Der mexikanische Fluch von Silvia Moreno-Garcia

Der mexikanische Fluch von Silvia Moreno-Garcia

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Limes Verlag
insgesamt 412 Seiten
Preis: 22,00 €
ISBN: 978-3-8090-2747-8
Kategorie: Mystery, Drama, Belletristik

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Die junge Noemí erhält einen Brief von ihrer Cousine, die in einem abgelegenen Herrenhaus in den mexikanischen Bergen lebt und behauptet, dass ihr Mann sie vergiften will.
Noemí begibt sich auf die Reise in die Einöde und entdeckt, dass ihre Cousine nicht nur untertrieben hat, sondern dass das Haus und die Familie, in die eingeheiratet hat, ein düsteres Geheimnis umgibt.

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Nachdem man Silvia Moreno-Garcias Roman zu Ende gelesen hat, muss man unweigerlich zugeben, dass man gerade ein unheimlich atmosphärisches und meisterhaft geschriebenen Werk gelesen hat, an das man sich noch lange erinnern wird. Die ersten beiden Drittel wirken wie ein Roman aus der Feder von Shirley Jackson, die mit „Spuk in Hill House“ oder „Wir haben schon immer im Schloss gelebt“ eine ähnliche Stimmung erschaffen hat, wie Moreno-Garcias mit der vorliegenden Geschichte. Die Leser werden eingelullt in eine mystische, rätselhafte Handlung, die sehr ruhig und unspektakulär erzählt wird. Die Autorin beschreibt sowohl die Charaktere als auch die Umgebung und die Ereignisse sehr bildhaft, sodass man teilweise filmreife Bilder im Kopfkino erhält, die die bedrückende und teils bedrohliche Atmosphäre noch unterstreichen. Das Herrenhaus wirkt wie aus alten Schwarzweißfilmen und man ist hautnah bei den Geschehnissen dabei. Auf den ein oder anderen mag die Familiengeschichte und die darum verwobenen Rätsel etwas langatmig wirken, aber diesen Lesern sei nur gesagt: Durchhalten bis zum zweiten Drittel, denn dann nimmt die Geschichte zum einen eine unerwartete Wendung und wird zu anderen zu einem absoluten Pageturner, den man nicht mehr aus der Hand legen will.

Der Aufbau erfolgt, im Nachhinein betrachtet, sehr geschickt, weil sich die Bedrohung und das Familiengeheimnis erst allmählich herauskristallisiert und die Leser diesbezüglich ähnlich wie die Protagonistin lange Zeit im Dunkeln tappen. Das lange Finale könnte dann spannender und actionreicher nicht sein. Insgesamt erinnert die Handlung und die Atmosphäre „Der mexikanische Fluch“ an Filme wie die bereits erwähnte Litertaturverfilmung „Spuk in Hill House“ oder Guillermo del Toros „Crimson Peak“, also mit einem durchgehenden Hauch von gotischem Grusel. „Der mexikanische Fluch“ wirkt wie ein literarischer alter Schwarzweißfilm, eine Reinkarnation des alten Schauerromans, wie man sie etwa von Mary Shelley kennt. Moreno-Garcia schreibt in ähnlicher Weise, aber eben ein Stück moderner, was den Roman für heutige Lesegewohnheiten eindeutig leichter lesen lässt wie alte Klassiker. Und dennoch fühlt sich die vorliegende Geschichte tatsächlich wie ein wiederauferstandener Klassiker in neuem Gewand an: unheimlich, dekadent, erotisch und mysteriös. Hat man sich erst einmal an die relativ ruhige, unspektakuläre und niveauvolle Erzählweise gewöhnt, möchte man das Herrenhaus mit ihren unheimlichen, zwielichtigen Bewohnern gar nicht mehr verlassen.
Aus solchen Geschichten werden Filme gemacht.

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Fazit: Enorm atmosphärisches Haunted-House-Drama mit einer durchdachten Handlung.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Das Heim von Mats Strandberg

Erschienen als Taschenbuch
im Fischer Tor Verlag
insgesamt 426 Seiten
Preis: 11,00 €
ISBN: 978-3-596-70377-7
Kategorie: Thriller, Horror

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Joel muss seine demenzkranke Mutter Monika schweren Herzens in ein Pflegeheim bringen. Als sich Monikas Zustand immer mehr verschlechtert, denkt er natürlich zuerst, es würde an der hinterhältigen Krankheit liegen. Doch es ist etwas Böses, das von Monika Besitz ergriffen hat …

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Mit „Das Heim“ hat sich Mats Strandberg aus meiner Sicht selbst übertroffen und einem modernen Klassiker des Horrors erschaffen. Sein Ausflug in ein Alten-und Pflegeheim ist wirklich unheimlich und steckt gleichzeitig auch voller Wahrheiten. Bei diesem Roman hinkt der Vergleich, Mats Strandberg wäre der schwedische Stephen King, nicht so sehr wie bei seinen anderen Büchern. In „Das Heim“ entwickelt sich das Grauen und der Horror aus einer Alltagssituation und macht das Geschehen dadurch umso erschreckender und auch authentischer. Die Beschreibungen der Arbeitsabläufe in einem Altenheim gleichen denen meiner Schwester, die in einem solchen Heim arbeitet, in jeder Hinsicht. Auch diese Realitätsnahe tragt dazu bei, dass man den Schrecken, der sich in die Institution und bei den Bewohnern einnistet, deutlich spürt. Hinzu kommen die Gedankengänge des Protagonisten, die seine Figur lebendig, glaubhaft und sympathisch machen. Bei all diesen Aspekten hat Strandberg ganze Arbeit geleistet und konnte mich absolut überzeugen.

Strandbergs Schreibstil ist einfach, aber flüssig zu lesen und äußerst effektiv. Er schafft es, eine unglaublich bedrohliche und unheimliche Stimmung aufzubauen, die sich durch den ganzen Roman bis zum erschreckenden Finale hinzieht. Ein wenig erinnert „Das Heim“ an den Kinoerfolg „Der Exorzist“, bewegt sich aber niemals auf den Pfaden eines Plagiats, sondern besitzt eine eigene Geschichte, in der es ebenfalls um Liebe, Zuwendung, Hilflosigkeit und natürlich Gut und Böse geht. Während des Lesens dachte ich unentwegt, was für einen genialen, stimmungsvollen Film man aus dieser literarischen Vorlage machen könnte. Und ich hoffe, dass es eines Tages vielleicht dazu kommen wird.
Geschickt vermischt Strandberg grusligen Horror mit einer alltäglichen Tragik, die uns allen drohen könnte: Ein Familienmitglied leidet an Demenz und muss in ein Pflegeheim. Ist die Krankheit schon ein Albtraum, so setzt Strandberg der Bedrohung noch einen Aspekt hinzu, nämlich eine dämonische Entität.

Mit sich langsam immer stärker aufbauender Spannung zieht Strandberg seine Leser von der ersten Seite an in seinen Bann. Im Verlaufe der Handlung wird die Geschichte immer beklemmender und unheimlicher. Auch wenn man „Das Heim“ nicht mit Strandbergs Debüt „Die Überfahrt“ vergleichen kann, so hat mich der vorliegende Roman weitaus mehr gepackt. Mats Strandberg ist nach „Die Überfahrt“, dem hier besprochenen „Das Heim“ und seinem neuesten Werk „Die Konferenz“ für mich einer der Autoren, deren nächsten Romane ich kaum erwarten kann. Seine Bücher sind ganz großes Kopfkino, „Das Heim“ insbesondere.

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Fazit: Unheimlich, atmosphärisch und extrem gut geschrieben.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Echo von Thomas Olde Heuvelt

Erschienen als Taschenbuch
bei Heyne
insgesamt 718 Seiten
Preis: 17,00 €
ISBN: 978-3-453-32098-7
Kategorie: Drama, Mystery, Horror

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Nick besteigt mit seinem Freund den Berg Maudit, der in der Schweiz liegt und über den so gut wie nichts bekannt ist. Sie spüren bereits beim Aufstieg, dass der Berg von einer unheimlichen Macht erfüllt wird. Als dann ein Unglück geschieht, wird nicht nur Nick in einen Sog des Grauens gezogen, sondern auch dessen Lebensgefährte Sam und immer mehr Menschen in seinem Umfeld …

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Da mich Heuvelts Roman „Hex“ schon extrem fasziniert hat, war ich natürlich gespannt, was er mit seinem neuen Roman abgeliefert hat. „Echo“ übertrifft „Hex“ sogar noch, denn der Autor hat das Thema des Bergsteigens in Verbindung mit den mystischen Eigenschaften örtlicher Legenden, die sich um solch einen Berg ranken, komplex und geradezu hypnotisch beschrieben, sodass man das Buch wirklich nur sehr schwer aus der Hand legen kann. Über 700 Seiten lang begleiten wir die Personen durch einen Albtraum, der Realität und Einbildung verschmelzen lässt. Für manch einen mögen die langatmigen Beschreibungen langweilig sein, für andere (und dazu zähle ich mich) ist es geradezu eine literarische Offenbarung, die der in den Niederlanden geborene Autor hier präsentiert. Heuvelt verbreitet von der ersten bis zur letzten Seite eine Atmosphäre, wie man sie selten so konsequent in Romanen vorfindet (am ehesten fällt mir da noch das grandiose Meisterwerk „Terror“ von Dan Simmons ein). „Echo“ ist wie ein Rausch, wie ein Sog, der seine Leserschaft unweigerlich mitzieht und nicht mehr loslässt.

Okay, zugegebenermaßen haben mich anfangs die eingestreuten englischen Ausdrücke (die ja mittlerweile zum größten Teil leider eingedeutscht sind) etwas gestört, aber im Verlaufe des Buches habe ich mich zum einen daran gewöhnt und zum anderen spiegelte es den Charakter des Protagonisten und auch die Stimmung dann doch auf ziemlich geniale Weise wider. Bei diesem Aspekt muss man sich einfach darauf einlassen. Und auch wenn man solcherart Denglish nicht mag, so schmälert diese Tatsache keineswegs die Spannung und die auf jeder Seite spürbare unheimliche Atmosphäre. „Echo“ ist ein literarischer Trip erster Güte, den man nicht mehr so schnell vergessen dürfte. Ich könnte mir das Ganze übrigens auch unheimlich gut als Verfilmung vorstellen. Heuvelt spielt hier mit der Sprache, bewegt sich trotz der umgangssprachlichen Elemente auf einem sehr hohen Niveau und beschreibt die Ereignisse mit einer bildhaften Sprache, die einen immer wieder in Erstaunen versetzt. Vor allem der Unfall in den Bergen hat mich vollkommen umgehauen. Ich konnte die Kälte und die Angst spüren, und das so intensiv, dass diese Zeilen manchmal sogar unangenehm wurden, so erdrückend war diese Situation geschildert. Diese Stelle(n) waren für mich Höhepunkte des Buches, die mich absolut in ihren Bann schlugen.

Was mir außerdem äußerst gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass „Echo“ ein Genre-Hybrid ist, der sich nicht um die gängigen Konventionen der Literaturrichtungen schert, die er behandelt. Heuvelt erzählt schlichtweg eine Geschichte und kümmert sich nicht darum, ob diese nun in die Kategorie Mystery, Horror oder Drama fällt. Hier zählt die Story und nicht das Genre. Und das macht „Echo“ auch aus, man weiß nie, was einen als nächstes erwartet, ob es die stürmischen Höhen des Berges sind, die Liebesgeschichte zwischen Nick und Sam, die Beziehung zwischen den anderen Personen, die mysteriösen Vorgänge, die Nick auslöst oder das seltsame Verhalten der Bergdorf-Bevölkerung. „Echo“ ist Literatur, wie sie sein sollte: überraschend, spannend, innovativ und flüssig zu lesen. Für mich eines der Jahreshighlights 2021, daher würde ich mich umso mehr freuen, wenn noch mehr Werke dieses Ausnahmeautors ins Deutsche übersetzt werden würden.

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Fazit: Unheimlich, mysteriös, spannend, melancholisch, poetisch. Ein literarisches Meisterwerk.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die leuchtenden Toten von Caitlin Starling

Erschienen als Taschenbuch
im FESTA Verlag
568 Seiten
14,99 €
ISBN: 978-3-86552-904-6
Kategorie: Horror, Science Fiction

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Gyre Price ist eigentlich gar keine professionelle Höhlenforscherin. Sie gibt sich aber dafür aus, um Geld zu verdienen, damit sie ihre verschollene Mutter suchen kann. Der Auftrag, den sie annimmt, führt sie in ein mysteriöses, verschachteltes Höhlensystem, wo sie schon bald der festen Überzeugung ist, dass jemand oder Etwas sie verfolgt. Em, die Auftraggeberin, hilft ihr so gut sie kann, mit Anweisungen, die sie über Funk gibt. Während Gyre mit Ängsten aus ihrer Vergangenheit konfrontiert wird, entdeckt sie, dass auch Em etwas verschweigt, das mit der Expedition zu tun hat.

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Schon durch den Klappentext wurde ich neugierig auf Caitlin Starlings Debüt „Die leuchtenden Toten“ neugierig. Meine Erwartungshaltung war dadurch recht hoch, umso überraschter war ich dann auch, dass mich die Geschichte absolut gepackt und mitgerissen hat. Starlings Schreibstil ist flüssig und obwohl letztendlich gar nicht so viel passiert, kann man das Buch kaum aus der Hand legen. „Die leuchtenden Toten“ besitzt eine unglaublich intensive, spürbare Atmosphäre, die den Leser hautnah mit dabei sein lässt. Die auf dem Cover getätigten Vergleiche mit „Gravity“ oder gar „Der Marsianer“ kann ich ehrlich gesagt nicht ganz so nachvollziehen, vor allem der letztere hinkt irgendwie, von der Einsamkeit der Protagonistin einmal abgesehen. Ich habe hingehen vielmehr an die beklemmenden Filme der „Descent“-Reihe gedacht, denn Gyres Weg durch das Höhlensystem ist ähnlich unheimlich und gruselig. Die Dialoge zwischen Gyre und Em sind sehr authentisch und man hört praktisch während des Lesens in Gedanken den Funkverkehr der beiden. Das und die Gedanken der Protagonistin wirken so mitreißend, dass man schon sehr schnell die Welt um sich herum vergisst.

Die über 500 Seiten fühlen sich an wie 200, weil man nur so von Kapitel zu Kapitel springt, um zu wissen, wie es weitergeht. Auch wenn die Handlung nicht vollkommen undurchsichtig ist und man immer wieder einmal vermutet, wohin die Reise geht, so lässt einen die Höhlenkletterin nicht mehr in Ruhe. Man versteht ihre Überlegungen, kann sämtliche Ängste und Hoffnungen nachvollziehen und fühlt das mulmige Gefühl im Bauch auf nahezu jeder Seite. Starling ist eine ganz außergewöhnliche Atmosphäre gelungen, die für den ein oder anderen langweilig anmuten könnte, für viele jedoch Spannung pur bedeutet. Gerade die ruhige und unspektakuläre Erzählweise lässt die Leser das Abenteuer wie ein Traum unter Drogeneinwirkung vorkommen, der sich immer mehr zu einem beklemmenden Albtraum entwickelt. Wer Action sucht, wird hier vergeblich suchen, denn „Die leuchtenden Toten“ spielt sich vielmehr in der Gedankenwelt der Protagonistin ab. Es ist, wie bereits erwähnt, ein ruhiger Roman, der von seinen Monologen, Dialogen und der unheimlichen Atmosphäre inmitten der Höhlenwelt lebt. Echter Horror oder gar Splatter spielt absolut keine Rolle bei dieser Geschichte, das Grauen tritt in einer anderen Gestalt auf, nämlich als psychologischer Schrecken in einem selbst, den man folglich auch nur alleine bekämpfen kann. Für mich war „Die leuchtenden Toten“ genau das Richtige und ich könnte mir gut vorstellen, das Buch ein zweites Mal zu lesen, eben weil mich der Schreibstil und die Stimmung gleichermaßen begeistern konnten.

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Fazit: Beklemmender, ruhig erzählter Psychothriller, der ohne Action unter die Haut geht.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Schauer der Vorwelt von Tobias Bachmann

Erschienen als gebundene Ausgabe
im KOVD Verlag
insgesamt 368 Seiten
Preis: 15,99 €
ISBN: Privatdruck – ohne ISBN
Kategorie: Horror, Mystery

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13 Kurzgeschichten im Geiste von H.P. Lovecraft

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Tobias Bachmann hat mich bereits mit seinem Roman „Das Spiel der Ornamente“ (ebenfalls im KOVD Verlag erschienen) durch seinen angenehmen und gehobenen Schreibstil überzeugen können. Nicht anders verhält es sich bei der vorliegenden Kurzgeschichtensammlung, die sich durchgehend mit Storys im Geiste von H.P. Lovecraft befassen. Bachmann schafft es auch hier von den ersten Zeilen an, eine wahnsinnige Atmosphäre aufzubauen, die einen komplett gefangen nimmt. Während des Lesens sieht man tatsächlich vor seinem geistigen Auge die Abenteuer, die beschrieben werden und fühlt sich tatsächlich in die Welt von Lovecraft geschleudert.

Die Einleitung „Lovecraft und ich“, die eigens für diesen Band verfasst wurde, gibt einen kurzen, aber interessanten Einblick in die „Beziehung“ zwischen Tobias Bachmann und seinem literarischen Idol.
Die erste Geschichte „Kadath“ erzählt vom Zusammentreffen zweier Männer, die sich auf ganz besondere Weise ergänzen. Die Stimmung ist einfach toll und lässt vor allem die eigenen Gedanken spielen.
„Der Hausvermesser“ bewegt sich weitaus mehr in Richtung Fantasy und erinnerte mich manches Mal an den herrlich genialen Roman „Das Haus“ von Mark Z. Danielewsky.
„Ein sauberer Abgang“ ist eine One-Man-Show, die zum Nachdenken anregt und eine sehr schöne Stimmung verbreitet.
„Der Handleser“ ist eine Story, wie sie auch von Stephen King hätte stammen können. Dennoch trägt sich unverkennbar Lovecraft-Anleihen und auch philosophische Gedanken.
„Das grüne Licht im Giebelfenster“ ist von der Atmosphäre her eine meiner Lieblingsgeschichten in diesem Band und Lovecraft respektive Bachmann at it’s best.
„Der Brunnen“ trägt eine Stimmung in sich, die mich an alte Horrorfilme aus den Hammer-Studios erinnert. Eine kleine, feine Gruselgeschichte.
„Kaleidoskop der Seele“ ist das Psychogramm eines Mannes, der Vergangenheit und Gegenwart nicht länger unterscheiden kann und sich in dessen Wirbeln verstrickt.
Mit „Incunabula“ nähert sich Tobias Bachmann dann neben Lovecraft auch noch den Autoren E.A. Poe und Robert E. Howard. Es ist eine Abenteuergeschichte, die den Leser in ihren Bann zieht und in eine mystische Welt entführt.
„Wanderer, kommst du nach Cat …“ ist ein Bericht, wie er auch aus der Feder eines Robert Louis Stevenson stammen könnte. Bachmann vereint diese klassische Erzählweise geschickt mit den Visionen Lovecrafts.
„Grønn“ zählt für mich auch zu den Highlights dieses Erzählbandes. Ich war mittendrin in dieser Geschichte und konnte eine Zeitlang die Realität um mich herum vergessen.
„Metamorphose“ ist, wie auch „Incunabula“ eine Abenteuergeschichte mit einer tollen Atmosphäre, an die man sich gerne erinnert.
Die Erzählung „De Profundis“ geht einen ähnlichen Weg wie „Grønn“, bevor der Band mit „Ohne Ende“ einen Abschluss findet, der wieder eine klassische Lovecraft-Vision behandelt.

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Fazit: Grandiose Kurzgeschichtensammlung, die dem Geiste Lovecrafts uneingeschränkt folgt.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Im Spukhaus von Jonathan Janz

Spukhaus

Erschienen als Taschenbuch
im FESTA Verlag
502 Seiten
14,99 €
ISBN: 978-3-86552-802-5
Kategorie: Thriller, Horror

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Schriftsteller David Caine glaubt nicht an das Übernatürliche, obwohl er Bücher über dieses Thema schreibt. Ein Freund lädt ihn dazu ein, eine Zeit in einem Spukhaus zu verbringen, um eventuell ein neues Buch darüber zu schreiben.
Caine willigt ein und überdenkt seine Meinung über Geistererscheinungen immer mehr, als sich unheimliche Vorgänge ereignen. Außerdem lebt in der Nähe eine seltsame Familie, die Caine zu denken gibt. Und dann begegnet ihm plötzlich der Geist eines Mädchens, das er aus seiner Vergangenheit kennt und das Selbstmord begangen hat …

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Ich war sehr gespannt auf diesen Roman, weil ich eine klassische Gruselstory erwartete, wie etwa die alten Filme aus den Hammer Studios. Jonathan Janz liefert mit „Im Spukhaus“ genau jene Stimmung ab, wenngleich auch „nur“ in der ersten Hälfte oder den ersten beiden Dritteln (der Übergang zwischen klassischem Horror und modernem Thriller ist sehr fließend), was aber keineswegs heißt, dass der Roman nicht durchgehend gut wäre. Janz führt den Leser behutsam, und eben auf die oben bereits erwähnte klassische Art und Weise, in seine Handlung ein und packt ihn mit seinem flüssigen Schreibstil, der das Buch zum Pageturner macht. Die klassischen und gruseligen Momente sind überwiegend in der ruhigen, ersten Hälfte des Romans zu finden, in der sich auch die wunderbare Atmosphäre aufbaut.

Schleichend überschreitet der Autor dann immer mehr die Grenze zwischen Horror und Thriller und steuert auf ein dramatisches Ende zu. Der Spannungsbogen wird konstant aufgebaut und die anfangs noch fast schon nostalgische Stimmung entwickelt sich immer mehr zu einem spannenden Abenteuer, in dem es nicht nur ausschließlich um übernatürliche Phänomene geht. Ich konnte mich teilweise sehr schwer von der Geschichte lösen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht. Vor allem auch seine Charakterbeschreibungen lassen den Leser mitfiebern, weil man die Personen „kennt“. Selbst bei den Nebenpersonen ist Jonathan Janz das hervorragend gelungen, so dass sich am Ende wirklich ein Gesamtbild ergibt, das man so schnell nicht mehr vergisst. An vielen Stellen dachte ich, dass sich dieser Plot absolut für eine Verfilmung eignen würde. Vielleicht kommen wir ja mal tatsächlich in den Genuss, diese stimmungsvolle Geschichte auf der Kinoleinwand anzusehen.

Jonathan Janz werde ich mir auf alle Fälle merken, denn sowohl sein sehr bildhafter Schreibstil als auch seine Ideen gefallen mir sehr. Erfreulicherweise verzichtet der Autor auch größtenteils auf übertriebene blutige Szenen, sondern setzt sie geschickt so ein, dass sie in die Handlung passen und niemals störend wirken. „Im Spukhaus“ ist eine gelungene Mischung aus Grusel, Drama und Thriller, die im Gedächtnis haften bleibt. Ich wünschte, es gäbe mehr solcher Bücher. Wie vom Festa Verlag gewohnt, passt auch das Coverbild absolut zur Geschichte und spiegelt die Atmosphäre der Story wider.

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Fazit: Gelungene Mischung aus Grusel. Drama und Thriller.

© 2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der unsichtbare Freund von Stephen Chbosky

freund

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt 912 Seiten
Preis: 24,00 €
ISBN: 978-3-453-27243-9
Kategorie: Horror, Thriller, Belletristik

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Der siebenjährige Christopher ist mit seiner Mutter vor deren neuem Lebensgefährten geflüchtet. Sie verstecken sich im beschaulichen Mill Grove in Pennsylvania, das von einem dichten Wald umgeben ist. Schon nach ein paar Tagen hört Christopher eine geheimnisvolle Stimme, die ihn in den Wald lockt.
Irgendwann bleibt er sechs Tage lang spurlos verschwunden und als er dann endlich wieder auftaucht, kann er sich an absolut nichts mehr erinnern. Bal  merkt er, dass  er plötzlich besondere Fähigkeiten hat  und von der geheimnisvollen Stimme den Auftrag erhält, ein Baumhaus im Wald zu bauen. Sollte er es bis Weihnachten nicht schaffen, dieses Baumhaus zu erschaffen, so wird Mill Grove oder gar die ganze Welt untergehen, prophezeit ihm die Stimme. Ohne es richtig zu bemerken, befindet sich Christopher, seine Mutter und noch einige Einwohner von Mill Grove in einem Kampf zwischen Gut und Böse.

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Chboskys neuer Roman wurde (und wird noch immer) mit einem Werk aus der Feder von Stephen King verglichen. So sehr mich solche Vergleiche auch immer stören, so uneingeschränkt muss ich in diesem Fall zugeben, dass es absolut zutrifft. „Der unsichtbare Freund“ erinnert nicht nur von der Schreibweise, sondern auch von der Handlung und den teils abgefahrenen Ideen tatsächlich wie ein neuer Roman von King. Aber vom „neuen King“, nicht demjenigen, der Klasssiker wie „Shining“ oder „Carrie“ verfasst hat. Hier hätten wir es dann eher mit einem Beitrag aus seinem Spätwerk zu tun. Vor allem fühlte ich mich des Öfteren an die „Dunkle Turm“-Reihe oder auch „Atlantis“ und „Duddits – Dreamcatcher“ erinnert. Mit einer unglaublichen Intensität entführt uns Chbosky in die Welt eines Jungen, der schon bald die Realität von einer Fantasiewelt nicht mehr unterscheiden kann.

Ich muss sagen, dass mich dieses Buch tatsächlich von Anfang an nicht mehr losgelassen hat. Und je verrückter der Plot wurde, desto mehr zog es mich in seinen Bann, weil es unheimlich gut geschrieben ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auf den ein oder anderen Leser zu langatmig und abgedreht wirkt, ich für meinen Teil konnte mich in diese Handlung so fallen lassen, dass ich an manchen Stellen tatsächlich die Welt um mich herum vergessen konnte (und auch habe 😉 ). „Der unsichtbare Freund“ machte mich Seite für Seite süchtig und ich dachte immer wieder, dass solche Bücher genau der Grund waren und sind, warum ich bereits als Kind schon so gerne gelesen habe. Chbosky hat für mich ein Meisterwerk der Horrorliteratur erschaffen. Sogar im Nachhinein, viele Tage nachdem ich diesen Roman zu Ende gelesen habe, lässt er mich noch immer nicht los.

„Der unsichtbare Freund“ wird auch ein wenig mit der Netflix-Serie „Stranger Things“ verglichen. Auch diesen Vergleich kann man nicht abstreiten, denn die Handlung bewegt sich in ähnlichen Gefilden und auch die Protagonisten erinnern in der Tat an manchen Stellen ein wenig an die der genannten Serie.
Sicherlich greift Chbosky das nicht neue Thema des Kampfes Gut gegen Böse auf und erfindet sicherlich das Rad nicht neu. Aber seine Herangehensweise an diese Auseinandersetzung empfand ich persönlich als äußerst gelungen und so manches Mal auch innovativ. Viele Leser werden den Roman als anstrengend und vor allem langatmig empfinden, aber genau diese Länge des Buches trägt dazu bei, dass eine unglaublich tiefe Atmosphäre aufkommt, die sich von Seite zu Seite immer noch mehr aufbaut. Für mich war dieses Buch eine der großen Überraschungen des Jahres 2019 und ich bin schon wirklich sehr gespannt, was uns dieser außergewöhnliche Autor als nächstes serviert. In mir hat Stephen Chbosky auf jeden Fall einen neuen Fan gewonnen, der sich hinter den großen Werken eines Stephen King nicht zu verstecken braucht.

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Fazit: In der Tat mit den neueren Werken Stephen Kings vergleichbar. Atemberaubend gut!

© 2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das Flüstern von Andreas Brandhorst

flüstern

Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag 
insgesamt  464 Seiten
Preis: 16,99 €
ISBN: 978-3-492-06101-8
Kategorie: Thriller

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Nikolas ist acht Jahre alt und überlebt wie durch ein Wunder einen schweren Verkehrsunfall. Seine Eltern kommen dabei aber ums Leben. Nikolas hört immer wieder eine geheimnisvolle Stimme in seinem Kopf,  ihn beschützt. Schon bald gerät er in ein mysteriöses Institut in der Schweiz, in dem Kinder mit besonderen Begabungen, wie Nikolas eine besitzt, erforscht werden, wo er Sonja kennenlernt. Gemeinsam fliehen sie und entdecken eine furchtbare Wahrheit  …

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Andreas Brandhorst beweist mit dem vorliegenden Mystery-Thriller nach „Das Erwachen“ und „Ewiges Leben“ erneut, dass er nicht nur hervorragend Science-Fiction, sondern auch Thriller schreiben kann. „Das Flüstern“ ist sogar wieder anders als die beiden vorhergenannten und erzählt eine Geschichte, wie man sie eher von Ralf Isau, Dean Koontz oder gar Stephen King erwartet hätte: Mystery mit einem Hauch Grusel, teilweise Action und ansonsten eine eher ruhige Grundstimmung. Das ist auch schon der erste Punkt, der mich bei „Das Flüstern“ vollkommen überzeugt hat: die Atmosphäre. Der Leser bekommt sehr stimmungsvolle Handlungsorte und authentische Protagonisten geschildert, die mit einer unheimlichen Macht zu kämpfen haben. Alleine die Ausgangssituation empfand ich sehr ansprechend. Sie machte mich neugierig und ich würde vom Ergebnis nicht enttäuscht.

Es wäre kein Andreas Brandhorst, wenn nicht auch aktuelle Themen der Forschung und der Entwicklung der Menschheit behandelt werden würden. Niemals aufdringlich ließ mich „Das Flüstern“ so manches Mal innehalten, weil ich über das Geschriebene nachdenken musste. Der Thriller bietet also neben einer spannenden Handlung auch noch einige Aspekte, die den Leser beschäftigen.
Gerade die erste Hälfte des Buches hat mich so richtig in seinen Bann gezogen, wenn man nämlich Nikolas auf seinem „Leidensweg“ begleitet und, wie er selbst, nicht weiß, mit was man es zu tun hat. Es gab einige Szenen, die haben mich an alte Schwarz-Weiß-Filme und Gruselromane erinnert, wie man sie heutzutage nicht mehr inszeniert und schreibt. Brandhorst hat mich mit seinem Schreibstil wie immer von der ersten Seite an packen können. Und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. 😉

Die Geschichte hat einen ganz eigenen Reiz, der einen auch noch nach der Lektüre beschäftigt. Für viele mag der Roman langatmig und auch langweilig wirken, für mich hat Brandhorst genau die richtige Mischung getroffen, um sich in der beschriebenen „Welt“ wohlzufühlen. Manche Szenen haben mich an die alten Werke von Stephen King wie zum Beispiel „Carrie“ oder „Feuerkind“ erinnert, wo es ebenfalls um Außenseiter beziehungsweise Kinder mit außergewöhnlichen Begabungen geht. „Das Flüstern“ hebt sich aus meiner Sicht von ähnlichen Genrebeiträgen durch seine packende Erzählweise  ab, weil es auch sehr detailliert in die Gefühlswelt des jungen Protagonisten eindringt. Andreas Brandhorsts Schreibsstil ist unverkennbar, obwohl er in seinen Science-Fiction-Romanen eindeutig hochwertiger schreibt, was seine Ursache mit Sicherheit in den komplizierteren Themen hat. Gerade deshalb entwickelt sich „Das Flüstern“ aufgrund dieser „einfachen“ (absolut nicht negativ gemeint) Schreibweise zu einem Pageturner, was allerdings wiederum nicht heißen soll, dass Brandhorsts SF-Romane keine Pageturner sind. Ganz im Gegenteil. Letztendlich gefallen sie mir auch aufgrund des höheren philosophischen Anteils besser. 😉

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Fazit: Sehr atmosphärischer Mystery-Thriller, der ungemein Spaß macht.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

 

Die Ermordung des Commendatore I – Eine Idee erscheint von Haruki Murakami

Murakami

Erschienen als Taschenbuch
im btb Verlag
insgesamt 478 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-3-442-71860-3
Kategorie: Belletristik, Drama

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Ein junger Maler wird von seiner Frau verlassen und zieht in ein einsames Anwesen, das dem Vater eines Freundes gehört. Der Eigentümer des Hauses ist ebenfalls Maler und als der neue Bewohner ein unbekanntes Gemälde von ihm entdeckt, verfällt er diesem.
Als dann auch noch ein unbekannter Mann von dem jungen Maler verlangt, ein Porträt von ihm anzufertigen, gerät dessen Welt immer mehr aus den Fugen.

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Man geht ja schon mimt einer gewissen Erwartungshaltung an ein neues Buch von Haruki Murakami heran. Zu tief sind die Eindrücke seiner vorherigen Bücher in einem verwurzelt, als dass man nicht einen weiteren Höhepunkt seiner Karriere erwarten würde. Und dann kommt ein Buch wie „Die Ermordung des Commendatore“ und erfüllt zum einen alle Erwartungen und zeigt zum anderen, dass Murakami auch ein bisschen anders kann, als man von ihm gewohnt ist. Der erste Band dieser Geschichte beginnt sehr ruhig und unspektakulär, was mir aber außerordentlich gut gefallen hat. Ich fühlte mich des Öfteren ein wenig an Stephen Kings „Wahn“ erinnert, in dem ebenfalls ein Mann in einer einsamen Umgebung mit sich selbst zurechtkommen muss. Auch Kings Protagonist ist übrigens ein Maler. 😉

Auf melancholische Art und Weise schaffte es Murakami innerhalb kurzer Zeit, mich vollkommen mit seiner Geschichte in den Bann zu ziehen. Die Überlegungen des Protagonisten und auch seine Handlungen sind sehr authentisch und nachvollziehbar, so dass man sich (zumindest als Mann 😉 ) sehr mit der Hauptperson identifizieren kann. Murakami schreibt auch sehr freizügig, aber immer mit einem hohen Niveau, von der Sexualität seines Helden. Auch das gefiel mir ausnehmend gut. In diesem ersten von zwei Teilen entsteht eine unglaublich intensive Atmosphäre, die an manchen Stellen sogar an eine klassische Gruselgeschichte erinnert. „Die Ermordung des Commendatore“ hat meine Erwartungen genau genommen sogar übertroffen, denn ich hatte nicht so einen ruhigen, stimmungsvollen Roman erwartet, sondern eher eine abgedrehte Handlung mit mehr „Action“.
Die Eheprobleme sind nachvollziehbar und besitzen einen Hauch von Wehmut, der sich durch das ganze Buch zieht. Man spürt die Liebe der beiden Menschen zueinander, sieht aber auch ein, dass die Beziehung am Ende angelangt ist. Es ist wirklich ganz wunderbar beschrieben.

Haruki Murakami hat mit diesem Buch seinen Ruf als einer der genialsten Geschichtenerzähler neben Stephen King (wobei man die beiden nicht wirklich vergleichen kann) erneut bestätigt. Ich kann mich in seinen Geschichten verlieren wie selten und verlasse am Ende immer mit Bedauern die Personen und Handlungsorte. Murakami beherrscht es hervorragend, das Seelenleben seiner Personen zu beschreiben und man findet oftmals Teile von einem selbst darin. Manchmal liefen die Bilder der Handlung in Form eines von David Lynch oder Lars von Trier inszenierten Mystery-Thrillers ab, dessen Sog ich mich nicht mehr entziehen konnte. Obwohl dieses Buch für viele an Langatmigkeit nicht mehr zu übertreffen sein mag, stellte es für mich ein hypnotisches Werk dar, von dem ich niemals genug bekommen konnte. Murakami beschreibt die Personen, Handlungsorte und Ereignisse so detailliert, dass man während des Lesens tatsächlich meint, man wäre mittendrin. Besser kann ein Buch nicht geschrieben werden. ich bin schon sehr auf den zweiten Teil und das Ende dieser tollen Geschichte gespannt.

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Fazit: Murakami mal anders, aber nichtsdestoweniger genial.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Insel von Steen Langstrup

Die Insel von Steen Langstrup

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  316 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-453-43957-3
Kategorie: Thriller

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Noa Simon Poulsen befindet sich auf einer einsamen tropischen Insel. Eigentlich das Paradies, läge nicht die Leiche seiner Freundin neben ihm. Noa erinnert sich an die Ereignisse, die zum Tod seiner Freundin geführt haben, zurück, als er in polizeiliche Gewahrsam genommen und des Mordes angeklagt wird. Aber keiner glaubt seine Geschichte, die er erzählt …

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„Die Insel“ ist mein erstes Buch von Steen Langstrup. Ich muss ehrlich sagen, dass ich gar nicht mit so einem Roman gerechnet habe. Ich war mehr als angenehm überrascht, als ich die Geschichte las und noch mehr faszinierten mich die drei Kurzgeschichten im Anhang. Aber eines nach dem anderen. Zuerst einmal geht es um den Roman „Die Insel“:

Viele haben wahrscheinlich mit einem reinen Horror-Roman gerechnet und nicht mit einem Psychothriller, der sich hinter diesem Titel verbirgt. Der Autor lässt die Geschichte von seinem Protagonisten erzählen, was aus meiner Sicht schon eine unglaublich intensive Atmosphäre verschaffte. Gerade die Zwischenteile, in denen der Protagonist mit seiner Strafverteidigerin spricht, haben mir ausnehmend gut gefallen. In Rückblicken wird dann die eigentliche Geschichte erzählt, die anfangs noch ein wenig zögernd ins Laufen kommt, aber zunehmend spannender wird. Es mag auf viele Leser langweilig wirken, wenn Noa von seinem Aufenthalt auf der Insel und der neben ihm liegenden Leiche seiner Freundin erzählt. Aber genau dadurch kommt eine absolut glaubwürdige Atmosphäre auf.

Wie sich der Plot dann letztendlich entwickelt, einschließlich der Auflösung (eigentlich sind es ja sogar zwei!) hat mir sehr gefallen. Man sah plötzlich die Ereignisse aus einem vollkommen anderen Blickwinkel und konnte Handlungsweisen auf einmal nachvollziehen. Im Grunde genommen ist dieser Thriller dadurch tatsächlich zu einem Horrortrip geworden, nur ohne Monster und Blut. Steen Langstrup hat aus einer vollkommen unspektakulären Ausgangssituation, die allerdings sehr stimmungsvoll ist, einen wirklich atemberaubenden Trip in die Seele eines Menschen erschaffen. „Die Insel“ hebt sich von gängigen Büchern dieses Genre ein wenig ab, was es wahrscheinlich auch leider nicht für den Mainstream tauglich macht. Ich mochte die ausgefallene Schreibweise auf jeden Fall und werde mir den Debütroman auf alle Fälle auch noch besorgen. Gespannt bin ich auch, was der Autor als nächstes liefern wird.

Doch unabhängig von dem guten Roman komme ich nun zu den drei Kurzgeschichte, die wahrscheinlich aufgrund der Kürze des Hauptromans vom Verlag noch als Bonus veröffentlicht wurden. Ich muss gestehen, dass mir diese drei Stories sogar noch besser als der Roman gefallen haben. Vor allem eine Geschichte, die den Titel „Iss mich, trink mich“ trägt, hat mich vollends überzeugt. Langstrup beschreibt in dieser Geschichte auf einer Seite das wahre Gesicht der Menschheit, welche Wertvorstellungen und Wünsche sie an das Leben haben. Das ist so grandios, dass ich diese Stelle ein paar Mal lesen musste und sie mir immer noch im Kopf herumschwirrt. So etwas Geniales habe ich selten gelesen. Hut ab, Steen Langstrup, für diese Erkenntnisse, die eigentlich jeder Mensch weiß, sie aber dennoch konsequent in seinem Leben ignoriert. Zumindest die meisten.
Insgesamt habe ich mit Steen Langstrup auf jeden Fall einen Autor gefunden, der mich hervorragend unterhalten hat und der auch eine gewisse Menschen- und Lebenskenntnis besitzt, die mich anspricht. „Die Insel“ wird definitiv nicht das letzte Buch von diesem Autor sein.

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Fazit: Sehr spannende und stimmungsvolle Geschichte. Die drei Bonusgeschichten sind einfach nur genial.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten