Fairy Tale von Stephen King

Erschienen als gebundene Ausgabe mit Leseband
im Heyne Verlag
insgesamt 880 Seiten
Preis: 28,00 €
ISBN: 978-3-453-27399-3
Kategorie: Fantasy, Märchen

Ich warne sicherheitshalber vor Spoilern

Der 17-jährige Charlie Reade ist eigentlich ein ganz normaler Teenager, außer vielleicht, dass er mit seinem Vater alleine lebt seit er 7 Jahre*** alt ist. Seine Mutter wurde überfahren, als sie auf dem Heimweg von der Tankstelle war, wo sie für die Familie Hähnchenteile besorgt hat. Charlies Vater wollte sie fahren, sie aber lehnte ab und wollte gerne etwas frische Luft genießen. Tja, dieser Abend änderte alles. Charlies Vater begann zu trinken, verlor seinen Job bei der Versicherung und beinahe wären sie finanziell so richtig zugrunde gegangen. Aber dann kam ein ehemaliger Arbeitskollege und guter Freund und das Blatt wendete sich wieder. Charlies Vater wurde durch die Treffen der AA trocken und kam wieder auf die Füße. Charlie nahm ihm das nie übel, nein, er verstand seinen Vater nur zu gut und half ihm, so gut er konnte. Er kümmerte sich um den Haushalt und um seinen Dad, wenn er wieder betrunken war, und versorgte sich selbst. Daneben entwickelte er sich – wie gesagt – zu einem Teenager, der zwar eine Weile lang seinen Frust gemeinsam mit einem Kumpel, der kein guter Umgang für ihn war, rausgelassen hat, mit Aktionen, auf die er überhaupt nicht stolz ist rausgelassen hat aber dann auch wieder die „Kurve“ gekriegt hat.

Eher zufällig lernt Charlie den alten, verschrobenen Nachbarn Howard Bowditch kennen, weil der nämlich in seinem Garten hinter der Veranda liegt, wo er von der Leiter gefallen ist. Sein Hund Radar hat so jämmerlich gejault, dass Charlie sich hinter das Gartentor gewagt hat. Und das will was heißen. Denn der riesige Schäferhund, der dort wacht, soll absolut blutrünstig und ein totales Monster sein. So sagt es zumindest Charlies Freund. Nun, Radar ist inzwischen eine alte Hundedame und liegt neben ihrem Herrn, der sich nicht mehr rühren kann. Charlie ruft den Krankenwagen und so kommt eines zum andern: Es entwickelt sich langsam aber sicher eine wahre, tiefe Freundschaft zwischen Charlie und dem alten Eigenbrötler Bowditch. Charlie kümmert sich zunächst um Radar, als der Alte im Krankenhaus liegt und wohnt nach seiner Heimkehr bei ihm, um ihm als Pfleger und „Junge für alles“ zur Seite zu stehen.

Als Howard Bowditch stirbt, hinterlässt er Charlie nicht nur das alte Haus, das so verfallen nun gar nicht mehr ist, und die wundervolle alte Hundedame Radar. Nein, Bowditch hinterlässt Charlie viel viel mehr. Ein großes und wundervolles Geheimnis. Ein Tor in eine andere Welt. Doch dazu muss Charlie erst einmal den Schuppen öffnen …

***

Jetzt bin ich schon bei der Inhaltsangabe etwas ausgeufert, aber mit 2 Sätzen wollte ich die Handlung nun auch nicht zusammenfassen. Aus diesem Grund passen meine Rezensionen leider auch nicht auf die Verlagsseiten. „Zu viele Zeichen“ bekommen ich immer gemeldet ☺.

Gerade dieser erste Teil des Romans hat mir so sehr gefallen, dass ich mich zunächst in der „Anderswelt“ überhaupt nicht richtig wohlgefühlt habe. Ich wollte wieder hinauf in die Realität. Ich wollte zurück zu Charlie und seinem Vater, die beide so ein absolut tolles Verhältnis haben, dass ich dort bleiben wollte. Klar, Howard Bowditch war gestorben, was ich auch sehr bedauerlich fand, denn auch dieses Verhältnis fand ich richtig toll. Charlies Vater hatte nach dem Tod der Mutter getrunken, er wurde aber nie böse oder gewalttätig, wie wir es so oft in anderen Geschichten zu lesen bekommen. Nein, Charlies Vater war einfach „nur“ traurig, depressiv und trank. Er hat seinen Sohn nie auch nur angebrüllt und Charlie hat das alles so toll gemeistert, dass diese Vater-Sohn-Beziehung mir wirklich sehr nahe ging. Ebenso das Verhältnis zwischen Alt & Jung. Der freundliche Teenager hilft einem alten, verschrobenen, total grantigen Mann und es entwickelt sich eine tolle Beziehung zwischen den beiden.

Die Anderswelt ist unter unserer Welt gelegen und mit dem Betreten dieser Welt beginnt das Märchen, die Fantasy-Reise von Charlie Reade, der diese Welt offensichtlich retten oder befreien muss. Es gibt hier wundersame Menschen und Wesen. Eine graue Krankheit, die vielleicht an Michael Ende erinnert, auf den sogar kurz hingewiesen wird (leider nimmt Stephen King nur Bezug auf den Film „Die unendliche Geschichte“ und nicht auf das Buch). Ich habe es der Anderswelt schwer gemacht, eben weil ich aus den o.g. Gründen eigentlich lieber wieder in die echte Welt wollte, aber ich habe mich „gezwungen“, mich darauf einzulassen und so nach und nach wurde ich damit warm.

Ich habe selbst nie Lovecraft gelesen, weshalb ich einige Anspielungen und Hinweise vielleicht nicht erkannt habe, doch bei einigen Wesen wusste selbst ich, dass es sich um lovecraftsche Viecher handelt, stehen doch einige seiner Bücher in unserer Bibliothek (es ist hier auch interessant auszuknobeln, wem dieses Buch gewidmet ist und wer sich hinter den 3 Kürzeln verbirgt. Versucht es mal).

Wir begeben uns mit Charlie Reade auf eine Reise, das Land Empis zu retten und befreien, wobei Charlie eine große Rolle spielt. Auch Radar ist dabei, denn sie ist der eigentliche Grund, warum Charlie überhaut den Übergang durch den Schuppen gewählt hat. Wir treffen auf märchenhafte Figuren und lernen viel über das Land und dessen Bewohner. Auch hier geht es sehr stark um Freundschaft und Vertrauen und die Stärke, die eine Gruppe aufbauen kann.

Gibt’s ein Happy End? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Vielleicht irgendwie? Jedenfalls hatte ich zum Abschluss des Buches einen dicken Kloß im Hals und hätte dann doch gerne weitergelesen.

Fazit: Eine bunte Mischung aus Fantasy, Märchen, mystischem Horror und einem großen Abenteuer, das zu Herzen geht und fesselt.

*** Im inneren Klappentext ist dem Verlag in der Erstausgabe ein kleiner Fehler unterlaufen, worauf ich Heyne auch hingewiesen habe. Dort wird Charles Reade als 3-Jähriger beschrieben. Auf Seite 12 ist er dann korrekterweise 7 Jahre alt. Ich habe einen Blick in die englische Originalausgabe geworfen und dort ist Charlie auch tatsächlich 7 Jahre alt (auch im inneren Klappentext). Lasst euch also nicht verwirren, denn gegen Ende erzählt er selbst sogar nochmal, dass seine Mum starb, als er 8 Jahre alt war ☺


©2022 Buchwelten

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Gwendys letzte Aufgabe von Stephen King und Richard Chizmar

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 352 Seiten
Preis: 14,00 €
ISBN: 978-3-453-42638-2
Kategorie: Drama, Thriller, Horror, Belletristik

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Der Wunschkasten ist erneut in die Hände von Gwendy geraten. Doch dieses Mal soll sie ihn ein für alle Mal vernichten. In ihrer Eigenschaft als Politikerin fliegt sie zusammen mit Wissenschaftlern ins All, um den Kasten für immer verschwinden lassen und die Welt, wie wir sie kennen, zu retten …

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Wie schon beim zweiten Teil (der von Richard Chizmar im Alleingang verfasst wurde) begegnen wir der Titelheldin, nachdem wieder einige Jahre verstrichen sind. Nichtsdestotrotz fühlt man sich sofort wieder heimelig und erinnert sich an die vergangenen Geschehnisse. Das Gemeinschaftswerk von King und Chizmar ist bereits in den ersten Seiten unglaublich stimmungsvoll und lässt Großes erahnen. Die Sprünge zwischen der Gegenwart, die im Weltraum spielt, und den Ereignissen in der Vergangenheit sind absolut gut gelungen, sodass man immer weiter „nur noch ein Kapitel“ liest, weil man sich nicht von der Handlung trennen kann und wissen will, wie es weitergeht. „Gwendys letzte Aufgabe“ stellt für mich, um es gleich schon einmal vorneweg aus meiner Sicht klarzustellen, den krönenden und unglaublich passenden Abschluss dieser Trilogie dar.

Meine Begeisterung beruht nicht nur alleine auf dem stimmungsvollen Handlungsort im Weltraum, sondern auch auf den Unmengen an Anspielungen an Kings Werke, die die beiden Autoren (wahrscheinlich war es in diesem Fall eher King selbst) in diesem Roman verstreut haben. Fans von Stephen King werden sie unweigerlich entdecken und ihre ganz persönlichen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Roman und Gwendys Leben schließen. Der vorliegende, abschließende Band ist eine wahre Offenbarung und rückt die Geschichte in ein ganz besonderes Licht. Und während ich diese Zeilen schreibe, komme ich schon wieder ins Schwärmen, auf welch fulminante, spektakuläre und überaus philosophische Art und Weise King und Chizmar die Geschichte um Gwendy und den geheimnisvollen Wunschkasten zum Abschluss gebracht haben.

Vor allem das Finale hat es in sich. Es passiert schon mal, dass mich ein Buch zum Weinen bringt, aber dass mich ein solches zum Weinen bringt und derart emotional packt und mitreißt, geschieht dann eher seltener. „Gwendys letzte Aufgabe“ hat es geschafft und ich war noch minutenlang im Bann dieser großartigen Geschichte, vor allem dieses großartigen Endes, gefangen. King und Chizmar packen den Leser mit einer emotionalen Wucht, die an Filme von Christopher Nolan oder den leider eher unbekannten Film „Imaginaereum“ erinnert. Der dritte Teil der Gwendy-Geschichte ist mein absoluter Liebling, der mir die Welt von Kings anderen Romanen noch einmal nahebringt und meine Faszination gegenüber seinem Gesamtwerk noch einmal eine Stufe höher bringt. Ich bin nicht sicher, ob andere meine Begeisterung teilen werden, Fakt ist für mich jedenfalls, dass „Gwendys letzte Aufgabe“ eines der emotionalsten und denkwürdigsten Finale besitzt, die ich kenne. Allein schon aus dieser Sicht kann ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen.

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Fazit: Ein würdiges Ende der Trilogie mit einem hochemotionalen Finale.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Gwendys Zauberfeder von Richard Chizmar

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 272 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-3-453-27295-8
Kategorie: Drama, Thriller, Horror, Belletristik

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Es ist schon eine Zeit lang her, dass Gwendy von einem mysteriösen Mann einen Wunschkasten geschenkt bekam, der auf unheimliche Weise Wünsche erfüllen konnte.
Mittlerweile ist Gwendy eine erfolgreiche Kongressabgeordnete und der Meinung, ihr Leben im Griff zu haben. Doch dann taucht der Wunschkasten plötzlich wieder auf und bringt Gwendy in Versuchung, bestimmte Dinge mit seiner Hilfe in Ordnung zu bringen. Als dann die „Zauberfeder“ aus ihrer Kindheit wieder in ihre Hände kommt, gerät Gwendys Leben vollends aus den Fugen.

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Und da ist sie nun: Die Fortsetzung von „Gwendys Wunschkasten„, die aus meiner Sicht seinerzeit einiges an Potential ungenutzt gelassen hat. Ich wusste nicht, was mich mit der von Richard Chizmar verfassten Fortführung der Story erwarten würde, muss aber zugeben, dass mich der Autor mit seiner Idee schon einmal äußerst angenehm überrascht hat. „Wendys Zauberfeder“ setzt nämlich nicht direkt an seiner Vorgängergeschichte an, sondern lässt einige Jahre verstreichen, sodass der Leser nun der erwachsenen Gwendy begegnet. ich war sofort in der Geschichte gefangen und habe mir oftmals gedacht, dass Chizmar durchaus das literarische Erbe von Stephen King antreten könnte, denn die beiden Schreibstile gleichen sich verblüffend. Die Story ließ sich dadurch angenehm flüssig lesen und entwickelte sich, trotz eigentlicher fehlender Action, zu einem regelrechten Pageturner, der mich nicht mehr losließ.

Der Grundgedanke von „Gwendys Wunschkasten“ wird natürlich fortgeführt, allerdings kommt dann mit der titelgebenden Zauberfeder ein Aspekt in die Geschichte, der mich in seiner Konsequenz an Stephen Kings „The Green Mile“ erinnerte. Chizmar ist eine wunderschöne, emotionale Geschichte gelungen, die zwar unspektakulär, nichtsdestotrotz aber mit einer gewissen Wucht daherkommt und einen mit einem tollen Gefühl zurücklässt. Ehrlich gesagt, gefällt mir diese Fortsetzung besser als das Original, das Chizmar mit King zusammen verfasst hatte. Vor allem das Persönliche der Protagonistin, das Chizmar in seine Geschichte eingebaut hat, faszinierte mich und ließ mich auch emotional an der Story teilhaben. Und durch den sehr schönen Schreibstil flog ich nur so durch das Buch, das ich mir übrigens auch sehr gut als Film vorstellen könnte. Um es kurz zu machen: Richard Chizmar hat mit seinem Kurzroman eine bessere Fortführung erschaffen, als ich mir vorgestellt hatte. Und er hat das Potential zumindest weitaus mehr als im Original ausgenutzt. Mittlerweile ist mir auch vollkommen bewusst, dass die beiden Autoren alles andere als ein bombastisches, spektakuläres Werk im Sinn hatte, sondern eher eine ruhige, besonnenen Geschichte, die zum Nachdenken anregt.

Zur tollen Story kommt dann noch eine wunderbare „Verpackung“ hinzu. Während das weitaus dünnere Original mit 10,- Euro dem ein oder anderen etwas teuer erschien, kann die vorliegende Ausgabe mit einer Dicke von 270 Seiten und einem Preis von 12,- Euro geradezu auftrumpfen. Das Hardcover ist wunderschön gestaltet und fühlt sich mit seinen Hervorhebungen innerhalb des Titels und Covers genial in der Hand an. Ich bin schon sehr gespannt auf den abschließenden Teil der Trilogie mit dem voraussichtlichen Titel „Gwendys letzte Aufgabe“, der im Jahr 2022 erscheinen soll und wohl wieder von beiden Autoren verfasst wird. Insgesamt heben sich die beiden bislang erschienenen Romane von den anderen Werken der beiden Autoren in ihrer ruhigen Erzählweise ein wenig ab, was ich wiederum als sehr angenehm empfinde.

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Fazit: Wunderbare, ruhig erzählte Fortführung um Gwendys Wunschkasten.

© 2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Billy Summers von Stephen King

Billy Summers von Stephen King
Erschienen gebundene Ausgabe mit Leseband
im HEYNE Verlag
Preis: 26,00 €
720 Seiten
ISBN: 9978-3-453-27359-7
Kategorie: Roman

Achtung – ggf. spoilere ich doch ein wenig …

Billy Summers, ehemaliger Scharfschütze der US-Marines, nimmt einen letzten Auftrag an, bevor er sich zur Ruhe setzen will. Sein „Boss“ Nick vermittelt ihm den Auftrag, der einige Vorbereitungszeit benötigt, da das Zielobjekt erst in noch nicht absehbarer Zeit aus dem Gefängnis überführt wird, und zwar zu dem Gericht, wo auch der Job ausgeführt werden soll.

Was Nick nicht weiß ist, dass Billy Summers den „Einfältigen“ nur mimt. Billy ist viel schlauer als angenommen, absolut gebildet und sehr belesen. Doch da dies gefährlich werden kann, lässt er das nicht durchblicken.

Für diesen letzten Job zieht Billy vorübergehend in ein Haus in einem beschaulichen Vorort ein, er erhält ein Büro, in dem er als angeblicher Schriftsteller David Lockridge an seinem nächsten Roman arbeitet. Worüber er natürlich mit niemandem sprechen darf.

Tatsächlich aber ist das Büro der Platz, von dem aus der Job erledigt wird. Dort wird er sein Gewehr platzieren, wenn die Zielperson vor Gericht vorgeführt wird und den Polizeiwagen verlässt.

Nun, Billy, alias David Lockridge, nutzt die Zeit im Büro und beginnt tatsächlich zu schreiben. Er schreibt sein Leben auf, im Stil des Einfältigen, um die Tarnung aufrechtzuerhalten, denn Nick hat den Laptop garantiert angezapft. Und wie es so oft der Fall ist, verselbstständigen sich die Dinge. Billy, alias David, schließt eine private Freundschaft mit seinen Nachbarn und auch mit den Kollegen im Bürogebäude. Und als der Tag näher rückt, an dem der Job erledigt werden soll, naht der Abschied.

Was Nick nicht weiß ist, dass Billy, der Einfältige, sich eine weitere Existenz, von der niemand weiß, aufgebaut hat. Nämlich die Existenz der Person, die er sein wird, wenn der letzte Auftrag erledigt ist. Denn auch wenn er Nick seit vielen Jahren kennt und für ihn Jobs übernommen hat, so traut er ihm keineswegs.

Nach dem Auftrag taucht Billy unter, da er sich zum eigenen Schutz nicht an den vorgeschrieben Fluchtplan gehalten hat. Er hat unter seinem Decknamen eine Souterrain-Wohnung angemietet, wo er ausharrt. Dort bekommt er eines Abends mit, wie eine Gruppe Männer einen leblosen Frauenkörper am Rinnstein ablegen und davonfahren. Billy kann die Frau nicht dort liegen lassen und holt sie in die Wohnung. Er rettet ihr das Leben und päppelt sie sowohl körperlich, also auch seelisch wieder auf. Hierzu nutzt er kleine, aber überaus hilfreiche Tricks aus seiner Zeit bei der Army, beispielsweise um Panikattacken zu bekämpfen.

Die beiden freunden sich an, Billy Summers, der Sniper in seinen 40ern und die junge Frau Alice, das Vergewaltigungsopfer ….

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Ja, eigentlich habe ich schon viel zu viel von der Handlung verraten, andererseits aber auch nicht, weil die Geschichte so vielseitig und intensiv ist.

Man liest vielleicht heraus, dass ich absolut begeistert bin, von dieser eigentlich doch sehr ruhigen Geschichte. Dennoch hat sie viele Spannungsmomente und sie hat mich absolut in ihren Bann gezogen. Ich hätte gerne noch einige hundert Seiten mehr mit Billy, Alice und Bucky verbracht.

Stephen King hat hier wieder einmal so wunderbare und vielschichtige Charaktere geschaffen und ihnen eine Geschichte gegeben, die einfach nur gut ist. Sein Protagonist hat genaugenommen sogar mehrere Charaktere, da er sich ja selbst oft anders gibt, und das sehr überzeugend.

Die Hintergründe der Geschichte sind sehr intensiv und gehen teils wirklich nah. Diese Geschichte ist absolut menschlich, egal ob im negativen oder positiven Sinne. Der Roman liest sich wie ein Film und wenn man nicht ganz gut aufpasst, dann führt der Autor einen auch ganz schnell mal hinters Licht.

Der Roman entstand inmitten der Covid-19-Pandemie und der Zeit der harten Lockdowns, und das hat Stephen King geschickt immer mal wieder in die Handlung einfließen lassen. Warum sollte diese doch krasse Zeit, mit extremen Einschnitten in unsere Leben in Romanen auch nicht existieren?

Ich mag den neuen King sehr gerne und auch hier hat er wieder einmal bewiesen, dass er es einfach kann. Ich hoffe, dass er des Schreibens noch lange nicht müde wird und uns noch viele wunderbare Geschichten erzählt.

Marion Brunner_ Buchwelten 2021

Später von Stephen King

Erschienen als gebundene Ausgabe mit Leseband
im Heyne-Verlag
insgesamt 304 Seiten
Preis: 22,00 €
ISBN:  978-3-453-27335-1
Kategorie: Horrorroman

Jamie Conklin ist der Sohn der Literaturagentin/Lektorin Tia Conklin. Gemeinsam mit seiner Mum lebt er in Manhattan in einer sehr guten Wohngegend. Das Geschäft von Jamies Mum läuft sehr gut, auch nachdem sie die Agentur inzwischen lange allein führt. Ihr Bruder, der damalige Geschäftsgründer ist früh an Alzheimer erkrankt.

Jamie und seine Mum kann man wohl als perfektes Zweiergespann bezeichnen. Sie haben eine tolle Mutter-Sohn-Beziehung und sind gern zusammen. Jamies Mum Tia ist auch die einzige Person, die um Jamies Geheimnis weiß: Jamie sieht Tote. Er sieht kürzlich verstorbene Menschen und kann mit ihnen sprechen. Aber nur wenn er sie anspricht bzw. Fragen stellt. Dann antworten sie. Und zwar wahrheitsgemäß. Tote können nicht lügen. Nach einigen Tagen verschwinden sie dann langsam. Ihre Stimme wird leiser, wie durch Watte und dann sind sie weg. Wohin auch immer.

Als plötzlich der beste Autor der Agentur stirbt droht dieser der totale finanzielle Ruin. Der letzte abschließende Band sollte die Kasse auffüllen, doch mehr als die ersten 30 Seiten hat er nicht geschafft. Doch da ist ja bekanntlich Jamies Gabe. Tia fährt gemeinsam mit Jamie zum Wohnsitz des Autors, in der Hoffnung, dass Jamie seinen Geist dort trifft (man weiß nie so genau, wo sie sich aufhalten, bis sie entschwinden). Und ja, er ist tatsächlich an seinem Arbeitsplatz und Jamie fragt ihn nach der Handlung des Romans. Doch natürlich hat die Sache mit den Toten auch einen Haken. Sonst wäre es ja kein Horrorroman … 😉

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Als ich den Klappentext las, dachte ich zuerst, dass Stephen King auf seine alten Tage noch seinen Kollegen Dean Koontz kopiert und einen Charakter wie Odd Thomas aufs Papier bringt. Der sympathische Grillkoch hat es schließlich über viele Jahre mit Toten zu tun gehabt. Doch nein, Jamies Gabe ist dann doch etwas anders als die von Odd.

Jamie erzählt die Geschichte selbst und ist noch ein Grundschuljunge, als er damit beginnt. Dementsprechend „einfach“ ist der Schreibstil. Allerdings nicht einfach einfach, sondern absolut liebenswert und kindgerecht. Einfach wie durch die Augen eines Kindes gesehen. In der Zeit stirbt die Ehefrau des Nachbarn Prof. Burkett. Jamie spricht mit ihr, weil Mr. Burkett nach dem Tod völlig verzweifelt die Ringe seiner Frau sucht. Die verstorbene Mrs. Burkett sagt es Jamie schließlich. Sie liegen an einem total verrückten Ort und die Begründung, die die tote Mrs. Burkett darin findet, geht dem Leser nicht mehr so schnell aus dem Kopf (Mrs. Burkett erlitt einen Schlaganfall). Sie sagt: Wahrscheinlich sind meine Gedanken da schon in meinem Blut ertrunken.

Die Beziehung, die sich zwischen Jamie und dem Professor entwickelt, erinnert mich ein wenig an die Kurzgeschichte aus „Blutige Nachrichten“ mit dem Titel Mr. Harrigans Telefon. Mr. Burkett in diesem Buch hier ist allerdings charakterlich ganz anders, viel liebenswürdiger und nicht so schroff, doch meine ich einfach das Miteinander zwischen Jung und Alt. Der Respekt von beiden Seiten zueinander und die Freude am Zusammensein. Wahrscheinlich ein Thema, das Stephen King nun im Alter auch beschäftigt. Ich finde diese Freundschaft sehr schön.

Es geht noch um soviel mehr in diesem doch relativ dünnen Roman: Homosexualität, Drogen, Sucht, Liebe, Neid, Bombenanschläge, einige wirklich ekelige Leichen und ebenso um das absolute, richtige Böse. Viel mehr mag ich eigentlich nicht verraten, denn das würde natürlich die Spannung stehlen.

Fakt ist, dass mir der Roman sehr gut gefallen hat und ich mir gewünscht hätte, Jamie und Tia noch ein wenig länger zu begleiten. Es ist eine sehr gute, abwechslungsreiche Geschichte mit ganz viel drin. Beginnend vorher und endend … Später ☺.

© Marion Brunner_Buchwelten

Blutige Nachrichten von Stephen King

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne-Verlag
insgesamt 558 Seiten
Preis: 24,00 €
ISBN: 3453273079
Kategorie: Kurzromane

Mit seinem neuen Werk „Blutige Nachrichten“ liefert Stephen King vier neue Kurzromane:

„Mr. Harrigans Telefon“ ist eine leicht spukige Gruselgeschichte, die von dem Jungen Craig erzählt, der im Alter von 12 Jahren für den alten reichen Mr. Harrington jobbt, indem er ihm Bücher vorliest. Die beiden entwickeln eine enge, besondere Freundschaft, die auch nach dem Tod des alten Mann nicht endet.

„Chucks Leben“ erzählt – wie der Titel schon sagt- das Leben von Chuck in 3 Teilen. Eigentlich ein total normales Leben, doch King wählt hier einen besonderen Stil. Inspiriert wurde diese Geschichte durch eine große Werbetafel auf der „Danke Chuck!“ prangte.

„Blutige Nachrichten“, gleichzeitig Titel des Werkes, ist eine direkte Fortsetzung zu „The Outsider“. Die Idee der Geschichte war, dass es leider in der heutigen Zeit so ist, dass sich blutige Nachrichten sehr gut verkaufen und es Reporter/innen gibt, die auf eben so etwas spezialisiert sind. Immer dann, wenn etwas Schreckliches passiert, sind sie sofort vor Ort. Das kann aber doch nicht immer Zufall sein. Und wer passte zu der Story besser als Holly Gibney. Denn King selbst sagt, er liebt Holly und war selbst nur zu neugierig, zu ihr zurückzukehren und zu sehen, wie es ihr geht.

„Die Ratte“ erzählt die Geschichte von Drew, der als Lehrer unterrichtet und bereits einige Kurzgeschichten recht erfolgreich publiziert hat. Es ist ihm jedoch nie gelungen, einen Roman zu schreiben. Dies ist ein Punkt in seinem Leben, den er unbedingt noch erreichen will. Eines Tages fliegt ihm die Handlung zu einem Western nur so zu. Er sieht alles vor sich, jede Figur, hört ihre Stimmen, sieht die gesamte Szene vor Augen. Das ist es: Drew will es noch einmal wagen und diesen Roman schreiben „Ist wie ein Diktat runtertippen“, so seine Worte. King wollte mit dieser Geschichte etwas über die Geheimnisse der Vorstellungskraft erzählen und wie sich das letztendlich auf dem Papier ausdrückt.

Natürlich möchte man wegen der Spoilergefahr gar nicht soviel über die einzelnen Geschichten erzählen. Aus der Inhaltsangabe ist ja schon ersichtlich, dass es sich hier nicht „nur“ um eine Fortsetzung zu „The Outsider“ handelt, sondern diese Kurzromansammlung vier sehr unterschiedliche und allesamt gute Geschichten beinhaltet.

Es geht um den Jungen Graig, der von dem alten Mr. Harrigan immer zum Geburtstag und anderen Feiertagen ein Rubbellos geschenkt bekam und dafür von seinem Vater belächelt wurde, weil es eigentlich geizige Geschenke waren. Doch Craig liebte dieses Ritual, und als er den Hauptpreis gewann, hat er von dem Geld Mr. Harrigan ein I-Phone geschenkt. Nach anfänglichem Meckern mochte er es aber doch und liebte es unter anderem, die Börsenkurse online anzusehen. Und bei der Beerdigung schmuggelt Craig das Phone mit in den Sarg, damit es Mr. Harrigan da unten nicht langweilig wird. Die Geschichte erzählt von Freud und Leid der modernen Welt, von Anhängern und Skeptikern gegenüber jener Technik. Von Freundschaft zwischen Alt und Jung, von Werten und Wichtigkeiten, auch über den Tod hinaus.

Holly Gibney ist wieder da und die Fortsetzung von „The Outsider“ ist einfach nur Klasse. In einer Kleinstadt geht an einer Schule eine Paketbombe hoch und viele Kinder sterben. Der Reporter direkt vor Ort des grausamen Schauplatzes ist Holly Gibney nicht geheuer. Sie glaubt, es handelt sich wieder um einen Gestaltenwandler, den Outsider. Sie setzt alles daran, Chet Ondowsky auf die Spur zu kommen. Der Reporter war bei zu vielen schlimmen Unglücken vor Ort: Über Jahrzehnte hinweg und quer durch die USA. Hilfe erhält Holly von einem Cop, der inzwischen 90 Jahre alt, gemeinsam mit seinem Enkel viele Jahre über den Reporter recherchierte und Beweise hat, dass es sich um ein übernatürliches Wesen handelt.

„Chucks Leben“ und „Die Ratte“ haben mir auch sehr gut gefallen. Beide erzählen die Geschichte von zwei Männern, die unterschiedlicher nicht sein können und eigentlich total normale Typen sind.
Chucks Leben wird in drei Teilen beschrieben, wobei King rückwärts erzählt. Er beginnt im Heute, wechselt dann zum erwachsenen, aber immer noch jungen Chuck und endet in dessen Kindheit, wo es im Haus der Großeltern einen besonderen Raum mit einer Kuppel gibt, den er nicht betreten darf.
Bei „Die Ratte“ erzählt Stephen King wie es ist, ein Autor zu sein. Er versucht dem Leser nahezubringen, wie es sich anfühlt, eine Geschichte zu „sehen“ oder zu „haben“, und wie es ist, sie zu Papier zu bringen. Wieviel Freud und Leid so ein Werk mit sich bringt. Welche Gefahren darin lauern, sich um Kopf und Kragen bei einer Formulierung zu schreiben. Mich hat es ein wenig an „Vom Leben und vom Schreiben“ von Stephen King erinnert. Eine sehr gute Story.

Wie man sieht bin ich wieder einmal sehr begeistert und nur so durch die Seiten geflogen. Als King-Fan freut man sich selbstverständlich immer über neue Werke, und „Blutige Nachrichten“ ist wirklich mehr als „nur“ eine Fortsetzung von „The Outsider“.
Im Nachwort erzählt Stephen King ein wenig über die Ideen und Entstehungen der Geschichten und seine Beziehung zu Holly ;-). Ein schöner Bonus zum Abschluss.

© Marion Brunner_Buchwelten

Der unsichtbare Freund von Stephen Chbosky

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Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 912 Seiten
Preis: 24,00 €
ISBN: 978-3-453-27243-9
Kategorie: Horror, Thriller, Belletristik

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Der siebenjährige Christopher ist mit seiner Mutter vor deren neuem Lebensgefährten geflüchtet. Sie verstecken sich im beschaulichen Mill Grove in Pennsylvania, das von einem dichten Wald umgeben ist. Schon nach ein paar Tagen hört Christopher eine geheimnisvolle Stimme, die ihn in den Wald lockt.
Irgendwann bleibt er sechs Tage lang spurlos verschwunden und als er dann endlich wieder auftaucht, kann er sich an absolut nichts mehr erinnern. Bal  merkt er, dass  er plötzlich besondere Fähigkeiten hat  und von der geheimnisvollen Stimme den Auftrag erhält, ein Baumhaus im Wald zu bauen. Sollte er es bis Weihnachten nicht schaffen, dieses Baumhaus zu erschaffen, so wird Mill Grove oder gar die ganze Welt untergehen, prophezeit ihm die Stimme. Ohne es richtig zu bemerken, befindet sich Christopher, seine Mutter und noch einige Einwohner von Mill Grove in einem Kampf zwischen Gut und Böse.

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Chboskys neuer Roman wurde (und wird noch immer) mit einem Werk aus der Feder von Stephen King verglichen. So sehr mich solche Vergleiche auch immer stören, so uneingeschränkt muss ich in diesem Fall zugeben, dass es absolut zutrifft. „Der unsichtbare Freund“ erinnert nicht nur von der Schreibweise, sondern auch von der Handlung und den teils abgefahrenen Ideen tatsächlich wie ein neuer Roman von King. Aber vom „neuen King“, nicht demjenigen, der Klasssiker wie „Shining“ oder „Carrie“ verfasst hat. Hier hätten wir es dann eher mit einem Beitrag aus seinem Spätwerk zu tun. Vor allem fühlte ich mich des Öfteren an die „Dunkle Turm“-Reihe oder auch „Atlantis“ und „Duddits – Dreamcatcher“ erinnert. Mit einer unglaublichen Intensität entführt uns Chbosky in die Welt eines Jungen, der schon bald die Realität von einer Fantasiewelt nicht mehr unterscheiden kann.

Ich muss sagen, dass mich dieses Buch tatsächlich von Anfang an nicht mehr losgelassen hat. Und je verrückter der Plot wurde, desto mehr zog es mich in seinen Bann, weil es unheimlich gut geschrieben ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auf den ein oder anderen Leser zu langatmig und abgedreht wirkt, ich für meinen Teil konnte mich in diese Handlung so fallen lassen, dass ich an manchen Stellen tatsächlich die Welt um mich herum vergessen konnte (und auch habe 😉 ). „Der unsichtbare Freund“ machte mich Seite für Seite süchtig und ich dachte immer wieder, dass solche Bücher genau der Grund waren und sind, warum ich bereits als Kind schon so gerne gelesen habe. Chbosky hat für mich ein Meisterwerk der Horrorliteratur erschaffen. Sogar im Nachhinein, viele Tage nachdem ich diesen Roman zu Ende gelesen habe, lässt er mich noch immer nicht los.

„Der unsichtbare Freund“ wird auch ein wenig mit der Netflix-Serie „Stranger Things“ verglichen. Auch diesen Vergleich kann man nicht abstreiten, denn die Handlung bewegt sich in ähnlichen Gefilden und auch die Protagonisten erinnern in der Tat an manchen Stellen ein wenig an die der genannten Serie.
Sicherlich greift Chbosky das nicht neue Thema des Kampfes Gut gegen Böse auf und erfindet sicherlich das Rad nicht neu. Aber seine Herangehensweise an diese Auseinandersetzung empfand ich persönlich als äußerst gelungen und so manches Mal auch innovativ. Viele Leser werden den Roman als anstrengend und vor allem langatmig empfinden, aber genau diese Länge des Buches trägt dazu bei, dass eine unglaublich tiefe Atmosphäre aufkommt, die sich von Seite zu Seite immer noch mehr aufbaut. Für mich war dieses Buch eine der großen Überraschungen des Jahres 2019 und ich bin schon wirklich sehr gespannt, was uns dieser außergewöhnliche Autor als nächstes serviert. In mir hat Stephen Chbosky auf jeden Fall einen neuen Fan gewonnen, der sich hinter den großen Werken eines Stephen King nicht zu verstecken braucht.

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Fazit: In der Tat mit den neueren Werken Stephen Kings vergleichbar. Atemberaubend gut!

© 2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das Institut von Stephen King

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Erschienen als gebundene Ausgabe
bei Heyne
insgesamt  768 Seiten
Preis: 26,00 €
ISBN: 978-3-453-27237-8
Kategorie: Roman

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Mitten in der Nacht kommt der dunkle SUV in den kleinen Vorort von Minneapolis. Die Insassen schlüpfen lautlos in das Haus von Luke Ellis und dessen Eltern. Alle schlafen nichtsahnend in ihren Betten. Luke wird betäubt und entführt. Seine Eltern brutal ermordet.

Als Luke erwacht befindet er sich in einem Zimmer, das aussieht wie seines. Alles ist identisch, bis auf eines: Das Fenster fehlt. Wo ist er? Was ist geschehen?

Luke befindet sich im „Institut“, welches versteckt in Maine liegt. Dort leben weitere Kinder verschiedenster Herkunft, Hautfarbe und Alter. Aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie besitzen telepathische oder telekinetische Fähigkeiten. Die einen mehr, die anderen weniger. Die einen haben das eine, die anderen das andere oder sogar beides. Jedenfalls sind sie alle auf irgendeine Weise paranormal veranlagt und dies macht sich das „Institut“ zunutze. Aber wozu? Luke lernt seine Mitinsassen kennen: Kalisha, den rebellischen Nick, und den schüchternen und ängstlichen 10-jährigen Avery. Derzeit leben sie alle noch im „Vorderbau“, wo sie Untersuchungen und Test unterzogen werden, ansonsten aber eigentlich einen den Umständen entsprechend angenehmen Aufenthalt haben. Man munkelt, dass es im „Hinterbau“, dem Teil des Instituts, wohin sie nach einer Weile verlegt werden, richtig übel zugeht. Aber so genau weiß es keines der Kinder, denn es kam noch nie jemand von dort zurück. Luke will fliehen und versucht alles, um dem Institut zu entkommen, damit er Hilfe holen und seine Freunde retten kann …

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Stephen King steigt in die Handlung des Romans ein, indem der Leser zunächst den ehemaligen Cop Tim Jamieson kennenlernen lässt, der aus einem Bauchgefühl heraus seinen gebuchten Sitzplatz im Flugzeug gegen Bargeld einem Regierungsmitarbeiter überlässt. Tim trampt los und landet schließlich in einem kleinen Ort namens DuPray, wo er als „Nachtklopfer“ anheuert und dort irgendwie hängenbleibt. Er fühlt sich  einfach wohl in dem kleinen Örtchen … und bleibt dort.

Erst nach diesem Teil lernen wir den eigentlich Hauptcharakter Luke Ellis kennen, den Jungen, der mit 12 Jahren einen so hohen IQ hat, dass er sich gleich in zwei Colleges einschreiben kann und will. Doch dazu kommt es leider nicht mehr.

Stephen King hat bereits mehrfach über das Thema übersinnliche Kräfte bei Kindern und Teenagern  geschrieben  (z.B. „Carrie“ oder „Der dunkle Turm“). Es reizt ihn offenbar nach wie vor. Zusätzlich hat den Autor wohl auch die Serie „Stranger Things“ inspiriert, deren großer Fan er bekanntlich ist.

Der Roman hat mich sehr gefesselt, nachdem ich „warmgelaufen“ war. Ich muss gestehen, dass die ersten Seite um Tim Jamieson mir zunächst etwas langweilig vorkamen, was aber rückblickend dann aber nicht mehr stimmt. Denn genau diese Einleitung, dieses Kennenlernen, ist sehr wichtig.

Sehr schnell sind mir die Charaktere der Kinder ans Herz gewachsen und ich habe mit ihnen gelitten. Das Schlimme ist, dass die eigentlichen Absichten des Instituts  vermeintlich gut sein sollen. Dennoch werden Kinder gequält, benutzt und kaputt gemacht. Es ist wirklich alles sehr erschreckend und real dargestellt, sodass die Existenz eines solchen Instituts gar nicht abwegig erscheint. Eine wirkliche Ähnlichkeit zu „Stranger Things“ sehe ich allerdings gar nicht so sehr, da sich die Story der Serie doch vollkommen anderes entwickelt. Eines jedoch haben beide gemeinsam: Die unheimliche Kraft, die die Kinder erzeugen. Und die ist so stark, dass sie hörbar, spürbar und auch sichtbar wird.

Mehr will ich gar nicht verraten, denn es wäre zu schade, der Handlung des Romans vorzugreifen. Dieses Buch ist wieder komplett anders als zum Beispiel die „Mr. Mercedes“-Reihe, „Sleeping Beauties“ oder „The Outsider“, aber doch irgendwie wieder typisch der „neue“ King. Einfach nur spannend, fesselnd, traurig und dramatisch. Zum Leben erweckt mit wunderbaren Charakteren (auch den bösen!) und einem Schreibstil, der die Bilder zum Geschehen und den Handlungsorten einfach perfekt ins Gedächtnis teleportiert ☺.

© Buchwelten 2019

 

 

 

Flug und Angst von Stephen King und Bev Vincent (Hrsg.)

flugangst

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 446 Seiten
Preis: 10,99 €
ISBN: 978-3-453-43981-1
Kategorie: Horror

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Unheimliche Geschichten über das Fliegen.

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Auf diese von Stephen King und Beth Vincent herausgegebene Anthologie über Flugangst war ich schon sehr gespannt. Und, um es gleich vorwegzunehmen, ich wurde absolut nicht enttäuscht. Hier wurde eine hervorragende Sammlung zwischen alten und neuen Geschichten, bekannten und unbekannteren Autoren zusammengetragen, die das Thema in vielen verschiedenen Facetten behandelt. Die Erzählstile der Geschichten sind natürlich vollkommen verschieden, aber dennoch bewegt sich das Gesamtbild dieser Anthologie auf sehr hohem Niveau.

„Cargo“ von E. Michael Lewis stellt im Grunde genommen eine typische Gruselgeschichte dar, die allerdings ein Flugzeug als Schauplatz hat. Sehr stimmungsvoll wird hier eine wirklich unheimliche Geschichte erzählt.

In „Das Grauen der Höhe“ von Arthur Conan Doyle spürt man zwar das Alter der Geschichte, dies tut aber der Qualität und auch der Spannung absolut keinen Abbruch und zeigt, welche Fantasien man damals hatte, was jenseits der Wolken im Weltall auf uns wartet.

„Albtraum auf 20.000 Fuß“ von Richard Matheson stellt für mich den ersten Höhepunkt dieser Kurzgeschichtensammlung dar. Wer Steven Spielbergs Film „Unheimliche Schattenlichter“ kennt, erinnert sich mit Sicherheit an die Geschichte eines Fluggastes, der ein unheimliches Wesen während des Fluges auf einem der Flügel sieht. Matheson beschreibt das Grauen, das in diesem Mann vorgeht, perfekt .

Die lediglich nur eine Seite andauernde, minimalistische Kurzgeschichte „Die Flugmaschine“ von Ambrose Bierce mag auf den ersten Blick eher belanglos erscheinen, doch letztendlich denkt man über die in nur wenigen Sätzen verfasste Story erstaunlicherweise langanhaltend nach.

Die darauffolgende Story „Luzifer!“ von E. C. Tubb ist eigentlich eine Science-Fiction-Geschichte, die aber auf sehr beeindruckende Art und Weise eine Flugangst ausdrückt, die einem wirklich Gänsehaut beschert. Dieses Szenario lässt einen lange nicht mehr los.

Es folgt „Die fünfte Kategorie“ von Tom Bissel. Auch diese Geschichte hat einen besonderen Reiz, konnte mich aber letztendlich inmitten der anderen grandiosen Stories nicht ganz so überzeugen .

Doch die nachfolgende Geschichte von Dan Simmons mit dem Titel „2 Minuten 45 Sekunden“ konnte mich dann sofort wieder absolut überzeugen, was mit Sicherheit auch an dem phantastischen Schreibstil des Autors liegt.

„Diablitos“ von Cody Goodfellow war ebenfalls spannend zu lesen, konnte aber gegen die besseren Geschichten nicht wirklich antreten.

„Luftangriff“ von John Varley behandelte ebenfalls ein schreckliches Szenario, das einem unter die Haut geht. Auch hier wurde das Geschehen absolut gut und eindringlich beschrieben, sodass es im Gedächtnis haften bleibt .

Natürlich durfte bei dieser Kurzgeschichtensammlung Stephen Kings Sohn Joey Hill nicht fehlen. Seine eigens für diese Anthologie verfasste Kurzgeschichte „Freigabe erteilt“ zählt mit zu den besten dieser Sammlung.

Es folgen zwei Kurzgeschichten die absolut lesenswert sind, aber vom Spannungsbogen nicht ganz zu den Vorgängergeschichten  passen. Die eine trägt den Titel „Kriegsvögel“ und ist von David J. Schow verfasst und die andere von SF-Altmeister Ray Bradbury heißt „Die Flugmaschine“.

Die von Beth Vincent verfasste Geschichte „Zombies im Flugzeug“ erinnert, wie der Titel bereits vermuten lässt, natürlich an den Film „Snakes on a Plain“ mit Samuel L Jackson und liest sich absolut unterhaltend.

Es folgt die autobiografisch angehauchte Geschichte „Alt werden sie nicht“ von Roald Dahl, die zwar handlungstechnisch absolut in die Sammlung passt, aber altersbedingt mit den neueren Geschichten spannungstechnisch leider nicht mithalten kann.

Es folgt „Mord im Himmel“ von Peter Tremayne, der einen typischen Kriminal- und Mordfall erzählt, allerdings während eines Fluges. Auch hier wird man bestens unterhalten.

Die vorletzte Story ist von Stephen King selbst und kann in jeder Hinsicht, wie nicht anders zu erwarten war, überzeugen. Sie trägt den Titel „Ein Fachmann für Turbulenzen“.

Der letzte Beitrag stammt von James Dickey, dem Verfasser des bekannten Dramas „Beim Sterben ist jeder der erste“. Es ist ein Gedicht, dass man hier zu lesen bekommt, und das einen wirklich nachhaltig beeindruckt. Ich habe selten so eine intensive Geschichte in Gedichtform gelesen, die sich derartig nachhaltig ins Gehirn brennt .

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Fazit: Absolut lesenswerte Anthologie über die Angst vor dem Fliegen. Alte und neue Geschichten ergänzen sich hervorragend.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Erhebung von Stephen King

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Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 144 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-3-453-27202-6
Kategorie: Kurzroman
Erschienen am: 12.11.2018

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Scott lebt in Castle Rock und arbeitet als Webdesigner. Er ist ein normaler Typ im mittleren Alter, der plötzlich ein Problem der etwas ungewöhnlichen Art bekommt: Er verliert an Gewicht. Stetig und in relativ rasantem Tempo. Allerdings ist ihm das äußerlich nicht anzusehen. Er trägt nach wie vor seine stattliche Wampe vor sich her, die vorne über dem Gürtel hängt.

Und das zweite überaus Seltsame ist: Egal mit wie viel Zusatzgewicht sich Scott auf die Waage stellt, das Gewicht bleibt das gleiche. Sein reines Körpergewicht. Ob er sich die Taschen voller Geldmünzen steckt oder zusätzlich eine Langhantel tragen würde. Alles, was er zusätzlich bei sich trägt, ist gewichtslos. 

Scott ist erschreckt und verwirrt, denn er fühlt sich körperlich sehr wohl. Da er mit seinem Problem nicht zu seinem Hausarzt gehen möchte, geht er zu seinem Freund und Tennispartner Bob Ellis (Doctor Bob). Er ist seit 5 Jahren im Ruhestand, aber Scott vertraut ihm.  Natürlich ist dieser überrascht und skeptisch, als er diese komische Geschichte hört. Doch als sich Scott auf seine gute alte Praxiswaage stellt, ist er sprachlos. Gemeinsam versuchen sie der Sache auf den Grund zu gehen. Doch allzu viel Zeit bleibt nicht wirklich. Denn wenn man ausrechnet, wie lange es dauert, bis Scott nichts mehr wiegt, dann komm der Tag X schneller als einem lieb ist …

Bei einem relativ kurzen Buch möchte ich mit meiner Inhaltsangabe nicht zu ausführlich sein, damit ich nicht gleich die ganze Handlung verraten will. Stephen King hat mit diesem Roman eine kleine ,aber sehr feine Geschichte geliefert. Sie beschäftigt sich mit Vorurteilen gegen Menschen, die anders sind, dazu stehen und anerkannt werden wollen.

Darum, dass sich hinter harten Schalen ganz oft weiche Kerne verbergen. Darum, dass man Mauern um sich errichtet, um nicht verletzt zu werden und sich einfach durchkämpfen will. Darum, dass es aber Menschen gibt, denen es egal ist, wie anders Menschen auch sein mögen und sie unterstützen möchten, sich mit ihnen anfreunden wollen. Darum, dass man es ehrlich meint und dennoch nicht leicht hat, aus den o.g. Gründen überhaupt an diese Menschen heranzukommen.

Es geht darum, über sich hinauszuwachsen, Grenzen zu überschreiten und über tiefe und ehrliche Freundschaft.

Wie man sieht, steckt zwischen diesen beiden Buchdeckeln wirklich sehr viel. Geschrieben im lockeren, leichten und angenehmen Stephen King-Schreibstil. Sehr bildhaft und humorvoll. Das Buch macht nachdenklich und traurig.

Eines kann ich verraten: Der Roman hat nichts mit „Thinner“ zu tun. Das war nämlich mein erster Gedanke: Stephen King hatte das Thema „dünner werden“ doch schon einmal. Aber „Thinner“ ist ein alter King. „Erhebung“ ist ein neuer King. Ich liebe sie beide und Fans werden wissen, was ich damit meine.

Dies ist ein wirklich schöner Roman, eine tolle Geschichte, die irgendwie zu kurz ist, aber anderseits nicht länger sein muss. Ich gebe hier gerne eine Leseempfehlung. Vielleicht ist der Roman auch eine Geschenkidee für Freunde und Bekannte, die bisher noch keinen Roman von Stephen King gelesen haben. So als Einstieg, zum anfixen, quasi ☺.
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© Marion Brunner_Buchwelten 2018