Der Verdächtige von John Grisham

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 411 Seiten
Preis: 24,00 €
ISBN: 978-3-453-27316-0
Kategorie: Thriller

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Die Tochter eines ermordeten Anwalts wendet sich an Lacey Stoltz von der Gerichtsaufsichtsbehörde, weil sie denkt, den Mörder zu kennen. Der Anwalt war nämlich nicht das einzige Opfer. Das brisante an diesem Fall: Der Killer ist ein bekannter Richter, der sich großer Beliebtheit erfreut. Lacey nimmt den Fall an und begibt sich zusammen mit der Frau auf eine Spurensuche, die weit in die Vergangenheit zurückreicht und sich über viele Staatsgrenzen hinweg erstreckt.

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Ein neuer Grisham erscheint und ich muss ihn sofort lesen. 😉
Lacey Stoltz ist ein Name, den man als Grisham-Fan sofort wieder erkennt: Sie spielte eine der Hauptrollen in „Bestechung“ und kehrt hier noch einmal zurück. Grisham versteht es einfach, den Leser von der ersten Seite an in seinen Bann zu ziehen. Sein Schreibstil ist so angenehm und flüssig zu lesen, dass man innerhalb von Sekunden in der Story drinsteckt und sich nicht mehr davon lösen möchte. Der vorliegende Roman reiht sich nahtlos in die Erfolgsstory Grishams ein, auch wenn es eine Fraktion von Lesern gibt, die seine neueren Werke permanent kritisieren und ihnen Ideenlosigkeit vorwerfen. Grisham ist und bleibt dennoch für mich einer der Größten und gerade in seinen neuen Büchern verhält es sich ähnlich wie bei Stephen King: Zwischen den Zeilen steckt oftmals eine gewisse Melancholie (ein Hinweis aufs Älterwerden?), die einen magischen Reiz auf mich ausübt.

Ich bin jedes Mal aufs Neue fasziniert, wie John Grisham es schafft, mich mit einer eigentlich einfach gestrickten Story so dermaßen in den Bann zu ziehen, dass ich das Buch am liebsten in einem Durchgang lesen würde. Seine Dialoge sind so authentisch, dass man unmittelbar in die Handlung eintaucht und mittendrin ist. So auch hier, wo wir den Ermittlungen der Frau und Lacey folgen, und auch immer wieder den verdächtigen Richter begleiten. Grishams Romane sind allesamt filmreif, vermitteln eine unglaublich dichte Atmosphäre und zeigen liebenswerte (oder eben auch hassenswerte) Charaktere. Jedes seiner Bücher besitzt einen ganz eigenen Reiz. „Der Verdächtige“ erreichte aus meiner Sicht zwar nicht die Genialität von „Der Polizist“, besitzt aber dennoch einen sehr hohen Unterhaltungswert und wird an keiner Stelle langweilig geschweige denn langatmig. Ganz im Gegenteil …

„Bestechung“ muss man nicht gelesen haben, denn diese Geschichte mit Lacey Stoltz funktioniert auch ohne jegliches Vorwissen. Was relevant wäre, ist gut genug erklärt. Die 400 Seiten lesen sich weg, als wären es gerade einmal die Hälfte. Gerade „Der Polizist“ und Der Verdächtige“ kommen mir vor, als würde sich Grisham wieder „back to the roots“ begeben. Als Leser der ersten Stunde finde ich die Entwicklung, die Grisham während all dieser Jahre durchgemacht hat, absolut toll. Mir gefallen ohne Ausnahme alle seiner Bücher und ich freue mich schon jetzt, was er uns als nächstes unterbreitet. Mit John Grisham kann man aus meiner Sicht nichts falsch machen, wenn man gut geschriebene, spannende Unterhaltungsliteratur sucht.

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Fazit: Kurzweilig und spannend – eben ein echter Grisham!

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Die Einkreisung von Caleb Carr

Die Einkreisung von Caleb Carr

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 734 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-453-50398-4
Kategorie: Thriller, Krimi

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Im New York des Jahres 1896 ermitteln Polizeichef Theodore Roosevelt und der Wissenschaftler Dr. Kreisler zusammen mit dem Zeitungsreporter John Moore und der Polizeisekretärin Sara Howard in einem grauenvollen Mordfall. Es handelt sich dabei um eine Mordserie, die die Stadt erschüttert. Mittels eines detaillierten Psychogramms des Mörders gelingt es Dr. Kreisler, den Kreis der Verdächtigen Schritt für Schritt  einzuengen und dem Serienkiller immer näher zu kommen.

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Es dauert nicht lange und man ist mittendrin im Geschehen. Vor allem in der grandios geschilderten, damaligen Zeit, in der dieser extrem spannende Psychothriller spielt. Caleb Carr gelingt es mühelos, die Stimmung des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts einzufangen und man fühlt sich bereits nach wenigen Seiten heimisch im alten New York mit all seinen zwielichtigen Stadtteilen und unheimlichen Gassen. Es ist wirklich atemberaubend detailgetreu geschildert, wie die Ermittlungen vorangehen und mit welcher Hingabe sich die Protagonisten ihrer Aufgabe widmen. An manchen Stellen dachte ich, es handle sich bei „Die Einkreisung“ um einen Roman des hervorragenden Dan Simmons, der bei seinen letzten Büchern in ähnlicher Weise historische Tatsachen mit fiktiven Elementen vermischte („Terror“, „Drood“ oder „Der Berg“). Carr hat einen dermaßen flüssigen Schreibstil, dass man über seine teils langatmig ausufernden Beschreibungen mit einer Leichtigkeit hinweg liest und dabei noch unglaublichen Spaß hat.

Ich sah durchgehend die Ermittlungsarbeiten und die Ereignisse als Film vor meinem inneren Auge, was eindeutig für die bildhafte Schreibweise des Autors spricht. Und nun ist dieser großartige Roman auch als Serie verfilmt worden, da kann man nur gespannt sein, wie die Umsetzung gelang. „Die Einkreisung“, im Original „The Alienist“, ist ein unglaublich stimmungsvoller Roman, der von den Beschreibungen der alten Zeit lebt und den damit verbundenen, erschwerten Ermittlungsarbeiten. Die Vorgehensweise der Detektive und die psychologischen Überlegungen des Wissenschaftlers machen unglaublich Spaß und sind in jedem Satz absolut nachvollziehbar. Es mag sein, dass sich der Plot gegen Ende hin tatsächlich etwas in die Länge zieht, wie von vielen Lesern kritisiert, aber gerade das „Sich Zeit lassen“ im Finale rundet für mich die komplette Geschichte ab und bringt keinen abrupten Cut, wie das leider bei vielen Büchern dieser Art der Fall ist. Caleb Carr beschreibt in seinem Roman die Ursprünge des Profilings, wie wir es heute kennen. Die Sisyphusarbeit, mit der man sich zur damaligen Zeit an die Auflösung eines solch spektakulären Falls machte, ist sehr authentisch beschrieben.

Caleb Carrs Psychogramm eines Mörders und die damit verbundenen Ermittlungsarbeiten ist für mich ein absolutes Genre-Highlight, das ich nicht so schnell vergessen werde. Gerade die ausführlichen Beschreibungen, die vielen als Längen vorkommen, machen die Atmosphäre des Romans aus. Es ist ein Fall zum Mitdenken, der den Leser hier erwartet. Einige Szenen können durchaus als brutal und blutig bezeichnet werden, aber das Hauptaugenmerk richtet Caleb Carr definitiv auf die psychologische Seite eines solchen Täters. Das Buch ist durchgehend enorm stimmungsvoll, was zur Folge hat, dass man sich auf jeder Seite absolut ins Jahr 1896 zurückversetzt fühlt. Die Protagonisten erinnerten mich an manchen Stellen ein wenig an Arthur Conan Doyles Helden Holmes und Watson,  so dass auch hier eine gewisse Nostalgiekomponente erreicht wird, die sich durch den ganzen Roman zieht. Carr erweckt auf hohem literarischen Niveau eine vergangene Epoche wieder zum Leben und lässt den Leser an einem faszinierenden Kriminalfall in atmosphärischer Kulisse teilhaben. „Die Einkreisung“ ist ein ruhiges Buch, das weitestgehend auf temporeiche Action verzichtet und sich mehr auf die Protagonisten und deren Ermittlungsarbeiten konzentriert. Gerade diese Ruhe macht Caleb Carrs Roman für mich zu einem beeindruckenden, bildgewaltigen Ausnahmebuch unter den unzähligen Thriller, die blutrünstige Morde in den Vordergrund stellen. Obwohl „Die Einkreisung“ erst aus dem Jahr 1994 stammt, erscheint das Buch einem wie der Inbegriff des Serienkiller-Romans, was wahrscheinlich an der außergewöhnlich guten Schilderung der alten Zeit liegt, die dem Leser vorspiegelt, es würde sich auch um einen entsprechend „alten“ Roman handeln.
„Die Einkreisung“ sollte man unbedingt gelesen haben. Ich bin schon sehr auf die Serienumsetzung gespannt.

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Fazit:  Ruhiger, atmosphärisch dichter Thriller um einen Serienkiller, der in einer beeindruckend geschilderten Vergangenheit spielt.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Schänderblut von Wrath James White

schaenderblut

Erschienen als Taschenbuch
im FESTA Verlag
336 Seiten
13,95 €
ISBN: 978-3-86552-219-1

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Joseph Miles wurde vor 15 Jahren von einem Kinderschänder entführt und im Keller gefangengehalten, wo er gefoltert und sexuell missbraucht wurde. Aber er hat überlebt.
Schleichend überkommt ihn immer mehr das Verlangen nach menschlichem Fleisch. Joseph sucht den Grund für diese Neigung, die Hand in Hand mit einer perversen sexuellen Lust einhergeht, in seiner Vergangenheit. Er studiert die Leben von Serienkillern und beschäftigt sich mit den Mythen, die sich um Vampire, Werwölfe und Kannibalen ranken. Joseph ist felsenfest davon überzeugt, dass er damals durch seinen Peiniger von einem Virus infiziert worden ist, dass nun ebenfalls eine solch kannibalische Bestie aus ihm macht. Und so macht sich Joseph auf die Suche nach dem Kindesentführer, um ihn zu töten. Denn, wie bei Vampiren und Werwölfen, soll der Infizierte mit dem Tod seines „Meisters“ Erlösung finden. Joseph ist überzeugt davon, dass er wieder ein normaler Mensch werden kann, wenn er den Mann tötet, der ihn in einen sexsüchtigen Kannibalen verwandelt hat.

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Ich hatte bei „Schänderblut“ nicht das erwartet, was drin steckt. Ich dachte, ich würde mich durch eine brutale, blutige und schockierend harte Geschichte lesen, die aber, wie bei so vielen Büchern  dieser Art, nicht weiter in die Tiefe geht. Weit gefehlt. Wrath James White schildert die Gedanken eines Serienkillers. Er lässt uns auf der einen Seite an seinen abartigen Morden und Sexabenteuern und auf der anderen Seite an seinen Zweifeln und Ängsten teilhaben. White faltet die Psyche dieses gestörten Mörders wie eine Landkarte vor uns auf und versucht, Lösungen aus der gewalttätigen Misere zu finden.
White schafft es meist auf relativ hohem Niveau, die morbiden Gedankengänge des Protagonisten zu schildern. Nur hin und wieder gleitet er in eine einfache Umgangssprache ab, die aber erfreulicherweise den Lesefluss der Geschichte nicht stört. Im Großen und Ganzen bewegt sich White aber auf einem sprachlichen Niveau, das leider allzu selten in Büchern dieser Art vorkommt. Das war auch schon der erste Punkt, der mich bei „Schänderblut“ begeistert hat.

White spart nicht mit ekelhaften, brutalen Blutbädern, die meistens unter die Haut gehen und den Leser schlucken lassen. Aber … (und das ist wieder ein großer Pluspunkt an Wrath James White) er lässt niemals die Handlung aus den Augen, soll heißen die blutigen Splattereinlagen haben Sinn und wurden nicht einfach nur des Ekelfaktors Willen geschrieben. Das alles wirkt sehr stimmig, vor allem die Person des Joseph Miles ist hervorragend charakterisiert, so dass man an manchen Stellen tatsächlich so etwas wie Mitleid und Verständnis für den Kannibalen empfindet, obwohl er mit äußerster Brutalität vorgeht. Ich kann gar nicht richtig beschreiben, wie genial White diese Stimmung einfängt und den Leser dadurch richtig packt. Ich konnte das Buch schwer aus der Hand legen, weil ich einfach wissen wollte, wie Joseph sich aus dieser „Krankheit“, wie er meint, befreit. Seine Versuche, Menschen nichts anzutun und letztendlich doch seiner blutigen Mordlust zu erliegen, ist realistisch und glaubwürdig dargestellt.
Wrath James White erreicht durch die „gute“ Sprache mit seinem Roman, was andere Autoren, die sich bei den Lesern in der gleichen Liga tummeln, nicht schaffen: Nämlich wirklich zu schockieren!

Man merkt, dass White recherchiert hat und nicht nur einfach eine brutale, blutige Story erzählt. Viele Hintergrundinformationen, die das Handeln des Mörders begreifbar machen, runden das spannende Gesamtwerk ab, so dass ein „handfester“ Plot entsteht, der stimmig ist. Insgesamt konnte mich Whites Schreibstil und vor allem die Art seiner Geschichtenerzählung vollkommen überzeugen, so dass ich jetzt schon weiß, dass ich mich der Bibliografie dieses Schriftsteller widmen werde. 😉

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Fazit: Schockierend, blutig, brutal und mit einem glaubwürdigen Plot, der nicht nur des Blutes und der Brutalität willen verfasst wurde. Der Hauptcharakter überzeugt und geht in die Tiefe. Für Fans härterer, aber auch schreibtechnisch hochwertigerer Kost absolut zu empfehlen.

© 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Grauer Teufel von Graham Masterton

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Erschienen als Taschenbuch
bei Festa-Verlag
insgesamt 416 Seiten
Preis: € 13,95
ISBN: 978-3-86552-409-6
Kategorie: Horror

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Ein unsichtbarer Killer geht in der Stadt um und hält die Polizei in Atem. Decker Martin nimmt die Ermittlungen auf und findet Spuren, die in die Vergangenheit führen. Die Opfer scheinen eine Verbindung zu den Wirren des Bürgerkrieges vor 150 Jahren zu haben und Martin entdeckt bald, dass auch eine afrikanische Religion eine Rolle zu spielen scheint, ebenso wie seine eigene Person …

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Graham Masterton schreibt qualitativ unterschiedliche Romane. „Grauer Teufel“ gehört wieder zu jenen, die mich literarisch zwar nur bedingt überzeugen, aber dafür ziemlich grandios unterhalten haben. Mastertons Mystery-Krimi erinnerte mich in den ersten beiden Dritteln stark an die harten Thriller von Michael Slade (ebenfalls im Festa-Verlag erschienen). Der Hauptprotagonist ist sympathisch und man begleitet ihn gerne bei seinen Ermittlungen. Die anfangs unheimlichen Szenen mit dem unsichtbaren Killer waren sehr spannend und gruselig beschrieben. Das hat mir ausnehmend gut gefallen. Dass sich die Handlung dann aber eher in religiöse Kreise beziehungsweise Woodoo-Rituale begeben hat, war meiner Meinung nach ein nicht so guter Schachzug. Aber na gut, da sind die Geschmäcker einfach verschieden. Mir hätte es besser gefallen, wenn es mehr bei Mystery und Horror geblieben wäre.
Aber nichtsdestotrotz hat Masterton eine sehr spannende Geschichte abgeliefert, die erst gegen Ende hin immer umgangssprachlicher und daher unglaubwürdiger wirkt.

Recherchetechnisch hat sich der Autor ins Zeig gelegt, das merkt man. Auch wenn er sich einige Freiheiten erlaubt hat, wird die dargestellte religiöse Szene sehr glaubhaft geschildert. Das Fortschreiten der Ermittlungen bis hin zu der Erkenntnis, dass der Protagonist selbst in die Sache verwickelt ist, ging sehr geschickt und unterhaltsam vonstatten. „Grauer Teufel“ geht zwar anfangs in die Richtung des „alten Masterton“, entwickelt sich aber dann doch eher wieder zu einer Story, die vom „neuen Masterton“ stammt. Seine ersten Bücher waren eher Old School Horror von der unheimlichen Sorte, mittlerweile benutzt Masterton immer mehr Thriller- und Krimi-Elemente.

Graham Masterton erzählt seinen Horror-Krimi schnörkellos und ohne große Ansprüche, dafür versteht er es, den Leser sofort in seinen Bann zu ziehen. Wenn man einmal von den am Ende leider zu oft eingestreuten umgangssprachlichen Patzern absieht, legt „Englands Großmeister der Angst“ und der, laut San Francisco Chronicle, „würdige Erbe Edgar Allan Poes“ einen soliden Roman vor, der auf ganzer Linie unterhält und sorgfältig recherchiert wurde. Manchmal blutig und manchmal witzig: Diese Mischung funktioniert die meiste Zeit und sorgt für Abwechslung. Der Charakter Decker Martin wäre es durchaus wert, noch einmal in einem Roman von Graham Masterton aufzutreten.

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Fazit: Spannender Thriller mit Mystery-Elementen. Solider Roman mit historischem Hintergrund, der gegen Ende hin leider etwas nachlässt.

© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Buchwelten im Gespräch mit Andreas Behm

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Andreas Behm, geboren 1957 hat verschiedene Bereiche in seiner beruflichen Laufbahn kennengelernt. Zunächst studierte er einige Semester Philosophie und Literaturwissenschaften. Dann wurde er selbständiger Taxiunternehmer und arbeitete als Einzelhandelskaufmann. Bis zum Jahr 2008 war er dann als Modellbahnhändler tätig, bevor er sich dann ab 2008 vollständig dem Schreiben widmete. 

Andreas Behm lebt in Hamburg und hat mit den Romanen „Die Moral eines Killers“ und „Der Lippennäher“ die beiden ersten Teile der Trilogie „Hamburg – Deine Morde“ in diesem Jahr im ACABUS Verlag veröffentlicht. Der dritte und letzte Teil wird voraussichtlich Ende 2012 erscheinen.

Ich freue mich, dass Herr Behm sich die Zeit für das nachfolgende Interview genommen hat.

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Herr Behm, Sie haben bisher zwei Krimis im ACABUS Verlag veröffentlicht, der Dritte ist gewiss in Arbeit. Wann können die Leser mit dem nächsten Fall des KHK Harald Hansen rechnen?

Das Thema ist komplex und ich muss noch einige Recherchen zu Ende bringen. Im Frühsommer 2012 sollte das Manuskript fertig gestellt sein. Dann dauert es in der Regel noch zwei bis drei Monate bis zur Veröffentlichung.

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Mit Harald Hansen haben Sie eine außergewöhnliche Ermittlerfigur geschaffen: Eigenbrötlerisch, stoffelig, etwas schwierig im Umgang …Warum haben Sie einen eher außergewöhnlichen Protagonisten gewählt und stand für diese Figur vielleicht sogar jemand Pate?

Im ersten Teil der Hansen-Trilogie wendet der Ermittler sehr unkonventionelle Methoden an, um zum Erfolg zu kommen. Da hätte eine konformistische Figur nicht gepasst. Ein Vorbild für Hansen gibt es nicht. Er ist eine Mischung aus den Charakterzügen verschiedener Personen. In ihm steckt eine Portion Ernst Happel (ehemaliger HSV-Trainer, Spitzname „der Grantler“), ein wenig von meinem leider 2009 verstorbenen Schwiegervater und – unvermeidlich – das eine oder andere Detail meiner eigenen Persönlichkeit.

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Ich selber kam ja nun in den Genuss beide Ihrer Werke zu lesen. Das Debüt, den ersten Fall von Harald Hansen „Die Moral eines Killers“ und „Der Lippennäher“. Gerade Band I war in seinem Aufbau für einen Krimi sehr „besonders“ konstruiert. Wie in meiner Rezension bereits geschrieben, geht Ihr Kommissar relativ früh auf den Killer zu, setzt sich an seinen Tisch, konfrontiert ihn mit seinen Taten und deckt ihn vollkommen auf. Mehr noch, ihr Ermittler benutzt ihn ganz klar für seine eigenen Zwecke. Was hat Ihnen die Idee für diese Art der Krimihandlung geliefert?

Ich wollte einen untypischen deutschen Krimi schreiben. Einen Roman, in dem die Hauptfiguren kompromisslos jede Möglichkeit nutzen, um ihre Ziele zu erreichen und die Spannung daraus entsteht, dass drei dominante, eigensinnige Persönlichkeiten aufeinander treffen. Die „Wer-ist-der-Täter-Frage“ sollte keine Rolle spielen.

Der Leser befindet sich auf einer übergeordneten Ebene, auf der er fast alle Ereignisse und Überlegungen der drei Kontrahenten verfolgen kann. In einzelnen Abschnitten habe ich bewusst häufige, kurze Perspektivwechsel eingebaut, um den Leser an der Parallelität der Ereignisse teilhaben zu lassen. Es war – in Ansätzen – der Versuch, das Konzept der amerikanischen Fernsehserie „24“ in die Krimiliteratur zu übertragen. Leider kann man in einem Roman den „Bildschirm“ nicht in mehrere Fenster unterteilen.

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Ihre Romane spielen sich in Hamburg ab. Sie scheinen ihr Herz an diese Stadt verloren zu haben. Ist das wirklich so oder dachten Sie einfach, dass ein Regionalkrimi sich derzeit offensichtlich gut verkaufen lässt?

Ehrlich gesagt habe ich Probleme mit dem Etikett Regionalkrimi. Es ist wohl typisch deutsch, eine Sparte zu schaffen, die es meines Wissens in anderen Ländern so nicht gibt. Jeder amerikanische, englische oder skandinavische Ermittler lebt an irgendeinem Ort und arbeitet dort. Der Ort kann fiktiv oder real sein. Warum werden die Romane von Henning Mankell nie als Regio-Krimis bezeichnet? Kommissar Wallander lebt in Ystadt, das ist eine Kleinstadt in Südschweden mit 18.000 Einwohnern. Grishams Romane spielen oft in der amerikanischen Provinz. Es ist schade, dass viele deutsche Kritiker und Verleger enge Schubladen brauchen, in die sie Bücher einordnen können. Ich selbst habe die Krimis von Jaques Berndorf jedenfalls nicht gelesen, weil sie in der Eifel spielen. Ich war noch nie in der Eifel.

Andererseits kann ich gut verstehen, wenn Leser gerne Romane lesen, die quasi bei ihnen vor der Tür spielen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber wenn ich von einem Verlag eine Absage bekomme, weil sich nach Meinung der Lektorin Hamburg-Krimis schlechter verkaufen als zum Beispiel München-Krimis, kann ich solche Auswüchse nicht nachvollziehen.

Meine Krimis spielen in Hamburg, weil ich die Stadt kenne, weil sie vor meiner Haustür liegt und ich die Handlungsorte ohne lange Anreise unter die Lupe nehmen kann. Den Stempel „Hamburg – Deine Morde“ sehe ich als Markenzeichen und Orientierungshilfe für die Leser.

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Im zweiten Fall von Harald Hansen wird der Protagonist ein wenig „weicher“. Sicher behält er seine typischen Charaktereigenschaften, aber dennoch entwickelt er so etwas wie einen Teamgeist und Führungsqualitäten. Warum hat sich Hansen im zweiten Teil in diese Richtung verändert?

Männer verändern sich, wenn sie aus einem langjährigen Single-Dasein in eine glückliche Beziehung wechseln. Die Beziehung zu Nadja und ihrer Tochter Mareike hat einen positiven Einfluss auf Hansen, trotz diverser Probleme, die er damit hat.

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Wie sieht Ihr Arbeitsablauf in Ihrem Autorenleben aus? Haben sie feste, geregelte Arbeitszeiten? Schreiben Sie einfach wie es Ihnen gerade in den Sinn kommt oder Sie die Zeit dazu finden?

Der Ablauf sieht leider noch nicht so aus, wie ich es mir wünschen würde. Der Tag ist meistens von banalen Alltagsproblemen geprägt. Meine Frau und ich haben den allgemein propagierten Rollentausch längst vollzogen. Sie verdient unseren Lebensunterhalt, ich bin gewissermaßen ihr Back-Office. Ich kümmere mich um den Haushalt, die Schwiegermutter und den Hund. Nebenbei widme ich mich am Tage den Recherchen zum aktuellen Projekt, dem Marketing und den Sekretariatsarbeiten. Geschrieben wird in der Regel spät abends zwischen 21 Uhr und Mitternacht, manchmal auch länger. Mein Gehirn beschäftigt sich allerdings ständig mit dem aktuellen Projekt, was bei anfallenden Routinearbeiten im Haushalt gelegentlich zu merkwürdigen Resultaten führt.

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Wie lange arbeiten Sie im Durchschnitt an einem Werk, bis es zur Veröffentlichung kommt? Wie lange dauert das Verfassen Rohfassung, das Redigieren, etc.?

Für den ersten Roman habe ich noch fast drei Jahre gebraucht. Zu der Zeit war ich allerdings auch noch berufstätig und konnte mich ausschließlich nach Feierabend dem Schreiben widmen. Inzwischen komme ich mit anderthalb Jahren aus. Von einer Rohfassung möchte ich in dem Zusammenhang nicht sprechen, weil ich schon während der Entstehung ständig Korrektur lese und überarbeite. Wenn ich das Ende geschrieben habe, bin ich der endgültigen Fassung schon sehr nahe.

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Der Lippennäher“ ist von der Handlung her eher im typischen Krimistil gehalten. Erste Leiche, zweite Leiche, Ermittlungen, Verhöre, Spurensuche, etc.. Warum haben Sie im zweiten Fall eher diesen klassischen Stil angewandt – im Gegensatz zu Ihrem Debüt?

Im ersten Teil spielte die normale Ermittlungsarbeit nur eine untergeordnete Rolle. Im zweiten Teil wollte ich diesem Aspekt mehr Raum geben und dabei auch den Druck deutlich machen, unter dem die Ermittler oft stehen. Ich möchte mich nicht auf eine Handlungsstruktur festlegen. Der dritte Teil wird aus meiner Sicht diesbezüglich eine Mischung aus Band 1 und 2.

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Eine meiner Standardfragen, die ich jedem Gesprächspartner stelle, weil ich einfach neugierig bin: Haben Sie ein Notizbuch in das Sie alle möglichen Notizen schreiben, egal zu welcher Tages- und Nachtzeit und haben Sie ein besonderes Ritual während der Arbeit? Brauchen Sie z.B. absolute Ruhe, laute Musik oder vllt. einen besonderen Gegenstand in Ihrer Nähe, ohne den Sie nicht schreiben können?

Das Notizbuch sollte ich eigentlich bei mir haben. In der Regel notiere ich mir Stichworte zu Ideen auf kleine Zettel und übertrage diese dann bei nächster Gelegenheit in unterschiedliche Verzeichnisse auf meinem PC. Ich schreibe lieber nachts, wenn kein Telefon stört, kein Nachbar an der Tür klingelt und die übliche Tagesarbeit beendet ist.

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Meine letzte Frage lautet: Werden wir von Andreas Behm auch ein Werk jenseits des Krimis zu lesen bekommen oder haben Sie sich diesem einen Genre fest zugewandt?

Im Bereich der Romane werde ich mich weiterhin dem Genre Krimi widmen. Nebenbei schreibe ich ab und zu Kurzgeschichten, die nicht immer „kriminell“ sind. Ansonsten halte ich es mit Franz Beckenbauer: Schaun mer mal.

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Herr Behm, ich danke Ihnen dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben meine Fragen so ausführlich zu beantworten. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Kommissar für die zukünftigen Fälle alles Gute und viel Erfolg.

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Wer mehr über den Autor Andreas Behm oder den Ermittler Harald Hansen erfahren möchte, braucht nur auf die untenstehenden Links zu klicken:

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Andreas Behm Hompage

Harald Hansen bei Facebook

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Und wer mehr über die beiden Krimis erfahren möchte, die Andreas Behm geschrieben hat, der ist eingeladen sich meine Rezensionen durchzulesen:

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Rezension zu „Die Moral eines Killers“

Rezension zu „Der Lippennäher“

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Das Interview wurde geführt im November 2011.

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© Buchwelten 2011