Providence von Max Barry

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 448398 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-42470-8
Kategorie: Science Fiction

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Die Menschheit befindet sich im Krieg gegen eine außerirdische Rasse.
Mit durch Künstliche Intelligenzen angetriebenen und gesteuerten Schiffen ziehen vier Astronauten ins All, um sich den Feinden zu stellen. Doch dann bringt sie die KI an einen Ort, der außerhalb des bekannten Universums liegt und an dem sich die Basis der Außerirdischen befindet. Die Astronauten erhalten eine Erkenntnis, die weit über ihre Vorstellungskraft hinausgeht.

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Max Barrys Ausflug ins Science-Fiction-Genre wirkt an manchen Stellen wie ein Klassiker aus der goldenen Ära des Zukunftsromans der 1950er- und 1960er-Jahre. Es dauerte zwar eine Weile, bis ich in die Geschichte eintauchen konnte, aber dann … dann ließ mich dieses Abenteuer nicht mehr los. Gerade die absolut faszinierende Auseinandersetzung zwischen der Menschheit und einer außerirdischen Spezies, verbunden mit der Thematik Künstliche Intelligenz konnte mich in jeder Hinsicht überzeugen. Max Barry besitzt zudem einen sehr flüssig zu lesenden Schreibstil, der ein übriges dazu tut, dass man das Buch -einmal angefangen- recht schwer wieder zur Seite legen kann. Die Geschichte, die Protagonisten und auch die Schauplätze sind sehr bildhaft beschrieben, sodass man unmittelbar an der Handlung teilnimmt. Barry hat einen Roman geschrieben, der einem noch lange im Gedächtnis bleibt, auch wenn der ein oder andere vielleicht meint, er wäre zu langweilig und langweilig. Für mich war „Providence“ das genaue Gegenteil, weil eben nicht unentwegt auf Action aus ist, sondern auch einmal etwas mehr auf die Beweggründe und Handlungsweisen der Personen eingeht:

Manch einer wird jetzt behaupten, dass der Roman nur so vor Logiklöchern strotzt, vor allem, was die Außerirdischen angeht, die sich ohne jegliche Hilfsmittel und Schutzmaßnahmen im Weltraum bewegen können. Okay, das mag zwar nicht alles Hand und Fuß haben, aber, hey, wichtig ist doch, ob die Geschichte funktioniert und unterhält. Für mich zumindest stellten diese Dinge absolut kein Manko dar, weil ich mich einfach darauf eingelassen habe, ohne alles zu hinterfragen. Lesen soll ja auch Spaß machen, zumindest in bestimmten Fällen. Dieses Buch ist für mich genau so ein Fall. Barry wollte doch gar keinen Hard-SF-Roman schreiben, in dem man mit wissenschaftlichen Begriffen bombardiert wird, die vielleicht einen logischen Sinn ergeben, die aber die meisten Leser eh nicht verstehen. Da ist es mir dann schon einmal recht, wenn ich nur einfach einmal eine spannende Geschichte mit interessanten Ideen lesen kann. „Providence“ schafft es dann vor allem auch noch ab der Mitte, dass die Handlung so richtig in Fahrt kommt und auch mit ein paar Überraschungen aufwarten kann. Die Sprache der Aliens beispielsweise klang anfangs noch irgendwie witzig und kindisch, dennoch nutzt Barry letztendlich diesen Aspekt für eine gruselige Entwicklung, die mir absolut gefallen hat. Überhaupt hat mir die Auflösung / das Ende sehr gut gefallen und ich fand alles in sich stimmig (bis auf die Logiklöcher natürlich 😉 ).

Insgesamt kann ich „Providence“ von Max Barry uneingeschränkt für Fans guter und klassisch angehauchter Science-Fiction-Abenteuer empfehlen. Man sollte sich lediglich darauf einlassen können, um mit einem spannenden Plot und guter Weltraum-Unterhaltung belohnt zu werden.

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Fazit: Spannend und flüssiger SF-Roman, der sich wie ein Klassiker liest.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Andromeda – Die Evolution von Michael Crichton / Daniel H. Wilson

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne-Verlag
insgesamt 380 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-42477-7
Kategorie: Science Fiction

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50 Jahre ist es her, dass das Andromeda-Virus aus dem All ein ganzes Dorf vernichtet hat. Die Menschheit traute dem Frieden allerdings nicht und stellte ein Team auf, dass das Virus im Auge behielt. Im Amazonasgebiet wird schließlich eine Mutation von Andromeda entdeckt. Als ein Forschungsteam dorthin aufbricht, müssen sie feststellen, dass die Seuche weitaus tödlicher und verheerender ist als zuvor. Das mutierte Virus könnte die ganze Menschheit ausrotten. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

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Bei einem „neuen“ Roman von Michael Crichton wird der Fan sofort hellhörig, bekamen diese bereits mit der durch Richard Preston fertiggestellten Abenteuergeschichte „Mikro“ und die posthum veröffentlichten Werke „Dragon Teeth“ und „Gold“ neues Lesefutter. Die vorliegende Fortführung des in den 1970er-Jahren erschienenen SF-Romans „Andromeda“ wurde von Daniel H. Wilson verfasst. Wer dessen „Robocalypse“ kennt, weiß, dass Wilson einen ähnlichen Schreib- und Erzählstil wie Crichton hat, so ist es dann auch nicht verwunderlich, dass „Andromeda – Die Evolution“ auf ganzer Ebene funktioniert. An manchen Stellen spürt man sicherlich, dass ein anderer Autor dahintersteckt, an anderen wiederum wird die Atmosphäre eines Michael Crichton hervorragend vermittelt. Es fühlt sich ein wenig an wie bei Stieg Larssons Millennium-Trilogie, die auf ähnliche Weise kongenial von David Lagercrantz fortgesetzt wurde. Wilson schafft es auf alle Fälle, den Stil und den Ideenreichtum nebst Abenteuerstimmung eines Michael Crichton gerecht zu werden. Der Einstieg in die Geschichte, der im tiefen Dschungel spielt, wirkt ähnlich wie Crichtons „Congo“ und das Finale breitet sich vor den Augen des Lesers in einem epischen Ausmaß aus, das von Larry Niven stammen könnte.

Man stellt sich die Handlung durchwegs wie einen Film vor, so detailliert und spannend wird die Geschichte erzählt. Was mir besonders gefallen hat, abgesehen von der bombastischen Entwicklung der Story, ist die passende und glaubwürdige Einbeziehung des Originalromans. Der Plot ergibt Sinn und führt die Erzählung in einer Weise fort, die selbst die 50 Jahre, die zwischen den beiden Handlungen vergangen sind, glaubhaft macht. „Andromeda – Die Evolution“ ist ein Science-Fiction-Abenteuer, das oftmals auch an klassische Genrebeiträge erinnert, und genau das ist es für mich auch, was diesen Roman ausmacht. Wilsons Schreibstil ist flüssig und erinnert, wie bereits erwähnt, tatsächlich an die Wissenschaftsthriller aus der Feder von Michael Crichton.

Die Charaktere wirken vielleicht anfangs ein wenig stereotyp und gehen anfangs in den für den ein oder anderen wahrscheinlich zu viel technischen Beschreibungen unter. Aber das Team wird durch Unfälle und verschiedene Katastrophen reduziert, so dass man die Charakterzüge der Überlebenden im Verlaufe des Buches dann doch überzeugen können. Wer zwischen den Zeilen liest, wird auch die liebevollen Anspielungen auf andere Werke von Michael Crichton erkennen, so dass man letztendlich durchaus sagen kann, dass Wilson eine würdige Fortsetzung erschaffen hat, die dem Geist des ursprünglichen Autors gerecht wird. Wer dem Roman Geldmacherei vorwirft, gehört wieder einmal zu den ewigen Meckerern, denen man es sowieso nicht recht machen kann. Ich als großer Fan von Michael Crichton habe mich auf jeden fall gefreut, eine Geschichte zu lesen, die von ihm stammen „könnte“ und hoffe tatsächlich, wie im Nachwort angekündigt, dass die Erben Crichtons seine Geschichten und Ideen auf welche Weise und durch welche Autoren auch immer weiterleben lassen. Für mich war und ist „Andromeda – Die Evolution“ eine würdige Fortsetzung der Originalgeschichte, die ich mir auch als Film wünschen würde.

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Fazit: Würdiger Nachfolger aus der Feder von Daniel H. Wilson, der damit den Geist Crichtons fortführt.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Singularitätsfalle von Dennis E. Taylor

falle

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  496 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-31934-9
Kategorie: Science Fiction

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Ivan Pritchard  heuert auf der »Mad Astra« an, um endlich einmal genügend Geld zu verdienen, dass es ihm und vor allem seiner Familie gut geht. Doch als er auf einem Asteroiden eine mysteriöse Substanz berührt, verwandelt er sich nach und nach in einen Mann aus Metall. Der Mensch Pritchard wird zu einer Art Künstlichen Intelligenz, die allerdings nichts Böses gegen die Menschheit im Sinn hat, sondern eher das Gegenteil. Pritchard versucht zwischen den Menschen und der außerirdischen Rasse, die immer mehr von ihm in Besitz nimmt, zu vermitteln.

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Nach Bob Johansson geht nun mit Ivan Pritchard ein ähnlicher Protagonist an den Start, der sich vom Menschen zu einer Künstlichen Intelligenz weiterentwickelt. Sicherlich wirkt das ganze Szenario ein wenig „abgekupfert“ – aber was, frage ich mich, ist daran schlimm? Einige Leser empfanden das wohl nicht so gut, was ich allerdings nach Genuss der Lektüre nicht sagen kann. Mit ähnlichem Witz nimmt Dennis E. Taylor den Leser auf eine ähnlich verrückte Reise mit, wie er es bereits mit seiner Bobiverse-Trilogie machte. Ich habe mich erneut amüsiert und das Buch nahezu in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich gefesselt hat. In einer Mischung aus „Iron Man“ und „Der 200 Jahre Mann“ beschreibt Taylor die Verwandlung des Protagonisten und, auch wenn Parallelen zu Bob Johansson erkennbar sind, so war Ivan Pritchard für mich niemals eine „Kopie“, sondern besaß eine ganz eigene Charakterzeichnung.

So manch einer wird natürlich sagen, dass das Thema Künstliche Intelligenz heutzutage nichts Bahnbrechendes mehr darstellt (was im Grunde genommen auch so ist), aber Taylors Humor macht da, aus meiner Sicht zumindest, viel wett. Ich habe mich jedenfalls köstlich amüsiert und auch unterhalten. Letztendlich könnte es sich bei „Die Singularitätsfalle“ durchaus um den ersten Teil einer weiteren Trilogie handeln, denn die Story könnte ohne weiteres fortgesetzt werden. Und auch wenn sie an die Erstlingswerke von Taylor erinnern, könnte sich da noch einiges Interessantes entwickeln. Ich persönlich mag den Protagonisten, der mir während des Lesens auf ähnliche Weise sympathisch wurde wie Bob. Die Infizierung mit der außerirdischen Substaz wurde sehr bildhaft und spannend beschrieben, so dass ich nach jedem Kapitel wissen wollte, wie es weitergeht.

„Die Singularitärts-Falle“ ist, wie schon erwähnt, nichts bahnbrechend Neues auf dem Science-Fiction-Sektor, aber passable Unterhaltung. Für mich nach wie vor ein Aspekt, warum ich die Romane von Dennis E. Taylor so mag, ist die nicht ganz alltägliche und oftmals außergewöhnliche Schreibweise des Autors, der seine Geschichten nicht auf eine einfache, sondern extravagantere (aber nicht komplizierte) Art und Weise erzählt und sich dadurch ein wenig vom Mainstream abhebt. Hinzu kommen die angenehm kurzen Kapitel, die dazu beitragen, dass man eigentlich immer eines mehr liest, als man eigentlich wollte. 😉
Das Buch hat es natürlich schwer, nach der epischen Bobiverse-Trilogie die Erwartungen zu erfüllen. Aber aus meiner Sicht hat es Taylor dennoch geschafft, einen zufriedenstellenden Nachfolgeroman zu schreiben, der mindestens ebenso, wenngleich auf etwas andere Art und Weise, faszinieren kann. Ich kann diesen Roman jedem Science-Fiction-Fan nur nahelegen.

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Fazit: Spannend, teils humorvoller und kurzweiliger Erstkontakt-Roman.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Tagebuch eines Killerbots von Martha Wells

killerbot

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne-Verlag
insgesamt 574 Seiten
Preis: 15,99 €
ISBN: 978-3-453-32034-5
Kategorie: Science Fiction

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Um der Menschheit bei der Besiedelung fremder Planeten zu helfen und für ihre Sicherheit zu sorgen, begleitet ein Killerbot diese Missionen. Während dieser Reisen und Einsätze entwickelt der Roboter ein immer größere (Selbst-)Bewusstsein und denkt über sein „Leben“ nach. Dies ist seine Geschichte …

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Martha Wells Debütroman kann vollends überzeugen. Ich habe selten so mit einem Roboter mitgefiebert wie hier. Der Roman ist in vier Teile gegliedert, die gut und gerne auch Einzelgeschichten darstellen könnten, aber letztendlich im Gesamten gesehen dann doch eine Einheit bilden. Wells Humor ist absolut ansprechend und ich habe mich ein paar Mal dabei ertappt, wie ich während des Lesens ein Grinsen auf den Lippen hatte. Der Roboter ist manchmal sogar menschlicher wie ein Mensch und seine Gedanken sind absolut nachvollziehbar. Der Killerbot ist zudem noch ein Serien-Nerd, was ihn nochmal sympathischer macht. 😉
Der Schreibstil ist angenehm und lässt sich, bis auf ein paar Ausnahmen, die sich in komplizierten Schachtelsätzen niederschlagen, sehr flüssig lesen. Es ist auch sehr interessant, dass man das Buch, obwohl im Grunde genommen gar nicht viel passiert, nicht aus der Hand legen kann. Das liegt anscheinend tatsächlich an der äußert humorvollen Art und Weise, wie die Abenteuer geschildert werden.

Die teils ironische Selbsterkenntnis der Künstlichen Intelligenz macht unglaublich Spaß und erinnert in vielen Dingen an menschliche Verhaltensweisen. Da die vier Geschichten wohl einmal als Einzelerzählungen veröffentlicht wurden, ergeben sich jetzt im Sammelband hin und wieder Wiederholungen, die man bei einer Gesamtveröffentlichung durchaus hätte weglassen können. Aber mich haben die wiederkehrenden Beschreibungen gar nicht mal so gestört, weil sie eben schlichtweg unterhaltsam waren und den Charakter des Cyborgs unterstrichen haben.
Martha Wells’ Schreibstil ist im Prinzip zwar einfach gehalten, aber dennoch geht sie an manchen Stellen auch ein gewisses Sprachexperiment ein, das mir außerordentlich gefallen und mich sogar hin und wieder an Iain Banks’ „Die Spur der toten Sonne“ erinnert hat. Alleine deswegen nimmt dieser Science-Fiction-Roman eine besondere Stellung bei mir ein.

Obwohl sich die vier Geschichten an manchen Stellen ein wenig gleichen, zieht sich dennoch ein roter Faden durch das ganze Buch, so dass es an keiner Stelle langweilig wird, auch wenn man den Roman innerhalb ein paar Tagen, also sozusagen „am Stück“, liest. Ich werde mir den Namen Martha Wells definitiv merken, weil sie der Science Fiction irgendwie auch eine neue Richtung verliehen hat, die mir gefällt. Alles, das in dieser technisch hochentwickelten Welt spielt, wirkt authentisch, aber durch die permanente Erwähnung von Serien zieht sich auch ein zeitgenössischer Faktor durch die Handlung, der die Glaubwürdigkeit der Handlung unterstützt. Ich fühlte mich durchgehend gut unterhalten und mehr habe ich von dem Werk auch nicht erwartet.

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Fazit: Ein Cyborg wird menschlich. Unterhaltsam, spannend und amüsant.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Robo Sapiens von C. Robert Cargill

sapiens

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  414 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-32006-2
Kategorie: Science Fiction

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Die Menschheit existiert nicht mehr. Künstliche Intelligenzen, Roboter, haben die Weltherrschaft übernommen und bekämpfen sich gegenseitig. Und sie kämpfen um ihr Überleben. Dies ist die Geschichte von Brittle, einem Roboter, der in eine Auseinandersetzung zwischen K.I.s und Supercomputern gerät …

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C. Robert Cargills „Robo Sapiens“ liest sich nach einer Weile tatsächlich wie eine Fortführung von Isaac Asimovs „Robotergeschichten“. Cargil entwirft eine dystopische Zukunftswelt, bei der man hin und wieder an die Mad Max-Filme denkt, in der aber die Menschheit nicht mehr existiert. Diese Ausgangssituation und die Tatsache, dass Maschinen die Macht übernommen haben, könnte auch aus den Anfangsgeschichten um Dune, den Wüstenplaneten, von Brian Herbert und Kevin J. Anderson stammen. Die Welt wird sehr anschaulich beschrieben, so dass man sich das ganze sehr gut als Film vorstellen kann. Cargill führt Asimovs Idee, dass Roboter auch Emotionen spüren können, ganz im Geiste des Romans „Der 200 Jahre Mann“ fort, den Asimov zusammen mit Robert Silverberg verfasst hat.

Der Schreibstil des Autors ist zwar nicht hoch literarisch, sondern eher einfach, dafür aber äußerst flüssig zu lesen. Das führt dazu, dass man durch die Seiten nur so fliegt. Ich weiß nicht mehr genau, an welchem Punkt genau das Gefühl eintrat, doch irgendwann ist einem zwar noch durchaus bewusst, dass die Protagonisten Roboter sind, aber man beginnt, mit Ihnen zu fühlen, als wären sie Menschen. Diese Vermenschlichung ist Cargill hervorragend und vor allem sehr glaubwürdig gelungen. „Robo Sapiens“ ist ein wirklich lesenswerter Science-Fiction-Roman, der eine zwar nicht neue Idee zeigt, aber eine vorhandene, nämlich die von Isaac Asimov, auf geniale Weise fortführt. Ich hatte unglaublichen Spaß, den (weiblichen) Roboter Brittle auf seiner Reise durch eine menschenleere Welt zu begleiten. Die Handlung mag auf den ersten Blick durchschaubar und einfach wirken, ist man aber erst einmal am Ende angelangt, so bietet der Plot unendliche Möglichkeiten für etwaige Fortsetzungen. Ich könnte mir also  durchaus vorstellen, dass „Robo Sapiens“ der Auftakt einer Reihe ist, in der das Leben von Robotern, die die Herrschaft über unsere Erde angetreten haben, ausführlich beschrieben wird.

Gerade die zerstörte Welt, in der sich die Handlung abspielt, ist faszinierend und filmreif. Es könnte also durchaus sein, dass man eines Tages die Geschichte um Brittle auf der Kinoleinwand zu sehen bekommt. Spannend und effektiv wäre der Plot auf jeden Fall. Ich werde den Autor im Blick behalten, denn seine Schreibweise und auch die bildhaften Beschreibungen haben mir sehr gut gefallen.

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Fazit: Spannender, dystopischer SF- Roman, der in einer von Robotern beherrschten Welt spielt.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Alle diese Welten von Dennis E. Taylor

Welten

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  380 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-31932-5
Kategorie: Science Fiction

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Die geklonten Bob Johanssons rüsten sich für den Kampf gegen eine außerirdische Zivilisation und bauen Raumschiffe, um die Menschheit zu retten. Doch es ist gar nicht so einfach, wie sich die geklonten Künstlichen Intelligenzen sich das vorgestellt hatten.

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Endlich ist er erschienen, der dritte Teil der Bob Johansson-Saga von Dennis E. Taylor. Es ist einfach atemberaubend, wie Taylor den Spannungsbogen seiner Geschichte auch im dritten Teil konsequent aufrechterhält und den Leser von der ersten Seite an in seinen Bann zieht. Das Wiedersehen mit den geklonten Bobs macht auch hier wieder unglaublich Spaß und man fühlt sich sofort wieder wohl und ist neugierig, wie sich der Plot weiterentwickelt. Taylor besitzt einen tollen Humor, den er seinen Protagonisten immer wieder in den Mund legt, so dass man sich des Öfteren selbst dabei erwischt, wenn man während des Lesens ein Schmunzeln auf den Lippen hat. Durch die kurz gehaltenen Kapitel erhält dieser abschließende Band eine unglaubliche Dynamik, die einen nur so durch die Seiten zieht. Man kann diesen Roman durchaus, wie auch seine beiden Vorgänger, als Pageturner bezeichnen.

Man muss sich auf die Story natürlich einlassen (können), um sie auch in vollen Zügen zu genießen. Ich für meinen Teil war von den teils innovativen, aber auch an manchen Stellen äußerst witzigen Ideen absolut begeistert und war am Ende tatsächlich traurig, die vielen unterschiedlichen Bobs und deren Welten verlassen zu müssen. Taylors Weltraum-Epos behandelt auch Themen wie Sterblichkeit beziehungsweise Unsterblichkeit und die Emotionsfähigkeit Künstlicher Intelligenzen. Die Trilogie wirkt auf alle Fälle nach diesem dritten Band absolut rund für mich und bleibt nachhaltig im Gedächtnis haften. Vor allem die unzähligen Anspielungen auf Science Fiction-Bücher und -Filme machen unglaublichen Spaß und lockern die Handlung zusätzlich noch auf. Besonders erstaunlich finde ich bei den Büchern von Dennis E. Taylor, dass man trotz der Vielfalt an Bobs, die auch noch alle ihr Wort in der ersten Person an den Leser richten, niemals den Überblick verliert. Das ist schon eine kleine Meisterleistung, die der Autor da vollbracht hat.
Die Bob Johansson-Trilogie scheint zu Ende zu sein und ich bin schon wirklich sehr gespannt, was uns aus der Feder dieses innovativen Schriftstellers noch erwartet.

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Fazit: Würdiger Abschluss der Trilogie, der ungemein Spaß macht.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Reise von Marina Lostetter

reise

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  558 Seiten
Preis: 11,99 €
ISBN: 978-3-453-31827-4
Kategorie: Science Fiction

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Im Jahr 2088 bricht die Menschheit zu den Sternen auf, um ein geheimnisvolles Objekt jenseits unseres Sonnensystems zu erkunden. Eine Reise, die mehrere hundert Jahre dauern soll. Aus diesem Grund werden menschliche Klone auf die Reise geschickt, um das Zeitproblem in den Griff zu bekommen. In gewissen Abständen werden neue Klone erschaffen, dennoch brechen auf den Raumschiffen immer wieder einmal Unruhen aus. Als die Entdecker dann endlich ihr Ziel erreicht haben, werden sie mit einer außerirdischen Technologie konfrontiert, die jenseits ihrer Vorstellungskraft liegt …

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Alleine der Klappentext machte mich unendlich neugierig auf diesen Roman, der übrigens ein Debüt darstellt. Die Beschreibung des Plots klingt nach einem perfekten Science Fiction-Abenteuer, das mich an Geschichten von Larry Niven, Stephen Baxter und Peter F. Hamilton erinnerte. Um es kurz zu machen, ich wurde nicht enttäuscht. „Die Reise“ von Marina Lostetter ist ein unglaublich episches Weltraumabenteuer, in dem nicht nur Außerirdische, deren Artefakte und eine unmöglich erscheinende Weltraumreise eine Rolle spielen, sondern auch menschliche Verhaltensweisen und Emotionen. Lostetter hat ihren Plot groß angelegt und beginnt im Kleinen. Ähnlich wie bei einigen Meisterwerken von Stephen Baxter entfaltet sich die epische Bandbreite der Story genaugenommen erst, nachdem man das Buch gelesen hat.

„Die Reise“ ist Science Fiction, wie sie besser nicht sein könnte. Sehr realistisch wird der Versuch der Menschheit beschrieben, wie sie die Finger nach dem Weltraum ausstreckt, um Neues zu erfahren. Ein wenig fühlt man sich an Arthur C. Clarkes „2001 – Odyssee im Weltraum“ erinnert, wobei Lostetter definitiv einen eigenen Weg geht. Erstaunlicherweise fliegt man nur so durch die Seiten, obwohl der Roman stolze 550 Seiten hat und oftmals mit technischen Details aufwartet.
Die Autorin wechselt geschickt die erzählenden Protagonisten, so dass niemals Langeweile aufkommt. Manchmal wirken die Kapitel wie eigene Kurzgeschichten, bis sich irgendwann dann ein A-ha-Effekt einstellt und der Leser die Zusammenhänge erkennt. Die spannende und sich über Jahrhunderte (eigentlich sogar über Jahrtausende) erstreckende Geschichte befasst sich aber nicht nur mit außerirdischen Artefakten und deren mysteriösen Bedeutungen, sondern widmet sich auch Problemen wie grundlegender Gesellschaftsangelegenheiten, der Beeinflussung von Genen oder Künstlichen Intelligenzen. Dies alles vermischt sich zu einem atemberaubenden Abenteuer, das man nicht gerne verlässt. Trotz der Dicke dieses Buches hätte man die Abenteuer der Menschheit und der menschlichen Klone gut und gerne nochmal so lange begleiten können.

Marina Lostetters Roman wirkt wie das Kultbuch einer neuen Science Fiction-Generation, das sich mit aktuellen Problemen unserer Zeit befasst, aber noch einen Schritt weiter geht und in eine nicht ganz unmögliche Zukunft schaut. Lostetter behandelt zum Beispiel auch die Entwicklung der Sprache. Und wenn man sich heute umschaut, ist das in Zeiten von WhatsApp und sozialen Netzwerken eigentlich schon nicht mehr zu übersehen, dass unsere Sprache immer mehr verstümmelt und verzerrt wird. Es kommt ja mittlerweile leider schon vor, dass sich Menschen, die eigentlich die gleiche Sprache sprechen, nicht mehr verstehen. Gerade dieser Aspekt, der zwar nicht lange im Buch vorkommt, zeigt eine gewisse Genialität der Autorin, die sich nämlich eine Zukunft ausgedacht hat, die absolut im Bereich des Möglichen liegt.
„Die Reise“ ist mit Sicherheit kein einfaches Buch, das man nebenbei lesen sollte, denn zu viele „Wahrheiten“ stecken zwischen den Zeilen. Für den ein oder anderen mag deshalb diese groß angelegte, menschliche Geschichte Längen haben, die anderen werden mit einem bombastischen Abenteuer belohnt, bei dem man sich immer wieder vor Augen halten muss, dass sich die Handlung über eine große Zeitspanne erstreckt. Episch eben …

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Fazit: Episches SF-Abenteuer, das nachhaltig beeindruckt.

©2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Wir sind Götter von Dennis E. Taylor

götter

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  448 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-31921-9
Kategorie: Science Fiction

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Die Evakuierung  der Menschheit ist in vollem Gange und die ersten Planeten sind bereits besiedelt. Bob Johansson, einst Mensch und mittlerweile sich selbst reproduzierende KI kümmern sich um das Überleben der Menschheit. Alles läuft nahezu perfekt mit der Kolonialisierung im Weltall, bis sich eine außerirdische Bedrohung nähert und nach Rohstoffen sucht. Bob und seine unzähligen Klone bereiten sich auf einen Kampf vor.

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Mit „Wir sind Götter“ setzt Dennis E. Tayler seine Trilogie um Bob Johansson, einer künstlichen Intelligenz, fort. Obwohl es schon ein wenig her ist, dass ich den ersten Teil aus dem „Bobiversum“ gelesen habe, kam ich bereits nach den ersten Seiten wieder absolut in die Handlung. Taylor setzt seine Geschichte konsequent fort und was sich im ersten Teil, der den Titel „Ich bin viele“ trägt nur abzeichnet, wird hier im zweiten Teil richtiggehend episch ausgearbeitet. „Wir sind Götter“ entwickelt die Trilogie zu einer Art Space Opera. Allerdings nicht so, wie man es als  Science Fiction-Leser gewohnt ist, sondern es geht in eine vollkommen andere Richtung. Der Plot stellt sich nämlich erst bei genauerem Nachdenken als episch heraus. Bob hat sich mittlerweile sehr oft geklont und man könnte durchaus meinen, dass man während des Lesens die Übersicht verliert. Aber irgendwie schafft es der Autor, dass es nicht allzu verwirrend wird. Taylor setzt auch in diesem zweiten Teil  einen speziellen Humor ein, der sich durch das ganze Buch zieht. Vor allem das Star Trek-Universum muss für viele Anspielungen herhalten. Ich fühlte mich grandios unterhalten und habe mich an mehreren Stellen köstlich amüsiert.

Die Entwicklung des Plots war für mich erst einmal nicht ganz vorhersehbar, sodass ich bis zur Hälfte des Buches wirklich gespannt war, wie es weitergeht. „Wir sind Götter“ ist eindeutig ein spezieller Roman, der sich vom gängigen Science-Fiction-Abenteuern abhebt. Was mir wirklich besonders gut gefallen hat, war, wie auch schon im ersten Teil, die Beschreibung der verschiedenen Charaktere der Künstlichen Intelligenzen, die ja im Grunde genommen nur eine einzige Person sind. Ich bin wirklich schon sehr gespannt, wie Taylor seine Handlung im dritten Teil vorwärts treibt. „Alle diese Welten“ heißt der finale Band, der noch in diesem Jahr bei Heyne erscheinen soll. So wie sich am Ende der Plot abzeichnet, könnte sich im dritten Band tatsächlich eine wirklich epische Space Opera entwickeln, die dem Gesamtwerk dann eine ganz besondere Note verleiht.

Was mit dem ersten Band relativ langsam beginnt, entwickelt sich nun im zweiten Band zu einem furiosen Weltraumabenteuer, das mir vor allem durch seine Komplexität sehr gefallen hat. Sollte Taylor den Spannungsbogen genauso fortführen beziehungsweise erhöhen wie zwischen Band 1 und 2, so könnte ich mir durchaus vorstellen, dass der dritte Teil bombastisch werden könnte. Taylor hat es tatsächlich geschafft, zumindest für mich, eine Art Kultroman zu schreiben, denn die Handlung und seine Charaktere beschäftigen mich auch noch lange, nachdem ich das Buch zugeschlagen hatte. Der Plot dieses Weltraumabenteuer erinnert mich teilweise ein wenig an die Romane von alten Meistern, wie etwa Larry Niven, um wenigstens einen zu nennen. Bob Johansson, der eigentliche Protagonist, hat mich auf alle Fälle nachhaltig beeindruckt und ich bin sicher, dass Taylor nach dieser Trilogie noch weitere innovative Abenteuergeschichten schreiben wird. Auch Freunde von Peter F Hamilton dürften an dieser Trilogie ihre wahre Freude haben.

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Fazit: Komplex und dennoch in hohem Maße unterhaltend und auch witzig.

©2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Habitat von Peter Cawdron

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  350 Seiten
Preis: 12,99 €
ISBN: 978-3-453-31963-9
Kategorie: Science Fiction

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Die Menschheit hat es geschafft und den Mars kolonisiert. Die erste Siedlung in Form eines Habitats nennt sich „Endeavor“ und wird als Triumph des menschlichen Forscherdrangs gefeiert. Wissenschaftler, Techniker und Astronauten arbeiten und forschen, bis plötzlich die Funksignale von der Erde verstummen. Vollkommen auf sich allein gestellt  rätseln sie darüber, was auf der Erde geschehen sein könnte. Denn ohne Hilfe der Erdbewohner würde bald ein Überlebenskampf auf dem Mars beginnen  …
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Ähnlich wie Andy Weir in seinem atemberaubenden Debütroman „Der Marsianer“ entführt uns Peter Cawdron mit „Habitat“ in eine Zukunft, die gar nicht so weit entfernt scheint. Wissenschaftlich fundiert und äußerst spannend entwirft der Autor eine Welt, in der man sich trotz aller Schrecken die dort passieren, auf gewisse Art und Weise wohl und heimelig fühlt. Dem Autor gelingt es von der ersten Seite an, den Leser zu fesseln und in die Geschichte hineinzuziehen. Obwohl nicht wirklich viel passiert, kann man das Buch schwer aus der Hand legen, denn der flüssige Schreibstil und die Flut an Informationen schaffen es, dass man die Welt um sich herum vollkommen vergisst und unbedingt wissen will, wie es den Protagonisten ergeht. Mit einer Ausgangssituation, die man zwar aus diversen Science-Fiction-Filmen und -Büchern schon kennt, schleudert Cawdron seine Leser in ein wahres Pageturner-Szenario. Cawdron hat hervorragend recherchiert und man nimmt ihm alles, was (noch) nicht Wirklichkeit geworden ist, absolut ab.

Selbstredend, dass man sich bei diesem Handlungsort natürlich sofort an „Der Marsianer“ erinnert, doch der Autor geht einen Schritt weiter und widmet sich in seinem Roman nicht nur einem einzelnen Menschen, der auf dem Mars zu überleben versucht, sondern schildert die Probleme einer ganzen Gruppe von Menschen, die aus verschiedenen Ländern der Welt stammen. Es ist wirklich mit äußerstem Geschick beschrieben, wie sich die einzelnen Nationalitäten ins Gehege geraten. Cawdron stellt in seinem Roman den Menschen in den Mittelpunkt, obwohl es in „Habitat“ auch sehr viel, um nicht zu sagen eigentlich hauptsächlich, um künstliche Intelligenz geht. Die Entwicklung des Plots ist absolut atemberaubend und, wie oben schon erwähnt, obwohl nicht viel passiert, kann man sich dem Sog dieses Buches schlichtweg nicht entziehen.
Auf den ein oder anderen mag die erste Hälfte des Buches langatmig wirken, für mich war dieser langsame Einstieg ein optimales Stilmittel, um eben jene atemberaubende Spannung zu schaffen, die die zweite Hälfte des Buches dann einnimmt.

Das einzige klitzekleine Manko, dass dieser Roman für mich hatte, war, dass er im Präsens geschrieben wurde. Daran musste ich mich während der ersten Seiten erst einmal gewöhnen. Wenn man aber genauer darüber nachdenkt, ist gerade die Schilderung in der Gegenwartsform ausschlaggebend für die Intensität der Geschichte. Ich hätte mir durchaus vorstellen können, dass die Story noch hundert oder mehr Seiten länger hätte dauern können, denn dann wären vielleicht die Charakterzeichnungen tiefer gehender und deutlicher geworden und der Leser hätte noch mehr Anteil an ihrem Schicksal genommen. So ist es aber leider so, dass einem trotz der unglaublichen Spannung und tollen Atmosphäre  die Personen relativ egal sind.  Man hätte den Plot durchaus mehr ausweiten und sogar eine Trilogie machen können, finde ich. Denn dann wäre auch das interessante Leben auf dem Mars nicht zu kurz gekommen. Und die zwischenmenschlichen Beziehungen hätten viel intensiver beschrieben und eindringlicher beschrieben werden können. Aber im Grunde genommen ist meine Kritik diesbezüglich ein Jammern auf hohem Niveau, denn „Habitat“ hat mich hervorragend unterhalten und ich freue mich schon sehr auf ein (hoffentlich) weiteres Werk des Autors.

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Fazit: Spannendes, sehr authentisches Marsabenteuer.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Verlorenen von Andrew Bannister

Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
400 Seiten
17,00 €
ISBN: 978-3-492-70411-3

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Seldyan, einer Sklavin, gelingt die Flucht aus ihrem Gefängnis. Sie stiehlt das letzte existierende Kriegsschiff, um auf einem fernen Planeten ihre Freiheit zu genießen. Dort entdeckt sie einen neuen grünen Stern, der bis vor kurzem noch gar nicht existierte und um den sich ein Kult gebildet hat, der die Menschen zu unterdrücken versucht. Während der Hafenmeister Vess damit beauftragt wird, herauszufinden, wie Seldyan die Flucht gelingen konnte, bemerkt Seldyan, dass das von ihr gestohlene Schiff das Geheimnis um den grünen Stern und den daraus entstehenden Kult  bereits gelöst hat. Die Existenz der gesamten Spin-Galaxie steht auf dem Spiel …

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Die Saga um die Spin-Galaxie geht weiter. Ähnlich wie im ersten Teil „Die Maschine“ erfordert auch der zweite Teil ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit des Lesers, denn sehr schnell könnte man die Übersicht über die teil verwirrend erscheinende Handlung verlieren. Bannister bleibt seinen Stil treu und entführt den Leser in eine Welt jenseits unserer Vorstellungskraft. Man muss sich schon auf seine außergewöhnlichen Ideen einlassen können, um die ganze Tragweite des Plots zu verstehen. Dieses Mal wirkt die Geschichte auf mich allerdings sogar ein wenig runder als die des ersten Teils. Bannisters Schreibstil ist auch ein wenig anspruchsvoller geworden, möchte ich behaupten, und die Geschichte erschien ausgeklügelter. „Die Verlorenen“ setzt nicht unmittelbar an die Ereignise aus dem ersten Teil an, sondern erzählt erst einmal eine eigene Geschichte. Erst zum Ende hin erkennt man die Zusammenhänge zwischen „Die Maschine“ und „Die Verlorenen“. Ich persönlich hatte auf jeden Fall mehr Spaß als beim ersten Teil, und der hat mir schon gefallen. 😉

Andrew Bannisters Science Fiction-Epos trifft mit Sicherheit nicht jeden Geschmack. Die einen werden die Geschichte entweder überhaupt nicht verstehen oder als extrem langweilig und langatmig empfinden, die anderen  lassen sich auf Schreibstil und Ideen ein und werden mit einer gut durchdachten Welt belohnt, die sehr bildlich beschrieben wird. „Die Verlorenen“ spielt viele tausend Jahre nach den Ereignissen von „Die Maschine“ und zeigt, wie komplex und „episch“ letztendlich das von Bannister erschaffene Universum ist. Im zweiten Teil seiner geplanten Trilogie befasst sich der Autor mit Themen, die sich auch in unserer Welt finden: Sklaverei, politische Unruhen und Meinungsverschiedenheiten. Mit seinem zweiten Roman ist Andrew Bannister auf meiner geistigen Treppe eine Stufe höher gestiegen, denn er beweist auf alle Fälle, dass er innovative Ideen hat und diese auch in einer zuerst kompliziert wirkenden Handlung letztendlich logisch erzählen kann. Das Konstrukt seiner Spin-Galaxie wird durch „Die Verlorenen“ wieder etwas mehr verständlich und lässt unweigerlich auf einen Höhepunkt im letzten Teil hoffen. Bannister denkt, ähnlich wie manchmal Stephen Baxter, nicht in Jahren, sondern in weitaus größeren Zeitspannen, um seine Geschichte zu erzählen. Genau das ist es auch, was den Reiz der Spin-Trilogie für mich ausmacht.

Bannisters Buch, oder besser gesagt: Bücher, machen es dem Leser nicht leicht, das wahre Potential, das hinter dem Plot steckt, zu ergründen. Zu verwirrend ist es manchmal, wenn der Autor seine Sätze mit Wörtern schmückt, die man nicht versteht. Es lohnt sich aber, über solcherart Sätze hinwegzulesen und das Gesamtwerk am Ende auf sich wirken zu lassen. Denn so erschließt sich, wie schon beim ersten Teil, ein ganz besonderes Universum – und im Falle von „Die Verlorenen“ sogar an manchen Stellen einen unbedingt filmreifes Bild im Kopf des Lesers. „Die Verlorenen“ ist auf jeden Fall ein würdiger Nachfolger von „Die Maschine“ und legt sogar, wie oben schon erwähnt, aus meiner Sicht dramaturgisch und auch erzählerisch noch zu. Es werden mehrere Handlungsstränge abwechselnd erzählt, von denen ich nicht genau sagen kann, welcher mir mehr zugesagt hat. Ich habe mich jedenfalls immer wieder gefreut, in einen davon zurückzukehren, nachdem ich die Ereignisse des anderen verfolgt habe.

Andrew Bannister wird immer wieder vorgeworfen, er hätte Potential in seinen Büchern verschenkt. Ich bin da ganz anderer Meinung, denn sieht man zum Beispiel die ersten beiden Bücher als Gesamtwerk an, so erschließt sich einem doch ganz genau, was Bannister bezweckt. Eine große, Jahrtausende umfassende Geschichte anhand kleiner Begebenheiten zu beschreiben. Die bombastische Tragweite der Ereignisse versteckt sich genau genommen letztendlich zwischen den Zeilen und gerade das stellt für mich einen außergewöhnlichen Reiz dieser Reihe in der Science Fiction-Landschaft dar. Aspekte, die mir bei „Die Verlorenen“ besonders gut gefallen hat, sind die fantastischen Beschreibungen unglaublicher Dinge. Denkende und sprechende Raumschiffe zum Beispiel (Iain Banks „Die Spur der toten Sonne“ lässt grüßen) oder Lebewesen (Rennläufer), denen alle unnötigen Organe entfernt wurden, damit sie schneller laufen können. Ich liebe solcherart Ideen und Andrew Bannister kann das hervorragend beschreiben. Es lohnt sich aus meiner Sicht, sich durch die komplexe Handlung zu kämpfen, denn, wie erwähnt, das Gesamtbild, das im Kopf des Lesers zurückbleibt, ist für mich ausschlaggebend.

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Fazit: Komplexer, ideenreicher und meiner Meinung nach unterschätzter zweiter Roman der Spin-Trilogie.

© 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten