Sicherheitshalber sei vor eventuellen „Spoilern“ gewarnt

Im Jahre 1930 kommt Leonore „Leo“ Wolf aus Wien nach Berlin, um dort als Reporterin für den Sozialdemokratischen Pressedienst zu schreiben. Relativ kurz nach Arbeitsantritt wird im Wedding ein Uhrmacher ermordet. Doch der war kein unschuldiger alter Mann, sondern einer, der mit Mädchen Geld verdient hat. Er hat junge Mädchen aus seinem Viertel, dem Wedding, nackt und teils in eindeutigen Posen fotografiert und diese Fotografien verkauft. Er hat auch gerne mal das ein oder andere Mädel vermittelt, wo sie den Herren gefällig sein mussten. Angeklagt des Mordes werden die 16-jährige Luise „Lieschen“ Neumann, ihr Verlobter und ein weiterer Freund.

Leo übernimmt die Berichterstattung zum Prozess und recherchiert fleißig im Umfeld der Angeklagten und des Opfers. Dabei erfährt sie, dass auch Nazis zum Kundenstamm des Uhrmachers gehörten und durch ihre Artikel macht sie sich diese zu Feinden. Zumal Leo auch noch Jüdin ist, was den braunen Herren übel aufstößt. Doch Leo lässt sich nicht ängstigen und macht ihre Arbeit mit viel Mut und Einsatz weiter …

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Ich bin ein großer Fan von Gabriella Wollenhaupt und war nach dem Ende der absolut umwerfenden Grappa-Reihe natürlich sehr froh, dass es doch wieder etwas Neues von ihr gibt. Diesen historischen Krimi hat sie wieder gemeinsam mit Ihrem Ehemann. Dr. Friedemann Kleist, ach nein, Dr. Friedemann Grenz ☺, geschrieben. Das haben sie ja schon einmal erfolgreich getan.

Ich wurde entführt ins Berlin im Jahre 1931, was wirklich toll und auch interessant war. Ich erlebte die Stadt der damaligen Zei.t Das Lebensgefühl und der Flair kamen sehr gut rüber. Für mich persönlich war es insoweit besonders, da ich vor kurzem erst die gesamte Serie „Ein Mann will nach oben“ gesehen habe, die auch in Berlin und zur damaligen Zeit spielt. Und wenn die Mädels aus dem Wedding ihr Berlinerisch gesprochen haben, hatte ick immer die „Rieke“ im Ohr.

Aber auch die schwierigen Umstände der damaligen Zeit, die Probleme, die die jüdischen Mitbürger seinerzeit schon mit und wegen der Nazis hatten, war sehr gut beschrieben. Da wurde z.B. der Polizeivizepräsident als „Isidor“ beschimpft und von Untergebenen beleidigt. Ich mag Bücher, die mich anregen, in der Geschichte nachzuschnüffeln und das hat auch dieser Roman geschafft.

Die Haupthandlung an sich beruht ja schon auf einer wahren Geschichte. Den Prozess um Lieschen Neumann gab es wirklich und unheimlich viele Charaktere im Roman sind reale Personen. Hierzu gibt es ein ausführliches Register im Anhang. Natürlich habe ich mir dann die Bilder dieser Menschen und auch alten Gebäude angesehen und noch einiges dazugelernt. Gut, die Seite von Berlin sagt, dass Dr. Bernhard Weiß, Leos Onkel, in London verstarb, währen die Autoren schreiben, er sei kurz vor seinem Tod nach Deutschland zurückgekehrt. Aber ich finde, dass der Roman sehr gut und gründlich recherchiert ist, wobei ich kein Historiker oder Geschichtsfachmann bin.

Der Schreibstil ist für mich schon sehr typisch „Wollenhaupt“, was mir unheimlich Freude gemacht hat. Allein die Überschriften der Kapitel, die in flotten Stichworten immer den Inhalt des Kapitels umschreiben, sind Grappa-Stil und einfach toll. Dann geht es weiter mit den Artikeln, die die Protagonistin Leo verfasst und publiziert. Auch diese „Schreibe“ ist schon sehr Grappa-ähnlich, auch wenn die Zeit und natürlich die Sprache eine andere sind. Der Kern ist unbedingt erkennbar. Dann die Hauptfigur: Leo ist jung, hat einen dunklen Bob-Haarschnitt, ist eher zart. Aber auch sie ist, wie Grappa, sehr gebildet, schlagfertig, mutig, wortgewandt, humorvoll, und wissbegierig. Sie ist liebevoll, romantisch, dennoch tough und auch stur. Sie isst, wenn sie Hunger hat, worauf sie Lust hat und achtet nicht bei jedem Bissen auf ihre Figur.

Also, Parallelen sind definitiv da und ich wüsste schon gerne, welchen Teil Friedemann Grenz geschrieben hat. Vielleicht den politischen oder geschichtlichen?

Wie dem auch sei. Ich hatte ein großartiges Lesevergnügen und eine wunderbare Zeit zusammen mit Leo Wolf in Berlin und ich würde mich riesig freuen, wenn es weiteres über und mit ihr zu lesen gibt. Zumal auch Leo ihren „Friedemann“ gefunden hat, eine weitere kleine Parallele ….

© Marion Brunner_Buchwelten 2021

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Bobby March Forever von Alan Parks

Bobby March forever von Alan Parks

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 428 Seiten
Preis: 16,00 €
ISBN: 978-3-453-27340-5
Kategorie: Krimi, Thriller

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1973: Der Rockstar Bobby March wird tot aufgefunden. Harry McCoy soll den Fall aufklären, ist aber auch gleichzeitig damit beschäftigt, die verschwundene Nichte des Polizeichefs zu finden. Währenddessen verschwindet auch noch ein weiteres Mädchen spurlos und McCoy muss sich mit dem Konkurrenzkampf eines Kollegen auseinandersetzen. Es ist alles andere als einfach für McCoy …

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Der dritte Teil von Alan Parks’ Serie, die in den 1970er-Jahren in Glasgow spielt, wird von den Fns unterschiedlich aufgenommen. Die einen sagen, der Story fehle etwas, die anderen (und dazu zähle ich mich) sind der Meinung, dass „Bobby March Forever“ vielleicht sogar der beste Teil, aber zumindest den anderen beiden ebenbürtig ist. Auch hier gelingt es Alan Parks wieder, eine unglaublich brillante Atmosphäre zu erschaffen, die einen mitten ins Geschehen mitnimmt und die Stimmung jener Zeit hervorragend rüberbringt. Mit seinem Protagonisten McCoy hat Parks einen unvergleichlichen Charakter erschaffen, der einerseits bodenständig und ein ausgezeichneter Polizist ist, sich aber andererseits auch problemlos in die Unterwelt mitsamt ihren zwielichtigen Gestalten einlassen kann.  Seine zwar pragmatische, aber immer geradlinige Herangehensweise an die Polizeiarbeit macht ihn ungemein sympathisch und vor allem authentisch.

Alan Parks’ Schreibstil ist grandios, schnörkellos und süchtig machend. Das Niveau von „Bobby March Forever“ fügt sich nahtlos in das der ersten beiden Bücher ein und nimmt die Leser sofort wieder mit auf eine düstere Reise. Für mich steigert sich Parks mit jedem seiner Bücher. Er perfektioniert seinen altmodischen Schreibstil (und das meine ich in jeder Hinsicht absolut positiv) und schafft es immer mehr, seinen Geschichten eine Atmosphäre zu verleihen, die man nicht mehr so schnell vergisst. Harry McCoy ist einerseits ein Antiheld, wie er menschlicher nicht sein könnte, weil er jede Menge Fehler hat. Er trinkt, pflegt Kontakte zur Unterwelt und ist Single (mal glücklich, mal unglücklich). Parks setzt einen Erzählstil so geschickt ein, dass man manchmal meint, man lausche einer Erzählerstimme eines alten Humphrey-Bogart-Films. Und wenn dann auch noch die bildhaften Beschreibungen der Ereignisse dazukommt, erhält man ein perfektes Kopfkino.

Alan Parks hat mit seiner Reihe um Detektive Harry McCoy eine Noir-Krimireihe erschaffen, von der man sich schlecht verabschieden kann, wenn man am Ende des Romans ankommt. Was mir bislang bei jedem Buch aus dieser Reihe positiv aufgefallen ist, und beim vorliegenden „Bobby March Forever“ eigentlich mehr als in den ersten beiden Teilen zum Tragen kommt, ist die psychologische Beschreibung des Protagonisten. Parks schafft es, den Lesern die Figur des Harry McCoy sehr nahezubringen. Man fängt irgendwann an, so wie er zu denken und die Situationen genau so wie er zu sehen. Das macht diese Bücher zu einem hautnahen Erlebnis, bei denen man wirklich mittendrin ist. „Bobby March Forever“ ist düster, brutal, klug, spannend und melancholisch. Und genau dieser Mix macht es wohl aus, dass man die Bücher dieses Schriftstellers nicht mehr aus der Hand legen kann (und möchte). Ich freue mich schon auf den vierten Band.

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Fazit: Ein düsterer, brutaler, spannender und melancholischer Noir-Krimi, der süchtig macht.

© 2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten