Kidnapped von Chelsea Cain

 

Erschienen als Taschenbuch
bei blanvalet
Preis: 8,99 €
ISBN: 978-3-641-15803-3
Kategorie: Science Fiction

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Als 6-jährige wird Kathleen „Kit“ Lannigan entführt. 5 Jahre später wird das Mädchen gefunden und gerettet. Ihre Mutter schlägt nach der Rettung Profit und Ruhm aus ihrer Tochter, die jahrelang missbraucht und zur Produktion von Filmen für Pädophile benutzt wurde. Als „Beth“ erlangte sie in diesen Kreisen Berühmtheit. Noch heute, 10 Jahre später kursieren diese Filme im Internet.

Wieder ist ein kleiner Junge ist verschwunden und gemeinsam mit James, ihrem Bruder – wie Kick ( „Kit“ ) ihn selbst nennt – versucht sie, ihn aufzuspüren. Denn diese Fälle beschäftigen sie noch heute. Sie muss zwanghaft jeden Vermissten-Fall lückenlos verfolgen. Denn sie weiß ganz genau, was mit diesen Kindern geschieht. Eines Abends sitzt plötzlich ein ihr unbekannter Mann in Kicks Wohnung. John Bishop sucht professionell vermisste Kinder und ist sich absolut sicher, dass Kick ihm bei seiner Suche nach Adam Rice, dem aktuell vermissten Kind,  helfen kann. Denn sie weiß Dinge, die für Bishop von großem Vorteil sind. Doch dazu muss Kick sich auf eine dunkle Reise in ihre Kindheit begeben. Sie muss Erinnerungen hervorholen, die sie jahrelang versuchte zu verdrängen ….

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Als jahrelanger Fan von Chelsea Cain (die Gretchen Thriller – ich habe sie hier alle rezensiert) war ich natürlich sehr neugierig auf den Start ihrer neuen Reihe. Und wieder einmal hat mich die Autorin schlagartig gefesselt. Schon lange habe ich kein Buch mehr innerhalb einer Woche gelesen.

Das Thema ist schlimm, pervers und leider aktuell und hochbrisant. Kinderpornografie, Kindesmissbrauch, Entführung und Handel. Alle diese Themen behandelt der neue Thriller der Autorin. Brutal ist er sicher auch, jedoch nicht auf die o.g. Punkte bezogen, hier spielt sich die Grausamkeit eher auf psychologischer Ebene ab. Denn Cain beschreibt keine sexuellen Handlungen an den Kindern. Sie beschreibt, wie sie „gehalten“ wurden, wie sie „klein gemacht“ wurden, wie sie ständig umzogen und die Häuser wechselten.


Ganz extrem finde ich diese Art „Bindung“, die die Autorin beschreibt, die sich zwischen Beth (der kleinen Kick) und ihrem Entführer „Daddy“/Mel aufgebaut hat und die irgendwie immer noch andauert. Er selbst hat Kick körperlich nie weh getan, er hat mit ihr gespielt und war gut zu ihr. Er hat mit ihr Ferien gemacht und Kick mochte ihn. Es klingt unglaublich und mehr erzähle ich auch nicht.

Die Kick der Gegenwart ist tough, stark und schlagfertig auf der einen Seite und auf der anderen immer noch sehr emotional und verletzlich. Die Ermittlungen, gemeinsam mit John Bishop, haben mir großen Spaß gemacht. Die Gespräche der beiden waren einfach sehr gut geschrieben und trotz der ganzen Spannung und Dramatik hat die Autorin hier eine ganz tolle Stimmung erschaffen. John Bishop erinnerte mich immer ein wenig an Jason Statham in „Transporter“ und bei Kick hatte ich immer Lisbeth Salander vor Augen, auch wenn Kick lange und wuschelige Haare hat.

Mein Fazit: Ein absolut gelungener Auftakt einer neuen Reihe, mit einer wunderbaren Protagonistin. Ein schreckliches Thema wird behandelt, aber Cain hat die Gratwanderung mit Bravour gemeistert und einen fesselnden Thriller geliefert, der sehr emotional und dennoch absolut spannend und unterhaltsam ist.

© Marion Brunner_Buchwelten 2017

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Hilflos von Barbara Gowdy

hilflos

Erschienen als gebundene Ausgabe
bei Kunstmann
insgesamt 336 Seiten
Preis: 19,90 €
ISBN: 978-3-88897-462-5
Kategorie: Drama, Thriller

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Bei einem Stromausfall verschwindet die neunjährige Rachel spurlos. Die Mutter und Freunde helfen der Polizei bei der Suche, nichtsahnend, dass sich das Mädchen gar nicht einmal so weit entfernt von ihnen befindet. Rachel wurde von Ron und Nancy entführt, die sich nichts sehnlicher wünschen, als ein eigenes Kind. Und Ron verspürt manchmal eine wahnsinnige Sehnsucht und Liebe gegenüber dem Mädchen, dass er sie nicht mehr hergeben möchte …

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Barbara Gowdy hat ein intensives Drama geschrieben, das sehr mitnimmt und emotional aufwühlt. Alleine die Tatsache, dass Gowdy versucht, eine Kindesentführung aus Sicht des Entführers, der Entführten und der betroffenen Mutter zu schildern, macht diesen Roman lesenswert. Denn die Autorin schafft es tatsächlich, jede Seite „verständlich“  und nachvollziehbar zu machen. Auf sehr ruhige Art wird eine Geschichte erzählt, die im Grunde genommen nur von einer Sache erzählt, nämlich der Macht der Liebe. Es ist eine Gratwanderung, die Gowdy hier entlang geht, ohne dabei auf eine Seite abzustürzen.
So schrecklich die Thematik auch ist, so einfühlsam und empathisch wird die Geschichte erzählt, dass sie so manches Mal sogar den Schrecken vergessen lässt und Hoffnung auf eine bessere Welt aussät. Immer wieder hofft man, dass der Entführer seinen Gelüsten nicht nachgibt. Wie diese innere Zerrissenheit des Mannes beschrieben wird, ist schon sehr realistisch und sensibel.

Eindringlich, nachvollziehbar und tiefgründig beschreibt Gowdy, was in einem Mann vorgeht, der Liebe und Begehren zu einem Mädchen nicht ganz unterscheiden kann. Andererseits spürt man die Verzweiflung der Mutter und die Anspannung, die solch ein Vorfall im Freundeskreis auslöst. Die Unsicherheit des entführten Mädchens wird so grandios in Szene gesetzt , als erhielte man tatsächlich Einblick in die Gefühlswelt eines solchen Opfers.
Barbara Gowdy hat sich in ihrem sechsten Roman einem schwierigen Thema gewidmet und hat dies aus meiner Sicht mit Bravour gemeistert. Ich konnte mich schwer von der Geschichte losreißen. Das Ende hat mich nachdenklich gemacht.
Gowdy versucht, sich in die Psychologie eines solchen Straftäters einzudenken und ich finde, das ist ihr sehr gut gelungen. Ihr geht es in ihrem Roman weniger um eine effektgeladene Krimigeschichte, als vielmehr um ein Psychogramm von Entführer und Entführter.
Wer sich auf das Thema einlassen kann, wird mit einer spannenden, aber dennoch sehr ruhigen Geschichte belohnt, die es in sich hat.

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Fazit: Einfühlsam und ruhig erzählt Barbara Gowdy die Geschichte einer Kindesentführung und versucht dabei, die Psychologie des Täters zu durchleuchten.

© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Verderbnis von Mo Hayder

hayder

Erschienen als Taschenbuch
bei Goldmann
insgesamt 448 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-442-47780-7
Kategorie: Krimi, Thriller

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Bei einem Autodiebstahl wird anscheinend zufällig ein elfjähriges Mädchen mit entführt. Cafferys anfängliche Hoffnung auf einen guten Ausgang gerät allerdings ins Wanken, als das Mädchen offensichtlich vom Täter nicht einfach irgendwo „ausgesetzt“ wird und auch Tage später noch nicht auftaucht. Dann verschwindet ein zweites Mädchen und je mehr Zeit vergeht, desto schlechter werden die Aussichten, die beiden Mädchen noch lebend zu finden. Jack Caffery und Polizeitaucherin Flea Marley ermitteln getrennt voneinander und entdecken bald, dass noch weitaus mehr hinter dem Fall steckt, als sie bislang vermutet hatten …

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Der fünfte Fall für Ermittler Jack Caffery entführt den Leser erneut in eine düstere Welt voller menschlicher Abgründe. Die Parallelhandlungen von Cafferys und Flea Marleys Ermittlungen sind wieder hochgradig spannend und fesselnd, so dass es einem wirklich schwer fällt, das Buch aus der Hand zu legen.
Mit jedem Teil dieser superben Thriller-Reihe zieht Mo Hayder ihre Leser immer mehr in einen unausweichlichen Bann, der süchtig macht. Die Charaktere und die abermals verstrickte Handlung, die sich über unerwartete Wendungen zu einem logischen Ganzen zusammenfügt, könnten nicht besser sein.

Mit jedem Band werden mir Caffery und Marley mit all ihren Stärken und vor allem Schwächen sympathischer. Durch die intensive, glaubhafte Beschreibung der beiden könnte man als Leser fast meinen, sie persönlich zu kennen. Die Zusammenhänge der einzelnen Fälle (Bücher) über den Umweg des „Walking Man“ macht unglaublich Spaß und man kann nicht abwarten, den Folgeband zu lesen. Mo Hayder hält ein durchwegs hohes Niveau und zeigt, dass sie zu den ganz großen Thriller-Autorinnen unserer Zeit zählt. Die Plots sind allesamt überraschend und durchdacht und der Schreibstil auf hohem Niveau.
Wie Hayder die Schauplätze beschreibt ist schon filmreif. Die immerwährende düstere und beklemmende Stimmung mag nicht jedermanns Sache sein, ich für meinen Teil kann gar nicht genug davon bekommen. Und trotz der psychologischen Härte und Brutalität ist man erstaunlicherweise nie angewidert. Mo Hayder hat ein feines Gespür, über Grenzen zu gehen, ohne zu ekeln.

Wie schon in den vorhergehenden Bänden begeisterte mich die intelligent verstrickte Handlung auch hier wieder. Man fiebert und ermittelt mit, wird auf falsche Spuren gelockt und kommt lange nicht dahinter, was genau gespielt wird. Was kann man mehr von einem Thriller erwarten?

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Fazit: Erneut entführt Mo Hayder den Leser in einen beklemmenden, düsteren Kriminalfall, der von Anfang bis Ende durch geschickte Wendungen überrascht und begeistert. Absolut zu empfehlen!

© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Behandlung von Mo Hayder

Behandlung

Erschienen als Taschenbuch
bei Goldmann
insgesamt 512 Seiten
Preis: 9,95 €
ISBN: 978-3-442-45626-0
Kategorie: Krimi, Thriller

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Zuerst wird die Familie Peach tagelang im eigenen Haus von einem Unbekannten festgehalten. Zuletzt wird dann Rory, ihr kleiner Sohn entführt, während die Eltern ins Krankenhaus eingeliefert werden. Mit undurchsichtigen Fakten macht sich Caffery an den Fall heran und stößt immer wieder auf den Namen „Troll“, der Kinder entführen soll. Die Spur führt zu einem Pädophilenring und Caffery fühlt sich sofort an ein dunkles Kapitel aus seiner eigenen Vergangenheit erinnert …

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Mo Hayders zweiter Fall um den Ermittler Jack Caffery setzt dem Startband „Der Vogelmann“ noch eines drauf. Dieses Mal ist es aber nicht die Brutalität der Morde, die dem Leser einen Magenschwinger versetzt, sondern die psychologische Seite der Verbrechen. Wenn es um Kindesmisshandlung geht, ist wohl jeder normal denkende Mensch sofort höchst sensibilisiert. Was Hayder in diesem Buch aufrollt, geht nahe an die Grenze des Ertragbaren, ist aber erstaunlicherweise trotz aller Brutalität und Grausamkeiten sehr sensibel „in Szene gesetzt“. Das ist schon fast ein kleines Wunder, wie man so einfühlsam derart grausigen Dinge beschreiben kann. Mo Hayder ist es auf jeden Fall gelungen.

Was mir bei diesem zweiten Teil der Serie auffiel, war, wie die Privatgeschichte Cafferys kontinuierlich weitererzählt wurde. Das hat mir sehr gut gefallen und, auch wenn es immer wieder heißt, man könne die Bücher durcheinander lesen; ich würde sie chronologisch angehen, denn das Leben des Ermittlers geht im Hintergrund der einzelnen Fälle weiter und setzt sich zum vorhergehenden Band fort. Das ergibt eine wirklich gute Stimmung, wenn man den Ermittlungen folgt und abends zusammen mit dem Protagonisten dessen private Probleme „wälzt“.
Die Verbindung des Falles mit einem Erlebnis aus Cafferys Vergangenheit ist schlichtweg brillant und hat mich sehr beeindruckt. Und, wie schon bei Band 1, schafft es Hayder immer wieder, der Entwicklung der Handlung eine unvorhergesehene Wendung zu verschaffen.

Insgesamt hat mir der zweite Band der Caffery-Reihe von Mo Hayder eigentlich besser gefallen wie der erste, obwohl ich mich da sehr schwer festlegen kann. Eines steht auf jeden Fall fest: Mo Hayder hat mich mit ihrem Schreibstil und ihren Ideen zweifellos für sich gewonnen. Ich werde mir die weiteren Bände auf jeden Fall noch besorgen, denn das „Kultpotential“ dieser Krimi-Thriller-Serie ist wirklich sehr hoch.

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Fazit: Noch düsterer und weitaus beklemmender als der erste Band der Reihe, wird der Leser bei „Die Behandlung“ in einen finsteren Abgrund geworfen, der schockiert und betroffen macht. Mo Hayder hat es wirklich drauf.

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© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten