Von Frauen, Fremden und Phantomen von Georg Adamah

Erschienen als Taschenbuch
Independently published
insgesamt 238 Seiten
Preis: 11,99 €
ISBN: 978-1700693594
Kategorie: Drama, Liebe, zeitgenössische Belletristik

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Kurzgeschichten, die lose miteinander verbunden sind und zeigen, wie Liebe, Sehnsucht, Rache, Begierde, Freundschaft und Verrat im Leben „funktionieren“.

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Ein neues Buch von Georg Adamah? Klar war ich neugierig, was sich der Autor von „Die Sonne über dem südlichen Wendekreis“ (in einer früheren Version auch unter dem Titel „Liliths Töchter, Adams Söhne“ erschienen) ausgedacht hat. „Von Frauen, Fremden und Phantomen“ wird als Fragment eines Romans bezeichnet. Besser könnte man die Geschichte(n) gar nicht bezeichnen, denn man bekommt durchaus einen Roman geboten, der sich allerdings erst durch verschiedene Kurzgeschichten zu einem Ganzen verwandelt. Wie schon beim obengenannten „Die Sonne über dem südlichen Wendekreis“ macht das vorliegenden Buch ungemein Spaß, zumal es auch noch jede Menge (Lebens-)Wahrheiten verbirgt, die einen daran erinnern, wie man sich selbst oft verhält. Man erkennt sich also immer wieder.
Adamah hält sich, wie bereits in seinem ersten Roman, nicht wirklich an die gängigen Konventionen in der Literaturwelt. Und das ist auch gut so, denn sowohl vom Aufbau als auch von der sprachlichen Innovation kenne ich wenige Romane, die derartig verfasst sind. Die wörtliche Rede ist nicht entsprechend gekennzeichnet, so dass man schon aufmerksam lesen muss, um das Geschriebene in all seinen Facetten zu verstehen. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, fällt es natürlich leichter.

Der Aufbau der Geschichte(n) hat mich erneut fasziniert. Es liest sich kompliziert und dennoch so unglaublich flüssig. Es ist eine Kunst, so zu schreiben, ohne dass der Leser den Faden verliert und alles in jedem Detail versteht. Georg Adamah kann sehr gut schreiben und man vergisst seinen ganz besonderen, eigenen Stil nie wieder. Ich habe mich in den Storys teilweise richtiggehend verloren, weil sie von Melancholie bis über Hass und Verrat alles beinhalten und in einem das Gefühl wecken, man liest eine emotionale Biografie. Vor allem die Gefühle sind bei Adamah groß geschrieben und werden sehr authentisch und nachvollziehbar beschrieben. Dass sich der Autor sozusagen als Hauptperson einbringt, mag für den ein oder anderen etwas seltsam wirken, wenn man aber den Sarkasmus darin erkennt, macht es zum einen Sinn und zum anderen eben enormen Spaß. Oft habe ich mich dabei ertappt, dass ich während des Lesens schmunzeln musste. Auch dieses Herangehensweise vermittelt den Eindruck, man hätte es mit einer Art Lebensgeschichte des Autors zu tun. „Von Frauen, Fremden und Phantomen“ ist für mich ein ganz besonderes Buch, weil es mich auf eine sehr eindrucksvolle Reise mitnimmt, die direkt aus dem Leben gegriffen scheint. Niemals langweilig, immer intensiv und ehrlich. Ein Buch, das man bestimmt immer wieder gerne in die Hand nimmt und darin schmökert.

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Fazit: Unterhaltung auf hohem Niveau. Witzig, melancholisch, ehrlich. So muss ein Buch sein.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Blood Crazy von Charles Platt

Erschienen als gebundene Ausgabe
im FESTA Verlag
542 Seiten
34,99 €
ISBN: Privatdruck
Kategorie: Horror, Thriller

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Samantha ist 16 Jahre alt und hat genug von ihrem Leben. Den ersten, den sie tötet, ist ihr Vater, der sie missbraucht hat. Danach bricht sie aus ihrem Alltag aus und macht sich auf eine blutige Reise, auf der jeder den Tod findet, der Samantha im Weg steht.

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Wer die Bücher von Richard Laymon mag, wird dieses Werk lieben. „Blood Crazy“ ist eine bitterböse Sicht auf unsere Gesellschaft und zeigt, wie es wäre, wenn man sich seiner Wut vollends hingeben würde. Der einfach gehaltene Schreibstil macht den 500 Seiten starken Roman zu einem wahren Pageturner, den man gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Platt vermischt die unterschiedlichsten Themen in sein blutiges Massaker: sexueller Missbrauch, BDSM, Selbstjustiz … All dies verbindet sich zu einem blutigen Albtraum, der in manchen Szenen an die Schmerzgrenze geht und sie sogar überschreitet, in dem er Folterungen und Verstümmelungen detailliert beschreibt. Dennoch schmälern diese brutalen Einschübe niemals das Lesevergnügen, weil sie nicht wirken, als wären sie nur zum Selbstzweck geschrieben worden. Sie passen einfach in das Gesamtbild und verleihen dem Roman etwas charmant Trashiges. Ich muss sagen, dass ich mich bestens unterhalten habe und gut und gerne weitere 500 Seiten hätte lesen können, um Samantha auf ihrem Weg zu begleiten.

Die Aufmachung des Buches ist, wie beim Festa-Verlag gewohnt, qualitativ hochwertig. Was mit besonders gefallen hat, waren die kleinen Illustrationen von Robert Chambers, die zum einen den Trashgehalt des Romans auf genialste Weise unterstreichen und zum anderen den ohnehin schon bildhaft verfassten Text auch optisch noch unterstützen. Diese Symbiose macht das Buch zu einem echten Genuss und Erlebnis.
Die Handlung spielt sich innerhalb sehr kurzer Zeit ab, was wiederum zur Folge hat, dass man das Buch förmlich verschlingt, weil man einfach wissen will, wie es weitergeht.
Unglaublich informativ finde ich das Nachwort des Autors, in dem er erklärt, wie diese Geschichte entstanden ist und aus welchen Gründen sie geschrieben wurde. Charles Platt erzählt sehr unterhaltsam, was ihn zu „Blood Crazy“ bewogen hat und nachdem man dann das Nachwort gelesen hat, sieht man die Handlung dann noch einmal mit einem anderen Auge. Für mich war „Blood Crazy“ eine ganz große Überraschung, weil ich nicht mit so einem unterhaltsamen Pageturner gerechnet habe. Ich kann diesen Roman für Fans von Richard Laymon und brutalen, blutigen Thrillern uneingeschränkt empfehlen.

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Fazit: Brutal, trashig, humorvoll und mit einem gehörigen Schuss Gesellschaftskritik.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Yasemins Kiosk – Eine bunte Tüte voller Lügen von Christiane Antons (Band 2)

Yasemins Kiosk 2Erschienen als Taschenbuch
im Grafit Verlag
insgesamt  240 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-3-89425-677-7
Kategorie: Kriminalroman
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Yasemin, die Kioskbesitzerin, ist inzwischen Mama geworden. Nina, ist nach wie vor nicht wieder im Polizeidienst und Doro, die alte Dame mit viel Herz und Verstand, die traut sich zwar immer noch nicht auf die Straße, hilft aber im Kiosk mit aus, was ein großer Fortschritt ist.

Yasemin selbst steht derzeit nicht hinterm Tresen, denn sie konzentriert sich voll und ganz auf ihre Tochter, meint alles perfekt machen zu müssen, weil sie auch den Vater ersetzen muss und entwickelt sich dadurch eher zu einer Glucke, die Nina und Doro damit so ab und an auch auf die Nerven geht.

Da kommt die Abwechslung nur gelegen, als Erika in den Kiosk kommt und den beiden erzählt, dass jemand mit einer üblen Rufmordkampagne versucht, ihrem Neffen Pascal das Leben zur Hölle zu machen und dadurch die Existenzen seines Feinkostladens und Catering-Services auf dem Spiel stehen. Erika bittet die drei um Hilfe, sie mögen sich doch noch einmal als Detektivinnen zusammentun und dem Drama ein Ende bereiten. Doro und Nina sind nicht abgeneigt, nur heißt es jetzt, Yasemin mit ins Boot zu nehmen und das ist im Moment eher schwer. Doch sie können Yasemin überzeugen, dass ein wenig Abwechslung gut tut, Spaß macht und man Erika helfen kann.

Die drei machen sich also an die Arbeit, den Strippenzieher aufzuspüren und dem Rufmord ein Ende zu bereiten.

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Bielefeld ist die Stadt, in der die Handlung spielt. Einheimische werden ihre wahre Freude haben. Aber auch Ortsfremde können der Geschichte natürlich folgen und die Örtlichkeiten vor ihrem geistigen Auge sehen.

Locker, flockig, rasant, witzig und oft flapsig, so kommt die Handlung des zweiten Teils um die Kiosk-Reihe daher. Es macht Spaß, die drei Freundinnen zu begleiten und Teil ihrer Ermittlungen und Recherchen zu sein. Man schließt sie ins Herz, die drei ungleichen Frauen. Wobei mir persönlich Yasemin oft doch beinahe auf die Nerven ging. Ihr Charakter war mir schon fast zu überzogen. Nina mit ihrer oft fast schroffen und kühlen Art ist mir da schon lieber. Aber meine Favoritin ist eindeutig Doro, die Älteste im Bunde, die mit viel Einsatz, Grips und dennoch Ruhe und Bedachtsamkeit agiert.

Es gibt auch Handlungssprünge hinüber zum „bösen Part“ des Romans, die mir  sehr gut gefallen haben. Der Leser ist hier Zuschauer, wenn jemand, der offensichtlich Rache sucht, seine Boshaftigkeiten auslebt.
Normalerweise ist es ja eher so, dass es in heftigen Thrillern immer Szenen gibt, die den Leser zur Ruhe kommen lassen sollen. Momente, die kurz Zeit zum Durchatmen geben. Hier ist es genau umgekehrt. Bei soviel „Frauenpower“ habe ich es wirklich genossen, diese dunklen Szenen zu lesen.

Der Krimi ist trotz allem Witz und Humor in einem guten Stil geschrieben. Für mich ist es aber dennoch ein Frauenroman, halt als Krimi verpackt. Eine leichte Urlaubslektüre, die schnell und leicht lesbar ist, ablenkt und ein bisschen zum miträtseln einlädt.

Ich habe im Zusammenhang zu diesem Buch bei einem anderen Blogger den Begriff „Cosy-Crime“ aufgeschnappt. Mir stellen sich die Nackenhaare hoch, wenn ich im Zusammenhang von deutscher Literatur mit immer mehr englischen Begriffen bombardiert werde. Ich finde es schade, dass Umschreibungen nicht mehr durch die deutsche Sprache ausgedrückt werden, nur weil es „in“ ist, alles zu verenglischen. Nun, Wikipedia erklärt Cosy-Crimi als „Kuschelkrimi“, ja, dass passt.

Fazit: Leichte, lockere Lektüre, die von drei Protagonistinnen lebt, die sich prima ergänzen. Die düsteren Szenen sorgen für Spannung und Abwechslung.

© Marion Brunner_Buchwelten 2020

Vernichtung von David Lagercrantz

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VernichtungErschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 432 Seiten
Preis: 22,00 €
ISBN: 978-3-453-27100-5
Kategorie: Thriller

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Auf der Straße wird ein toter Bettler gefunden. An sich nicht so außergewöhnlich, doch der Mann fiel den Anwohnern und Passanten zu Lebzeiten dadurch auf, dass er immer mit einer außerordentlich geraden Haltung und sehr würdevollen Art an seinem Platz saß. Gefunden wird der Mann mit der Telefonnummer von Mikael Blomkvist in seiner Daunenjacke. Eigentlich wäre das alles nicht bekannt geworden, denn der Mann hatte keine Angehörigen. Aber die Gerichtsmedizinerin Fredrika Nyman nimmt sich dem toten Mann an. Irgendetwas an ihm fasziniert sie. Sie möchte mehr über ihn erfahren. Wer war er, warum starb er in allein in Schweden, wo er aussieht, als käme er von weit her? Sie forscht und untersucht und findet ein Super-Gen, das darauf hinweist, dass der Mann im Himalaja gelebt haben muss. Sie nimmt Kontakt zu Blomkvist auf.

Lisbeth Salander lebt derweil in Moskau, wo sie ihre Schwester Camilla observiert. Jeder der Lisbeth Salander kennt, weiß, dass sie das sehr gründlich und ausgiebig kann. Das muss sie auch, denn sie plant einen Anschlag auf ihre verhasste Schwester.

Blomkvist bittet Salander um Hilfe bei der Spurensuche nach dem toten Obdachlosen in Stockholm. Sie hilft, wenn auch erst widerwillig, und findet heraus, dass der Mann ein Sherpa war. Ein Führer bei einer Himalaja Expedition, zuletzt im Jahre 2008 …

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+++ Ich werde die Jägerin sein und nicht die Gejagte +++

… so lauten Lisbeth Salanders Worte. Hier in diesem sechsten Teil der Millennium-Reihe gibt es recht wenig Worte von Lisbeth Salander. Sie war immer wortkarg und immer schon schwierig und verbittert (die Leser wissen, warum), aber meinem Gefühl nach wird sie immer stummer. Es gibt nach wie vor die interaktive Kommunikation zwischen ihr und Blomkvist, aber gefühlt ist alles weniger geworden. Das Interagieren der beiden fehlt mir ein wenig.

Drei Teile hat Stieg Larsson selbst geschrieben. Und nun auch bereits drei Folgebände David Lagercrantz. Er kann es, und er macht es gut. So wirklich merke ich als Leserin den Unterschied nicht, außer eben die oben erwähnten. Aber Lisbeth hätte sich auch bei Larsson dahingehend verändern können. Mikael Blomkvist ist hingegen immer noch der gleiche. Oft einsam und traurig, dennoch in eine Geschichte verbissen und neugierig und er kommt immer wieder in Gefahr.

Ich fand den Roman teilweise zu spionagelastig und ab und an wusste ich nicht genau, welcher Name gerade wieder zu welchem bösen Russen oder Schweden gehört.
Was mir hingegen sehr gut gefallen hat, war die Forschung um den toten Sherpa. Zunächst im Rahmen der Genforschung etc. und dann zu erfahren, wo er herkam und was er in Schweden suchte. Die Zusammenhänge waren dann wiederum manchmal ein bisschen wirr.
Im letzten Teil des Romans war man durch die Rückblenden ins Jahr 2008 dann wieder etwas näher dabei und konnte der Erzählung um einiges besser folgen. 

Der Strang um Lisbeth hingegen war nicht schwer zu verstehen. Wut, Rache und der Versuch, die Schwester endlich auszulöschen. Punkt. Salander eben. Das hat mir sehr gut gefallen, trotz Lisbeths Wortkargheit war das wieder typisch Millennium.

Und das Finale war dann so richtige pure Action. Ich habe diese Szenen als exzellente Filmszenen vor meinem geistigen Auge gesehen und ich flog nur so durch die Seiten. Mehr möchte ich nicht verraten, denn lest den Roman am besten selbst. Aber der Schluss ist schon sehr gut gelungen und es bleibt abzuwarten, ob nun wirklich Schluss ist oder es doch noch weitergeht.

© Buchwelten 2019

 

 

Grappa und der Sonnenkönigvon Gabriella Wollenhaupt

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Erschienen als Taschenbuch
im Grafit Verlag
insgesamt 256 Seiten
Preis: 11,00 €
ISBN: 978-3-89425-593-0
Kategorie: Krimi

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Die „Sommer-Pott“-Festspiele in Bierstadt stehen kurz bevor, als das große „MeToo“- Thema die Theaterwelt erschüttert. Die junge Schauspielerin Liane Licht, die ihre erste Hauptrolle im diesjährigen Musical singt, wendet sich an Maria Grappa und erhebt gegen den bekannten Intendanten der Festspiele Adalbert Engels schwere Vorwürfe: Er soll sexuelle Dienste von ihr erzwungen haben, indem er sie gefügig gemacht hat.

Natürlich streitet Engel dies ab und weist sämtliche Vorwürfe von sich. Die Sängerin würde ihn schlecht machen wollen. Liane Licht nimmt sich daraufhin das Leben und Grappa wäre nicht Grappa, würde sie dies auf sich beruhen lassen.

Sie ermittelt, nein „O-Ton Maria Grappa“: sie recherchiert, und das in gewohntem Maße. Tief, gründlich, mit Biss und Mut. Sie findet bald heraus, dass es bereits andere Frauen gab, die von dem Ekelpaket Adalbert Engel zu sexuellen Diensten gezwungen wurden. Alle schwiegen. Aus Angst, ihre Rollen zu verlieren oder dass ihnen keiner glaubt.

Doch Adalbert Engel, selbsternannter Sonnenkönig, tritt selbst ab, und zwar in einer silikonlastigen Umgebung ….

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Ich habe munkeln hören, dass nach dem 30. Band Schluss sein soll. Ich kann Gabriella Wollenhaupt auf der einen Seite natürlich gut verstehen, auf der anderen wäre/bin ich natürlich als Leserin und Fan der Romane sehr traurig.

Die Protagonistin Maria Grappa hat die Herzen der Leser mit ihrer toughen, frechen und ganz eigenen Art erobert . Grappa ist eine Marke für sich und ganz gewiss steckt ein großer Teil Wollenhaupt darin, was mir die Autorin umso sympathischer macht.

Bierstadt ist gleich Dortmund und viele Themen hat Wollenhaupt in ihren Büchern beschrieben, die schlimm, krass und dramatisch sind, doch durch den unvergleichbaren Schreibstil immer mit Schwung, Spannung, Witz und Humor verarbeitet sind. Die Menschlichkeit ihrer Figuren kommt nie zu kurz, immer erleben wir auch viel Privates. Seien es die Besuche bei Anneliese Schmitz in deren Bäckerei, wo Grappa so gern ihren Kaffee trinkt und Mandelhörnchen isst. Oder sie frühstückt dort mit ihrem Lebensgefährten Friedemann Kleist, der immer mehr Zeit bei Grappa verbringt. Ja, man wird älter und ruhiger, das spürt auch Grappa. Sie liebt immer noch das gute Essen und einen schönen Wein. Aber soviel Stress, dass braucht sie eigentlich auch nicht mehr.

In diesem Roman gibt es auch weitere bekannte Personen, die Kollegen aus der Redaktion, die sich dieses Mal so sehr angiften, dass es einen Mediator braucht. Das ist so extrem, dass sogar Grappa genervt ist. Und das soll schon etwas heißen.

Ich lese ja derzeit parallel  die alten Teile der Reihe und habe inzwischen bis inkl. Teil 6 (glaube ich) gelesen und somit noch einige vor mir. Das freut mich, denn die älteren Teile stehen in Qualität des Schreibstils und der Charaktere den Neueren in nichts nach. Somit werde ich noch eine Weile meine Freude haben an Bierstadt und Maria Grappa, selbst wenn denn nach Band 30 tatsächlich Schluss sein sollte. Dies ist der 29. Fall von Maria Grappa, die als Radioreporterin begann und nun beim Bierstädter Tageblatt im Polizeiressort schreibt.

Aber vielleicht macht es Maria Wollenhaupt ja so, wie man es Maria Grappa ständig ans Herz legt: Sie schreibt einen Krimi 😉. Ich meine einen wirklich langen, richtig dicken Schmöker, in dem eventuell auch eine rothaarige Maria Grappa eine kleine Rolle spielt.

Seelenamt von Christiane Bogenstahl und Reinhard Junge

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Erschienen als Taschenbuch
im Grafit Verlag
insgesamt  411 Seiten
Preis: 13,00 €
ISBN: 978-3-89425-586-2
Kategorie: Kriminalroman

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Lea Bennsdorf wurde vor Jahren vergewaltigt und ist heute noch schwer traumatisiert. Der Vergewaltiger von damals, Paul Kehlmann sitzt um Gefängnis und kann ihr eigentlich nichts mehr tun. Doch plötzlich werden Leas Ängste wieder stärker und die Panikattacken machen sie fertig. Sie fühlt sich verfolgt.

Über einem See in Dortmund stützt ein Sportflugzeug ab. Zunächst sieht es nach einem Unfall aus, doch irgendwas stimmt nicht. Die Opfer des Absturzes und Lea Bennsdorf kannten sich.

Steckt Kehlmann dahinter? Doch der sitzt doch sicher hinter Gittern, oder … ?

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Der Krimi ist sicherlich spannend und auch temporeich. Mich konnte er allerdings leider nicht so wirklich packen. Er war mir teilweise im Humor zu überzogen und künstlich. Das hat mich oft nicht zum schmunzeln gebracht, sondern eher genervt.

Ich mag bissige und schlagfertige, humorvolle Krimis sehr, darum bin ich auch ein großer Fan der „Grappa“-Romane von Gabriella Wollenhaupt. Und ich hatte bei diesem Roman irgendwie das Gefühl, dass man bei der Kommissarin genau diesen Schlag Mensch treffen oder nacheifern wollte. Das hat aber nicht geklappt.

Was das Pegasus-Team anging, so war ich eher verwirrt. Denn irgendwie bestand das Team für mich nur aus einer Person, und zwar Kalle Mager. Okay, nachher mischte noch der Vater mit, der früher aber etwas komplett anderes beruflich gemacht hatte. Aber die Personen, die vorne im Buch aufgeführt waren, haben mit diesem Team für mich nichts zu tun gehabt.

Und die Figur der Lea, Opfer mit Trauma hin oder her, war für mich viel zu überzogen ängstlich und dermaßen verweichlicht, dass sie mir auch mehr auf die Nerven ging, als dass ich mit ihr leiden konnte. Und der junge Mann, der immer gleich „sprang“ leider sogleich mit. Da konnte ich mich als Leserin mit der Figur der Simone zusammentun.

Klingt jetzt vielleicht etwas sehr negativ, so krass ich es aber nicht gemeint. Er ist ein für mich ein mittelguter Krimi . Es ist ja auch alles immer Geschmackssache. Für mich hatte es einfach was von gewollt „Grappa“, aber einfach nicht erreicht. In Sternen würde ich es mit einer 3 von 5 bewerten ☺.

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© Buchwelten 2019

 

Amok Baby von André Bawar

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Erschienen als Taschenbuch
im emons Verlag
insgesamt 240 Seiten
eigentlicher Preis: 14,95 €
ISBN: 978-3-95451-476-2
Kategorie: Thriller

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In Berlin werden Mediziner und/oder Menschen, die im medizinischen Bereich tätig waren, Opfer einer krassen Mordserie. Sie alle haben sich an gehandicapten Kindern eine goldene Nase verdient und durch die Behinderung der Kinder richtig viel Geld verdient. Nun werden sie eine/r nach dem anderen getötet. 

Kommissar Piontek wird auf die Ermittlungen angesetzt und er deckt Korruption und dreiste Geschäftspraktiken auf. 

Aber was hat die kleine Friederike Marx mit der Mordserie zu tun? Wie passt sie in das Schema? Sie war doch „nur“ eines der behinderten Kinder, an denen verdient wurde. Ist hier Rache im Spiel?

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Oben unter dem Bild habe ich geschrieben, dass das Buch eigentlich 14,95 € kostet, so steht es auf der Verlagsseite. Ich habe das Buch jedoch tatsächlich in einem 1€ Shop entdeckt und aufgrund des Klappentextes gekauft.

Ich kenne mich mit behinderten Kindern nicht aus, fand es aber dennoch spannend, zu erfahren, wie sich Ärzte, Krankendienste und Sanitätshäuser hier womöglich bereichern. Und ich muss sagen: Ganz oft kam hier Wut auf, musste ich sprachlos den Kopf schütteln, als ich las, was dort in diesen Bereichen so abgeht (angeblich abgehen soll, es ist ja ein Roman ☺).

Der Autor erzählt seinen Thriller in 3 Handlungssträngen:

  1. Heute: In der Gegenwart scheint ein Arzt gerade seine finalen Lebensminuten zu erleben. Der Rächer ist in seinem Büro und rechnet ab.
  2. Beginn 2007: Friederike wird geboren und wir begleiten die Eltern des behinderten Kindes durch ihren Alltag, dem ganzen Elend aus Angst, dauernder Hoffnung, Wut & Hilflosigkeit
  3. 2013: Die Mordserie nimmt seinen Anfang und wir begleiten Kommissar Piontek und seine Kollegin bei den Ermittlungen.

Der Thriller ist sehr spannend, fesselnd und rasant geschrieben. Dass ich dennoch einige Wochen daran gelesen habe, liegt lediglich an meinem persönlichen Zeitproblem.

Den Alltag der Eltern von Friederike zu erleben, die an der Behinderung ihrer Tochter zu zerbrechen drohen, das war schon krass und traurig. Nervenaufreibend und schlimm. Denn die beiden liebten ihre Tochter abgöttisch und wussten nicht, was mit ihr los war. Sie wurden von Arzt zu Arzt und von Therapie zu pädagogischen Diensten gescheucht. Ihnen wurden teure Therapien und Hilfsmittel verordnet (die natürlich voll von der Krankenkasse übernommen werden, diese jedoch im Handling total untauglich sind!). Sie kämpften um das Leben ihrer Tochter, wünschten sich, dass sie sich entwickelt. Versuchten irgendwie ihre Ehe am Laufen zu halten, haben sie doch bald nur noch sich selbst. Denn Freunde und Bekannte ziehen sich immer mehr zurück. So ein Problemkind bringt natürlich auch soziale Schwierigkeiten mit sich. 

Ich könnte noch unendlich weiterschreiben, doch man liest schon heraus, dass es nur zu verständlich ist, dass Eltern vielleicht irgendwann mal nicht mehr können. Doch warum es zu der Mordserie kommt oder wie das alles zusammenhängt, werde ich natürlich nicht verraten. Denn dazu sind die Entwicklungen und Wendungen viel zu gut durchdacht und ausgeklügelt niedergeschrieben. 

Der Autor hat hier einen sehr guten Thriller abgeliefert, der Einblick in eine Maschinerie gewährt, die ich/die meisten Eltern ja (man muss schon sagen „zum Glück“) nicht kennen. Ich selbst finde es ja schon stressig, wenn mein Sohn fremdelt und bei der U-Untersuchung beim Kinderarzt nicht so mitmachen will, wie er sollte. Doch wenn man diesen Roman liest, dann sind solche Probleme ja eigentlich lachhaft.

Traurig und erschreckend ist dieser Roman, dennoch auch voller Liebe und Hoffnung und einer ganzen Menge Ungerechtigkeit. Meine klare Leseempfehlung. 

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© Buchwelten 2019

 

Forderung von John Grisham

Forderung von John Grisham

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 432 Seiten
Preis: 24,00 €
ISBN: 978-3-453-27034-3
Kategorie: Thriller, Belletristik

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Um ihr Studium zu finanzieren, haben Zola, Todd und Mark einen Kredit aufgenommen. Doch gegen Ende ihres Studiums, kurz vor Abschluss, wird ihnen klar, dass sie die horrenden Kreditsummen niemals zurückzahlen können, denn die Arbeitssituation stellt sich völlig anders dar, als ihnen seinerzeit versprochen wurde. Sie suchen nach einem Ausweg … und finden einen. Dieser ist aber weitaus gefährlicher, als sie ahnten.

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Und schon wieder hat Grisham zugeschlagen. Es ist noch nicht lange her, dass wir in Deutschland seinen Thriller „Das Original“ zu lesen bekommen hatten, und schon folgt „Forderung“. Im ersten Moment fühlt man sich versucht, zu denken, Grisham schleudere seine Bücher mittlerweile im Halbjahrestakt auf den Markt, so dass die Handlung beziehunsgweise der Schreibstil darunter leide. Ich für meinen Geschmack fühle mich nach wie vor von Grisham absolut gut unterhalten und finde immer noch den „alten“ Schriftsteller, den man von seinen Erstlingswerken „Die Firma“ oder „Die Akte“ kennt. Grisham hat sich, wie viele seiner Schriftstellerkollegen schlichtweg weiter entwickelt und versucht, sich in seinen Romanen immer wieder ein wenig neu zu definieren. Dies gelingt ihm auch mit „Forderung“ wieder absolut. Ähnlich wie seine beiden letzten Vorgänger „Bestechung“ und „Das Original“ entwickelt Grisham eine interessante Grundidee, die er dann im Verlauf des weiteren Buches ausbaut und konsequent durchdacht zu Ende führt. Mit Sicherheit mangelt es dem ein oder anderen Leser an Innovationen, was nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Grisham geht wirklich mit seinen Büchern einen einfachen Weg, der letztendlich (trotz einer schriftstellerischen Entwicklung) dennoch immer nach einem bestimmten Schema abläuft. Doch ich finde das überhaupt nicht schlimm, denn Pageturner werden es trotzdem alle seine Romane. Auch bei „Forderung“ konnte ich mich nicht mehr von der Handlung losreißen, wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht, und habe teilweise gar nicht bemerkt, wie die Seiten nur so dahinfolgen. Was will man von einem guten Buch mehr erwarten?

John Grisham schreibt gewohnt flüssig, so dass man über ein paar Ungereimtheiten und/oder teils leicht unglaubwürdige Geschehnisse hinwegsieht, weil man einfach gar keine Zeit hat, großartig darüber nachzudenken. 😉
„Forderung“ reiht sich aus meiner Sicht in die süchtig machenden Werke des Autors nahtlos ein und stellt ein sehr unterhaltsames Lesevergnügen dar. Grisham erfindet das Rad des Justiz-Thrillers nicht neu, aber das kann man wahrscheinlich aufgrund der Vielzahl an Veröffentlichungen in diesem Genre gar nicht mehr. Geschickt verwebt er aber Insider-Informationen und erfundene Teile zu einem insgesamt und im Großen und Ganzen glaubwürdigen Szenario, das Hand und Fuß hat. Der aufmerksame Leser wird aber letztendlich immer irgendetwas finden, bei dem er was zu meckern hat, das kann kein Schriftsteller verhindern. Erstaunlich ist wieder einmal, dass, obwohl nicht sonderlich viel passiert, der Plot dermaßen rasant an einem vorbeizieht, dass man sich am Ende fragt, wo die über 400 Seiten geblieben sind.

Grisham lässt bei seinen Charakterzeichnungen viel Spielraum für den Leser, soll heißen, die Personen wirken bei genauerem Hinsehen etwas blass und/oder leblos. Trotzdem hatte ich während des Lesens ein Bild vor Augen und konnte die Personen auch ohne weiteres auseinanderhalten. Wie oben schon erwähnt, lässt man sich auf den rasanten Plot und den hohen Unterhaltungswert dieses Romans ein, darf (zumindest aus meiner Sicht) die Personenbeschreibung ohne weiteres in den Hintergrund geraten, denn ein wenig Vorstellungsvermögen dürften die Leser schon haben, um nicht jede Gesichtsfalte oder Charaktereigenschaft der Protagonisten beschrieben zu bekommen. Mich hat dieses Manko nicht gestört, zumal mir die Personen näher kamen als bei manch einem Werk, wo explizit die detaillierte Vorgeschichte der Person erläutert wurde. Grisham füllt seine Charaktere durch den schnellen Handlungsablauf unweigerlich mit Leben und das reicht mir im Thriller-Genre alleweil, zumal wir es hier auch nicht mit einer psychologisch tiefergehenden Handlung zu tun haben.
Von mir daher eine ganz klare Leseempfehlung für Freunde von rasanten Thrillern mit juristischem Hintergrund.

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Fazit: Rasanter Thriller im Justizumfeld mit Pageturner-Garantie.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Carl Tohrberg von Ferdinand von Schirach

Carl Tohrberg von Ferdinand Schirach

Erschienen als Taschenbuch
im btb Verlag 
insgesamt 64 Seiten
Preis: 8,00 €
ISBN: 978-3-442-71574-9
Kategorie: Belletristik, Gegenwartsliteratur

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Drei Geschichten, die es in sich haben: Da gibt es den Bäcker, der eine ganz besondere Torte backt. Es geht um das Leben des Amtsrichters Seybold und den Versicherungsangestellten Carl Tohrberg. Geschichten, die alles beinhalten, was das Leben zu bieten hat: Liebe, Eifersucht, Einsamkeit, Glück und noch vieles mehr …

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Es ist der absolute Wahnsinn, was Ferdinand von Schirach in sechzig Seiten verpackt. Es sind drei Schicksale, die einen richtig packen und fesseln. Und das, obwohl teilweise ganze Leben in nur wenigen Sätzen beschrieben werden. Schirach schreibt minimalistisch und beschreibt dennoch Dinge, mit denen andere Autoren ganze Romane füllen. „Carl Tohrberg“ ist beeindruckend in seiner fast schon epischen Bandbreite, obwohl Schlichtheit an erster Stelle in dieser Storysammlung steht. Schirach hat einen präzisen Schreibstil, mit dem er in nur wenigen Worten lange Zeitspannen auszudrücken vermag. Man fühlt sich in vielen Dingen direkt angesprochen und vermeint, den Protagonisten persönlich zu kennen, so ehrlich und authentisch ist deren Charakterzeichnung und die Gedankengänge. Es macht unglaublich Spaß, diese kurzen Geschichten zu lesen und die Perfektion der Sprache und Ausdrucksweise Ferdinand von Schirachs zu genießen.

Obwohl Schirach eine auf den ersten Blick äußerst nüchtern wirkende Sprache anwendet, zeichnet sich (zumindest war das bei mir so) zwischen den Zeilen eine enorme Emotionalität ab, die einen packt und nicht mehr loslässt. Trotz der Kürze ist man mittendrin in der Geschichte und fühlt sich danach, als hätte man ein mindestens hundert Seiten dickes Buch gelesen. Es sind menschliche Schicksale, die der Autor beeindruckend beschreibt und die einen betroffen machen und zum Nachdenken anregen. Ich fühlte ich berührt und konnte von den Protagonisten nach der Lektüre nicht mehr loslassen, dachte über ihr Handeln nach und fühlte mich ihnen nahe und verbunden. Im Gegensatz zu seinen anderen, etwas „reißerischen“ Werken beschreibt Schirach hier melancholische und traurige Schicksale, die trotz der einfachen Sprache mitten ins Herz treffen, wenn man es denn zulässt. Man liest die drei Geschichten sehr schnell, denkt aber weitaus länger darüber nach, um sie zu verarbeiten.

Ferdinand von Schirach macht mit seinem Schreibstil und seinen Ideen süchtig. Er legt eine Beobachtungsgabe von alltäglichen Dingen an den Tag, die manchmal fast schon unheimlich wirken. Nicht jeder Autor beherrscht es so perfekt, Geschichten mit wenigen Worten zu erzählen, die dann letztendlich auch noch (nach)wirken wie ein langer Roman. Das Buch beziehungsweise Büchlein umfasst lediglich 60 Seiten und ist sehr schnell durchgelesen. Da stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Preis-/Leistungsverhältnis. Aber wer geniale Literatur in Hochkultur erleben möchte, sollte sich „Carl Tohrberg“ nicht entgehen lassen, denn es handelt sich dabei zwar um ein dünnes Buch, dessen Inhalt aber dem eines 300-Seiten-Werkes gleicht. Schnelle (Lese)Kost, die man sich immer wieder mal zwischendurch gönnen sollte, denn hier steckt Leben pur drin. Schirach schafft es auch mit Kurzgeschichten, seine Leser zu fesseln, zu begeistern und zu faszinieren. Man wünscht sich zwar, diese Art von Stories mögen niemals aufhören, ist aber andererseits mit der Tiefe, die in den Geschichten steckt, fast schon überfordert, wenn man sie auch in ihrer kompletten Genialität verstehen will. Ich bin schlichtweg erneut, wie von allen Werken Schirachs, begeistert und schwer beeindruckt.

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Fazit: Geniale Kurzgeschichten, die trotz ihres Minimalismus dennoch die Ausdrucksstärke eines ganzen Romans besitzen.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Rache von Alastair Reynolds

Rache von Alastair Reynolds

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  558 Seiten
Preis: 10,99 €
ISBN: 978-3-453-453-31895-3
Kategorie: Science Fiction

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Als sich ihr Vater dermaßen hoch verschuldet, sehen die beiden Zwillinge Adrana und Arafura keine andere Möglichkeit, ihm zu helfen, und heuern ohne seine Erlaubnis auf einem Raumfrachter an, um zu Geld zu kommen. Der Kapitän des Raumschiffes ist ein Pirat, der verborgene Schätze und wertvolle Artefakte auf fernab gelegenen Planeten birgt und sie verkauft. Die Schatzjagden verlaufen so lange gut, bis Bosa Sennen, eine erbarmungslose Piratin, auftaucht und ihnen die geborgenen Schätze stehlen will. Doch es steckt viel mehr hinter Sennen als nur eine brutale Tyrannin. Als sie Arafuras Schwester Adrana entführt, hat Arafura nur noch eines im Sinn: Rache.

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Mit „Rache“ beweist Alastair Reynolds erneut, dass er einer der besten Autoren im Science Fiction-Bereich gehört. Reynolds bedient sich anfangs mit Stilmitteln des klassischen Abenteuerromans. Und in diesem Falle auch des Piratenromans. Die Protagonistin, die übrigens unverständlicherweise im Klappentext mit keinem Wort erwähnt wird, entwickelt sich vom scheuen, unbedarften Mädchen zur toughen und skrupellosen Frau. Auch hier geht Reynolds den klassischen Weg eines Entwicklungsromans. Doch dies ist keineswegs langweilig oder wirkt nach Schema F geschrieben, sondern macht unheimlich Spaß. Alastair Reynolds hat mit „Rache“ nicht unbedingt ein bombastisches Space-Epos abgeliefert, sondern einen geradlinig erzählten Abenteuerroman, der in der Zukunft und zum größten Teil im Weltraum handelt. Sicherlich wird der Leser mit der ein oder anderen innovativen Idee beglückt, aber im Grunde genommen wird hier eine moderne Piratengeschichte erzählt, die in der Zukunft spielt. Reynolds entwirft in diesem Roman ein atemberaubendes Szenario, das aber niemals in den Vordergrund tritt, sondern als selbstverständlich behandelt wird. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Protagonistin und ihren (Rache)motiven.

Bei vielen SF-Romanen dieser Art, in der neue, erfundene Welten beschrieben werden, dauert es immer eine Weile, bis man sich im Plot zurecht gefunden hat. Nicht so bei „Rache“. Hier funktioniert die ganze „Umgebung“ sofort und man fühlt sich in diesem Universum sofort zu Hause und heimelig. Ich konnte das Buch wirklich sehr schlecht zur Seite legen, weil mich die Handlung von der ersten Seite an gefangen nahm und nicht mehr losließ. Genau so wünsche ich mir einen guten Science Fiction-Roman. Reynolds hält sich in diesem Werk mit technischen Details weitgehend zurück und konzentriert sich in erster Linie auf die Hauptgeschichte. Die Charaktere sind, zumindest aus meiner Sicht, gut ausgearbeitet und lassen immer noch genügend Spielraum für eigene Interpretationen. An manchen Stellen mutet der Roman wie ein klassischer SF-Abenteuerroman aus der Vergangenheit an, der nicht nur für Erwachsene, sondern auch für ein jüngeres Publikum geschrieben wurde, sieht man von den vereinzelt brutalen Szenen einmal ab. Aber das schadet dem Werk keinesfalls, denn es liest sich dadurch sehr flüssig und angenehm.

Interessant fand ich das Gefühl, das mich oftmals überkam und an Romane von Jules Verne denken ließ. Reynolds hat es tatsächlich geschafft und in seinen modernen Roman einen „alten“ Flair mit einfließen zu lassen, der fast schon ein wenig nostalgisch wirkte, was ich außerordentlich angenehm empfand. Fast fühlt man sich als kleiner Junge (oder als kleines Mädchen), wenn man diese Art von Roman bereits in seiner Kindheit gelesen hat. „Rache“ ist kurzweilig und lässt, wie man es von Alastair Reynolds gewohnt ist, einen perfekten Film in Gedanken ablaufen. Ohne unnötige Schnörkel begleiten wir die sympathische Protagonistin auf ihrem konsequenten Weg und wohnen einem fesselnden Finale bei. „Rache“ hat mich begeistert und auch ohne Weltraumschlachten absolut in seinen Bann gezogen.

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Fazit: Spannend und schnörkellos geschriebener Abenteuerroman in einem beeindruckenden Universum.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten