Der mexikanische Fluch von Silvia Moreno-Garcia

Der mexikanische Fluch von Silvia Moreno-Garcia

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Limes Verlag
insgesamt 412 Seiten
Preis: 22,00 €
ISBN: 978-3-8090-2747-8
Kategorie: Mystery, Drama, Belletristik

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Die junge Noemí erhält einen Brief von ihrer Cousine, die in einem abgelegenen Herrenhaus in den mexikanischen Bergen lebt und behauptet, dass ihr Mann sie vergiften will.
Noemí begibt sich auf die Reise in die Einöde und entdeckt, dass ihre Cousine nicht nur untertrieben hat, sondern dass das Haus und die Familie, in die eingeheiratet hat, ein düsteres Geheimnis umgibt.

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Nachdem man Silvia Moreno-Garcias Roman zu Ende gelesen hat, muss man unweigerlich zugeben, dass man gerade ein unheimlich atmosphärisches und meisterhaft geschriebenen Werk gelesen hat, an das man sich noch lange erinnern wird. Die ersten beiden Drittel wirken wie ein Roman aus der Feder von Shirley Jackson, die mit „Spuk in Hill House“ oder „Wir haben schon immer im Schloss gelebt“ eine ähnliche Stimmung erschaffen hat, wie Moreno-Garcias mit der vorliegenden Geschichte. Die Leser werden eingelullt in eine mystische, rätselhafte Handlung, die sehr ruhig und unspektakulär erzählt wird. Die Autorin beschreibt sowohl die Charaktere als auch die Umgebung und die Ereignisse sehr bildhaft, sodass man teilweise filmreife Bilder im Kopfkino erhält, die die bedrückende und teils bedrohliche Atmosphäre noch unterstreichen. Das Herrenhaus wirkt wie aus alten Schwarzweißfilmen und man ist hautnah bei den Geschehnissen dabei. Auf den ein oder anderen mag die Familiengeschichte und die darum verwobenen Rätsel etwas langatmig wirken, aber diesen Lesern sei nur gesagt: Durchhalten bis zum zweiten Drittel, denn dann nimmt die Geschichte zum einen eine unerwartete Wendung und wird zu anderen zu einem absoluten Pageturner, den man nicht mehr aus der Hand legen will.

Der Aufbau erfolgt, im Nachhinein betrachtet, sehr geschickt, weil sich die Bedrohung und das Familiengeheimnis erst allmählich herauskristallisiert und die Leser diesbezüglich ähnlich wie die Protagonistin lange Zeit im Dunkeln tappen. Das lange Finale könnte dann spannender und actionreicher nicht sein. Insgesamt erinnert die Handlung und die Atmosphäre „Der mexikanische Fluch“ an Filme wie die bereits erwähnte Litertaturverfilmung „Spuk in Hill House“ oder Guillermo del Toros „Crimson Peak“, also mit einem durchgehenden Hauch von gotischem Grusel. „Der mexikanische Fluch“ wirkt wie ein literarischer alter Schwarzweißfilm, eine Reinkarnation des alten Schauerromans, wie man sie etwa von Mary Shelley kennt. Moreno-Garcia schreibt in ähnlicher Weise, aber eben ein Stück moderner, was den Roman für heutige Lesegewohnheiten eindeutig leichter lesen lässt wie alte Klassiker. Und dennoch fühlt sich die vorliegende Geschichte tatsächlich wie ein wiederauferstandener Klassiker in neuem Gewand an: unheimlich, dekadent, erotisch und mysteriös. Hat man sich erst einmal an die relativ ruhige, unspektakuläre und niveauvolle Erzählweise gewöhnt, möchte man das Herrenhaus mit ihren unheimlichen, zwielichtigen Bewohnern gar nicht mehr verlassen.
Aus solchen Geschichten werden Filme gemacht.

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Fazit: Enorm atmosphärisches Haunted-House-Drama mit einer durchdachten Handlung.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Der Fährmann von Christopher Golden

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Buchheim Verlag
insgesamt 370 Seiten
Preis: 23,95 €
ISBN: 978-3-946330-01-0
Kategorie: Horror, Mystery

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Eine persönliche Tragödie, die Janine fast das Leben kostet, bringt sie wieder ihrem Ex-Freund David nahe. Durch ihre Nahtoderfahrung ist sie in Kontakt mit einem Wesen gekommen, das sie in bis in die Realität verfolgt. Gemeinsam mit David versucht Janine, sich diesem übernatürlichen Gegner zu stellen.

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Christopher Golden ist mit „Der Fährmann“ ein tolles, atmosphärisches Buch gelungen, das man nur schwer aus der Hand legen kann (und möchte). Auch wenn es sich hier um einen Horror-Roman handelt, den man fast schon als „klassisch“ bezeichnen könnte, wird in erster Linie eine ganze wunderbare (und irgendwie auch tragische) Liebesgeschichte erzählt. Die beiden Protagonisten (aber auch eine der Nebenrollen) wachsen einem sehr schnell ans Herz und man spürt förmlich die Funken und die gegenseitige Sympathie zwischen den Zeilen. Es macht wirklich unglaublich Spaß, Janine und David dabei zu begleiten, wie sie sich einander (wieder) nähern. Während so mancher Passage musste ich feststellen, dass ich diese Liebesgeschichte fast spannender fand als die Horrorhandlung.

Goldens Schreibstil ist prägnant und erinnerte mich so manches Mal an den von Bentley Little, den ich im übrigen auch sehr schätze. „Der Fährmann“ ist ein Pageturner, der auf keiner Seite langweilt. Egal, ob und was passiert, man ist als Leser mittendrin und möchte wissen, wie es weitergeht. Ich könnte mir die Handlung sehr gut als Film vorstellen, zumal Golden alles sehr bildhaft und detailliert beschreibt.
Im Grunde genommen passiert nicht einmal wirklich viel, und dennoch kann man das Buch nicht zur Seite legen, weil es äußerst spannend und unterhaltsam geschrieben ist. Zum Inhalt des Buches kommt dann auch noch das sehr ansprechende Äußere hinzu, das die „Politik“ des Buchheim Verlages, was die Schönheit eine Buches betrifft, unterstreicht. Die Covergestaltung und die Illustrationen wurden von keinem Geringeren als John Howe gestaltet, der unter anderem bei Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Trilogie mitgewirkt hat.

Insgesamt ist Christopher Goldens „Der Fährmann“ ein Buch, das mich sowohl äußerlich als auch inhaltlich absolut überzeugt hat und bei dem ich sicher bin, dass ich es eines Tages nochmals lesen werde. In die Hand nehmen werde ich es zwischendurch bestimmt immer wieder einmal, um darin herumzublättern.

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Fazit: Atmosphärischer Pageturner in einer tollen Ausgabe.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das Haus in der Needless Street von Catriona Ward

Erschienen als gebundene Ausgabe
im FESTA Verlag
458 Seiten
22,99 €
ISBN: 978-3-86552-950-3
Kategorie: Thriller, Drama

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Ted Bannerman ist ein Einzelgänger. Und er ist verdächtig, das kleine Mädchen Lulu entführt und womöglich getötet zu haben. Dee, Lulus Schwester, beobachtet und verfolgt Ted, um ihn der Tat zu überführen. Doch während sie vollkommen überzeugt davon ist, dass Ted ein böser Mann ist, muss dieser gegen völlig andere Dämonen ankämpfen …

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Schon während der ersten Seiten merkt man, dass „Das letzte Haus in der Needless Street“ ein außergewöhnlicher Roman ist, der sich von anderen Büchern dieses Genres abhebt. Es ist der Schreibstil, der einen sofort in den Bann zieht und bei dem man nie genau weiß, wie man das alles zu deuten hat. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, so dass es niemals langweilig wird. Man rätselt mit, was sich hinter den Geschehnissen verbirgt, überlegt, ob man Ted bedauern soll oder ob er tatsächlich der Kindesentführer und womöglich auch -mörder ist. Catriona Ward schreibt verzwickt, mysteriös und poetisch. Aus dieser Mischung entsteht ein faszinierendes Roman, der durchaus auch so manches Mal in der Kategorie „All Age“ des Festa-Verlages gepasst hätte. Aber ein „Must Read“ ist das vorliegende Buch auf jeden Fall.

Sicherlich mag es bei einigen Lesern auf Kritik stoßen, zumal sich Ward eben keinen gängigen Konventionen anpasst, sondern ihre Geschichte auf eigensinnige, teils während des Lesens absurd wirkende Weise erzählt und zu einem tollen Finale führt, mit dem man so nicht gerechnet hat. Ich mochte jedenfalls die verzwickte, außergewöhnliche Erzählweise, die mich zudem in eine extrem tolle Atmosphäre mitgenommen hat, die ich mir sehr gut als Film vorstellen konnte. Aber eine Verfilmung scheint ja eh in Planung zu sein.
Die Erzahlperspektive der Katze erinnerte mich des Öfteren an die Figur des Francis aus den Katzenromanen von Akif Pirincci, wobei aber beim vorliegenden Buch letztendlich eine andere Prämisse dahintersteckt. Insgesamt hat mich „Das letzte Haus in der Needless Street“ absolut gut unterhalten und mich vor allem auch zum Nachdenken gebracht. Die ernste Thematik, die hinter diesem Stoff steht, hat die Autorin aus meiner Sicht unglaublich gut und glaubwürdig eingefangen. Ich freue mich jedenfalls schon sehr, weitere Werke aus ihrer Feder im Festa-Verlag zu lesen, denn so wie es aussieht, werden auch noch ihre weiteren Romane in deutscher Sprache erscheinen. Für mich ist dieses Buch auf jeden Fall ganz klar ein „Must Read“.

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Fazit: Mysteriös, atmosphärisch und nachdenklich. Ein außergewöhnlicher Thriller.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Geist von Lucy Gallows von Kate Alice Marshall

Erschienen als gebundene Ausgabe
im FESTA Verlag
512 Seiten
22,99 €
ISBN: 978-3-86552-859-9
Kategorie: All Age, Horror, Grusel, Thriller

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Sara sucht ihre verschwundene Schwester Becca. Sie hat den Geist von Lucy Gallows gesucht, der jedes Jahr im Wald erscheint und ahnungslose Opfer zu sich lockt. plötzlich erhält Sara eine mysteriöse Nachricht, in der sie dazu aufgefordert wird, »das Spiel zu spielen« und Lucy Gallows zu suchen.
Zusammen mit ihren Freunden betritt sie den Wald betritt und geht eine unheimliche, aus dem Nichts erschienene, Straße entlang, in der Hoffnung, nicht nur Lucy Gallows sondern auch Becca zu finden …

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Ich war sehr gespannt auf diesen Roman, wurde er doch mit zwei Filmen/Serien verglichen, die ich sehr mag. Dennoch gehe ich bei solchen Vergleichen mit einer gewissen Vorsicht an ein Buch heran, weil ich nicht enttäuscht werden will. So war es dann auch beim vorliegenden „Der Geist von Luca Gallow“, meinem ersten Buch aus der Feder von Kate Alice Marshall. Das war vielleicht auch gut so, denn was mich dann erwartete, war vielmehr eine Reise a la David Lynch. Sicherlich passen die zum Vergleich herangezogenen „Blair Witch Project“ und „Stranger Things“ im Nachhinein auch, aber Marshall erzählt eine eigene Geschichte. Durch den unkonventionellen Schreibstil ist man tatsächlich mittendrin in der Handlung. Für viele mag diese Art des Erzählens gewöhnungsbedürftig sein, ich fand sie ab der ersten Seite an einfach nur klasse.

Was viele als wirr und unlogisch betrachten, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als fast schon visionäre Reise in eine andere Existenz und hat mich so manches Mal beispielsweise an den unterschätzten Horrorfilm „Reeker“ erinnert. Ich liebe solche Szenarien, bei denen man erst einmal nicht genau weiß, um was es geht und selbst etwaige Auflösungen hineininterpretieren kann. „Der Geist von Lucy Gallows“ ist fast wie ein David-Lynch-Projekt für Heranwachsende. Kate Alice Marshall hat eine hervorragende Atmosphäre eingefangen, die mich absolut in ihren Bann gezogen hat. Wer einen Horror-Roman mit jeder Menge Blut erwartet, wird hier sicherlich enttäuscht werden, denn hier bedarf es schon auch einer eigenen Interpretation mancher Geschehnisse. Ich für meinen Teil wurde positiv überrascht, als ich den Protagonisten in eine mystische Welt folgte und habe mir vieles äußerst bildhaft vorstellen können. Ich habe gehört, dass Marshalls erster Roman “ Ich lebe noch“ (ebenfalls im Festa-Verlag erschienen) verfilmt werden soll. „Der Geist der Lucy Gallows“ könnte ich mir ebenfalls als absolut magisches visuelles Erlebnis vorstellen. Die Autorin hat mich jedenfalls mit ihrem Schreibstil und ihrer ideenreichen Geschichte überzeugen können, so dass ich mir mit Sicherheit auch noch andere Bücher von ihr besorgen werde.

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Fazit: Unkonventioneller Trip in eine ganz besondere, mystische Welt.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Ermordung des Commendatore I – Eine Idee erscheint von Haruki Murakami

Murakami

Erschienen als Taschenbuch
im btb Verlag
insgesamt 478 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-3-442-71860-3
Kategorie: Belletristik, Drama

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Ein junger Maler wird von seiner Frau verlassen und zieht in ein einsames Anwesen, das dem Vater eines Freundes gehört. Der Eigentümer des Hauses ist ebenfalls Maler und als der neue Bewohner ein unbekanntes Gemälde von ihm entdeckt, verfällt er diesem.
Als dann auch noch ein unbekannter Mann von dem jungen Maler verlangt, ein Porträt von ihm anzufertigen, gerät dessen Welt immer mehr aus den Fugen.

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Man geht ja schon mimt einer gewissen Erwartungshaltung an ein neues Buch von Haruki Murakami heran. Zu tief sind die Eindrücke seiner vorherigen Bücher in einem verwurzelt, als dass man nicht einen weiteren Höhepunkt seiner Karriere erwarten würde. Und dann kommt ein Buch wie „Die Ermordung des Commendatore“ und erfüllt zum einen alle Erwartungen und zeigt zum anderen, dass Murakami auch ein bisschen anders kann, als man von ihm gewohnt ist. Der erste Band dieser Geschichte beginnt sehr ruhig und unspektakulär, was mir aber außerordentlich gut gefallen hat. Ich fühlte mich des Öfteren ein wenig an Stephen Kings „Wahn“ erinnert, in dem ebenfalls ein Mann in einer einsamen Umgebung mit sich selbst zurechtkommen muss. Auch Kings Protagonist ist übrigens ein Maler. 😉

Auf melancholische Art und Weise schaffte es Murakami innerhalb kurzer Zeit, mich vollkommen mit seiner Geschichte in den Bann zu ziehen. Die Überlegungen des Protagonisten und auch seine Handlungen sind sehr authentisch und nachvollziehbar, so dass man sich (zumindest als Mann 😉 ) sehr mit der Hauptperson identifizieren kann. Murakami schreibt auch sehr freizügig, aber immer mit einem hohen Niveau, von der Sexualität seines Helden. Auch das gefiel mir ausnehmend gut. In diesem ersten von zwei Teilen entsteht eine unglaublich intensive Atmosphäre, die an manchen Stellen sogar an eine klassische Gruselgeschichte erinnert. „Die Ermordung des Commendatore“ hat meine Erwartungen genau genommen sogar übertroffen, denn ich hatte nicht so einen ruhigen, stimmungsvollen Roman erwartet, sondern eher eine abgedrehte Handlung mit mehr „Action“.
Die Eheprobleme sind nachvollziehbar und besitzen einen Hauch von Wehmut, der sich durch das ganze Buch zieht. Man spürt die Liebe der beiden Menschen zueinander, sieht aber auch ein, dass die Beziehung am Ende angelangt ist. Es ist wirklich ganz wunderbar beschrieben.

Haruki Murakami hat mit diesem Buch seinen Ruf als einer der genialsten Geschichtenerzähler neben Stephen King (wobei man die beiden nicht wirklich vergleichen kann) erneut bestätigt. Ich kann mich in seinen Geschichten verlieren wie selten und verlasse am Ende immer mit Bedauern die Personen und Handlungsorte. Murakami beherrscht es hervorragend, das Seelenleben seiner Personen zu beschreiben und man findet oftmals Teile von einem selbst darin. Manchmal liefen die Bilder der Handlung in Form eines von David Lynch oder Lars von Trier inszenierten Mystery-Thrillers ab, dessen Sog ich mich nicht mehr entziehen konnte. Obwohl dieses Buch für viele an Langatmigkeit nicht mehr zu übertreffen sein mag, stellte es für mich ein hypnotisches Werk dar, von dem ich niemals genug bekommen konnte. Murakami beschreibt die Personen, Handlungsorte und Ereignisse so detailliert, dass man während des Lesens tatsächlich meint, man wäre mittendrin. Besser kann ein Buch nicht geschrieben werden. ich bin schon sehr auf den zweiten Teil und das Ende dieser tollen Geschichte gespannt.

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Fazit: Murakami mal anders, aber nichtsdestoweniger genial.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten