Der Pinguin – A Very Graphic Novel von Walter Moers

Erschienen als Taschenbuch
im Penguin Verlag
insgesamt 103 Seiten
Preis: 18,00 €
ISBN: 978-3-328-11002-6
Kategorie: Graphic Novel, Comic

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Ein verliebtes Eskimopärchen, ein Pinguin, Drogen, Alkohol und … Mord!

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Auf der Titelseite ist der Vermerk „Vorsicht! Explicit! Dieses Buch enthält Bilder und Inhalte zu den Themen SEX, GEWALT und DROGEN, die einen gefestigten Charakter und Humor voraussetzen!!!“
Der Hinweis ist nicht unangebracht, denn geht man mit Moers’ Humor nicht konform, so könnte das Graphic Novel tatsächlich eine leichte bis gar unerwartet hohe Form von Entrüstung auslösen. „Der Pinguin – A Very Graphic Novel“ ist eine Reise in die Abgründe des Menschen, äh, Verzeihung, des Pinguins. Da werden freizügig Drogen konsumiert, wird Sex praktiziert und vor allem … abgeschlachtet! Durch die von Moers gewohnten genialen Zeichnungen „liest“ sich dieses Graphic Novel wie ein Film, den man nur als Volljähriger zu sehen bekommt. Ich könnte mir da übrigens tatsächlich eine Verfilmung äußerst unterhaltsam und interessant vorstellen. 😉

Moers Buch ist sicherlich Unsinn, aber was für einer! Witzig ist vor allem auch, dass einem die Geschichte und die Bilder nicht mehr aus dem Kopf gehen. Als wäre es eine literarische Droge, von der man nicht die Finger lassen kann, greift man immer wieder zu dem Büchlein und blättert darin herum, amüsiert sich und grinst unentwegt vor sich hin.
Aber so sind die Comics und Bücher von Walter Moers nun mal: bissig, bösartig, nicht Mainstream und vor allem voller cooler Ideen.


Fazit: „Der Pinguin“ ist ein Buch, das sich definitiv lohnt, denn man „liest“ es nicht nur einmal.

©2023 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Blood Crazy von Charles Platt

Erschienen als gebundene Ausgabe
im FESTA Verlag
542 Seiten
34,99 €
ISBN: Privatdruck
Kategorie: Horror, Thriller

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Samantha ist 16 Jahre alt und hat genug von ihrem Leben. Den ersten, den sie tötet, ist ihr Vater, der sie missbraucht hat. Danach bricht sie aus ihrem Alltag aus und macht sich auf eine blutige Reise, auf der jeder den Tod findet, der Samantha im Weg steht.

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Wer die Bücher von Richard Laymon mag, wird dieses Werk lieben. „Blood Crazy“ ist eine bitterböse Sicht auf unsere Gesellschaft und zeigt, wie es wäre, wenn man sich seiner Wut vollends hingeben würde. Der einfach gehaltene Schreibstil macht den 500 Seiten starken Roman zu einem wahren Pageturner, den man gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Platt vermischt die unterschiedlichsten Themen in sein blutiges Massaker: sexueller Missbrauch, BDSM, Selbstjustiz … All dies verbindet sich zu einem blutigen Albtraum, der in manchen Szenen an die Schmerzgrenze geht und sie sogar überschreitet, in dem er Folterungen und Verstümmelungen detailliert beschreibt. Dennoch schmälern diese brutalen Einschübe niemals das Lesevergnügen, weil sie nicht wirken, als wären sie nur zum Selbstzweck geschrieben worden. Sie passen einfach in das Gesamtbild und verleihen dem Roman etwas charmant Trashiges. Ich muss sagen, dass ich mich bestens unterhalten habe und gut und gerne weitere 500 Seiten hätte lesen können, um Samantha auf ihrem Weg zu begleiten.

Die Aufmachung des Buches ist, wie beim Festa-Verlag gewohnt, qualitativ hochwertig. Was mit besonders gefallen hat, waren die kleinen Illustrationen von Robert Chambers, die zum einen den Trashgehalt des Romans auf genialste Weise unterstreichen und zum anderen den ohnehin schon bildhaft verfassten Text auch optisch noch unterstützen. Diese Symbiose macht das Buch zu einem echten Genuss und Erlebnis.
Die Handlung spielt sich innerhalb sehr kurzer Zeit ab, was wiederum zur Folge hat, dass man das Buch förmlich verschlingt, weil man einfach wissen will, wie es weitergeht.
Unglaublich informativ finde ich das Nachwort des Autors, in dem er erklärt, wie diese Geschichte entstanden ist und aus welchen Gründen sie geschrieben wurde. Charles Platt erzählt sehr unterhaltsam, was ihn zu „Blood Crazy“ bewogen hat und nachdem man dann das Nachwort gelesen hat, sieht man die Handlung dann noch einmal mit einem anderen Auge. Für mich war „Blood Crazy“ eine ganz große Überraschung, weil ich nicht mit so einem unterhaltsamen Pageturner gerechnet habe. Ich kann diesen Roman für Fans von Richard Laymon und brutalen, blutigen Thrillern uneingeschränkt empfehlen.

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Fazit: Brutal, trashig, humorvoll und mit einem gehörigen Schuss Gesellschaftskritik.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Cheap Chops of Horror von Patrick Peters

Cheap

Erschienen als Taschenbuch
im Eigenverlag
238 Seiten
9,99 €
ISBN: 978-179198921-7
Kategorie: Anthologie, Horror, Hardcore

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Diese Kurzgeschichten sprengen die Realität. Elf Stories, die unterschiedlicher nicht sein könnten, entführen den Leser in eine andere Welt: Krieg, Pornosucht, Untreue, Mord, Rache, Geister aus der Vergangenheit, Splatter, Internetwahnsinn und ein Tor in die Hölle.

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Es macht immer wieder ungemein Spaß, wenn man einen neuen Autor entdeckt, der weiß, wie man mit Worten umgeht und der ein hervorragendes Gespür für Sprache hat. So geschehen bei Patrick Peters, der mich mit seiner Anthologie „Cheap Chops of Horror“ schon beim ersten Satz packen konnte, der da lautet: „Alberts Lächeln zerplatzte, als ihn das Schrapnell mitten ins Gesicht traf.“ Damit hat mich Peters gekriegt und ich konnte das Buch für die nächsten beiden Geschichten nicht mehr aus der Hand legen, so fasziniert war ich von seiner Ausdrucksweise. Noch faszinierender fand ich, dass der Autor unter anderem Themen behandelt, die unter die Rubrik „Extrem Horror“ fallen, bei ihm aber dennoch ein hohes Niveau vorweisen, was bei vielen Büchern dieser Art leider nicht der Fall ist. Patrick Peters weiß sich also auszudrücken und das ist auch schon der erste Punkt, der an dieser Anthologie absolut hervorzuheben ist.

Doch es ist nicht nur der wunderbare, flüssige Schreibstil, der diese Horrorgeschichten gegenüber den meisten anderen auf dem Markt hervorhebt, es sind auch noch die uneingeschränkt genialen Ideen und Plots, die in jeder Hinsicht überzeugen. Peters schreibt sehr hochwertig, aber auch sehr bildhaft, so dass man jede seiner Szenen als Film vor sich sieht, was dem Schriftsteller einen zusätzlichen Punkt verschafft. Jede seiner Stories hat einen gewissen Reiz, dem man unverzüglich verfällt und der einen dann auch bis zum Ende nicht mehr loslässt. Wie man aus meinen Worten herauslesen kann, bin ich ein klein wenig begeistert. 😉 Patrick Peters hat auf jeden Fall in mir einen neuen Fan gefunden, der schon jetzt ziemlich neugierig ist, was da Neues auf ihn zukommt. Aufgrund des hervorragenden Schreibstils würde ich mir auf alle Fälle einen Roman von ihm wünschen, denn ich könnte mir da eine sehr atmosphärische Geschichte vorstellen.

Zurück zur vorliegenden Anthologie: Es sind einige Geschichten, die mir besonders gefallen haben. Darunter befindet sich auf alle Fälle „Whatsdeath“, die ich fast als meine Lieblingsstory bezeichnen möchte. Dieser hochaktuelle Umgang mit der Problematik  sozialer Medien hat mich geflasht, weil sehr viel Wahres (und Erschreckendes) in dieser Geschichte steckt. Aber auch „Third Roommate“ oder „Kill The Bloody Ghosts“ haben es storytechnisch in sich. Peters’ Geschichten ergeben Sinn, regen zum Nachdenken an und in ihnen verstecken sich oftmals sozialkritische Aspekte zwischen den Zeilen. Das gefällt mir und es macht unglaublich Spaß, diese Ergebnisse zu lesen. Interessant ist auch, dass sich der Autor auf verschiedenen Ebenen bewegen kann: vom klassischen Horror über Science-Fiction angehauchte Krimis bis hin zu fast schon pornografischen Odysseen kann er über so ziemlich alles erzählen und behält dabei immer ein gewisses, sprachliches Niveau, das mich überzeugt. Peters begibt sich zwar des Öfteren unter die Gürtellinie, verlässt aber niemals die sprachliche Qualität dabei.

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Fazit: Uneingeschränkte Leseempfehlung für Freunde harter Kost, die sich aber immerzu auf sprachlich hohem Niveau bewegt und zum Nachdenken anregt.

© 2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Et Os Fabulas Sanguinis (Anthologie)

et os

Erschienen als Taschenbuch
im Eigenverlag
164 Seiten
10,00 €
ISBN: 978-1-694744-58-8
Kategorie: Anthologie, Horror, Hardcore

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Drei junge Autoren entführen den Leser mit acht Geschichten in eine abscheuliche Welt aus Blut und Gewalt.

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Acht Geschichten, die (nicht nur wegen des genialen Covers) an die Fernsehserie „Geschichten aus der Gruft“ erinnern. Nun gut, sagen wir mal so, der Aufbau und die Atmosphäre der Geschichten erinnert daran, der Inhalt in einigen Aspekten dann eher nicht. 🙂 Im Klartext soll das heißen, dass nicht jeder Leser mit dem, was er da serviert bekommt, auch klar kommt. Denn man muss diese Art Hardcore-Horror schon mögen, um zumindest einigermaßen Gefallen daran zu finden. Splatter und auch pornografische Einlagen finden sich nämlich in fast jeder der Geschichten aus „Et Os Fabilas Sanguinis“, so dass es mit Sicherheit den ein oder anderen Leser gibt, der angewidert das Gesicht verzieht, wenn er irgendwelche unanständigen Wortkreationen oder Beschreibungen oder extrem gewaltsame Handlungen zu lesen bekommt. Aber genau das macht diese Anthologie wiederum aus, denn sie wendet sich schlichtweg an das etwas andere Publikum. Das wiederum soll aber nicht heißen, dass die beiden Autoren Marcel Hill und Dominik Heit zusammen mit ihrer Autorin Alida Gersonde nicht auch den klassischen Horror bedienen. Es ist eine perfekte Mischung aus beidem, sofern man an ersterem, wie gesagt, Gefallen findet.

Der Schreibstil der drei Mitwirkenden ist überwiegend einfach gehalten, aber man kann den Autoren durchaus fantasievolle und auch filmreife Ideen zusprechen, die nach Beendigung der Lektüre sogar noch weitaus interessanter wirken als während des Lesens. Das spricht für die Aussagekraft der drei Verfasser, die es nämlich schaffen, dass die Geschichten allesamt in Erinnerung bleiben.
Ich hatte auf alle Fälle großen Spaß mit den Geschichten und fühlte mich hervorragend unterhalten, zumal sich die Plots in ihrem Gesamtbild größtenteils abseits des Mainstreams bewegen und  allein schon deswegen Aufmerksamkeit verdienen.

Werfen wir noch kurz einen Blick auf die Autoren im Einzelnen: Dominik Heist ist derjenige, der sich überwiegend im Mittelfeld bezüglich Gore- und Sexgehalt des Dreiergespanns bewegt. Seine Geschichten sind stimmungsvoll und trotz mancher Härte noch weitestgehend publikumstauglich. Anders sieht es da bei Marcel Hill aus: Er geht mit seinen Stories in die Vollen und nimmt kein Blatt vor den Mund, egal ob es um Sexpraktiken oder Brutalitäten geht. Wie oben bereits erwähnt, solche Geschichten sind nicht jedermanns Geschmack und wirken oftmals sogar verstörend oder abstoßend, wenn man sich nicht darauf einlassen kann. Dieses Genre beherrscht Hill allerdings absolut, wobei ich mir manchmal tatsächlich an der ein oder anderen Stelle doch eine weniger vulgäre Ausdrucksweise gewünscht hätte. Aber hier sind die Geschmäcker (glücklicherweise) verschieden.
Alida Gersonde hält sich am meisten diesbezüglich zurück und schafft mit ihrer atmosphärischen Geschichte einen wirklich wunderbaren Abschluss dieser Anthologie. Es steckt viel Potential in allen drei Autoren, das auf alle Fälle sogar noch ausbaufähig ist.
Erwähnenswert ist unbedingt noch das sehr ansprechende und gut formulierte Vorwort von Christopher Derayes, das ungemein hilft, die Geschichten zu „verstehen“.
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Fazit: Stimmungsvoll, brutal, derb und unterhaltsam.

© 2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das Ufer von Richard Laymon

Das Ufer von Richard Laymon

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne-Verlag
insgesamt 590 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-453-67647-3
Kategorie: Thriller, Horror

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Deana lebt mit ihrer Mutter Leigh in der idyllischen Kleinstadt Tiburon. Alles ist beschaulich und harmonisch, bis zu dem Zeitpunkt, als ein brutaler Serienkiller auftaucht. Und plötzlich erinnert sich Leigh an ihre eigene Jugend, die ebenso düster und gefährlich war. Gegenwart und Vergangenheit vermischen sich. Es scheint, als wäre Leighs Vergangenheit noch lange nicht zu Ende erzählt, denn auch dort trieb ein grausamer Serienkiller sein Unwesen.

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Es gibt Bücher von Richard Laymon, die entwickeln eine eher trashige Atmosphäre, und es gibt Werke von ihm, die erzählen eine etwas ruhigere Geschichte mit Horror-Elementen. „Das Ufer“ gehört eindeutig zur letzten Kategorie, was aber nicht bedeutet, dass es weniger spannend ist als die Splatter-Achterbahnfahrten, die Laymon verfassen kann. „Das Ufer“ ist die Geschichte eines Teenagers (eigentlich sind es zwei Teenager, denn die Geschichte der Mutter als Teenager nimmt auch einen sehr großen Teil des Buches ein) und hat mich so manches Mal an den Plot und die Stimmung von „Halloween“ des fantastischen Regisseurs John Carpenter erinnert. Wie bei allen Werken von Richard Laymon kann man das Buch sehr schwer aus der Hand legen. Obwohl der Schreibstil des leider viel zu früh verstorbenen Autors nicht hochwertig genannt werden kann, fasziniert er dennoch (oder gerade deswegen) aufgrund seiner klaren, deutlichen und eben einfachen Sprache. Die Gedanken der Protagonisten sind realitätsnah und lassen den Leser dadurch das Geschehen hautnah miterleben. Zumindest mir geht es bei Laymons Büchern eigentlich immer so, dass ich bereits nach wenigen Seiten die oftmals umgangssprachliche Einfachheit schlichtweg genieße, weil sie zu der Story einfach passt.

„Das Ufer“ ist ein typischer Laymon, aber irgendwie dann doch wieder nicht.  Mir persönlich hat aber gerade die ruhigere Gangart zugesagt und vor allem haben hier die „schlüpfrigen“ Szenen nie gestört, was bei den anderen Büchern manchmal der Fall ist. Auch die Brutalität wirkt niemals aufgesetzt und übertrieben, sondern lockert die an sich melancholisch erzählte Geschichte immer wieder auf. Gerade die Rückblenden in die Vergangenheit der Mutter haben es mir bei „Das Ufer“ angetan. Dieser Handlungsstrang übte eine unwiderstehliche Faszination auf mich aus, die mich wiederum an Laymons „Das Treffen“ oder „Die Show“ erinnerte. Die Charaktere wirken zwar oftmals flach und oberflächlich, vermitteln aber dennoch das Gefühl, man würde sie kennen. Das liegt vor allem an den bereits oben erwähnten Gedankengängen, die Laymon beschreibt.

Wie in fast jedem Buch von Richard Laymon sind alle Frauen schlank, haben große Brüste und sind ständig geil. Aber auch die Männer haben ordentlich was in der Hose und fühlen sich von ziemlich jeder Frau angezogen. Dieses stereotype Trash-Klischee erfüllt auch „Das Ufer“ und reiht sich, zumindest in dieser Hinsicht, nahtlos in die anderen Werke des Autors ein. Ich mochte die Story und bin dem Heyne-Verlag dankbar, dass er sich auch der unbekannteren Geschichten Laymons annimmt. Da „Das Ufer“ im Orginal posthum veröffentlicht wurde, könnte man aufgrund einiger Details auf den Gedanken kommen, dass es sich lediglich um ein unfertiges Manuskript gehandelt haben könnte, dass ein Ghostwriter fertiggeschrieben hat. Nichtsdestotrotz vervollständigt „Das Ufer“ die Laymon-Sammlung und verschafft einem ein paar angenehme, unterhaltsame Lesestunden. Durch den wunderbar flüssigen Schreibstil und den kurzen Kapiteln entwickelt sich auch dieser Roman zu einem Pageturner, wie man es von Richard Laymon einfach gewohnt ist. Über das Ende kann man streiten. Einige überraschende (wenngleich manchmal voraussehende) Wendungen bietet das Buch. Und wenn man dann noch über die mehr als an den Haaren herbeigezogenen „Zufälle“ nicht weiter nachdenkt, die zum Finale führen, bekommt man eine wirklich unterhaltsame Story geboten.

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Fazit: Ein ruhiger Horror-Thriller, der an die Slasher-Filme der 80er-Jahre erinnert. Typisch Laymon, aber irgendwie doch wieder untypisch. Für Fans aber sowieso ein Muss.

© 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das scharlachrote Evangelium von Clive Barker

scharlachrote

Erschienen als Taschenbuch
im Festa Verlag
insgesamt 464Seiten
Preis: 13,95 €
ISBN: 978-3-86552-379-2
Kategorie: Horror

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Als der Geisterjäger Harry D’Amour das Haus eines Verstorbenen betritt, um dessen Seele Ruhe zu verschaffen, entdeckt er einen dämonischen Würfel, der das Tor zur Hölle öffnet. Kein geringerer als Pinhead erscheint. Und der hat vor, den Satan persönlich zu bekämpfen, um an die Macht über die Hölle zu kommen.

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Als eingeschworener Clive Barker-Fan und begeisterter Leser seiner Novelle „Hellraiser“ (im Original „The Hellbound Heart“) war ich natürlich absolut gespannt, wie dieser Mythos fortgeführt wird.
Der Einstieg in die Geschichte funktionierte hervorragend und das Gefühl einer Rückkehr zu den Zenobiten kam sofort auf. Auch wie Harry D’Amour, der Held aus Barkers „Stadt des Bösen“, die Bühne betritt, begann äußerst reizvoll und war sehr bildhaft dargestellt. Es dauert nicht lange und man wird wie gewohnt, von Barkers ideenreichen Visionen belohnt, denen man sich schwer entziehen kann. Der Beginn der Story ist durchaus gelungen und als der Würfel auftaucht, fährt dem Fan ein leichter Schauer über den Rücken. Aber dann …

Wo fange ich nur an? Zum einen entwickelte sich die Geschichte in eine Richtung, die mir nicht besonders gefiel. Obwohl da Potential gewesen wäre, hätte man sie epischer und bombastischer gestaltet, wie Barker es eigentlich kann und mit Werken wie zum Beispiel dem grandiosen „Imagica“ oder „Gyre“ bewiesen hat. Aber aus unerklärlichen Gründen geht Barker einen anderen, leider schlechteren Weg als in seinen bisherigen Büchern. Barker entmystifiert den Charakter Pinhead und verwandelt ihn in einen machtbesessenen Höllen-Macho. Hmmm, das hat er doch nicht verdient, nachdem er in „Hellraiser“ als blutrünstiger, brutaler, geheimnisvoller und visionär-apokalyptischer Höllendiener dargestellt wurde. Barker macht aus meiner Sicht einen entscheidenden Fehler, wenn er Pinhead zu einer nahezu dummen Hohlbirne degradiert und ihm damit all seine mystischen Eigenschaften nimmt, die ihn zu dem gemacht haben, was er bis dahin war: Kult!

Nun muss ich leider noch zu einem Punkt kommen, der mich so manches Mal daran zweifeln ließ, ob tatsächlich der Clive Barker diesen Roman verfasst hat oder ein Ghostwriter. Barkers Schreibstil war in den meisten seiner Bücher angenehm und manches Mal sogar literarisch hochwertig. Sicherlich zeigte er keine Hemmungen, wenn es darum ging, eklige Sachen explizit darzustellen. Das war aber bis dato nie ein Problem. Was jedoch in „Das scharlachrote Evangelium“ dialogmäßig passiert, ist teilweise grottiger als ein John Sinclair-Heftchen. Da werden den Protagonisten Worte in den Mund gelegt, während sie gerade eine hochdramatische Situation hinter sich gebracht haben, die mehr als unpassend sind: „Ich glaube, wir haben verschissen“, sagt da einer, als sie in eine aussichtslose Situation geraten. Die permanenten sexuellen Anspielungen und Witzeleien gehen einem bald schon auf den Wecker. Sex fand in Barkers Büchern immer schon eine Berechtigung, aber hier wird auf sehr plumpem, einfachem Niveau gearbeitet.
Pinhead findet Dinge „zum Kotzen“ und äußert schon das ein oder andere Mal „Arschloch“.  Für eine Horror-Kultfigur ziemlich unangebracht, finde ich. Aber nun gut, Barker wird schon seine Gründe haben, um seinen Charakter so lächerlich wirken zu lassen.

Aber nichtsdestotrotz steckt „Das scharlachrote Evangelium“ wieder voller visionärer Ideen, die einem den Atem rauben, wenn man sie sich bildlich vorstellt. Der Kampf zwischen Pinhead und Satan hat sicherlich etwas Großes, aber Barker hätte es um ein Vielfaches besser gekonnt, wenn er diese Szenen besser beschrieben hätte. Warum er es nicht gemacht hat, bleibt wohl ein Rätsel. Für Barker-Fans dennoch unverzichtbar, gerade weil zwei seiner Kultfiguren aufeinandertreffen. Und wenn man sich einmal an die Asi-Sprache der Protagonisten gewöhnt hat, kann man der Geschichte auch durchaus einige Reize abgewinnen. Für mich dennoch das schlechteste Buch des Autors, den Stephen King einmal als „Zukunft des Horrors“ bezeichnet hat.

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Fazit: Barker entmystifiziert seine Kultfigur Pinhead und schickt seine Protagonisten auf eine zwar visionär ideenreiche Höllentour, die aber durch sehr umgangssprachliche Dialoge fast schon zu einer Farce wird. Schade, denn im Plot hätte eine weitaus epischere Geschichte gesteckt. Für Barker Fans dennoch ein Muss!

© 2015 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Red Sky von Nate Southard

Erschienen als Taschenbuch
bei Festa-Verlag
insgesamt 268 Seiten
Preis: 13,95 €
ISBN: 978-3-865-552146-0
Katergorie: Thriller, Horror

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Danny Black braucht Geld. Der Banküberfall in El Paso sollte eigentlich so „easy“ sein wie immer, aber Danny hat die beiden „Neuen“ nicht bedacht. Der Routinejob wird zum Albtraum und Danny sieht sich plötzlich in einer misslichen Lage.

Als eine der „Neuen“ ausrastet und wild um sich schießt, gerät die Lage vollends außer Kontrolle und die Bankräuber sehen sich genötigt, mit einer Geisel das Weite zu suchen.

Nach einer atemberaubenden Verfolgungsjagd mit der Polizei, gelingt ihnen schließlich die Flucht in die Wüste New Mexikos, wo sie auf ein abgesperrtes Gelände stoßen, auf dem ein anscheinend verlassenes Fabrikgebäude steht.

Mit einem Schwerverletzten und einer Geisel im Schlepptau ist eine Ruhepause unausweichlich und Danny entschließt sich, die Nacht in der Fabrik zu verbringen.

Doch es dauerte nicht lange und ein Hubschrauber landet in der Nähe des Gebäudes. Zuerst denkt Danny, dass es sich um eine Polizeitruppe handelt, die auf der Suche nach ihnen ist. Als die Geisel fliehen will und ohne Vorwarnung auf sie geschossen wird, denkt Danny allerdings anders darüber. Erneut in einer schier aussichtslosen Situation, wie Stunden zuvor noch in der Bank, entdecken Danny und seine Begleiter, dass die Männer aus dem Hubschrauber bei weitem nicht das Gefährlichste sind, das sie bedroht: denn im Inneren der Fabrik ist etwas grauenhaftes, das zum Leben erwacht, als die Sonne untergeht …

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Natural Born Killers“ trifft auf „Resident Evil“. Diese beiden Filme fallen mir spontan ein, wenn ich dieses Buch kurz und knapp beschreiben müsste. Was wie ein Film von Quentin Tarantino anfängt, endet in einer Splatterorgie.

Southard schreibt gut, wenngleich ihm die Finesse eines Literaten irgendwie fehlt. Aber sein Schreibstil vermittelt Filmbilder, und das ist es auch, was diesen Roman ausmacht. Die Dialoge scheinen einem Drehbuch zu entstammen, so umgangssprachlich, aber treffend sind sie. Die Gespräche und Diskussionen haben mir mit am besten an „Red Sky“ gefallen.

Die Handlung ist eigentlich nicht der Rede wert, da gibt es nicht viel Potential. Aber das ist im Grunde genommen egal, denn so wie genregleiche Filme unterhalten, schlägt auch Southard den Leser mit seinem Roman in Bann.

Mit einem wahnsinnigen Tempo schlägt die Geschichte vom Thriller zu Horror um. Unweigerlich denkt man an Tarantinos „From Dusk Till Dawn“ und das ist vermutlich sogar Southards Absicht.

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Fazit: 4 von 5 Sternen für ein Buch, das einen Film im Kopfkino ablaufen lässt, der bestens unterhält. Vor allem die Dialoge sind es, die Spaß machen und die Geschichte rasant vorantreiben. „Red Sky“ ist sicherlich nicht das letzte Buch, das ich von Nate Southard lesen werde. 

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Ich danke dem FESTA-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

© Cryptanus für Buchwelten 2013