Bücherleben von Astrid Pfister

Erschienen als Taschenbuch
im BLITZ VErlag
insgesamt 260 Seiten
Preis: 12,95 €
ISBN: Privatdruck ohne ISBN
Kategorie: Belletristik, Historie, Abenteuer

.

Eine Erstausgabe von Charles Dickens’ Roman „Eine Weihnachtsgeschichte“ („A Christmas Carol“) wechselt in unregelmäßigen Abständen seine Besitzer und erlebt dabei spannende Abenteuer. Das Buch wird dabei Zeitzeuge von historischen Ereignissen wie die Spanische Grippe, den Untergang der Titanic, den Terroranschlag auf das World Trade Center und sogar die Auswirkungen der Corona-Pandemie.

.

Schon die außergewöhnliche Idee, die sich Astrid Pfister hier ausgedacht hat, sprach mich in hohem Maße , bevor ich überhaupt ein Wort des Romans gelesen hatte. Und ich wurde nicht enttäuscht, vielmehr sogar auf eine Art und Weise überrascht, mit der ich so gar nicht gerechnet hatte. Pfisters Schreibstil ist sehr hochwertig und niveauvoll, gleichzeitig aber auch sehr flüssig, verständlich und kurzweilig. Aufgrund der relativ kurzen Kapitel fliegt man nur so durch die Seiten und kann es kaum erwarten, zu erfahren, bei welchem Ereignis die Erstausgabe von „A Christmas Carol“ beim nächsten Mal zugegen ist. Pfister schafft es tatsächlich, ein Buch glaubhaft als Protagonist zu etablieren und eine gewisse Art Emotion in „eine Sache“ zu legen, die glaubhaft wirkt. „Bücherleben“ ist eine sehr lebendige Geschichte, die einerseits unglaublich gut unterhält und andererseits mit jeder Menge Fakten auftrumpfen kann, die sehr gut recherchiert sind. Charles Dickens’ Erstausgabe zieht sich wie ein roter Faden durch historische Ereignisse der letzten zwei Jahrhunderte, sodass man am Ende tatsächlich ein wenig traurig ist, diese Zeitreise verlassen und aussteigen zu müssen.

Es ist ein außergewöhnliches Buch, das die Autorin hier vorlegt, und ich bin sicher, dass ich es nicht mehr vergessen werde. Gerade der schmale Grat zwischen erschütternden Katastrophen und unerschütterlicher Hoffnung ist Pfister sehr gut gelungen, sodass man am Ende nicht deprimiert, sondern voller Vertrauen an das Gute im Menschen zurückgelassen wird.
Wie oben bereits erwähnt, ist es vor allem auch der Schreibstil, der die Leser des Buches sofort in seinen Bann zieht. Alles wird sehr bildhaft beschrieben, sodass man wirklich mittendrin ist. Man spürt bei vielen Geschichten die „soziale Ader“ der Autorin, das sofort an ihr Ukraine-Hilfsprojekt „Finns aufregende Reise“ (erschienen bei KOVD Verlag & Buchmanufaktur) erinnert. Dadurch kommt sie auch dem Geist von „A Christmas Carol“ wiederum sehr nahe. Und man spürt Pfisters Begeisterung für Bücher in jeder Zeile des Romans.
Für mich war „Bücherleben“ ein tolles Erlebnis – Buchliebhaber und historisch Interessierte werden ihre helle Freude daran haben, eine Charles-Dickens-Erstausgabe bei ihren Abenteuern in der ganzen Welt zu begleiten. Ich spreche hier eine eindeutige Leseempfehlung aus.

.

Fazit: „Bücherleben“ ist ein Muss für Buchliebhaber und historisch interessierte Leser.

©2023 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Werbung

Steine von Tobias Bachmann

Erschienen als gebundene Ausgabe
im KOVD Verlag
insgesamt 124 Seiten
Preis: 15,99 €
ISBN: Privatdruck – ohne ISBN
Kategorie: Horror, Mystery, Science Fiction

.

Charles Laughton und sein junger Gehilfe untersuchen mysteriöse Vorgänge in Stonehenge. In drei Episoden, die am Ende ein Gesamtbild ergeben, erzählt Tobias Bachmanns eine spannende Geschichte über eine fremde Macht, die die Menschheit bedroht.

.

Es gibt mittlerweile einige Autoren, die sich immer wieder auf literarischem Wege dem Vermächtnis des H.P. Lovecraft widmen. Tobias Bachmann ist einer davon, und ich möchte behaupten, er ist einer der Besten. In der vorliegenden Sonderausgabe aus dem KOVD-Verlag kann der Leser nach langer Zeit endlich wieder einmal die ersten veröffentlichten Geschichten des Autors genießen, bei denen man nicht einmal ansatzweise bemerkt, dass sie so ziemlich die ersten Stories sind, die sich Bachmann ausgedacht hat. „Steine“ beinhaltet mehrere Geschichten, die ineinander übergreifen und letztendlich ein Gesamtwerk ergeben, an das man sich noch lange erinnert. Der Autor versteht es meisterhaft, Lovecrafts Stil und die Atmosphäre seiner Geschichten auszudrücken, ohne sie jemals zu kopieren. Es macht unglaublich Spaß, wenn man sich in einer Stimmung verlieren kann, die der von Lovecraft in nichts nachsteht, aber dennoch einen eigenen Stil in Bachmanns Worten erkennt.

„Steine“ ist eine nostalgische Reise in eine literarische Zeit, in der man noch verstand, sich gewählt auszudrücken und in der Action weitaus weniger wichtig war, als eine unglaublich intensive Stimmung zu beschrieben. Wie gesagt, Tobias Bachmann, ist aus meiner Sicht einer derjenigen, der es meisterhaft schafft, seinem literarischen Vorbild Tribut zu zollen, ohne den eigenen Schreibstil zu vernachlässigen. Bachmann ist keine Kopie Lovecrafts, sondern eine eigene Stimme, die sich dem Werk des Idols verschrieben hat.
Zu der fantastischen Geschichte kommt in diesem Falle noch hinzu, dass diese edle Schmuckausgabe auf verspielte Weise der Thematik annimmt und das Geschriebene visuell umsetzt und unterstreicht, dass man immer wieder darin blättern mag. Sei es das verbrannte, fehlende Blatt in den Tagebucheinträgen, oder die verschiedenen Schriftarten, die eingesetzt werden. „Steine“ wird dadurch zu einem literarischen und optisch ansprechenden Leseabenteuer, das einen für ein paar Stunden alles um einen herum vergessen lässt. Die von mir besprochene Sonderedition ist mittlerweile vergriffen, aber der Verlag plant eine „Normalausgabe“, die mit Sicherheit dennoch wunderschön ausfallen wird.
So, genau so, muss eine Hommage an Lovecraft sein: Atmosphärisch, innovativ in der Umsetzung und, trotz seines Minimalismus, episch.

.

Fazit: Atmosphärischer Ausflug in die Welt von H.P. Lovecraft in einer tollen Edelausgabe.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Stümmelchen von Anna Ratsche

Erschienen als gebundene Ausgabe
im KOVD Verlag
insgesamt 116 Seiten
Preis: 24,99 €
ISBN: Privatdruck – ohne ISBN
Kategorie: Bizarro-Fiction

.

Die Geschichte vom Waisenkind Stümmelchen, das es nicht leicht im Leben hat. Perverse und geistig behinderte Dorfbewohner, ein böser Walddämon und eine mysteriöse Vergangenheit machen das Leben für Stümmelchen nicht leicht. Und während sie sich, so gut es eben geht, durchs Leben schlägt, entwickeln sich die Ereignisse im Dorf zu einem immer blutigeren Albtraum.

.

Eines vorweg: „Stümmelchen“ ist etwas Besonderes, auf das man sich einlassen muss. Ohne eine gewisse Bereitwilligkeit, ein abstruses, bizarres, obszönes, aber irgendwie auch schönes Märchen serviert zu bekommen, funktioniert es nicht. Anna Ratsches Schreibstil ist einfach und macht keine literarischen Kapriolen, beschert dafür aber innovative Ideen, bei denen man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Wie der Verlag bereits auf der ersten Seite warnt, wird der Leser während der Geschichte mit drastischen Gewaltbeschreibungen und sexuellen Abartigkeiten konfrontiert, die dem ein oder anderen auch schon mal den Lesegenuss erschweren könnten, weil sie seine persönliche Schmerzgrenze überschreiten. Aber man sollte „Stümmelchen“ in dieser Hinsicht nicht allzu ernst nehmen, denn gerade diese Szenen bieten einen hervorragenden Nährboden für skurrile Begebenheiten, bei denen man herzhaft lachen muss, obwohl einem Sekunden später das Lachen wiederum im Halse steckenbleibt. Aber genau diese Mischung und Gratwanderung aus expliziten Gewalt- und Sexdarstellungen und einem ganz besonderen Humor machen dieses Buch aus.

Die ersten beiden Drittel sind unglaublich einfallsreich und man sieht gerne über den ein oder anderen Fehler im Sprachausdruck hinweg, weil man sich einfach zu sehr in dieser abgefahrenen Geschichte verliert. Ratsche schafft etwas Außergewöhnliches, denn sie hält sich nicht lange mit Erklärungen auf, warum etwas geschieht oder so ist, sondern stellt den Leser knallhart vor vollendete Tatsachen: Nimm es so hin, damit die Geschichte funktioniert, oder, wenn du es nicht tust, dann klappt es leider nicht mit uns. Diese Vorgehensweise empfinde ich als ungemein erfrischend, weil sie den Leser fordert, sich auf etwas einzulassen und ihm sozusagen gar keine andere Wahl bleibt. Bizarro-Fiction eben. Man muss es mögen, wenn man aber einmal den ersten Schritt gewagt hat, wird man es mögen – zumindest bei „Stümmelchen“ von Anna Ratsche. Ihre Charaktere, wenngleich sie nicht einmal in aller Ausführlichkeit beschrieben sind, werde ich so schnell nicht wieder vergessen und diese Tatsache allein spricht schon für dieses Buch. „Stümmelchen“ ist ein Fest an bizarren Ideen und Ereignissen, die aber letztendlich in ihrer Gesamtheit dennoch wie ein Märchen, natürlich eines für Erwachsene, wirkt. Das macht Spaß. 🙂

Bei der vorliegenden Schmuckausgabe des KOVD-Verlages kommen aber neben der Story noch weitere Aspekte zum Tragen, die dieses Buch zu etwas Besonderem machen. Das Hardcover kann mit einer hochwertigen Fadenbindung, einem harten Umschlag und einem Lesebändchen auftrumpfen. Im Inneren findet man sehr dicke Seiten vor und eine Klarlackveredelung, die zu einem tollen Leseerlebnis führt. Immer wieder findet man Illustrationen, die die Geschichte bereichern und den Plot wie einen Film ablaufen lassen. Diese Ausgabe ist eine Augenweide für jeden Buchliebhaber und zeigt, dass das gedruckte Buch noch lange nicht ausgestorben ist, sondern einen verdienten Platz in den Herzen von Lesern hat, die ein gutes und schön gestaltetes Buch zu schätzen wissen.
Auch wenn ich anfangs mit gemischten Gefühlen an „Stümmelchen“ von Anna Ratsche herangegangen bin, so konnte mich das Gesamtergebnis letztendlich absolut überzeugen. Es war ein wunderbarer Ausflug in ein mir bis dato unbekanntes Genre und in eine Welt voller abartiger, genialer, abstruser, liebenswerter, besonderer und ausgefallener Ideen. Ich bin sicher, dass ich „Stümmelchen“ noch öfter in die Hand nehmen werde.

.

Fazit: Ideenreiche Geschichte in einer liebevollen Schmuckausgabe. Ich bin begeistert.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Blutbesudelt Oz von Christopher Golden und James A. Moore

cover-oz

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Buchheim Verlag
142 Seiten
39,99 €
ISBN: Privatdruck, ohne ISBN
Kategorie: Horror

.

Staubstürme wüten im Jahr 1933 über Kansas und konfrontieren die Einwohner mit grausigen Kreaturen, die plötzlich auftauchen.
Die neunjährige Gayle Franklin muss erfahren, dass ihr eine grauenhafte Zeit bevorsteht, denn durch das Unwetter wurden teuflische Kreaturen aus dem Lande Oz freigesetzt, die schonungslos Jagd auf die Menschen machen.

.

Die Geschichte „Der Zauberer von Oz“ in abgeänderter, blutiger Form unterhält hervorragend und liest sich fast schon in einem Zug durch, so spannend ist sie. Christopher Golden und James A. Moore vermitteln eine tolle Atmosphäre, die in einem bildhaften Schreibstil einen Film vor dem inneren Auge des Lesers abspielen lässt, an die man sich noch lange erinnern wird.
Drei Handlungsstränge verbinden sich zu einem und machen „Blutbesudelt Oz“ durch geschickte Sprünge zwischen den Schauplätzen zu einem kurzweiligen Lesevergnügen. Vor allem die genialen Illustrationen des Künstlers Glenn Chadbourne machen „Blutbesudelt Oz“ zu einem beeindruckenden Erlebnis, das in seiner Gesamtheit absolut überzeugt.

Die Charakterzeichnungen hätten natürlich noch ein wenig in die Tiefe gehen können, fällt aber aufgrund der rasanten Erzählweise genau genommen gar nicht weiter auf. Man sollte diese Geschichte auch einfach nur genau so genießen, wie sie vorliegt, und sich auf die Story einlassen. Wie schon erwähnt: In Verbindung mit den Illustrationen erwartet den Leser ein Abenteuer, das durch diese Bilder an Intensität noch gewinnt und alleine schon wegen der Aufmachung im Gedächtnis haften bleibt.
Man sollte sich von der Kürze des Buches nicht täuschen lassen, denn der Roman steckt voller furchterregender Monster und auch versteckter Anspielungen an den Originalroman. Christopher Golden und James A. Moore zeigen uns letztendlich das genaue Gegenteil jenes Wunderlandes, mit dem einige von uns aufgewachsen sind. „Blutbesudelt Oz“ ist einfallsreich, aber auch blutig und teilweise verstörend, also ein Muss für Horrorfans, die das Original kennen.

Zur Geschichte hinzu kommt, dass es sich bei dem vorliegenden Buch um eine wunderbare Vorzugsausgabe aus dem Buchheim Verlag handelt, die davon zeugt, mit wie viel Herzblut der Verleger an seine Veröffentlichungen herangeht. Die Qualität dieses Buches rechtfertigt den Preis, denn man bekommt als Buchliebhaber ein Produkt, das – in Verbindung mit dem Inhalt – ein Gesamtergebnis darstellt, das man immer wieder gerne in die Hand nimmt. Das Buch zeigt, wie echte Buchbinderei aussehen kann. Alleine das fertige Produkt in den Händen zu halten, anzusehen und durchzublättern, macht ungemein Spaß. Die von allen drei Künstlern unterschriebene, farbige  Signaturseite (neben den beiden Autoren ist auch der Illustrator mit dabei) wertet das Endergebnis dann noch zusätzlich auf.
Ich bin schwer begeistert von dieser Ausgabe und kann sie jedem Buchliebhaber nur nahelegen.

.

Fazit: Tolle Schmuckausgabe mit einer spannenden Geschichte. Für Buchliebhaber unbedingt zu empfehlen.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten