Das Flüstern von Andreas Brandhorst

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Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag 
insgesamt  464 Seiten
Preis: 16,99 €
ISBN: 978-3-492-06101-8
Kategorie: Thriller

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Nikolas ist acht Jahre alt und überlebt wie durch ein Wunder einen schweren Verkehrsunfall. Seine Eltern kommen dabei aber ums Leben. Nikolas hört immer wieder eine geheimnisvolle Stimme in seinem Kopf,  ihn beschützt. Schon bald gerät er in ein mysteriöses Institut in der Schweiz, in dem Kinder mit besonderen Begabungen, wie Nikolas eine besitzt, erforscht werden, wo er Sonja kennenlernt. Gemeinsam fliehen sie und entdecken eine furchtbare Wahrheit  …

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Andreas Brandhorst beweist mit dem vorliegenden Mystery-Thriller nach „Das Erwachen“ und „Ewiges Leben“ erneut, dass er nicht nur hervorragend Science-Fiction, sondern auch Thriller schreiben kann. „Das Flüstern“ ist sogar wieder anders als die beiden vorhergenannten und erzählt eine Geschichte, wie man sie eher von Ralf Isau, Dean Koontz oder gar Stephen King erwartet hätte: Mystery mit einem Hauch Grusel, teilweise Action und ansonsten eine eher ruhige Grundstimmung. Das ist auch schon der erste Punkt, der mich bei „Das Flüstern“ vollkommen überzeugt hat: die Atmosphäre. Der Leser bekommt sehr stimmungsvolle Handlungsorte und authentische Protagonisten geschildert, die mit einer unheimlichen Macht zu kämpfen haben. Alleine die Ausgangssituation empfand ich sehr ansprechend. Sie machte mich neugierig und ich würde vom Ergebnis nicht enttäuscht.

Es wäre kein Andreas Brandhorst, wenn nicht auch aktuelle Themen der Forschung und der Entwicklung der Menschheit behandelt werden würden. Niemals aufdringlich ließ mich „Das Flüstern“ so manches Mal innehalten, weil ich über das Geschriebene nachdenken musste. Der Thriller bietet also neben einer spannenden Handlung auch noch einige Aspekte, die den Leser beschäftigen.
Gerade die erste Hälfte des Buches hat mich so richtig in seinen Bann gezogen, wenn man nämlich Nikolas auf seinem „Leidensweg“ begleitet und, wie er selbst, nicht weiß, mit was man es zu tun hat. Es gab einige Szenen, die haben mich an alte Schwarz-Weiß-Filme und Gruselromane erinnert, wie man sie heutzutage nicht mehr inszeniert und schreibt. Brandhorst hat mich mit seinem Schreibstil wie immer von der ersten Seite an packen können. Und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. 😉

Die Geschichte hat einen ganz eigenen Reiz, der einen auch noch nach der Lektüre beschäftigt. Für viele mag der Roman langatmig und auch langweilig wirken, für mich hat Brandhorst genau die richtige Mischung getroffen, um sich in der beschriebenen „Welt“ wohlzufühlen. Manche Szenen haben mich an die alten Werke von Stephen King wie zum Beispiel „Carrie“ oder „Feuerkind“ erinnert, wo es ebenfalls um Außenseiter beziehungsweise Kinder mit außergewöhnlichen Begabungen geht. „Das Flüstern“ hebt sich aus meiner Sicht von ähnlichen Genrebeiträgen durch seine packende Erzählweise  ab, weil es auch sehr detailliert in die Gefühlswelt des jungen Protagonisten eindringt. Andreas Brandhorsts Schreibsstil ist unverkennbar, obwohl er in seinen Science-Fiction-Romanen eindeutig hochwertiger schreibt, was seine Ursache mit Sicherheit in den komplizierteren Themen hat. Gerade deshalb entwickelt sich „Das Flüstern“ aufgrund dieser „einfachen“ (absolut nicht negativ gemeint) Schreibweise zu einem Pageturner, was allerdings wiederum nicht heißen soll, dass Brandhorsts SF-Romane keine Pageturner sind. Ganz im Gegenteil. Letztendlich gefallen sie mir auch aufgrund des höheren philosophischen Anteils besser. 😉

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Fazit: Sehr atmosphärischer Mystery-Thriller, der ungemein Spaß macht.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

 

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Eklipse von Andreas Brandhorst

Eklipse

Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag 
insgesamt  494 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-492-70511-0
Kategorie: Science Fiction

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Als das Raumschiff Eklipse nach einer Ewigkeit aus dem All zurück auf die Erde kehrt, findet sie diese vollkommen verändert vor. Irgendetwas scheint passiert zu sein, denn nichts ist mehr so, wie es bei ihrem Abflug war. Zudem kommt dann auch noch hinzu, dass die Eklipse ein gefährliches, außerirdisches Wesen mit an Bord hatte, von dem die Crew nichts wusste und das den Rest der Menschheit in große Gefahr bringt. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, als die Crew versucht, das Alien aufzuspüren und dabei einem Geheimnis auf die Spur kommt, dass die menschliche Vorstellungskraft sprengt …

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Schon nach den ersten Seiten war mir wieder klar, dass Andreas Brandhorst mit seinem neuen Roman die von ihm gewohnte Qualität liefert. Zu Anfang konzentriert sich der Autor dieses Mal allerdings erst einmal weniger auf seine typischen, philosophischen Gedankengänge, sondern widmet sich einem absolut atmosphärischen Weltraumabenteuer, das einen sofort in den Bann zieht. Nichtsdestotrotz bleibt natürlich der hochwertige Schreibstil, den man von Brandhorst kennt, erhalten. Der Plot erinnert zuerst natürlich aufgrund seiner Thematik ein wenig an Ridley Scotts zeitlosen Klassiker „Alien“, was aber absolut nicht bedeutet, dass Brandhorst kopiert. Ganz im Gegenteil, er vermittelt eine ganz eigene und für ihn typische Stimmung, die sich durch den ganzen Roman zieht. Die Ausgangssituation stellt auch nicht den Hauptteil der Story dar, denn es geht in eine ganz andere Richtung, als man zuerst vermutet.

Es wäre aber kein Brandhorst, wenn sich nicht ab einer bestimmten Stelle die Handlung dann doch immer mehr einem philosophischen Aspekt nähern würde. Fast schleichend entwickelt sich der an sich „normale“ Science Fiction-Plot in ein atemberaubendes, episches Abenteuer, wie man es so nicht erwartet hätte. Brandhorst eben!
Bildlicher kann man eine Geschichte nicht erzählen. Und wie es bei diesem Autor nun einmal so ist, vermittelt er durch seine Worte nicht nur „greifbare“ Bilder, die sich der Leser in seinem Kopfkino vorstellt, sondern dringt damit auch in die Emotionen des Leser ein. Das gesamte Ausmaß dieser Genialität erblüht eigentlich erst immer nach dem Lesen des Werks, denn dann beginnt man darüber nachzudenken, was man da gerade in sich aufgesaugt hat. Es ist wirklich unglaublich, mit welcher Wortgewalt Andreas Brandhorst seine utopischen Geschichten (und nicht nur die, denn er schreibt auch fantastische Thriller)  erzählt.

Und dann kommt das Ende, das einen umwirft (zumindest erging es mir so). Das ist Erzählkunst, Ideenreichtum und Wortgewandtheit in einem. Wie schon bei seinen anderen Büchern schafft es Brandhorst, mich tatsächlich zu überwältigen mit seinen innovativen Wendepunkten und Entwicklungen. Das verursachte bisher nur Stephen Baxter mit dem Großteil seiner Bücher. Sowohl er wie auch Brandhorst (und vielleicht noch Peter F. Hamilton) gehen über Grenzen, sprengen die menschliche Vorstellungskraft und meistern es dennoch, dem Leser all diese Dinge klar und verständlich zu vermitteln. Deutsche, aber auch internationale Science Fiction ist meiner Meinung nach ohne Andreas Brandhorst nicht möglich. Intelligente Plots, klar ausgearbeitete Charaktere und geniale Wendungen beziehungsweise Auflösungen sind Brandhorsts Markenzeichen, die er mit jedem neuen Roman erneut eindrucksvoll unter Beweis stellt. Manchmal stellt sich mir die Frage, woher dieser Mann diese unglaublich intensiven und emotionalen Storys hervorzaubert. Aber im Endeffekt ist es egal, woher sie kommen, Hauptsache, sie werden niedergeschrieben.

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Fazit: Großartige SF aus Deutschland. Episch,ausgeklügelt und emotional.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Mitternacht von Christoph Marzi

Mitternacht

Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag 
insgesamt  310 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-492-28090-7
Kategorie: Fantasy, All Age, Jugendbuch

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Nicholas James trifft eines Nachts auf Peter Chesterton, einen geheimnisvollen Fremden, der ihm eine Parallelwelt zeigt, in der die Toten weiterexistieren. Dieser Ort wird „Mitternacht“ genannt und Nicholas bekommt eine schwerwiegende Aufgabe zugeteilt, bei der ihm ein Findelgeistmädchen namens Agatha zur Seite steht.

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Schon zu Beginn seines neuesten Buches „Mitternacht“ wirft Christoph Marzi seine Leser in ein wunderbares und philosophisches Abenteuer. Der vorliegende Roman ist aus meiner Sicht eine Mischung aus Jugendbuch und Erwachsenenroman, kann sich also ohne weiteres unter dem modernen Begriff All Age-Buch einreihen. Marzi hat eine wunderbar einfache und flüssige Sprache, die sich jedoch immer auf einem hohen Niveau bewegt. Das macht dieses Buch zu etwas ganz Besonderem und hat mich an vielen Stellen auch sogar an den grandiosen Michael Ende erinnert. Die Abenteuer, die der Protagonist erlebt, gleichen sicherlich manchmal denen gängiger Jugendbücher, die auf dem Markt sind. Aber Marzi besitzt ein hervorragendes Feingefühl für wunderbare Sätze, die seine Bücher letztendlich doch immer wieder vom Einheitsbrei abheben lassen. So auch im Fall von „Mitternacht“, der anscheinend den Auftakt einer geplanten Serie darstellt.

Die Kapitel in diesem Roman sind sehr lange gehalten, umso verwunderlicher war ich dann, als die letzten Kapitel teilweise nur noch zwei, eine oder gar nur eine halbe Seite dauerten. Wenn man dann allerdings das Nachwort des Autors liest, versteht man diese Vorgehensweise. Durch das Nachwort habe ich diesen Roman im Nachhinein mit völlig andere Augen gesehen und ich empfinde es als eine wahre Meisterleistung von Marzi, dieses Projekt trotz der Geschehnisse, die den Autor ereilt haben, zu Ende zu bringen. „Mitternacht“ ist eine wunderbare und vor allem kurzweilige Reise in eine Welt, in der die Toten noch weiter existieren. Marzi hat vor allem eine wunderschöne Idee als Ausgangspunkt für seinen Roman geschaffen, die einen sehr bewegt und auch nach dem Genuss der Lektüre noch beschäftigt. Ich fühlte mich in dieser Welt sehr heimelig und konnte es kaum erwarten, weiterzulesen. Gerade die philosophischen Aspekte, die Marzi oft zwischen den Zeilen anbringt, machen dieses Buch zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Ich bin wirklich sehr gespannt, wann und ob der Autor es schafft, eine Fortsetzung dieser Geschichte zu schreiben. Vor allem besitzt diese Geschichte eine sehr tolle Atmosphäre, der man sich nicht entziehen kann, sofern man sich darauf einlässt. Marzi besitzt einen großen Ideenreichtum und beschreibt die Geschehnisse in seinen Romanen einerseits auf eine altertümliche Art, vermischt aber auch moderne Dinge wie Internet und soziale Netzwerke darin. Dieser Mix ist es auch, der seine surrealistischen Geschichten auf gewisse Art und Weise irgendwie doch wieder realistisch erscheinen lässt. „Mitternacht“ ist ein wirklich schönes und empfehlenswertes Buch, das man aufgrund seiner flüssigen Schreibweise sehr schnell liest. Ich freue mich schon sehr, wenn Christoph Marzi etwas Neues auf den Markt bringt.

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Fazit: Wunderschön geschriebenes All Age-Abenteuer über eine geheimnisvolle Welt der Toten.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Besucher von Tyler R. Parsons

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Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag 
insgesamt  198 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-3-492-70534-9
Kategorie: Science Fiction

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Nach einem tragischen Unfall treibt Astronaut Roman Briggs hilflos durchs All. Seine Vorrätehalten nicht besonders lange, so dass sich Briggs mit seinem Tod abfindet. Doch dann tauchen die Manti auf, eine  außerirdische Rasse, die Briggs  erlaubt, sich an ihre Außenhülle zu ketten, bis sie auf ein menschliches Raumschiff stoßen. Durch die Fenster des Alien-Schiffs kann Briggs das tägliche Leben seiner Retter beobachten. Aber eines Tages beobachtet er etwas, das er besser nicht hätte sehen sollen …

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Tyler R.Parsons Romandebüt die Besucher beginnt wie der Science-Fiction Kinoblockbuster „Gravity“. Aber das war es dann auch schon mit derartigen Vergleichen. Hat man die ersten Seiten gelesen und die Ausgangssituation verstanden, wirft einen Parsons in ein vollkommen anderes Abenteuer, das mir außerordentlich gut gefallen hat. Es dauert auch gar nicht lange, bis man sich fühlt, als sei man selbst der Protagonist, der allein im Weltall schwebt und sich an die Hülle eines außerirdischen Raumschiffs klammern muss, um zu überleben. Die Gedankengänge des Protagonisten sind absolut nachvollziehbar und teilweise sehr humorvoll, was einem während des Lesens oftmals ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Dennoch versteht es Parsons den Spannungsbogen konstant aufrechtzuerhalten und den Leser so weit zu bringen, dass er immer noch ein weiteres Kapitel liest, um zu erfahren, wie es weitergeht.
Parsons Schreibstil ist sehr einfach und flüssig zu lesen, aber besitzt dennoch ein gewisses Niveau. Es macht schlichtweg unglaublich Spaß, die missliche Lage des Astronauten zu verfolgen.

Der Roman ist relativ kurz gehalten, dürfte aber genaugenommen auch gar nicht länger dauern, denn alles, was wichtig ist, wird auch erzählt. Zu keinem Zeitpunkt kommt Langeweile auf, sondern die Geschichte wird geradlinig und vor allem spannend erzählt. Der Autor erzählt seine Geschichte so bildhaft, dass man wirklich meint, man wäre dabei. Das macht diesen Roman sehr sehr kurzweilig, so dass man ihn am liebsten gar nicht aus der Hand legen möchte. Es ist außerdem eine ganz wunderbare Atmosphäre, in die uns Parsons mit seinem Debütroman entführt und ich bin schon wirklich sehr gespannt, was uns dieser Mann noch alles an literarischen Abenteuern beschert. Bei einigen Szenen musste ich unwillkürlich an „Star Trek“ denken, gerade was die Handlungsweisen der außerirdischen Lebewesen betrifft. Die Kommunikation zwischen diesen Aliens und dem Protagonisten ist ebenfalls teilweise witzig, andererseits aber auch auf gewisse Art und Weise fremdartig. Und genau diese Mischung macht es aus, dass „Der Besucher“ so glaubwürdig wirkt.

Parsons hätte den Außerirdischen ein wenig mehr Tiefe verleihen können, in dem er die „Beziehung“ zwischen dem Menschen und ihnen etwas ausführlicher beschreibt. Das ist der einzige Kritikpunkt, den ich bei „Der Besucher“ anbringen kann, der für mich aber das Lesevergnügen nicht geschmälert hat. Der Roman erfindet das Rad der SF nicht neu, aber er bleibt dennoch – zumindest ist es bei mir so – in Erinnerung. Und die Mischung aus Science Fiction, Krimi und (auch irgendwie Liebesgeschichte) hat mir gefallen.

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Fazit: Kurzweiliger SF-Krimi, der definitiv Spaß macht.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

 

1793 von Niklas Natt och Dag

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Erschienen als Taschenbuch
bei Piper
insgesamt  496 Seiten
Preis: 16,99 €
ISBN: 978-3492061315
Kategorie: Krimi, Thriller, Historie

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Im Stockholm des Jahres 1793 wird eine verstümmelte Leiche in der schlammigen Stadtkloake angetrieben. Der Tote ist fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Zwei ungleiche Ermittler, der Jurist Cecil Winge und der traumatisierte Kriegsveteran Jean Michael Cardell machen sich auf die Suche nach dem Täter. Sie finden schon bald heraus, dass das Opfer mit geradezu chirurgischer Präzision gefoltert wurde, bevor es starb. Doch das ist bei weitem nicht der schlimmste Abgrund, der sich den beiden während ihrer Ermittlungen auftut …

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Bei „1798“ handelt es sich um einen sehr atmosphärischen historischen Thriller, der mich in der Tat von der ersten Seite an gepackt hat und bis zum Ende nicht mehr losließ. Der Roman wurde mit „Die Einkreisung“ von Caleb Carr und „Das Parfum“ von Patrick Süßkind verglichen und ich muss sagen, dass beide Vergleiche absolut angebracht sind. Der Autor hat einen wunderbaren Schreibstil, der einerseits absolut hochwertig, andererseits aber auch sehr leicht verständlich und flüssig ist. Zusätzlich zu diesem wunderbaren Schreibstil kommt noch eine sehr ansprechende Aufteilung der Geschichte hinzu, denn der Autor erzählt drei Handlungsstränge, die sich im Verlaufe des Buches natürlich miteinander verbinden. Man erkennt oder vermutet natürlich als Leser die Zusammenhänge, dennoch kommen immer wieder entsprechende Aha-Effekte zum Tragen.

Der Autor schafft es wunderbar, die Stimmung der damaligen Zeit zu schildern und mit Worten und seinen Beschreibungen anschaulich zu machen. Jedes Mal, wenn ich das Buch zur Hand genommen habe, fühlte es sich an wie eine Rückkehr in eine zwar unschöne und rohe Welt, die aber dennoch einen gewissen Reiz auf mich ausübte. Der Autor hat sehr intensive Recherchen durchgeführt, die sich durch das ganze Werk ziehen. Und auch wenn es manchmal fast schon wie ein Informations-Overflow wirkt, so ist der Roman dennoch niemals bezüglich dieser historischen Einschübe überlastet. Hauptaugenmerk liegt immer auf der Handlung, die lediglich durch historische Ereignisse gewürzt wird. Die Beschreibung, sprich Charaktere, der Protagonisten und deren Seelenleben ist dem Autor ebenfalls äußerst gelungen und ich habe jede ihre Handlungsweisen nachvollziehen können. „1793“ ist ein wirklich wunderbarer Roman, der den Leser in eine Vergangenheit entführt, die man bildlicher nicht hätte darstellen können.

Für viele mag dieser Roman sehr brutal sein, denn der Autor nimmt bei manchen Beschreibungen kein Blatt vor den Mund. Aus meiner Sicht wirkte er aber an keiner Stelle zu extrem, zumal er in einer Epoche spielt, in der die Menschen sowieso nicht zimperlich waren. Alle „Brutalitäten“ passen ohne Einschränkungen in die Handlung und geben ein sehr bedrückendes Bild ab, das wunderbar zum Gesamtwerk passt.

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Fazit: Für mich eine große literarische Entdeckung und Überraschung.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Active Memory von Dan Wells

Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag 
insgesamt  430 Seiten
Preis: 15,00 €
ISBN: 978-3-492-28023-5
Kategorie: Science Fiction, Fantasy

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Wir schreiben das Jahr 2050. Die junge Hackerin Marisa verlor im Alter von zwei Jahren bei einem Autounfall ihren Arm. Noch immer will Marisa wissen, wie es zu diesem Unglück gekommen ist, denn nicht nur sie verlor ihren Arm, sondern es kam auch eine Frau ums Leben. Die Vergangenheit holt Marisa immer wieder ein. Doch als jetzt die frisch abgetrennte Hand jener Frau gefunden wird, die bei diesem Unfall ihr Leben lassen musste, greift die Vergangenheit mit aller Macht nach Marisa. War die Frau etwa noch am Leben? Marisa beginnt auf eigene Faust zu ermitteln …

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Da ist er nun also: Der dritte Teil von Dan Wells „Mirador Saga“. Und sie stellt für mich eigentlich den besten Teil der Trilogie dar. Denn Wells widmet sich in diesem Roman nicht länger nur einer Cyberwelt, sondern lässt seinen Plot zum größten Teil in der Realität spielen. Was mich daran besonders begeistert hat, ist die Tatsache, dass der Leser zurück in Marisas Vergangenheit geführt wird und nun endlich erfährt, was sich hinter dem tragischen Unfall verbirgt, bei dem Marisa ihren Arm verloren hat. Ich habe diese Entwicklung des Plots als äußerst gelungen empfunden, weil Dan Wells dadurch auf gewisse Art und Weise den Kreis schließt und die drei Bände zu einem Gesamtwerk gemacht hat. Da bei diesem dritten Band weniger technische Details beschrieben werden, lässt sich „Active Memory“ außerdem weitaus flüssiger lesen als die beiden Vorgänger.

Dan Wells Schreibstil ist nach wie vor sehr gehoben, aber dennoch, wie gesagt, absolut flüssig zu lesen. Man fliegt nur so durch die Seiten und möchte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Insgesamt trägt gerade dieser dritte Teil dazu bei, dass mir Wells‘ Mirador Saga im Gesamten außerordentlich gut gefällt. Der Plot um das junge Mädchen bleibt nachhaltig im Gedächtnis und regt so manches Mal auch zum Nachdenken über die Entwicklung unserer Welt nach. Dan Wells schafft eine hervorragende Gratwanderung zwischen Unterhaltung und Gesellschaftskritik.
Die Zukunftsvision, die Dan Wells mit dieser Trilogie erschaffen hat, wirkt oftmals gar nicht mehr so weit entfernt. Denn so manches in der Entwicklung unserer heutigen Zeit deutet darauf hin, dass einiges davon in naher Zukunft tatsächlich so ablaufen könnte. Wells kümmert sich aber in seiner Trilogie nicht nur um sozialkritische Aspekte, sondern stellt auch eine innige Freundschaft zwischen jungen Menschen in den Vordergrund und weist zwischen den Zeilen daraufhin, wie wertvoll genau solche menschlichen Eigenschaften und Freundschaften sind.

Das Ende ist sehr schön und spiegelt eine im Grunde genommen wunderbare Vater-Tochter-Beziehung wieder, die sich letztendlich bei genauerer Betrachtung durch alle drei Romane zieht. Dan Wells hat sich mit dieser Trilogie definitiv von seinen Serienkiller-Romanen entfernt und ein wirklich lesenswertes Abenteuer geschaffen, das sowohl für jugendliche Leser als auch für Erwachsene geeignet ist und an das man sich gerne noch länger erinnert. Vor allem die gelungene Mischung aus Abenteuer, Science Fiction und Krimi hat mich absolut überzeugt. Sollte ich noch einmal Zeit dafür finden würde ich die „Mirador Saga“ gerne noch einmal lesen. Man könnte diese Reihe durchaus als All Age Roman bezeichnen, denn, wie oben schon erwähnt, werden Leserinnen und Leser verschiedener Altersstufen von der Thematik angesprochen.
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Fazit: Absolut gelungener Abschlussband der Mirador Saga, der mir sehr gut gefallen hat.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Befreiung von Peter F. Hamilton

Befreiung

Erschienen als Taschenbuch
bei Piper
insgesamt 654 Seiten
Preis:  20,00  €
ISBN: 978-3-492-70505-9
Kategorie: Science Fiction

Im 22. Jahrhundert haben die Menschen begonnen, Planeten zu terraformen. Durch technisch ausgeklügelte Portalsysteme können Reisende zwischen diesen Welten hin- und herspringen. Bei der weiteren Erforschung des Alls stoßen die Menschen auf ein außerirdisches Schiff einer uralten Rasse, die sich Olyix nennt und auf einer Reise bis zum Ende des Weltraums befindet. Doch die Olyix sind nicht so friedlich gesinnt, wie die Menschheit zuerst meint.

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„Befreiung“ ist der Beginn einer neuen, episch angelegten Science-Fiction-Saga aus der Feder von Bestsellerautor Peter F. Hamilton.
Wer Peter F Hamilton kennt, weiß was ihn erwartet: Nämlich ausufernde und detaillierte Beschreibungen von Personen, Örtlichkeiten und Begebenheiten. Fast möchte man Hamilton als Thomas Mann der Science-Fiction bezeichnen. Für den ein oder anderen Leser entpuppt sich seine Detailverliebtheit als pure Herausforderung, denn wer Action erwartet, ist mit Hamiltons Büchern, zumindest mit diesem ersten Band seiner neuen Saga, schlecht bedient. Hamilton geht die Sache aber eigentlich immer anders an als ähnliche Autoren. Er nimmt sich Zeit in seinen Romanen beziehungsweise seinen Romanreihen und entwickelt seine Charaktere mit Tiefe. Außerdem erschafft er ein Universum für den Leser, das auf ein episches Abenteuer hindeutet.
Hamilton muss man einfach mögen, um seinen äußerst genauen Beschreibungen mit Genuß zu folgen.

Dieser Romabn ist der Auftakt zu einer neuen Romanserie. Und, wie schon erwähnt, wenn man Hamilton kennt, kann man von vorneherein davon ausgehen dass er sich für die Entwicklung seiner Geschichte einfach enorm viel Zeit nimmt. Aber genau das dürfte für viele Leser und Neueinsteiger in Hamiltons neuestem Werk wieder einmal ein Problem darstellen, denn es ist tatsächlich zum Teil sehr ermüdend, wie tief der Autor bei manchen Stellen ins Detail geht. Schwierig dürfte es auch für den ein oder anderen Leser sein, den verschiedenen Handlungssträngen zu folgen, die nämlich im ersten Moment wenig Sinn ergeben und keinerlei Zusammenhang zum Rest des Buches zeigen. Fakt ist aber, dass sich das Durchhalten lohnt, denn wenn man am Ende des Romans angekommen ist, erschließt sich (wie so oft bei Peter F. Hamilton) einem die komplette Vielfalt des Universums, die vorher scheinbar keinen Sinn ergeben hat.

Erfreulicherweise hat es der Verlag dieses Mal geschafft, diesen Roman als ersten Teil einer Buchreihe zu betiteln. So bleibt es einem erspart, dass man am Ende des Buches enttäuscht ist, wenn man erfährt, dass die Geschichte noch lange nicht zu Ende ist. Hamiltons Schreibstil zeigt wie gewohnt ein hohes Niveau und verlangt die volle Aufmerksamkeit des Lesers. „Befreiung“ ist kein Buch für zwischendurch oder gar nebenbei. Man muss konsequent bei der Handlung bleiben, sonst verliert man sowohl die Übersicht als auch das Interesse. „Befreiung“ ist für mich Science Fiction, wie ich sie mir eigentlich wünsche: Eine intelligent durchdachte und gut entwickelte Zukunftsvision. Das bedeutet nicht, dass ich keine actionlastigen Raumschlachten á la „Star Wars“ mag, aber Hamilton geht eindeutig einen anderen Weg, der im Nachhinein immer bombastischer und epischer wirkt als ein „einfacher“ SF-Roman.

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Fazit: Zwar etwas langatmiger und detaillierter Einstieg in eine neue Buchreihe. Für Fans aber ein absolutes Muss

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Erschaffer von Andrew Bannister

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Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
398 Seiten
17,00 €
ISBN: 978-3-492-70412-0
Kategorie: Science Fiction

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Die Spin-Galaxie ist vom Untergang bedroht. Die Bewohner flüchten in virtuelleWelten. sogenannte Vrealitäten. Doch die riesigen Server, die diese konstant wachsenden virtuellen Realitäten instand halten, stellen sich schon bald als Bedrohung heraus, denn sie verschlucken gewaltige Mengen an Energie. Ein Krieg zwischen der Realität und den virtuellen Welten entbrennt. Skarbo, eine insektenartige Kreatur, erkennt die gefahr eines drohenden Untergangs  und begibt sich auf eine Reise in den Spin, um die Menschheit zu retten und zwischen den beiden Welten zu vermitteln …

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Mir dem vorliegenden Band wird die Spin-Trilogie von Andrew Bannister beendet. Und wieder benötigt der Leser Geduld auf vor allem Aufmerksamkeit, um der komplexen und komplizierten Handlung folgen zu können. „Die Erschaffer“ liest sich erst einmal wie ein eigenständiger Roman, bei dem man die Zusammenhänge des „großen Ganzen“ zu den ersten beiden Bänden der Trilogie erst am Ende wieder so richtig herstellt. Bannister gelingt ein faszinierender Ausflug in eine Zukunft, die erschreckend und interessant gleichermaßen ist. Der abschließende Band der Spin-Trilogie steckt, wie schon seine Vorgänger, wieder voller innovativer Ideen, die sich erst im Nachhinein (zumindest war es bei mir so) so richtig entfalten. Oft fühlte ich mich an Werke wie Tad Williams „Otherland“ oder Dan Wells‘ „Mirador“-Romane erinnert, was höchstwahrscheinlich an der Thematik „Virtuelle Realität“ liegt. Bannister behandelt dieses Thema aber auf eine ganz eigene Weise, so dass mein Vergleich genau genommen hinkt.

„Die Erschaffer“ könnte auf den ein oder anderen Leser manchmal ermüdend wirken, weil die Beschreibungen kompliziert und unverständlich erscheinen, wenn man sie nicht genau liest. Auch die Personen sollte man immer im Auge behalten, um der Handlung folgen zu können. „Die Erschaffer“ ist kein Buch für zwischendurch, dazu ist es zu komplex. Wer zum Beispiel „Die Auflösung“ von Benjamin Rosenbaum gelesen hat (ebenfalls im Piper Verlag erschienen), weiß, was ich meine. Es hat keine Zweck, dieses Buch als „Lückenfüller“ für ein paar freie Minuten Lesezeit zu benutzen, denn dann verliert man schnell den Überblick und natürlich auch die Lust an diesem Abenteuer. Trotz des sehr guten Schreibstils bleibt aber auch der aufmerksame Leser an manchen Stellen ratlos zurück und weiß nicht genau, was der Autor eigentlich erzählen will. Es gibt zwei Handlungsstränge, von denen man meint, dass sie sich irgendwann eigentlich verbinden müssen. Letztendlich passiert das auch in gewisser Weise, aber Bannister lässt seine Leser dennoch im Unklaren. Das mag beabsichtigt sein und regt auch definitiv zum Nachdenken an, aber es zermürbt leider auch ein wenig.

Andrew Bannister kann eindeutig Geschichten erzählen und auch hier steckt vieles zwischen den Zeilen (zumindest wage ich das zu behaupten 😉 ).  Manchmal scheint es, als wären Bannister die eigenen Ideen über den Kopf hinausgewachsen, was ich in diesem Falle als positiv bemerken möchte, denn das dreibändige Gesamtwerk über den Spin erweist sich nachträglich als eine epische Space Opera, die sich mit der (technischen und emotionalen) Entwicklung der Menschheit beschäftigt und diese in einer konsequenten Art und Weise zu einem deprimierenden Ende bringt. Ich wage den Schritt und äußere meine Vermutung, den Originaltitel „The Stone Clock“ betreffend. Ich für meine Person würde Bannisters Trilogie dahingehend interpretieren, dass sich die Menschheit trotz aller ausgefeilten technischen Errungenschaft zurück in die Steinzeit entwickelt. Das Ende der Spin-Galaxie könnte auch ein Neuanfang sein, bei dem der Mensch noch einmal ganz von vorne beginnt. Ich bin nicht sicher, ob ich mit meiner Lösung / Interpretation richtig liege, aber sie verschafft mir zumindest ein gutes Gefühl und lässt die Trilogie in einem logischen Licht erscheinen. Lesenswert sind die Bücher, und eben auch der hier vorliegende abschließende Band, auf alle Fälle, wenngleich sie für manchen Leser eine Herausforderung darstellen könnten. Ich habe die Zeit im Spin definitiv genossen und freue mich schon auf (hoffentlich) weitere Werke des Autors.

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Fazit: Lesenswerter Abschlussband der Trilogie, der die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Lesers erfordert und jede Menge Interpretationen zulässt.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Ulldart – Die komplette Saga 3 von Markus Heitz

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Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
1360 Seiten
20,00 €
ISBN: 978-3-492-28133-1

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Nach einer gewaltigen Schlacht ist nun doch endlich Frieden auf Ulldart eingekehrt. Doch Lodriks erste Frau Aljascha will die Herrschaft über das Reich Tarpol an sich reißen. Plötzlich scheint der Frieden gefährdet, denn an der Westküste erscheint eine mysteriöse Kriegsflotte. Und dann versucht sich auch noch Lodriks Tochter in der nekromantischen Magie und plant, ein Heer aus Seelen um sich zu versammeln. Es ist ein Amulett, das über Sieg oder Niederlage der dunklen Mächte entscheidet …
Der Sammelband beinhaltet die Bände der Trilogie „Zeit des Neuen“
Band 1: Trügerischer Friede
Band 2: Brennende Kontinente
Band 3: Fatales Vermächtnis

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Nach dem sechsten Band war eigentlich Schluss mit der Geschichte um den Kekskönig Lodric. Doch der Erfolg dieser Serie verschaffte Markus Heitz die Möglichkeit, eine anschließende (und abschließende) Trilogie um Ulldart zu verfassen, die nun im vorliegenden Sammelband komplett vorliegt. Nach einer kurzen Zusammenfassung, durch die man sich wieder sehr schnell in die Ereignisse der vorangegangenen Bände einfindet, beginnt dann also das neue Abenteuer. Und wie … 🙂
Die Stimmung und das Niveau sind genauso wie in den ersten sechs Bänden. Heitz treibt die Handlung geschickt voran, so dass man schnell vergisst, dass nach dem sechsten Buch eigentlich Schluss sein sollte.

Man sollte sich nicht von dem Titel „Zeit des Neuen“ irritieren lassen, denn Markus Heitz lässt in diesen drei neuen Folgebänden die Handlung sogar noch düsterer erscheinen als in den Bänden 4 bis 6. Viele mochten diese Entwicklung nicht, weil sie aufgrund des Titels damit gerechnet hatten, dass sich Ulldart wieder zu einer strahlenden Welt entwickelt. Aber weit gefehlt … Doch mir persönlich hat gerade diese Entwicklung gefallen, diese trostlose Atmosphäre, die sich über die Handlung legt und eine ganz eigene Stimmung erschafft. Heitz lässt sich viel Neues einfallen, kehrt aber immer wieder zu seinen Ursprüngen zurück, so dass sich diese ’neue‘ Trilogie aus meiner Sicht nahtlos an die Vorgängerbücher anschließt und die Geschichte um den Kontinent gelungen abschließt und auch abrundet. Man sieht am Ende staunend auf Tausende von Seiten zurück und fragt sich, wie Markus Heitz auf diese Unmengen an Ideen und Charakterzeichnungen kommt. Insgesamt gesehen ist die Ulldart-Saga schlichtweg episch und atemberaubend.

Aufgrund des wirklich sehr angenehmen und flüssigen Schreibstils passiert im dritten Sammelband der Saga letztendlich genau das gleiche wie bei den beiden vorherigen: Man liest die Seiten trotz des gigantischen Umfangs relativ schnell weg, weil man sich von der Handlung äußerst schlecht lösen kann. Markus Heitz schafft auch hier wieder das kleine Wunder, dass man sich in den umfangreichen Handlungssträngen und verzwickten Entwicklungen letztendlich doch nicht verstrickt und die Übersicht (und respektive dann die Lust zum Weiterlesen) verliert. Man möchte wissen, was den einzelnen Charakteren widerfährt und ertappt sich des Öfteren dabei, dass man „nur noch ein paar Seiten“ liest. Heitz kann wunderbare Welten erschaffen und vermag auch mit den abschließenden drei Bänden des Ulldart-Epos seine Leser in den Bann zu ziehen. Und erstaunlich ist, dass man nach knapp 4.700 Seiten (wenn man den gesamten Zyklus sieht) im Grunde genommen eigentlich doch nicht genug von Ulldart hat. Alleine das ist ein Zeichen von hohem Unterhaltungswert, wie ich finde.

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Fazit: Düstere Fortsetzung des Ulldart-Zyklus. Einfach magisch.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Ewiges Leben von Andreas Brandhorst

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Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
700 Seiten
16,99 €
ISBN: 978-3-492-06133-9

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Ein gigantischer Konzern namens „Futuria“ verkündet den Menschen eine sensationelle Entdeckung: ewiges Leben! Die Journalistin Sophie recherchiert für einen großen Bericht über das Unternehmen und entdeckt dabei immer mehr Ungereimtheiten in Bezug auf die Forschungen von „Futuria“. Etwas weitaus Größeres als „nur“ das ewige Leben scheint das Ziel der Firma zu sein.

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Der  neue Wissenschafts-Thriller von Andreas Brandhorst betrachtet den Menschheitstraum vom ewigen Leben aus verschiedenen Blickwinkeln. Unsterblichkeit hat schon viele Autoren beschäftigt und auch Brandhorst hat sich in dem ein oder anderen seiner Science Fiction-Werken schon einmal dieser Thematik zugewandt, wenngleich auch bei weitem nicht so ausführlich wie nun in „Ewiges Leben“. Es ist erstaunlich, mit welcher Weitsicht der Autor das Thema angeht und dabei Dinge und Auswirkungen beachtet, an die man im ersten Moment, wenn man über ein nicht endendes Leben philosophiert, gar nicht denkt. Brandhorst führt seine Überlegungen konsequent und durchdacht aus, so dass die Thematik eine unglaubliche Tiefe während des gesamten Romans entwickelt. In anderen Rezensionen habe ich gelesen, dass sich Andreas Brandhorst auf zu viele „Auswüchse“ innerhalb des Themenbereiches konzentriert und die eigentliche Frage aus den Augen verliert. Das sehe ich allerdings komplett anders, denn gerade die Ausweitungen und Konsequenzen einer solchen Möglichkeit, nicht sterben zu müssen, wird von Andreas Brandhorst sehr detailliert behandelt und verliert sich nicht in „sinnlosen Verstrickungen“, sondern beleuchtet alle Optionen, die eine solche wissenschaftliche Entdeckung für die Menschheit bedeuten würde.

Andreas Brandhorst schildert nämlich nicht nur die Vorteile einer Unsterblichkeit, er differenziert auch die Gedankengänge möglicher Gegner und bringt den Leser dadurch zum Nachdenken. Ist einer der größten Wünsche des Menschen tatsächlich erstrebenswert? Zugegebenermaßen mag ich es nicht, wenn religiöse Aspekte in einem Roman mitspielen, aber bei „Ewiges Leben“ passt es schlichtweg hervorragend, zumal nicht belehrend davon gesprochen wird, sondern menschlich und philosophisch. Passender hätte man es aus meiner Sicht gar nicht schreiben können, denn bei einem solchen Thema kann und darf der religiöse Aspekt definitiv nicht fehlen. Aber auch die Einbindung von Künstlichen Intelligenzen hat bei dieser Thematik absolut ihre Berechtigung und macht diese Zukunftsvision sehr authentisch. Das Szenario in „Ewiges Leben“ hat mir persönlich sogar noch besser als in „Das Erwachen“ gefallen, vor allem auch, weil Brandhorst hier teilweise wieder sehr philosophisch wird und dadurch eine unglaublich intensive Atmosphäre schafft. Mit diesem Wissenschafts-Thriller beweist Andreas Brandhorst nach „Das Erwachen“ erneut, dass er nicht nur hervorragende Science Fiction schreiben kann, sondern auch andere Genre beherrscht.

Andreas Brandhorst hat in seinem neuen Roman auch noch eine virtuelle Welt als Handlungsort eingebaut, die mich des Öfteren an Tad Williams Kulttrilogie „Otherland“ erinnerte. Brandhorst geht aber einen komplett anderen Weg, der die Thematik der Unsterblichkeit nochmals aus einer komplett anderen Sichtweise beleuchtet. Ich muss ehrlich sagen, dass mich diese Idee außerordentlich fasziniert hat und bis heute nicht mehr loslässt. Es ist typisch für Andreas Brandhorst, genau solche existenziellen Fragen aus philosophischer Sicht zu betrachten. Auch in „Ewiges Leben“ gibt er unzählige Gedankenanstöße an seine Leser weiter, allerdings immer vorausgesetzt, dass diese sich auf den Plot und die Überlegungen des Autors einlassen. Mit dem vorliegenden Wissenschaftsthriller ist Andreas Brandhorst auf jeden Fall wieder ein absolut lesenswertes, tiefgründiges Werk gelungen, das für mich gerne noch weitere achthundert Seiten hätte andauern dürfen. Das Ende hat viele Leser wohl überrascht, ich hatte die ganze Zeit schon damit gerechnet, was aber keineswegs heißt, dass mich das Finale enttäuscht hat. Es schließt den Kreis, den Andreas Brandhorst während des ganzen Romans geschickt aufgebaut hat, auf sehr konsequente und schlüssige Weise, was mich wiederum zum  Nachdenken gebracht hat. „Ewiges Leben“ muss man einfach lesen, um zu verstehen, was ich meine. Für mich (wieder einmal) ein perfektes Buch, das grandios unterhält und hervorragend recherchiert beziehungsweise aufgearbeitet wurde.

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Fazit: Unsterblichkeit – Der Traum der Menschheit aus sämtlichen Blickwinkeln betrachtet. Unbedingt lesen.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten