Himmelsfluss von Dennis E. Taylor

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  715 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-32166-3
Kategorie: Science Fiction

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Die geklonten Bob Johanssons sind mittlerweile in der 24. Generation angekommen und haben sich immer mehr zu eigenständigen „Persönlichkeiten“ entwickelt, die sich von ihrem Original immer mehr unterscheiden. Sie verändern sich und provozieren Auseinandersetzungen, die sich zu einer Art Bürgerkrieg entwickeln. Eine Spur führt auf die künstlich erschaffene Welt Himmelsfluss, auf der Bob und seine Freunde die Ursache der kriegerischen Tätigkeiten ihrer Gegner vermuten. Eine abenteuerliche Reise beginnt …

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Und die Saga um Bob Johansson und seine Klone geht doch weiter – wer hätte das gedacht? Eine Riesenüberraschung, die noch dazu in höchstem Maße gelungen ist. Taylor schafft es schon nach den ersten Seiten, den Leser wieder zurück ins Bobiverse zu holen. Und man ist sofort wieder von dem unvergleichlichen Humor angetan, der bereits in den ersten drei Bänden zum Tragen kam und absolut amüsieren konnte. Doch dieses Mal wirkt die Handlung fast wie eine Art „Ready Player One“ in anderem Gewand, ich kann gar nicht richtig beschreiben, warum mich „Himmelsfluss“ ausgerechnet an diesen Roman erinnerte. Aber auch irgendwie an eine epische Mission wie „Der Herr der Ringe“, nur eben im Weltall, und ausgeflippter und lustiger und …
Ich denke, man muss es einfach lesen, um zu verstehen, was genau ich damit meine.
„Himmelsfluss“ macht unglaublich Spaß und man könnte die 700 Seiten fast in einem durchlesen, hätte man die Zeit dazu. Die Geschichte ist kurzweilig, spannend und humorvoll, steckt voller bildhafter, detailverliebter Beschreibungen einer faszinierenden Welt und kann durch die humorvollen Dialoge der vielen Bobs untereinander absolut überzeugen und unterhalten.

Auch bezüglich der Handlung zeigt Taylor, dass er es wirklich drauf hat, eine Welt und sämtliche dazugehörigen Zusammenhänge stimmig zu beschreiben. In diesem vierten Abenteuer kreiert er eine Welt, die man sich bildhaft vorstellen kann und die absolut filmtauglich wäre. „Himmelsfluss“ führt die Geschichte um Bob und seine Klone zum einen glaubhaft und zum anderen konsequent logisch weiter und entführt den Leser zum vierten Mal in eine unglaublich ausgeklügelte Zukunftswelt. Nach dem dritten Band der Serie, die anscheinend auch als Finale gedacht war, erweckt Taylor seine „Protagonisten“ und „Antagonisten“ erneut zum Leben und hat einen Roman erschaffen, der mir fast am besten aus der Gesamtreihe gefällt. Es ist natürlich immer Geschmackssache, aber „Himmelsfluss“ fügt sich absolut in das Weltengerüst der vorherigen Bände ein und bringt den gewohnten Humor auf exzellente Weise mit in die Handlung.

Und wieder kommen jede Menge Anspielungen auf die Popkultur der letzten Jahrzehnte zum Tragen, was die Nerds unter den Lesern hochgradig gefallen dürfte. Sicherlich erinnert die Handlung ein wenig an Larry Nivens Meisterwerk „Ringwelt“, aber ich hatte nie das Gefühl, dass Taylor schamlos geklaut hat. Vielmehr wirkte diese Welt auf mich wie eine Verneigung vor dem alten Klassiker und hat daher umso mehr Spaß gemacht. Und am Ende könnte man gar die Hoffnung bekommen, dass dieses Abenteuer weiter und in die fünfte Runde gehen könnte. Mich persönlich würde es freuen …

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Fazit: Absolut gelungene Fortsetzung der Bobiverse-Trilogie, die unglaublich Spaß macht.

©2022 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Behemoth von T.S. Orgel

Behemoth von T S Orgel

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne-Verlag
insgesamt 574 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-32113-7
Kategorie: Science Fiction

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Nachdem die Erde unbewohnbar geworden ist, entsenden die Menschen drei gigantische Raumschiffe, die sich auf den Weg zum nächsten bewohnbaren Planeten machen. Jahrzehnte sind die drei Schiffe unterwegs und entwickeln im Laufe dieser langen Reise eigene Kulturen. Sie treffen auf ein Raumschiffwrack, das im All treibt und plötzlich entbrennt ein Konflikt zwischen den drei Schiffen, denn wer die Ressourcen dieses Wracks unter Kontrolle bekommt, kann dieses zur weiteren Reise zu einer neuen Existenz gewinnen. Doch schon bald stellt sich heraus, dass das verlassene Schiff ein Geheimnis birgt …

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Für mich steht nach diesem Roman eines fest: Mit Science Fiction packen mich die beiden um einiges mehr als mit ihren Fantasyromanen. Ich kann nicht einmalgenau erklären, warum das so ist, aber sowohl mit „Terra“ als auch dem vorliegenden „Behemoth“ haben sie eine Atmosphäre erschaffen, der ich mich nicht mehr entziehen konnte. Interessant war für mich, dass ich „Behemoth“ eigentlich nach dem ersten Kapitel abbrechen wollte, weil ich überhaupt nicht in die Handlung reinkam und alles wirr und unlogisch klang. Glücklicherweise habe ich dann dennoch weitergelesen und wurde mit einem epischen Abenteuer belohnt, dass mir bis zum Finale gefallen und mich überzeugt hat. Die Orgel-Brüder haben eine Stimmung geschaffen, die mich immer wieder an alte und auch neue Science-Fiction-Filme erinnert haben. Ein wenig „Lautlos im Weltraum“, „2001“ und auch „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ vermischen sich zu einem absolut eigenständigen Abenteuer, das ich mir übrigens sehr gut als Film vorstellen könnte.

Der Schreibstil ist sehr flüssig, was dazu führt, dass man das Buch schwer aus der Hand legen kann.
Eines muss ich allerdings noch loswerden: Nach dem ersten Kapitel war ich kurzzeitig versucht, das Buch gar nicht weiterzulesen, denn der Einstieg fühlte sich für mich sehr chaotisch an, sodass ich eigentlich nach den ersten Seiten bereits die Lust verlor. Glücklicherweise habe ich mich dazu durchgerungen, weiterzulesen, denn dann hätte ich ein sehr stimmungsvolles SF-Abenteuer versäumt. Vor allem die Stelle, als die Behemoth betreten wurde, empfand ich als extrem gelungen und spannend. Wie in einem Film begleitet der Leser die Protagonisten und kann kaum abwarten, was geschieht. Diese Szenen waren sehr bildhaft dargestellt, sodass man hautnah mit dabei ist. Was mir auch gefallen hat, waren die unterschiedlichen Charaktere, die sehr gewissenhaft ausgearbeitet sind. Die beiden Autoren schaffen es auf jeden Fall, den Leser mit auf eine unvergessliche Reise mitzunehmen. Die Handlung ist in seiner Ausgangssituation episch, kümmert sich aber während der Geschichte auch immer wieder einmal um kleinere Begebenheiten, sodass ein in sich schlüssiges Gesamtbild herauskommt, dass in der Tat eine Space Opera ist.

Oftmals erkennt man Anspielungen auf SF-Fernsehserien und Kinofilme, an die man sich während des Lesens dann selbst gerne erinnert. Man bekommt den Eindruck nicht los, dass die Gebrüder Orgel auch sehr gerne Filme dieses Genres ansehen und diese Verbeugungen sehr liebevoll in ihre Geschichten einbinden. Wer also nicht nur gerne Science-Fiction-Bücher liest, sondern auch an derartigen Filmen Gefallen findet, wird die ein oder andere Hommage entdecken. Insgesamt bleibt mir auch am Ende noch einmal zu sagen, dass mir die SF-Romane von T.S. Orgel besser gefallen als ihre Fantasywerke. Ich bin schon gespannt, in welchem Genre ihr neuer Roman spielen wird.

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Fazit: Spannende und atmosphärische Space Opera, die sehr gut unterhält.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Störung von Brandon Q. Morris

Erschienen als Taschenbuch
im Fischer Tor Verlag
insgesamt 384 Seiten
Preis: 16,99 €
ISBN: 978-3-596-70047-9
Kategorie: Science Fiction

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Die Shephard-1 dringt ins All vor, um die Entstehung des Kosmos zu erforschen. Die Crew versucht mittels Sonden den Moment des Urknalls sichtbar zu machen. Doch dann taucht plötzlich eine Störung auf, die das Unternehmen gefährdet und Dinge an die Oberfläche bringt, die besser verborgen geblieben wären.

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Wer schon einmal einen Roman von Brandon Q. Morris gelesen hat, weiß, was einen erwartet. Auf gewohnt hohem Niveau (sowohl aus literarischer als auch wissenschaftlicher Sicht) erzählt der Autor eine Zukunftsgeschichte, die sich liest wie ein spannender (wenngleich auch ruhig inszenierter) Weltraumfilm. An vielen Stellen musste ich an „Gravity“ denken, obwohl Morris natürlich einen ganz anderen und auch eigenständigen Weg geht. Ich verliere mich in seinen Geschichten immer, weil sie sehr detailliert, bildhaft und vor allem faszinierend geschrieben sind, so dass man sich in die Story förmlich hineinfallen lassen und mit dabei sein kann. So erging es mir nun auch wieder bei dem vorliegenden Roman „Die Störung“.
Schon alleine der Schauplatz auf einer riesigen Weltraumanlage nahm mich bereits von der ersten Seite an gefangen und ließ mich auch bis zum Ende nicht mehr los. Die technischen Details, die Morris in seine Geschichten verpackt, sind zwar nicht immer unbedingt unkompliziert, aber der Autor schafft es dennoch, sie zumindest so zu erklären, dass man auch versteht, um was es geht.

Was mir bei Brandon Q. Morris immer auffällt, sind die schönen Charakterzeichnungen, die die jeweiligen Personen vor dem inneren Auge des Leser zum Leben erwecken. Das ist auch hier wieder der Fall und ich konnte mir alle Beteiligten absolut gut vorstellen. Im Nachhinein kommt es mir tatsächlich immer noch so vor, als hätte ich die Geschichte gar nicht gelesen sondern als Film gesehen. Ich denke, ein größeres Kompliment kann man einem Schriftsteller gar nicht machen.
Es gibt hier auch ein paar Wendungen, die ich für äußerst gelungen halte und mit denen ich nicht gerechnet habe, großes Kino für den Kopf.
„Die Störung“ ist Science-Fiction, wie ich sie mag. Um den Roman mit Filmen zu vergleichen, fallen mir spontan ein: Ruhig wie „2001 – Odyssee im Weltraum“, atmosphärisch wie „Gravity“ und auf unspektakuläre Art und Weise spannend wie „Outland“ oder „Der Marsianer“. Im Science-Fiction-Bereich sind die Romane von Brandon Q. Morris für mich immer ähnliche Highlights wie die von Andreas Brandhorst, Phillip P. Peterson oder Stephen Baxter. Da stimmt einfach alles, von der Handlung bis über die Charaktere hin zur Atmosphäre.

Morris gibt am Ende des Romans für den interessierten Leser noch eine kleine Lehrstunde in Sachen Quantenphysik. Es lohnt sich, an diesem kleinen Ausflug in die Wissenschaft und Physik teilzunehmen, denn der Autor erklärt hier komplexe Vorgänge auf verständliche Art, so dass einem die Handlung des Romans noch ein Stück nähergebracht wird. Auch wenn es anfangs kompliziert erscheint, so sollte man sich dennoch die Zeit für dieses spezielle „Nachwort“ nehmen, um „Die Störung“ auch noch unter diesem weitaus wissenschaftlicheren Aspekt zu verstehen.
Ich für meinen Teil freue mich auf jeden Fall schon wieder auf das nächste Abenteuer aus der Feder von Brandon Q. Morris und kann es kaum erwarten, wieder mit ihm ins All zu fliegen.

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Fazit: Stimmungsvoller und ruhiger Science-Fiction-Wissenschafts-Thriller, der absolut überzeugt.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Verschollen von Rob Boffard

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Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  558 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-32007-9
Kategorie: Science Fiction

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Die Menschheit hat sich einen Traum erfüllt und kann mittels sogenannten Sternenportalen an jeden beliebigen Punkt des Universums reisen. Sigma Station zum Beispiel erfreut sich größter Beliebtheit, weil sie einen unglaublichen Ausblick auf den Pferdeknopfnebel bietet. Doch diese Raumstation wird eines Tages von einem unbekannten Raumschiff angegriffen und zerstört.
Zum Zeitpunkt der Katastrophe befindet sich der Touristenshuttle Red Panda auf einem Besichtigungsflug. So wie es aussieht, sind die Passagiere die einzigen Überlebenden des Anschlags. Das Sternenportal, das eine Rückkehr zum Ausgangspunkt der Reise darstellen würde, ist ebenfalls verschwunden. Und so beginnt ein dramatischer Kampf ums Überleben …

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Schon die Ausgangssituation ist eine Abenteuergeschichte der Sonderklasse und legt bereits eine besondere Atmosphäre über den Roman. Es verhält sich auch tatsächlich so, dass man bereits nach den ersten Seiten so in den Bann gezogen wird, dass man meint, man wäre mittendrin, wenn die Welt (oder das Universum) um die Red Panda untergeht. Man stellt sich das Ganze permanent als Film vor, so detailliert schildert der Autor die Ereignisse, Personen und die Umgebung. „Verschollen“ wirkte auf mich wie eine Abenteuergeschichte aus meiner Kindheit / Jugend, die ich verschlungen habe, weil ich nicht mehr aufhören konnte, zu lesen.
Boffard beschreibt neben der spektakulären Handlung aber auch seine Protagonisten so glaubwürdig, dass man tatsächlich in manchen Momenten vergisst, einen Roman zu lesen.

Die Dialoge sind filmreif und man kann jede Handlung der Personen nachvollziehen, weil die Charaktere Tiefe besitzen und daher authentisch wirken. „Verschollen“ zu lesen hat mir unglaublichen Spaß bereitet und mich würde nicht wundern, wenn es der Plot tatsächlich auf die Kinoleinwand schaffen würde. Vor allem der Angriff und die Zerstörung der Station am Anfang wären eine beeindruckende Kulisse und Effekteorgie. 😉
Rob Boffards Schreibstil ist einfach, besitzt aber auch ein gewisses Niveau, und lässt sich vor allem eins: Absolut flüssig lesen! Interessant ist, dass genau genommen gar nicht mal wirklich viel passiert, aber dennoch auf keiner Seite Langeweile aufkommt oder man den Eindruck bekommt, der Autor würde die Handlung mit Nebensächlichkeiten unnötig aufblähen. Alles, was passiert, ergibt einen Sinn und trägt zur Entwicklung des Geschehens bei. Ich fühlte mich den  Protagonisten nahe, fieberte mit ihnen mit und war gespannt, wie die ausweglose Situation enden würde. Auch in diesem Punkt muss ich sagen, dass Rob Boffard es hervorragend geschafft hat, den Spannungsbogen von Anfang bis zum Ende aufrechtzuerhalten, so dass man unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht. Alle Voraussetzungen für einen Pageturner sind also gegeben.

Der Roman war nahezu perfekt, als gegen Ende hin dann immer mehr eine politische Verschwörung ins Spiel kam, die zwar handlungstechnisch absolut passte, aber die stets vorhandene Abenteueratmosphäre dann irgendwie kaputtmachte. Das soll nicht heißen, dass diese Entwicklung schlecht ist, vor allem, weil sie den Plot tatsächlich abrundet und stimmig macht, aber irgendwie hat das die Stimmung und meine Leseeuphorie plötzlich abgeschwächt. Das hört sich jetzt vielleicht negativer an, als es ist, und ich bin vollkommen überzeugt, dass viele LeserInnen (vielleicht sogar der Großteil) anderer Meinung als ich sind, aber ich habe es nun einmal so empfunden. Das heißt aber auch nicht, dass „Verschollen“ dadurch schlecht geworden ist, ganz im Gegenteil. Im Nachhinein betrachtet, ist dieser Science-Fiction-Roman etwas Großes, Bombastisches, das im Gedächtnis haften bleibt und sich von anderen Genrebeiträgen insofern abhebt, weil es aus meiner Sicht eine klassische (altmodische – nicht im negativen Sinne) Abenteuergeschichte mit tiefgehenden Charakteren und einer unglaublichen Atmosphäre darstellt. Ich spreche eine unbedingte Leseempfehlung aus.

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Fazit: Atmosphärische und epische Science-Fiction im klassischen Abenteuergewand. Unbedingt lesen.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Besucher von Tyler R. Parsons

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Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag 
insgesamt  198 Seiten
Preis: 12,00 €
ISBN: 978-3-492-70534-9
Kategorie: Science Fiction

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Nach einem tragischen Unfall treibt Astronaut Roman Briggs hilflos durchs All. Seine Vorrätehalten nicht besonders lange, so dass sich Briggs mit seinem Tod abfindet. Doch dann tauchen die Manti auf, eine  außerirdische Rasse, die Briggs  erlaubt, sich an ihre Außenhülle zu ketten, bis sie auf ein menschliches Raumschiff stoßen. Durch die Fenster des Alien-Schiffs kann Briggs das tägliche Leben seiner Retter beobachten. Aber eines Tages beobachtet er etwas, das er besser nicht hätte sehen sollen …

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Tyler R.Parsons Romandebüt die Besucher beginnt wie der Science-Fiction Kinoblockbuster „Gravity“. Aber das war es dann auch schon mit derartigen Vergleichen. Hat man die ersten Seiten gelesen und die Ausgangssituation verstanden, wirft einen Parsons in ein vollkommen anderes Abenteuer, das mir außerordentlich gut gefallen hat. Es dauert auch gar nicht lange, bis man sich fühlt, als sei man selbst der Protagonist, der allein im Weltall schwebt und sich an die Hülle eines außerirdischen Raumschiffs klammern muss, um zu überleben. Die Gedankengänge des Protagonisten sind absolut nachvollziehbar und teilweise sehr humorvoll, was einem während des Lesens oftmals ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Dennoch versteht es Parsons den Spannungsbogen konstant aufrechtzuerhalten und den Leser so weit zu bringen, dass er immer noch ein weiteres Kapitel liest, um zu erfahren, wie es weitergeht.
Parsons Schreibstil ist sehr einfach und flüssig zu lesen, aber besitzt dennoch ein gewisses Niveau. Es macht schlichtweg unglaublich Spaß, die missliche Lage des Astronauten zu verfolgen.

Der Roman ist relativ kurz gehalten, dürfte aber genaugenommen auch gar nicht länger dauern, denn alles, was wichtig ist, wird auch erzählt. Zu keinem Zeitpunkt kommt Langeweile auf, sondern die Geschichte wird geradlinig und vor allem spannend erzählt. Der Autor erzählt seine Geschichte so bildhaft, dass man wirklich meint, man wäre dabei. Das macht diesen Roman sehr sehr kurzweilig, so dass man ihn am liebsten gar nicht aus der Hand legen möchte. Es ist außerdem eine ganz wunderbare Atmosphäre, in die uns Parsons mit seinem Debütroman entführt und ich bin schon wirklich sehr gespannt, was uns dieser Mann noch alles an literarischen Abenteuern beschert. Bei einigen Szenen musste ich unwillkürlich an „Star Trek“ denken, gerade was die Handlungsweisen der außerirdischen Lebewesen betrifft. Die Kommunikation zwischen diesen Aliens und dem Protagonisten ist ebenfalls teilweise witzig, andererseits aber auch auf gewisse Art und Weise fremdartig. Und genau diese Mischung macht es aus, dass „Der Besucher“ so glaubwürdig wirkt.

Parsons hätte den Außerirdischen ein wenig mehr Tiefe verleihen können, in dem er die „Beziehung“ zwischen dem Menschen und ihnen etwas ausführlicher beschreibt. Das ist der einzige Kritikpunkt, den ich bei „Der Besucher“ anbringen kann, der für mich aber das Lesevergnügen nicht geschmälert hat. Der Roman erfindet das Rad der SF nicht neu, aber er bleibt dennoch – zumindest ist es bei mir so – in Erinnerung. Und die Mischung aus Science Fiction, Krimi und (auch irgendwie Liebesgeschichte) hat mir gefallen.

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Fazit: Kurzweiliger SF-Krimi, der definitiv Spaß macht.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

 

Die Reise von Marina Lostetter

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Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  558 Seiten
Preis: 11,99 €
ISBN: 978-3-453-31827-4
Kategorie: Science Fiction

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Im Jahr 2088 bricht die Menschheit zu den Sternen auf, um ein geheimnisvolles Objekt jenseits unseres Sonnensystems zu erkunden. Eine Reise, die mehrere hundert Jahre dauern soll. Aus diesem Grund werden menschliche Klone auf die Reise geschickt, um das Zeitproblem in den Griff zu bekommen. In gewissen Abständen werden neue Klone erschaffen, dennoch brechen auf den Raumschiffen immer wieder einmal Unruhen aus. Als die Entdecker dann endlich ihr Ziel erreicht haben, werden sie mit einer außerirdischen Technologie konfrontiert, die jenseits ihrer Vorstellungskraft liegt …

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Alleine der Klappentext machte mich unendlich neugierig auf diesen Roman, der übrigens ein Debüt darstellt. Die Beschreibung des Plots klingt nach einem perfekten Science Fiction-Abenteuer, das mich an Geschichten von Larry Niven, Stephen Baxter und Peter F. Hamilton erinnerte. Um es kurz zu machen, ich wurde nicht enttäuscht. „Die Reise“ von Marina Lostetter ist ein unglaublich episches Weltraumabenteuer, in dem nicht nur Außerirdische, deren Artefakte und eine unmöglich erscheinende Weltraumreise eine Rolle spielen, sondern auch menschliche Verhaltensweisen und Emotionen. Lostetter hat ihren Plot groß angelegt und beginnt im Kleinen. Ähnlich wie bei einigen Meisterwerken von Stephen Baxter entfaltet sich die epische Bandbreite der Story genaugenommen erst, nachdem man das Buch gelesen hat.

„Die Reise“ ist Science Fiction, wie sie besser nicht sein könnte. Sehr realistisch wird der Versuch der Menschheit beschrieben, wie sie die Finger nach dem Weltraum ausstreckt, um Neues zu erfahren. Ein wenig fühlt man sich an Arthur C. Clarkes „2001 – Odyssee im Weltraum“ erinnert, wobei Lostetter definitiv einen eigenen Weg geht. Erstaunlicherweise fliegt man nur so durch die Seiten, obwohl der Roman stolze 550 Seiten hat und oftmals mit technischen Details aufwartet.
Die Autorin wechselt geschickt die erzählenden Protagonisten, so dass niemals Langeweile aufkommt. Manchmal wirken die Kapitel wie eigene Kurzgeschichten, bis sich irgendwann dann ein A-ha-Effekt einstellt und der Leser die Zusammenhänge erkennt. Die spannende und sich über Jahrhunderte (eigentlich sogar über Jahrtausende) erstreckende Geschichte befasst sich aber nicht nur mit außerirdischen Artefakten und deren mysteriösen Bedeutungen, sondern widmet sich auch Problemen wie grundlegender Gesellschaftsangelegenheiten, der Beeinflussung von Genen oder Künstlichen Intelligenzen. Dies alles vermischt sich zu einem atemberaubenden Abenteuer, das man nicht gerne verlässt. Trotz der Dicke dieses Buches hätte man die Abenteuer der Menschheit und der menschlichen Klone gut und gerne nochmal so lange begleiten können.

Marina Lostetters Roman wirkt wie das Kultbuch einer neuen Science Fiction-Generation, das sich mit aktuellen Problemen unserer Zeit befasst, aber noch einen Schritt weiter geht und in eine nicht ganz unmögliche Zukunft schaut. Lostetter behandelt zum Beispiel auch die Entwicklung der Sprache. Und wenn man sich heute umschaut, ist das in Zeiten von WhatsApp und sozialen Netzwerken eigentlich schon nicht mehr zu übersehen, dass unsere Sprache immer mehr verstümmelt und verzerrt wird. Es kommt ja mittlerweile leider schon vor, dass sich Menschen, die eigentlich die gleiche Sprache sprechen, nicht mehr verstehen. Gerade dieser Aspekt, der zwar nicht lange im Buch vorkommt, zeigt eine gewisse Genialität der Autorin, die sich nämlich eine Zukunft ausgedacht hat, die absolut im Bereich des Möglichen liegt.
„Die Reise“ ist mit Sicherheit kein einfaches Buch, das man nebenbei lesen sollte, denn zu viele „Wahrheiten“ stecken zwischen den Zeilen. Für den ein oder anderen mag deshalb diese groß angelegte, menschliche Geschichte Längen haben, die anderen werden mit einem bombastischen Abenteuer belohnt, bei dem man sich immer wieder vor Augen halten muss, dass sich die Handlung über eine große Zeitspanne erstreckt. Episch eben …

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Fazit: Episches SF-Abenteuer, das nachhaltig beeindruckt.

©2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Obelisk von Stephen Baxter

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Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  512 Seiten
Preis: 10,99 €
ISBN: 978-3-453-31945-5
Kategorie: Science Fiction

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In verschiedenartigen Kurzgeschichten beweist Stephen Baxter erneut, dass er ein Meister im Science Fiction-Genre ist.

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Stephen Baxter ist immer noch einer der führenden Science Fiction Autoren unserer Zeit. Wer sich für ausufernde und innovative Zukunftsgeschichten interessiert, kommt an diesem Erzählband (und auch den anderen Werken Baxters) einfach nicht vorbei. In dieser Sammlung vereinen sich Storys, die in einer neuen Welt spielen, aber auch welche, die in bereits existierenden Universen Baxters, wie zum Beispiel den beiden Werken „Ultima“ und „Proxima“ oder der zusammen mit Terry Pratchett entworfenen „Lange Erde“-Serie. Baxter ist ehrgeizig. Und das liest man auch in seinen Kurzgeschichten heraus, die trotz ihrer Kürze dennoch oftmals epischen Charakter besitzen. Siebzehn Geschichten, die sich in diesem Band vereinen und am Ende ein beeindruckendes, faszinierendes und manchmal auch erschreckendes Bild unserer Zukunft im Gedächtnis hinterlassen. Stephen Baxter beweist, dass er einer der ganz Großen ist. Die Geschichten könnten verschiedenartiger nicht sein und man sollte sich zum Lesen Zeit lassen, denn es stecken sehr viele Überlegungen darin, die einen zum Nachdenken bewegen (sollten).

Die Vielfalt, mit der Baxter seine Leser in fremde Welten entführt, ist unglaublich und man muss zwischen den einzelnen Storys schon immer wieder mal ein wenig Abstand gewinnen. Denn zu absurd wirken sonst die Ausflüge von fremden Planeten in ein viktorianisches England des neunzehnten Jahrhunderts. Diese wilden Wechsel zwischen den Handlungsorten zeigen allerdings auch die reichhaltige Palette, die der Autor seinen Lesern und Fans bieten kann. „Obelisk“ ist ein bunter Ausflug in die Welt der Science Fiction, die auf höchstem Niveau unterhält.  Es gibt so viele mannigfaltige Geschichten in diesem Buch, so dass man getrost sagen kann, dass so ziemlich für jeden Geschmack etwas dabei. Da gibt es zum Beispiel einen Schüler, der aus Versehen auf dem Mars strandet.  Oder ein Autorennen, bei dem ein ganz besonderer Einsatz zum Tragen kommt. Der Leser erlebt die Eindrücke des ersten Menschen, der auf dem Mars umhergeht oder durch die Zeit reisende außerirdische Ratten. Stephen Baxters Ideenreichtum scheint unerschöpflich.

Es ist ein besonderes Buch, das der Heyne Verlag hier präsentiert, denn für viele Leser mag die Anordnung der Geschichten etwas wirr und unglücklich erscheinen, da sie kreuz und quer auf den Schnellleser wirken. Wie oben schon erwähnt, muss man sich bei diesen Geschichten aber eben Zeit nehmen und sich vor allem darauf einlassen. Wer Baxter kennt, weiß um seine Gedankengänge und kann die vielfältige Zusammenstellung durchaus verkraften. Der unaufmerksame Leser könnte sich in genau diesem unübersichtlichen Sammelsurium aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verirren und die Lust an diesen fantastischen Geschichten verlieren. Man sollte unbedingt berücksichtigen, dass jede einzelne Geschichte einen ganz eigenen Ausgangspunkt und ein eigenes Ziel verfolgt. Nur so ist ein Genuss gewährleistet. Baxter berührt den Leser tief in seinem Inneren und lässt uns klein erscheinen, wie er es auch des Öfteren in seinen anderen Werken mit uns macht. 😉

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Fazit: Beeindruckende Geschichtensammlung, die jedoch nichts für zwischendurch ist und Aufmerksamkeit erfordert.

©2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Perry Rhodan – Das grösste Abenteuer von Andreas Eschbach

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Erschienen als gebundene Ausgabe
im Fischer Tor Verlag
insgesamt 848 Seiten
Preis: 25,00 €
ISBN: 978-3-596-70145-2
Kategorie: Science Fiction

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Perry Rhodan erfährt eine Kindheit, die sich fast ausschließlich um den Weltraum dreht. Auch als Erwachsener begleitet ihn das All und die Versuche der NASA, eben diesen zu erobern. Rhodan verfolgt hartnäckig während seines ganzen Lebens das Ziel, einmal selbst in den Weltraum zu fliegen, bis es eines Tages im Jahr 1971 soweit ist. Perry Rhodan verlässt die Erde und bricht auf zur größten Reise, die ein Mensch je angetreten hat.

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Ich war wirklich sehr gespannt auf dieses Buch, da ich alle Werke dieses Autors sehr schätze und gerne lese. Denn, hätte Andreas Eschbach diesen Roman nicht verfasst, so wäre ich wahrscheinlich niemals in den Genuss gekommen, diese wunderbare Vorgeschichte von Perry Rhodans Abenteuern zu erleben. Eschbach hat einen faszinierenden Schreibstil, der einen von Anfang an absolut in seinen Bann zieht. Schon die ersten Seiten waren in einem Rutsch gelesen, weil ich mich nicht mehr von der Geschichte lösen konnte. Ich habe, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, noch nie ein Perry Rhodan Heft gelesen und trotzdem war ich von dieser Lebensgeschichte derart fasziniert, dass mir während des Lesens immer wieder durch den Kopf ging, mir die Hefte – zumindest die ersten 100 – zu besorgen.

Es ist absolut faszinierend, wie Andreas Eschbach Zeitgeschehnisse in die fiktive Lebensgeschichte Rhodans einbaut. Die Biografie von Perry Rhodan liest sich manchmal wie die von Neil Armstrong. Vielleicht ist dies sogar ein wenig beabsichtigt, denn die Umstände beziehungsweise die Handlungsorte gleichen sich ja ein wenig. Eschbachs Roman dreht sich hauptsächlich um die Entwicklung der Raumfahrt. Der vorliegende Roman ist aber nicht nur etwas für Perry Rhodan Fans, sondern durchaus auch für all diejenigen, die, wie ich, noch nie ein Heft dieser gigantischen SF-Reihe gelesen haben und sich für die Raumfahrt und deren Anfänge begeistern. Man bekommt nicht nur einen Einblick in die damalige (reale) Zeit, sondern Eschbach vermittelt auch grandios das Feeling der Heft-Serie, wie ich im Nachhinein feststellen konnte, nachdem ich neugierig in eines der Heftchen reingelesen habe. Eschbach ist ein Kenner des Rhodan-Universums und spielt geschickt mit historischen Fakten und erfundenen Begebenheiten. „Perry Rhodan –  Das größte Abenteuer“ ist ein Buch, das man gut und gerne trotz seiner beeindruckenden Dicke noch einmal lesen möchte.

Auf den letzten Seiten schlägt Eschbach dann einen geschickten Bogen, um von seiner bis dahin sehr realistisch wirkenden Vita von Rhodan in das fantastische Science Fiction-Genre der Heftchenserie einzutauchen. Man spürt den Übergang kaum, der den Leser von der wirklichen Welt in die Abenteuer jenseits unserer Vorstellungskraft führt. Ich bin sehr begeistert, wie Eschbach die Vorgeschichte der größten deutschen SF-Serie zu Papier gebracht hat. Vor allem mit welcher Detailgenauigkeit, seien es nun die tatsächlich passierten Ereignisse, die im Roman vorkommen, als auch die erfundenen Aspekte der SF-Serie. Man hat nach der Lektüre tatsächlich das Gefühl, dem Beginn einer Legende beigewohnt zu haben, so episch geht Andreas Eschbach die Sache an. Dem Autor gilt mein höchster Respekt in Bezug auf die perfekte Verquickung der Vorgeschichte und dem Übergang zur Heftchenromanreihe. Volle Punktzahl meinerseits.

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Fazit: Nicht nur für Fans der größten SF-Serie ein Muss, sondern auch für Neueinsteiger.

©2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Ich bin viele von Dennis E. Taylor

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 460 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-31920-2
Kategorie: Science Fiction

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Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich Bob Johansson entschlossen hat, sich nach seinem Ableben“konservieren“, einfrieren zu lassen, war er ein ganz normaler Mensch. Dann stirbt er … und erwacht in der Zukunft als Maschine. Als Künstliche Intelligenz soll er ins Weltall aufbrechen, um neue Lebensräume für die Menschheit zu finden. Und damit er Unterstützung auf seiner Reise erhält, kann Bob sich klonen …

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Schon während der ersten Seiten dachte ich, ich lese einen neuen Roman von Andy Weir, dem Autoren von „Der Marsianer“ und „Artemis“. Denn Dennis E. Taylor hat einen ähnlichen und wirklich witzigen Schreibstil wie Weir, der mich des Öfteren zum Schmunzeln gebracht hat. Gerade der Anfang, als sich der Protagonist im Körper einer Maschine befindet und damit erst einmal klar kommen muss, hat mich königlich unterhalten. Es hätte ruhig noch ein wenig so weitergehen können, aber Taylor schlägt bald einen anderen Kurs ein, an den man sich dann erst einmal gewöhnen muss. Was aber nicht heißt, dass man ab diesem Moment weniger Spaß bei diesem außergewöhnlichen Abenteuer hat. Taylor schafft es mühelos, seine Leser in den Bann zu ziehen, sie mitzunehmen auf eine Reise in verschiedene Persönlichkeiten eines Menschen. Mit Witz und technischen Details begleiten wir anschließend den Protagonisten auf eine unglaubliche Reise ins All, dorthin, wo noch nie ein Mensch gewesen war. 😉

Die Entwicklung(en) des Protagonisten, wenn sich immer mehr seiner diversen Persönlichkeiten durch das Klonen entfalten, ist unglaublich witzig gestaltet. Und wenn er sich dann quasi mit sich selbst unterhält und diskutiert, stellt man so manches Mal ein Grinsen auf seinen Lippen fest, während man die Seiten umblättert. Man kann „Ich bin viele“ getrost als Pageturner bezeichnen, denn es fällt schwer, das Buch zur Seite zu legen. Dennis E. Taylor hat eine sehr gute Idee zu einem wirklich guten Plot entwickelt, der, weil ja man weiß, dass es sich hier lediglich um den ersten Teil einer Reihe handelt, irre viel Potential nach oben hat. Man spürt aber im Verlaufe des Buches, dass dem Autor das durchaus klar ist und er seine Handlung wohlüberlegt langsam angeht, um (hoffentlich) sämtliche sich bietenden Möglichkeiten noch auszuschöpfen. Taylor ist zudem bekennender „Star Trek“- und Gene Roddenberry-Fan, das liest man in diversen offensichtlichen und nicht so offensichtlichen Anspielungen heraus. Gerade auch diese kleinen Verbeugungen vor seinem Idol, die er in den Plot mit eingebaut hat (und das meistens auf witzige Weise) machen „Ich bin viele“ zu einem sehr sympathischen Weltraumabenteuer, das, wie schon erwähnt, an die Arbeit eines Andy Weir erinnert.

Es ist ein relativ ruhiges Buch, das Dennis E. Taylor geschrieben hat. In seinen Beschreibungen mag es auch unspektakulär wirken, in seinen Aussagen und Ideen ist es das aber defintiv nicht. Hier kämpfen keine Raumschiffe gegeneinander oder die Protagonisten liefern sich Laserschwertduelle, nein … hier geht es oftmals um eine gedankliche Auseinandersetzung mit sich selbst, die Taylor hier beschreibt. Wir sind nicht immer mit uns und unseren Entscheidungen im Reinen, flüstert uns der Autor durch seine Protagonisten zu. Wir sind individuell und spontan, unterliegen Stimmungsschwankungen und lernen uns jeden Tag, in dem wir uns mit uns selbst beschäftigen, ein klein wenig besser kennen. Das ist die Botschaft, die Taylor in seinem Debütroman versteckt hat und die den aufmerksamen Leser auf alle Fälle erreicht. „Ich bin viele“ ist ein Stück weit auch Psychologie, wenn man den Plot näher betrachtet, und führt uns anhand eines epischen Weltraumabenteuers näher zu uns selbst heran, macht uns mit unserem eigenen Ich (oder mehreren Ichs 😉 ) bekannt. Ich bin sehr beeindruckt von diesem Roman und kann es kaum erwarten, zu erfahren wie es weitergeht. „Wir sind Götter“ lautet der vielversprechende zweite Band der Reihe, der mit Sicherheit noch einen Schritt in der Entwicklung von Bob Johansson weitergehen wird. „Ich bin viele“ ist humorvolle Unterhaltung und Literatur zum Nachdenken in einem:

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Fazit: SF zum Nachdenken. Viel Humor, psychologische Schachzüge und Weltraumabenteuer in einem.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Schwerelos von Katie Khan

Schwerelos von Katie Khan

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  416Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-3183-4
Kategorie: Science Fiction, Liebe

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Die Astronauten Carys und Max schweben aufgrund eines unglücklichen Zwischenfalls einsam im Weltraum. Sie können ihre Raumstation nicht mehr erreichen und die Luftvorräte können sie nur noch etwa neunzig Minuten am Leben erhalten. Während die beiden verzweifelt versuchen, sich aus ihrer misslichen Lage zu retten, reden sie miteinander und erinnern sich an die Zeiten, als sie sich kennengelernt und ineinander verliebt haben. Mit unaufhaltsamer Grausamkeit verstreichen dabei die Minuten, die ihnen noch bleiben, und das unausweichliche Ende rückt immer näher …

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Man sieht das Cover, am liest den Titel und den Klappentext und denkt sofort, dass es sich hier um einen „Klon“ des Films „Gravity“ handelt. Auch während der ersten Seiten bekommt man den Gedanken nicht los, dass sich die Autorin in erster Linie an dem genannten Film mit Sandra Bullock und George Clooney in den Hauptrollen orientiert. Aber man wird eines besseren belehrt, denn Kathie Khan geht letztendlich einen ganz anderen Weg und nimmt lediglich eine ähnliche Ausgangssituation für ihren Roman. Bei „Schwerelos“ handelt es sich um eines der eher seltenen Bücher, die ich in das Genre „Science Fiction-Liebesroman“ stecken würde. Khan geht das Ganze wirklich sehr geschickt an, so dass man sich bereits nach der ersten „Rückblende“ in das Leben der beiden Protagonisten nur noch sehr schwer von den Seiten lösen kann.

„Schwerelos“ wirkt wie eine Mischung aus Science Fiction, Liebesroman und All-Age-Abenteuer á la „Die Tribute von Panem“, um nur ein Beispiel zu nennen. Das Buch kann sich aus meiner Sicht nicht wirklich entscheiden, ob es sich um einen Erwachsenen- oder Jugendroman handelt, was ich persönlich aber gar nicht schlimm finde. Denn wichtig ist, was drin steht und wie atmosphärisch der Plot auf mich wirkte. Wie gesagt, ich konnte mich wirklich sehr schwer von Carys und Max lösen, während ihre Lebensgeschichte erzählt wurde und sie im Weltraum um ihr Überleben kämpften. Kurzweiliger könnte man die Story gar nicht erzählen, wie es Katie Khan getan hat. Die Seiten fliegen nur so dahin, obwohl es sich im Grunde genommen „nur“ um eine einfache Liebesgeschichte handelt, die in ein SF-Gewand verpackt wurde. Dennoch funktioniert sie. Aber es ist nicht so, dass sich Khan einfach nur mit einer Geschichte über eine Liebe zufrieden gibt. Im letzten Drittel nimmt der Roman noch einmal so richtig Fahrt auf, in dem er sich verschiedener Ebenen bedient und tatsächlich noch echte Science Fiction-Elemente einbindet.

Gerade das Ende macht den ohnehin an manchen Stellen philosophisch angehauchten Roman in meinen Augen zu etwas besonderem. Man beginnt an manchen Stellen über sein eigenes (Liebes-)Leben nachzudenken und fiebert mit den Protagonisten mit. Katie Khan hat am Ende wunderschöne „Wendungen“ und Gedanken in ihren Roman verbaut, die auf manchen Leser kitschig wirken könnten, aber genaugenommen einfach nur darstellen, was „echte Liebe“ wirklich bedeutet. Mir hat die Entwicklung in diese Richtung sehr gut gefallen und das echte Ende verursacht in mir immer noch Traurigkeit, aber auch irgendwie Hoffnung. Katie Khan hat einen schönen und gut lesbaren Liebesroman geschrieben, der eine Science Fiction-Situation zum Ausgangspunkt hat. Ich hätte gut und gerne das doppelte an Seiten verschlingen können, um den beiden noch länger beizuwohnen, denn der flüssige Schreibstil und die philosophischen Überlegungen haben mich schlichtweg von der ersten Seite an gepackt. Ich bin schon jetzt gespannt, was als nächstes von dieser Autorin kommt, denn mit ihrem Debüt hat sie eines auf jeden Fall schon einmal bewiesen: Mut zum Anderssein, in dem man eine „kitschige“ Liebesgeschichte in ein SF-Gewand packt. Und das Konzept funktioniert einwandfrei. Interessant ist, dass die SF-Anteile, die zwar nur selten vorkommen, sehr detailliert und gut recherchiert sind und dem Roman dadurch eine tolle Glaubhaftigkeit verleihen. Ich mag diese Geschichte sehr.

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Fazit: Ein philosophischer Liebesroman im Science Fiction-Gewand. Faszinierendes Lesevergnügen.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten