Die weissen Männer von Arthur Gordon Wolf

AWG_Die_weissen_Männer_2020

Erschienen als gebundene Ausgabe
im KOVD Verlag
insgesamt 126 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: keine – Privatdruck
Kategorie: Mystery, Science Fiction, Horror

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Brandon Tolliver eilt seiner  Nachbarin zu Hilfe und wird plötzlich von  unheimlichen Replikanten  verfolgt, ohne den Grund dafür zu kennen. Irgendjemand scheint ihn aus dem Weg räumen zu wollen und Brandon versucht, während seiner Flucht hinter das Geheimnis zu kommen.

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Ich wusste nicht, was mich erwartete, und war umso erstaunter, wie schnell und mit wie viel Freude ich diesen Kurzroman letztendlich dann verschlang. „Die weissen Männer“ war mein erstes Buch von Arthur Gordon Wolf und wird definitiv nicht das letzte bleiben, denn der angenehme Schreibstil konnte mich uneingeschränkt überzeugen. Es ist vor allem die besondere Atmosphäre, die sich durch die ganze Geschichte zieht und mich sofort in den Bann gezogen hat. Der Autor vermittelt diese Stimmung überzeugend und lässt den Leser unmittelbar an den Geschehnissen teilhaben.
An manchen Stellen erinnerte mich das Szenario an die Bücher von Franz Kafka oder die Filme von David Lynch – rätselhaft, mysteriös, einerseits durchschaubar, andererseits geheimnisvoll. Aber auch H.P. Lovecraft oder Philip K. Dick stellen für den Autor offensichtlich eine Inspirationsquelle dar. Der daraus entstehende Genremix ist dennoch absolut eigenständig und faszinierend.

Obwohl es sich bei dem vorliegenden Roman um eine Geschichte aus dem vom Autor ersonnenen UMC-Universum handelt, kann man diesen Kurzroman ohne jegliche Vorkenntnisse lesen. Das UMC-Projekt ist auch als eher lockeres Konzept anzusehen, in dem der Autor Kurzgeschichten, Romane oder eben auch Novellen ansiedelt, die alle in einer dystopischen Zukunftswelt spielen. Arthur Gordon Wolf schafft es mit spielerischer Leichtigkeit, den Leser in diese Welt zu entführen und verstreut auch die ein oder andere Anspielung auf Kultfilme und/oder -bücher, so dass es eine wahre Freude für den aufmerksamen Leser ist, sich in dieser Kulisse zu verlieren. Es ist schon an einigen Stellen beklemmend, wie der Autor die Entwicklung der Menschheit beschreibt. Aber alles hat Hand und Fuß und könnte durchaus genau so sein.

Arthur Gordon Wolf verpackt in seine stimmungsvolle, actionreiche und oftmals auch humorvolle Geschichte auch immer wieder sozialkritische Aspekte, die das Ganze authentisch machen und zum Nachdenken anregen. „Die weissen Männer“ haben mich derart fasziniert, dass ich mir im Anschluss gleich einmal die beiden Romane „Mr. Munchkin“ und „Red Meadows“ besorgt habe, die ebenfalls im genannten UMC-Universum angesiedelt sind und indirekte Fortsetzungen der vorliegenden Geschichte darstellen.
Aber zurück zur Novelle „Die weissen Männer“, die mir in einer ansprechend gestalteten Neuauflage vom KOVD-Verlag vorliegt und mit einigen Illustrationen von Thomas Hoffmann aufwartet, die kongenial zur Geschichte passen und das, durch die bildhafte Schreibweise ohnehin schon filmreife Geschehen noch einmal visuell unterstreichen. Insgesamt gesehen stellt die Neuauflage aus dem KOVD-Verlag für mich ein bibliophiles Highlight dar, das ich immer wieder gerne in die Hand nehmen werde, um darin zu blättern.

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Fazit: Düstere, stimmungsvolle und spannende Dystopie, die hervorragend unterhält.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Blade Runner – Die Rückkehr von K.W. Jeter (5/5)

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Erschienen als
Taschenbuch
bei HEYNE
687 Seiten
Preis: 9,95 €
ISBN:  978-3-453-87918-8

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Teil I – Deckards Weg

Der erste Roman des Doppelbandes knüpft unmittelbar an die Handlung des Romans von Philip K. Dick an, und/oder an das Ende des bekannten Films. Zur Erinnerung: Rick Deckard ist mit der Replikantin Rachel Rosen(Nachname im Buch)/Tyrell (Nachname im Film) aus Los Angeles geflohen. Zwischen ihnen hat sich eine Liebe entwickelt, die beide trotz der begrenzten Lebensdauer der Replikantin von 4 Jahren, nicht gewillt sind aufzugeben.

Deckard flüchtet mit Rachel in die nördliche Einöde und lebt dort mit ihr in einem einfachen Blockhaus, wobei leben eher übertrieben ist. Denn Rachel befindet sich die meiste Zeit in einem gläsernen Sarg. Eigentlich ist dies eine Transportbox der Fa. Tyrell, in der die Replikanten in die Kolonien geliefert werden. Doch mit Hilfe dieses Schlafmoduls erhofft sich Deckard Rachels begrenztes Leben zu verlängern.

Doch auch in dieser Einöde spüren die Agenten der Fa. Tyrell den ehemaligen Blade Runner auf. Sarah Tyrell, die Erbin des Imperiums von Eldon Tyrell will das Deckard erneut für sie als Blade Runner arbeitet. Angeblich ist bei seinem letzten Einsatz ein Replikant nicht gefasst worden und diesen Job soll er nun nachholen.

Für Deckard ist es schlimm der Erbin Sarah Tyrell gegenüber zu treten, denn sie ist quasi das Spiegelbild Rachels. Sie ist der Templant für die Replikantin, dass heisst sie hat als menschliches Vorbild für dieses Unikat gedient.

Deckard bleibt nichts anderes übrig als diesen Auftrag anzunehmen, will er Rachels Leben retten. Natürlich überschlagen sich die Ereignisse wieder einmal. Totgeglaubte Kollegen tauchen wieder auf, lebend geglaubte Personen sind inzwischen beerdigt und erledigte „Aufträge“ stehen plötzlich aus Fleisch und Blut vor dem Blade Runner.

Rätsel, Geheimnisse, Verschwörungen und eine Menge Verwirrung kommen auf Rick Deckard zu …

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Teil II – Die Nacht der Replikanten

Der zweiten Teil des Doppelbandes handelt zum ersten Mal nicht (nur) auf der Erde, sondern auf der Transitstation zum Mars u.a.. Deckard hat es geschafft – mit einer Begleitung – die Erde zu verlassen. Er wollte sich unter einem Decknamen (sehr einfallsreich: Mr. und Mrs. Niemand) die Auswanderung in die äußeren Kolonien ermöglichen. Bis zur Transitstation hat er es geschafft, wie viele andere Auswanderer auch und … dort hängt er fest.

Denn die Ausreisen sind seit bereits zwei Jahren aus gewissen Gründen eingestellt, diese Informationen werden aber durch die UN gepflegt unter den Teppich gekehrt, so dass sie nicht zur Erde gelangen.

Die Handlung beginnt in diesem Band in den Outer Hollywood Studios, wo Deckards letzter Einsatz als Blade Runner in L.A. verfilmt wird. Die Stadt und sämtliche Handlungsplätze sind originalgetreu nachgebaut und Deckards Double spielt die Rolle des Blade Runners mehr als perfekt. Als dieser jedoch in einer Szene einen  Kowalksi-Replikanten tatsächlich erschiesst, schmeisst Rick den Job. Denn das irgendwer zu Schaden kommt, sei auch „nur“ ein Replikant war absolut gegen die Vereinbarung. Da reagiert er aus persönlichen Gründen mehr als empfindlich.

Kurz bevor er das Set verlassen will, gelangt ein seltsamer Koffer in seine Hände. Und das besondere an diesem Koffer: Er  spricht. Nicht nur das, ihm scheint eine Seele inne zu wohnen. Diese denkt, fühlt, existiert also. Und was das extreme ist: Rick Deckard kennt diese „Person“, die dort körperlos innerhalb des Koffers aus Lederimitat verweilt nur zu gut. Und die dürfte eigentlich nicht mehr existent sein. Und was der Koffer ihm erzählt und offenbart ist wieder einmal mehr als verwirrend und unfassbar für den Blade Runner …

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Mehr Einblick in die Handlungen der beiden Romane möchte ich an dieser Stelle nicht geben, denn dieser Doppelband ist für alle Blade Runner Fans ein „MUSS“. Für mich hat Mr. Jeter hier eine absolut gelungene Fortsetzung des Romans von Philiip K. Dick und/oder des Films Blade Runner geschaffen. Eigentlich knüpft der Autor eher nahtlos an die Filmhandlung an, denn die war dem Buch gegenüber ja in einigen Kleinigkeiten etwas abweichend.

Daher empfand ich dieses Buch auch als relativ anstrengend zu lesen, wobei ich nicht den Schreibstil meine. Man muss diese Romane sehr aufmerksam lesen um die Verbindungen zu erkennen, den Verschwörungen und Rätseln folgen zu können. Auch sind die Namen hier abgeändert. Im Original hieß das Replikanten Imperium noch ‚Rosen‘, der Autor hat hier den Filmnamen ‚Tyrell‘ übernommen.

Und da viele Personen/Figuren wieder auftauchen, die nicht mehr da sein sollten; andere wiederum verschwinden und dann doch wieder da sind, braucht es eine gewisse Konzentration um den Handlungen folgen zu können und nicht komplett verwirrt zu sein. Denn eigentlich ist die Handlung logisch aufgebaut, der Leser wird lediglich – wie auch Deckard selbst – immer wieder mit neuen Theorien konfrontiet, denen es zu folgen gilt.

Der Schreibstil von K.W. Jeter hat mir noch viel besser gefallen, als der von Philip K. Dick. Er schreibt sehr bildhaft und ausführlich. Formuliert lange, verschachtelte Sätze die mir ein Filmerlebnis präsentiert haben. Ich habe das Buch nicht gelesen, ich war in einem Film als unbeteiligter Zuschauer im Universum unterwegs. Und das war schon ziemlich cool :-). Natürlich war die Technik Anfang der 90er, als diese Fortsetzung entstand, schon wieder um Längen weiter als zu der Zeit als Philip K. Dick den Erstling schrieb. Aber auch noch lange nicht so weit wie heute. Doch für den damaligen Stand hat sich Mr. Jeter eine Menge technischer Finessen ausgedacht, die einfach nur Spass machen.

Die Auflösung des Buches, also das Ende, war noch einmal eine Herausforderung an das Verständnis, hat mir aber sehr gut gefallen. Und … ich wünsche mir sehr, diese Fortsetzung als Film zu sehen. Ich habe gehört, dies sei angedacht. Die Handlung die diese beiden Romane hergeben, bietet fantastischen Filmstoff und ich sehe einzelne Szenen bereits vor meinem geistigen Auge. Zu guter Letzt noch ein Wort zum Protagisten Deckard. Das Wesen des Blade Runners, seine eigenwillige Art die ihn ausmacht, hat der Autor perfekt übernommen und die Figur weiterleben lassen, als hätte es keinen Schöpferwechsel gegeben.

Ich glaube man liest raus, dass ich wirklich begeistert bin. Und ich möchte mich nicht als Science-Fiction Fan bezeichnen. Doch Blade Runner – Die Rückkehr hat mir wirklich großen Spaß gemacht, auch wenn ich recht lange gelesen habe. Aber ich wollte ja nun auch alles verstehen und nicht schwierige Dinge einfach überlesen.

Nun habe ich noch eine der vielen Stellen ausgesucht, um den tollen Schreibstil mal vorstellen zu können:

„Der Feuerball schlug zuerst ein – vom Druck befreiter Wasserstoff in der explosiven Umarmung von Sauerstoff. Eine Flammenwoge in Gestalt einer peitschenden Kugel, das kollabierende UN-Luftschiff kaum sichtbar hinter dem Gleißen, das die Augen versengte. Die gewaltige Hand des Feuers ebnete die Straße ein. Hitzewogen und sich ausdehnender Druck schleuderten schreiende Menschen aufs Pflaster, wirbelten sie mit lichterloh brennenden Haaren oder eingeäscherten Seidenschleiern vor keuchenden Atemstößen durcheinander, die Wimpern verschmort.“

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Mein Fazit: 5 von 5 Punkten für diese absolut gelungene Fortsetzung eines Klassikers, trotz (oder gerade wegen?) eines anderen Autors. Man sollte sich jedoch Zeit nehmen und aufmerksam lesen, damit man der Handlung folgen kann und nicht völlig verwirrt zurückbleibt. Ausserdem kann man dann auch den Schreibstil geniessen und abtauchen in einen Film: Blade Runner Returns …

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Wer meine Rezension zu „Blade Runner – Träumen Roboter von elektrischen Schafen“ von Philip K. Dick lesen mag: —> Klick

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