The Silence von Tim Lebbon

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Buchheim Verlag
432 Seiten
69,99 €
ISBN: Privatdruck, signierte, illustrierte und auf 777 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe
Kategorie: Horror, Dystopie

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Aus einem neu entdeckten, Millionen Jahre alten und unterirdischen Höhlensystems entkommen Kreaturen, die alles töten, was auch nur den geringsten Laut von sich gibt.
Die sogenannten Vesps verstreuen sich über die ganze Welt und fallen auch über Europa her. Das taube Mädchen Ally bricht mit ihrer Familie auf, um einen abgelegenen Zufluchtsort zu suchen, Wo sie das Ende der weltweiten Bedrohung abwarten können.
Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit, denn das Grauen wird immer gefährlicher, die Welt immer stiller und schon bald versinkt das Leben, wie Ally es kannte, in einem erschreckenden Chaos.

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Beim Klappentext fühlt man sich unweigerlich an den bedrückenden Horrorfilm „A Quiet Place“ erinnert, in dem ebenfalls unheimliche Wesen die Menschheit beim kleinsten Geräusch minimiert. Tim Lebbon geht hier einen ähnlichen Weg, wenngleich seine Apokalypse weltweit beschrieben wird und daher, zumindest für mich, schon einmal ein weitaus bedrohlicheres Gefühl in der Magengegend hinterlässt. Sein Szenario wirkt authentischer, weil wir nicht nur ein paar Menschen auf ihrem Überlebensweg begleiten, sondern auch Augenzeuge von einer Pandemie werden, die sich über den ganzen Erdball erstreckt. Das wirkt einfach viel epischer und bedrückender wie der obengenannte Film. Von „The Silence“ existiert ebenfalls eine Verfilmung. Warum diese dann aber wiederum gegenüber „A Quiet Place“ ein wenig schlechter abschneidet, ist wohl schlichtweg der Tatsache zuzuschreiben, dass Lebbons Weltuntergang auf Papier weitaus besser funktioniert als in einem Film. Seine Worte nehmen den Leser mit auf eine unglaublich intensive Reise, die die Verfilmung aufgrund seiner relativ kurzen Laufzeit einfach nicht entsprechend hinbekommt, was aber wiederum keineswegs bedeutet, dass die filmische Umsetzung schlecht geraten ist. Nein, keinesfalls, aber sie ist einfach anders und in meinen Augen weniger intensiv.

Der Schreibstil von Tim Lebbon ist sehr flüssig zu lesen, so dass man eine Seite nach der anderen liest und die Zeit fast vergisst. Was mit besonders gefallen hat, ist, dass die Geschichte im Grunde genommen unspektakulär und sehr ruhig erzählt wird. Das verleiht dem Roman einerseits eine hohe Glaubwürdigkeit und hat zur Folge, dass sich der Autor nicht in irgendwelchen, unwahrscheinlichen Action-Sequenzen verliert, sondern schlicht eine geradlinige Geschichte erzählt, die dadurch umso erschreckender und bedrückender wirkt. Das heißt aber nicht, dass in „The Silence“ keinerlei Spannung aufkommt, ganz im Gegenteil, man fragt sich im Nachhinein, wo die über 400 Seiten geblieben sind, so nervenaufreibend und faszinierend ist die Flucht der Familie geschildert. Ich fand auch, dass die Charaktere und das Zusammenspiel der Familienmitglieder sehr überzeugend vom Autor gestaltet wurde.

Am Ende komme ich dann noch zu einem für mich sehr wichtigen Aspekt, der die spezielle Aufmachung dieses Sonderbandes aus dem Buchheim Verlag behandelt. Mit einem Preis von stolzen 70 Euro kommt man erst einmal ins Grübeln, ob es sich lohnt, so viel für ein Buch auszugeben. Wenn man dann aber das Ergebnis in den Händen hält, ist man schnell davon überzeugt, richtig gehandelt zu haben, denn es ist ein echtes Schmuckstück. Von der hochwertigen Bindung und dem genial gestalteten Einband abgesehen, erwartet den Buchliebhaber im Inneren eine von Tim Lebbon und dem Illustrator Daniel Serra signierte Sonderseite, die dem Buch alleine schon einen gewissen Reiz verleiht. Doch damit noch nicht genug: Am rechten Rand befindet sich zudem noch eine Art Daumenkino, das eines der aggressiven Lebewesen hin und her fliegen lässt, außerdem lassen die hervorragenden Illustrationen von Daniel Serra bestimmte Passagen der Geschichte zum Leben erwecken. Es war schon ein besonderer Genuss, diesen Roman in der mir vorliegenden Sammlerausgabe und nicht in Taschenbuchform zu lesen. Ich bereue den Kauf nicht und bin sicher, dass ich gerade wegen der Aufmachung bestimmt noch einmal zu „The Silence“ greifen werde.
Den Roman gibt es aber auch in der preisgünstigeren Taschenbuchausgabe über den gleichen Verlag.

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Fazit: Spannende und bedrückende Weltuntergangsgeschichte in einer fantastischen Sammlerausgabe.

©2021 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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Vakuum von Phillip P. Peterson



Erschienen als Taschenbuch
im Fischer Tor Verlag
insgesamt 494 Seiten
Preis: 19,99 €
ISBN: 978-3-596-70074-5
Kategorie: Science Fiction

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Als die Menschheit ein außerirdisches Raumschiff entdeckt, geht man erst einmal von einem ersten Kontakt aus. Aber das Schiff ist vor einer Bedrohung auf der Flucht, die mit Lichtgeschwindigkeit auf die Galaxis zukommt und auch die Erde in Gefahr bringt. Mit der Physikerin Susan Boyle und dem Astronauten Colin Curtis startet die Menschheit eine Rettungsaktion sondergleichen …

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Phillip P. Peterson hat ein kleines Wunder in meinen Augen geschafft: Er hat die „alten“ Science-Fiction-Abenteuerromane von Larry Niven und Stephen Baxter wieder zurückgebracht und mich mit „Vakuum“ in eine andere Zeit zurückgeschleudert. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mich in dieser Geschichte „wohlgefühlt“ habe, weil sie einen so angenehmen „Old School“-Effekt auf mich hatte, dass ich mich des Öfteren an meine Jugendzeit erinnert habe, in der ich ähnliche Romane der obengenannten Autoren verschlungen habe. Peterson hat zudem ein Szenario entworfen, das äußert realistisch, und dadurch auch unheimlich spannend ist.

Der Autor hat einen sehr flüssigen und vor allem bildhaften Schreibstil, so dass an gar nicht mehr zu lesen aufhören möchte. Ich persönlich fand ich die Charakterzeichnungen, obwohl nicht übertrieben detailliert, sehr gut und man konnte sich die einzelnen Protagonisten und ihre Handlungsweisen wirklich sehr gut vorstellen. Das Weltuntergangsszenario hat mir außerordentlich gut gefallen und ich könnte mir das Ganze absolut als Film vorstellen. Zeitweise haben mich die Vorbereitungen der Menschheit, diese Katastrophe zu überleben, an Roland Emmerichs Blockbuster „2012“ erinnert, wobei Petersons Handlung um ein Vielfaches ausgeklügelter und nachvollziehbarer ist. Es verhält sich tatsächlich sogar so, dass mir dieses apokalyptische Bild einer Bedrohung für die Erde gar nicht mehr richtig aus dem Kopf geht, so eindringlich beschreibt Peterson das Ganze.

Eines ist für mich ganz klar: Phillip P. Peterson reiht sich mit diesem ersten Roman, den ich von ihm gelesen habe, postwendend in die Riege meiner Science-Fiction-Lieblingsautoren wie Stephen Baxter, Larry Niven, Arthur C. Clarke, Peter F. Hamilton, Gregory Benford und Greg Bear ein. Ich werde definitiv seine anderen Werke, allen voran die Transport-Reihe, lesen. „Vakuum“ beeindruckt aber nicht nur mit einer tollen Handlung, sondern ist auch in sämtlichen wissenschaftlichen Beschreibungen fundiert und großartig. Der Roman ist ein unvergleichliches Abenteuer für die Menschheit (und daraus resultierend auch für den Leser), das man sich nicht entgehen lassen sollte. Wer klassische Science-Fiction mag, sollte „Vakuum“ unbedingt lesen, denn besser kann ein Buch aus diesem Genre gar nicht sein.

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Fazit: Beeindruckender und spannender Pageturner um die Rettung der Menschheit.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Leben von Uwe Laub

Leben

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  384 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-43963-4
Kategorie: Thriller

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Als überall auf der Welt verschiedene Tierarten sterben, dauert es nicht lange, bis die Wissenschaft entdeckt, dass sich auch der Mensch in unmittelbarer Gefahr befindet. Fabian Nowack, ein junger Pharmareferent, wird mit einer Krankheit konfrontiert, die auf ein eventuelles Aussterben der Menschheit hindeutet. Das öffentliche Leben bricht immer mehr zusammen. Nowack begibt sich auf die Suche nach einem Gegenmittel und deckt dabei nicht nur immer mehr die Hintergründe auf, wie es zu dieser grauenhaften Situation kommen konnte, sondern wird zudem auch noch mit anderen, unglaublichen Tatsachen konfrontiert …

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Da ist er nun endlich: Der neue Roman von Uwe Laub.
Die Erwartungshaltung nach „Sturm“ war dementsprechend hoch und, was soll ich sagen, Uwe Laub hat diese Vorgabe mit „Leben“ sogar nochmals übertroffen.  „Leben“ ist ein Pageturner aus Deutschland, der es in sich hat. Mehr denn je möchte ich an dieser Stelle betonen, dass Uwe Laub für mich eindeutig den „deutschen Michael Crichton“ darstellt. Besser kann man einen Wissenschaftsthriller nicht schreiben. Alleine schon der Einstieg in die Geschichte ist filmreif und ich konnte das Knattern der Rotorblätter des Hubschraubers während des Lesens ebenso hören wie das Rauschen des Flugwindes. „Leben“ ist ein cineastischer Roman, der an einem vorbeirast wie ein Blockbuster auf der Kinoleinwand und atemlos zurücklässt. Laub hat ein Szenario entworfen, dass unheimlicher und erschreckender nicht sein könnte. Es wirkt so dermaßen authentisch, dass einem Schauer des Unwohlseins über den Rücken schleichen, wenn man die Protagonisten auf ihrer Odyssee durch Deutschland und die ganze Welt begleitet.

Laub hat extrem gut recherchiert, was zur Folge hat, dass sein Roman (im Angesicht der seit einiger Zeit existierenden COVID-19-Krise) einen mehr als dumpfen Schlag in die Magengrube bedeutet. „Leben“ könnte aktueller nicht sein und spiegelt fast schon einen Zustand unserer Welt wieder, in dem wir uns derzeit befinden. Viel zu viele Dinge wirken wie aus dem echten Leben und Alltag gegriffen. Aber davon abgesehen, entwirft Uwe Laub ein Zukunftsszenario, vor dem man Angst bekommt (und auch bekommen sollte). Verpackt in einen unglaublich spannenden Roman mit authentischen Protagonisten und einem absolut nachvollziehbaren Plot, konfrontiert uns der Autor mit einer Zukunft, die keiner haben will. Laub ermahnt seine Leser (und die Menschheit) zwar auf eine gewisse Art und Weise, aber niemals mit erhobenem Finger, sondern dosiert und glaubwürdig. Er weckt sie eher auf und regt zum Nachdenken an. Und genau das ist es auch, dass „Leben“ für mich zu einem absoluten Highlight in der literarischen Welt der Wissenschaftsthriller macht.

„Leben“ ist ein Buch, das sehr lange in der Erinnerung bleibt. Es ist zwar eine erfundene Geschichte, die aber vor Wahrheiten nur so strotzt und die seit Jahrzehnten andauernde Angst vor einer weltweiten Katastrophe anschaulich und bedrückend erzählt. Bildhaft, schnörkellos und unschlagbar spannend lieferte Uwe Laub mit seinem dritten Roman einen Pageturner par excellence ab. Ich kann zum einen gar nicht abwarten, was der Autor uns als nächstes servieren wird und zum anderen möchte ich „Leben“ (wie übrigens auch „Blow Out“ und „Sturm“) unbedingt auf der großen Kinoleinwand sehen. Einen besseren Stoff für eine Verfilmung könnte es gar nicht geben.
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Fazit: Spannender Wissenschaftsthriller vom „deutschen Michael Crichton“.

©2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das Institut von Stephen King

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Erschienen als gebundene Ausgabe
bei Heyne
insgesamt  768 Seiten
Preis: 26,00 €
ISBN: 978-3-453-27237-8
Kategorie: Roman

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Mitten in der Nacht kommt der dunkle SUV in den kleinen Vorort von Minneapolis. Die Insassen schlüpfen lautlos in das Haus von Luke Ellis und dessen Eltern. Alle schlafen nichtsahnend in ihren Betten. Luke wird betäubt und entführt. Seine Eltern brutal ermordet.

Als Luke erwacht befindet er sich in einem Zimmer, das aussieht wie seines. Alles ist identisch, bis auf eines: Das Fenster fehlt. Wo ist er? Was ist geschehen?

Luke befindet sich im „Institut“, welches versteckt in Maine liegt. Dort leben weitere Kinder verschiedenster Herkunft, Hautfarbe und Alter. Aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie besitzen telepathische oder telekinetische Fähigkeiten. Die einen mehr, die anderen weniger. Die einen haben das eine, die anderen das andere oder sogar beides. Jedenfalls sind sie alle auf irgendeine Weise paranormal veranlagt und dies macht sich das „Institut“ zunutze. Aber wozu? Luke lernt seine Mitinsassen kennen: Kalisha, den rebellischen Nick, und den schüchternen und ängstlichen 10-jährigen Avery. Derzeit leben sie alle noch im „Vorderbau“, wo sie Untersuchungen und Test unterzogen werden, ansonsten aber eigentlich einen den Umständen entsprechend angenehmen Aufenthalt haben. Man munkelt, dass es im „Hinterbau“, dem Teil des Instituts, wohin sie nach einer Weile verlegt werden, richtig übel zugeht. Aber so genau weiß es keines der Kinder, denn es kam noch nie jemand von dort zurück. Luke will fliehen und versucht alles, um dem Institut zu entkommen, damit er Hilfe holen und seine Freunde retten kann …

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Stephen King steigt in die Handlung des Romans ein, indem der Leser zunächst den ehemaligen Cop Tim Jamieson kennenlernen lässt, der aus einem Bauchgefühl heraus seinen gebuchten Sitzplatz im Flugzeug gegen Bargeld einem Regierungsmitarbeiter überlässt. Tim trampt los und landet schließlich in einem kleinen Ort namens DuPray, wo er als „Nachtklopfer“ anheuert und dort irgendwie hängenbleibt. Er fühlt sich  einfach wohl in dem kleinen Örtchen … und bleibt dort.

Erst nach diesem Teil lernen wir den eigentlich Hauptcharakter Luke Ellis kennen, den Jungen, der mit 12 Jahren einen so hohen IQ hat, dass er sich gleich in zwei Colleges einschreiben kann und will. Doch dazu kommt es leider nicht mehr.

Stephen King hat bereits mehrfach über das Thema übersinnliche Kräfte bei Kindern und Teenagern  geschrieben  (z.B. „Carrie“ oder „Der dunkle Turm“). Es reizt ihn offenbar nach wie vor. Zusätzlich hat den Autor wohl auch die Serie „Stranger Things“ inspiriert, deren großer Fan er bekanntlich ist.

Der Roman hat mich sehr gefesselt, nachdem ich „warmgelaufen“ war. Ich muss gestehen, dass die ersten Seite um Tim Jamieson mir zunächst etwas langweilig vorkamen, was aber rückblickend dann aber nicht mehr stimmt. Denn genau diese Einleitung, dieses Kennenlernen, ist sehr wichtig.

Sehr schnell sind mir die Charaktere der Kinder ans Herz gewachsen und ich habe mit ihnen gelitten. Das Schlimme ist, dass die eigentlichen Absichten des Instituts  vermeintlich gut sein sollen. Dennoch werden Kinder gequält, benutzt und kaputt gemacht. Es ist wirklich alles sehr erschreckend und real dargestellt, sodass die Existenz eines solchen Instituts gar nicht abwegig erscheint. Eine wirkliche Ähnlichkeit zu „Stranger Things“ sehe ich allerdings gar nicht so sehr, da sich die Story der Serie doch vollkommen anderes entwickelt. Eines jedoch haben beide gemeinsam: Die unheimliche Kraft, die die Kinder erzeugen. Und die ist so stark, dass sie hörbar, spürbar und auch sichtbar wird.

Mehr will ich gar nicht verraten, denn es wäre zu schade, der Handlung des Romans vorzugreifen. Dieses Buch ist wieder komplett anders als zum Beispiel die „Mr. Mercedes“-Reihe, „Sleeping Beauties“ oder „The Outsider“, aber doch irgendwie wieder typisch der „neue“ King. Einfach nur spannend, fesselnd, traurig und dramatisch. Zum Leben erweckt mit wunderbaren Charakteren (auch den bösen!) und einem Schreibstil, der die Bilder zum Geschehen und den Handlungsorten einfach perfekt ins Gedächtnis teleportiert ☺.

© Buchwelten 2019

 

 

 

Das Haus am Ende der Welt von Paul Tremblay

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Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt  350 Seiten
Preis: 12,99 €
ISBN: 978-3-453-31999-8
Kategorie: Horror, Thriller

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Das homosexuelle Ehepaar Eric und Andrew verbringen gemeinsam mit ihrer siebenjährigen Adoptivtochter Wen eine Woche Urlaub in einem abgelegenen Ferienhaus in den Wäldern von New Hampshire. Doch eines Tages tauchen vier merkwürdige Besucher auf, die um Mithilfe bitten, den Weltuntergang zu verhindern. Schon bald beginnt für Eric, Andrew und Wen der schlimmste Albtraum ihres Lebens .

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Paul Tremblays Roman beginnt wie Michael Hanekes Film „Funny Games“ und entwickelt sich dann im weiteren Verlauf zu einem düsteren und bedrohlichen Dystopiethriller. „Das Haus am Ende der Welt“ ist sehr beklemmend und, sofern man sich darauf einlassen kann, ein unheimliches Szenario, das einem das Fürchten lehrt. Tremblay erfindet das Rad sicherlich nicht neu, aber sein Roman hebt sich von anderen Büchern dieser Art durch seinen außergewöhnlichen Schreibstil ab, an den man sich sicherlich erst einmal gewöhnen muss. Tremblay setzt als Protagonisten homosexuelle Ehepartner ein, was dem Roman auch eine gewisse sozialkritische Note verleiht. Der Autor behandelt diese Thematik sehr offen und normal, sodass alleine diese Tatsache schon einen Pluspunkt von mir bekommt. Die Charakterzeichnungen, die Tremblay vorlegt, sind zwar nicht hundertprozentig tiefgehend ausgearbeitet, aber sie reichen allemal, um die Personen näher kennenzulernen und den Geschehnissen eine glaubwürdige Dramatik zu verleihen .

Es ist an sich eine einfache Geschichte, die hier erzählt wird, aber dennoch wirkt sie durch ihre Eindringlichkeit sehr ausgeklügelt. Was wie ein Thriller beginnt und sich zu einer Dystopie entwickelt, endet letztendlich in einem Mysterium. Was mich schreibtechnisch an vielen Stellen an Stephen Kings Sohn Joey Hill erinnert hat, verursachte vor meinem inneren Auge einen Film im Stil von David Lynch. „Das Haus am Ende der Welt“ ist definitiv kein einfacher Roman, der dem Mainstream entspricht, sondern es handelt sich hierbei um einen außergewöhnlichen Plot, der viele Fragen offen- und eigene Interpretationen zulässt. Für manchen Leser könnte die Handlung etwas langatmig wirken, weil im Grunde genommen nicht wirklich viel passiert. Wenn man sich diese Vorfälle allerdings in der Realität vorstellt, entdeckt man einen unglaublich intensiven Horror, der einem Gänsehaut beschert .

Wie gesagt, das Buch ist nicht einfach und man muss sich auf die unkonventionelle Schreibweise einlassen können, um ein Gefühl für die Handlung und auch die Handlungsweisen der Protagonisten zu bekommen. Ich für meinen Teil spürte zumindest die permanent existierende Bedrohung und auch das flaue Gefühl im Magen, dass sich bei den Beteiligten ausbreitet. Da sich die Handlung auf nur einen einzigen Ort, nämlich die Hütte konzentriert, kommt natürlich von der ersten Seite an eine bedrohliche und beklemmende Stimmung auf, die sich bis zum Ende des Romans durchzieht und auch konstant beibehalten wird. „Das Haus am Ende der Welt“ hat mich auf jeden Fall soweit überzeugt ,dass ich mir andere Werke des Autors besorgen werde.

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Fazit: Unkonventionelles, apokalpytisches Szenario mit Gänsehauteffekt.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Garten des Uroboros von Michael Marrak

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Erschienen als gebundene Ausgabe
im Amrun Verlag
insgesamt  500 Seiten
Preis: 23,90 €
ISBN: 978-3-95869-571-9
Kategorie: Science Fiction, Fantasy, Abenteuer

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In Mexiko findet der Archäologe Hippolyt Krispin Hunderte menschlicher Skelette über einem Uroboros-Relief. In Mali, Afrika, macht sich ein Junge des Dogon-Volkes auf den Weg zur sagenumwobenen Stadt der Hunde. Und in Peru beschäftigt sich der Astronom Miguel Perea mit einer Aufnahme, die von einem Observatorium aus Ecuador stammt und auf der sämtliche Sterne fehlen, die weiter als hundertfünfzig Lichtjahre entfernt sind. Irgendetwas nähert sich der Erde mit unvorstellbarer Geschwindigkeit. Und die drei Begebenheiten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, deuten plötzlich doch auf ein Ereignis hin: den Weltuntergang.

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Hippolyt Krispin aus Marraks Roman „Morphogenesis“ kehrt zurück! Doch wer den ersten Roman mit dem Archäologen (noch! 😉 ) nicht gelesen hat, kann sich getrost an „Der Garten des Uroboros“ wagen, denn man muss das erste Abenteuer nicht kennen, um diesen Roman zu verstehen. Der vorliegende Roman ist ein typischer Roman, wie man ihn von Michael Marrak gewohnt ist: Innovativ, kurzweilig, auf hohem Niveau verfasst und voller genialer Ideen, denen man sich nicht entziehen kann. „Der Garten des Uroboros“ ist eine wilde Mischung aus Abenteuerroman (a la „Indiana Jones“, wie auch vom Verlag beworben), einem intelligenten Science Fiction-Plot und der Aufarbeitung alter Mythen aus verschiedenen Kontinenten. Es ist schon unglaublich, wie geschickt Marrak diese Genre miteinander verquickt und eine beeindruckende Story daraus webt. Eines ist jedenfalls sicher: „Der Garten des Uroboros“ wird nicht jedermanns Geschmack sein, so wie es auf eigentlich alle Bücher von Michael Marrak zutrifft. Seine Romane, wie auch der vorliegende, sind nicht für den schnellen Konsum gedacht, denn zu viel steht in und auch zwischen den Zeilen, um es nur oberflächlich zu lesen. Wer sich darauf nicht einlassen kann und sich nicht die Zeit dafür nimmt, verpasst tolle Geschichten und ideenreiche Literatur, die Spaß macht.

Eigentlich sind es sogar vier Geschichten, die Marrak im Verlauf des Romans miteinander zu einem großen Ganzen verbindet. Und auch wenn das Ende auf den ersten Blick sehr fantasylastig daherkommen mag, so verbirgt sich darin dennoch eine ausgeklügelte Interpretation der Apokalypse. „Der Garten des Uroboros“ ist eines jener Bücher, die nicht nur während des Lesens Spaß machen, sondern auch noch danach faszinieren und zum Nachdenken anregen. Das vorliegende Buch erreicht zwar nicht ganz die innovative Ideenvielfalt, die „Der Kanon mechanischer Seelen“ bereitstellt, sprudelt aber dennoch vor Einfällen nur so über. Innerhalb dieser Geschichten und des eigentlichen Plots erzählt Marrrak dann auch noch wunderschöne Märchen, von denen ich mir sogar gewünscht hätte, sie wären öfter vorgekommen.

Was für viele Leser außerordentlich anstrengend sein dürfte, entpuppt sich bei genauerer Überprüfung als grandiose Recherchearbeit. Mit dem Wissen, dass Michael Marrak enorm viel Sachkenntnis in seiner Geschichte verwertet hat (und dieses auch noch grandios zu einem logischen Ganzen verknüpfen konnte), läse sich der Roman beim zweiten Mal mit Sicherheit noch beeindruckender, als er es ohnehin schon ist.
„Der Garten des Uroboros“ ist einerseits ein unterhaltsamer Abenteuerroman und andererseits eine fantastische Reise in eine grenzwissenschaftliche Welt jenseits von Zeit und Raum, die ein besonderes Weltbild bedient. Grundvoraussetzung, um diesen Roman genießen und vor allem vollends verstehen zu können, ist daher eine gewisse Offenheit bezüglich dieser Dinge. Wer das kann, wird mit einem wunderbaren, faszinierenden Buch belohnt. Der vorliegende Roman bestätigt erneut, dass Michael Marrak zu den wichtigsten und auch innovativsten Schriftstellern Deutschlands gehört.

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Fazit. Abenteuerliche, philosophische und teils auch spirituelle Reise bis zum Ende der Welt.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Terra von T.S. Orgel

terra

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne-Verlag
insgesamt 508 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-31967-7
Kategorie: Science Fiction

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In der Zukunft ist die Erde ist ein ökologisches Wrack und die Menschen haben den Mond mittlerweile bevölkert. Die Bewohnbarkeit des Mars hat höchste Priorität.
Jak ist Mechaniker und transportiert an Bord eines vollautomatischen Raumfrachters Rohstoffe vom Mars zur Erde. Eines Tages entdeckt er, das sich zwischen den zwei Millionen Tonnen Erz ein Container befindet, in dem Bomben lagern. Er kontaktiert seine Schwester Sal, die als Marshal auf dem Mond stationiert ist. Sie kommen einer riesigen Verschwörung auf die Spur und ein Wettlauf um die Zukunft der Menschheit beginnt …

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„Terra“ ist mein erstes Buch der Gebrüder Orgel und ich muss sagen, dass sie mich mit ihrem flüssigen Schreibstil und ihrer besonderen Art von Humor schon nach den ersten Seiten überzeugt haben. Der Plot wirkt glaubwürdig, wenngleich er an ein paar Stellen etwas weit hergeholt wirken mag, und nimmt den Leser mit auf eine spannende Reise durchs Weltall. Abseits von Weltraumschlachten inszenieren die beiden Autoren ein Szenario, das erschreckend ist und bei genauerer Betrachtung auch epische Ausmaße annimmt. Die Charaktere der Protagonisten sind sehr authentisch beschrieben und man meint schon bald, sie auf gewisse Art und Weise zu kennen. Die Gebrüder Orgel haben ihren Einstieg ins Science Fiction-Genre souverän geschafft. Interessant ist nämlich, dass, obwohl im Grunde genommen nicht wirklich viel passiert, man das Buch schwer aus der Hand legen kann.

Jak erinnerte mich oft an Han Solo aus Star Wars, was unter Umständen sogar von den beiden Autoren so beabsichtigt war. Und das ist auch schon der Stichpunkt für einen großen Pluspunkt des Romans, der mir persönlich total zugesagt hat und die beiden Autorenbrüder absolut sympathisch macht: Es handelt sich dabei um die zahlreichen Anspielungen einer SF-Popkultur vergangener Jahrzehnte. Nicht nur das erwähnte Star Wars-Franchise, sondern auch „Star Trek“ oder „Blade Runner“, um nur ein paar zu nennen, finden sich zwischen den Zeilen, so dass es eine wahre Freude ist. Aber nicht nur SF-Zitate finden in diesem Roman Platz, auch Klassiker der Literatur wie „Moby Dick“ lassen sich darin finden.
Der Schauplatz des einsamen Frachters, in dem sich Jak aufhält, wirkt wie ein Crossover aus „Space Truckers“ (mit Dennis Hopper) und „Outland“ (mit Sean Connery). Ich hatte gerade bei diesem Aspekt des Romans wahnsinnigen Spaß und habe es förmlich genossen, mir Gedanken darüber zu machen, an welches Buch oder welchen Film die beiden Autoren gerade dachten, als sie die entsprechende Szene niederschrieben. Das hat schon fast Kultcharakter.

Sicherlich erfinden die Gebrüder Orgel das Science Fiction-Genre nicht neu, aber sie spielen geschickt mit gängigen Klischees und neuen Ansätzen, was die Zukunft der Erde und die Entwicklung der Menschheit angeht. Vor allem die (witzigen) Beschreibungen der Künstlichen Intelligenzen machen „Terra“ zu einem überaus unterhaltsamen, aber auch streckenweise amüsanten Abenteuer.  Und obwohl die Autoren hin und wieder technische Erklärungen abliefern, wirken diese niemals ermüdend oder unverständlich. Im Gegenteil, sie passen sich dem Tempo der Haupthandlung an und werden da, wo es passt, eingeworfen, um das Geschehen verständlicher zu machen. Ich hatte zu keiner Zeit irgendwelche Probleme, der Handlung zu folgen oder irgendetwas nicht zu verstehen. Da gibt es andere „Kaliber“ im SF-Bereich, die bedeutend schwieriger zu lesen sind.
Noch ein kurzes Wort zur Aufmachung des Buches: Das Titelbild ist geradezu hypnotisch und veranlasst den Leser (zumindest war es bei mir so 😉 ) immer wieder mal zwischendurch einen Blick darauf zu werfen. Es ist wirklich äußerst gelungen, wenngleich es nicht hundertprozentig zur Handlung passt. Aber es fängt definitiv die Stimmung des Werks ein. Hinzu kommt, dass die Seiten am Rand gelb eingefärbt sind, was dem Buch ein besonderes Aussehen verleiht. Insgesamt ein absolut gelungener Einstieg ins SF-Genre. Ich werde mit Sicherheit noch weitere Bücher von T.S. Orgel lesen, da sie mich mit ihrem Schreibstil begeistert haben.
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Fazit: Stimmungsvoller SF-Roman von T.S. Orgel, der absolut überzeugt.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Orbs von Nicholas Sansbury Smith

Orbs von Nicholas Sansbury Smith

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 400 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-453-31953-0
Kategorie: Science Fiction

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Im Jahr 2061 wird die Erde immer unbewohnbarer, so dass die Menschheit Pläne schmiedet, sich auf dem Mars eine neue Heimat zu suchen. Dr. Sophie Winston lässt mit ihrem Team in einem Biosphären-Habitat in den Rocky Mountains einschließen, um die Mission vorzubereiten. Doch schon nach ein paar Tagen zwingt sie ein Notfall, die Türen des Habitats wieder öffnen. Dr. Winston und ihre Mitarbeiter erwartet eine schreckliche Realität, denn Menschen und Tiere sind ebenso verschwunden wie die Wasserreservoirs des Planeten. Und überall schweben mysteriöse Kugeln in der Luft, die höchstwahrscheinlich die Ursache der Katastrophe sind  …

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Schon die Ausgangssituation der neuen Reihe von Nicholas Sansbury Smith ist sehr stimmungsvoll und lässt schon auf den ersten Seiten eine ungemeine Spannung entstehen. „Orbs“ ist der Einstieg in eine neue Romanserie des Autors, der bereits mit seinem siebenbändigen, im Festa Verlag erschienenen Reihe „The Extinction Cycle“ eine dystopische Welt erschuf. Mit „Orbs“ wendet er sich thematisch aber eher der Science Fiction zu, wobei auch hier der Horrorfaktor nicht zu kurz kommt. Smith hält sich nicht lange mit Vorgeplänkel auf, sondern wirft den Leser sofort und ohne Umschweife in eine deprimierende Zukunftswelt. Seine ‚wissenschaftlichen‘ Ausführungen erinnerten mich so manches Mal an Michael Crichton und verleihen dem Plot eine sehr glaubwürdige Seite. Wie in einem Film begleitet der Leser die Protagonisten und fiebert mit ihnen mit, wenn sie in die einsame und von Aliens bevölkerte Welt treten.

Klar ist die Story nicht neu und man fühlt sich des öfteren an bekannte und weniger bekannte Bücher und Filme erinnert, aber Smith besitzt einen sehr flüssigen Schreibstil, der über darüber hinwegsehen lässt, dass man solch eine Geschichte schon woanders gelesen hat. Wichtig war für mich auch die Atmosphäre, die der Autor mit seiner Dystopie geschaffen hat. Und die ist wirklich richtig, richtig gut und lässt einen die Seiten nur so verschlingen. Die manchmal ruhigen Sequenzen wechseln sich hervorragend mit actionlastigen Szenen ab, so dass niemals Langeweile aufkommt. Sicherlich sind die Charaktere oftmals stereotyp gehalten, aber das hat mich keineswegs gestört, denn es geht in erster Linie um den spannenden Plot und die verlassene Welt, die Smith hier aufgebaut hat. Die Bedrohung durch die Außerirdischen wird auch sehr intensiv und authentisch dargestellt, so dass man beim Lesen hin und wieder eine leichte Gänsehaut verspürt, wenn man sich überlegt, dass eine solche Konfrontation zwischen der Menschheit und einer außerirdischen Intelligenz durchaus genau so stattfinden könnte.

Schade finde ich persönlich wieder einmal, dass von Verlagsseite nicht darauf hingewiesen wird, dass es sich um den ersten Teil einer Reihe handelt. Ähnlich wie bei „Arkane: Das Haus der Drachen“ von Pierre Bordage (bei dem übrigens ebenfalls nicht auf eine bevorstehende Reihe hingewiesen wurde 😦 ) merkt man aber schnell, dass es sich bei „Orbs“ nicht um einen abgeschlossenen Roman handeln kann. Zu episch ist der Plot aufgebaut, als dass er nach 400 Seiten ein Ende finden könnte. Ich habe mich in der Endzeit-Welt von Nicholas Sansbury Smith sehr wohl gefühlt, wenn man das bei solch einer erschreckenden Bedrohung überhaupt sagen kann, und freue mich schon sehr, wenn die Geschichte um Dr. Winston weitergeht. Smith lässt seine Leser sehr neugierig zurück, wenn er seinen Einstiegsroman zu Ende bringt. Das Finale ist zwar nicht unbedingt unbefriedigend, weil es nicht wirklich einen Cliffhanger darstellt, aber man ist dennoch sehr ungeduldig auf die Fortführung der Geschichte, wenn man das Buch zuschlägt. Aus meiner Sicht eine unbedingte Leseempfehlung für Menschen, die dystopische und atmosphärische Science Fiction-Romane mögen. Wie oben schon erwähnt, erinnert mich auch der leicht wissenschaftlich angehauchte und sehr flüssig zu lesende Schreibstil an Michael Crichton.

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Fazit: Stimmmungsvolle, düstere und spannende Science Fiction-Dystopie. Erster Teil einer Reihe.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Die Formel von Dan Wells

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Erschienen als Taschenbuch
im Piper Verlag
524 Seiten
16,00 €
ISBN: 978-3-492-70469-4
Kategorie: Thriller, Science Fiction

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Lyle Fontanelle entwickelt eine neue Hautcreme, ohne zu ahnen, dass er damit den Weltuntergang heraufbeschwört. Denn ein Zusatz der Lotion überschreibt die DNA der Testpersonen und verwandelt sie dadurch in Klone von Menschen, die die Lotion mittels einer Berührung „verunreinigt“ haben. Obwohl Lyle zu verhindern versucht, dass der Kosmetikartikel auf den Markt kommt, ist das Unheil nicht mehr abzuwenden. Schon bald sind die weltweit verheerenden Konsequenzen nicht mehr zu übersehen, als sich die DNA von immer mehr Verbrauchern verändert …

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Extrem rasant entwirft Dan Wells in seinem Wissenschaftsthriller „Die Formel“ eine Zukunft, wie sie gar nicht mal so abwegig ist. Der Schönheitswahn hat  irgendwann seinen Preis, so könnte die Grundaussage des Romans sein, der sich ab der zweiten Hälfte zu einer erschreckenden Dystopie wandelt, die zum Großteil nachvollziehbar und auch glaubwürdig wirkt, sofern man sich auf die Ausgangssituation einlassen kann. Die erste Hälfte des Buches würde ich persönlich fast als das beste Werk des Autors bezeichnen, der uns mit Serienkiller John Cleaver, den „Partials“ und seiner Mirador-Saga immer bestens unterhalten hat. Doch leider fällt der Plot, und auch teilweise irgendwie der Schreibstil, in der zweiten Hälfte ab, so dass sich „Die Formel“ im gehobenen Durchschnitt des Schriftstellers bewegt. Dan Wells‘ Romane sind Pageturner, keine Frage. Aber meistens fehlt irgendwie immer das gewisse Etwas, um ohne Wenn und Aber zu begeistern. Immer wieder finden sich „Durchhänger“, die mich dann von dem Gesamtwerk nicht ganz zu überzeugen vermögen.

„Die Formel“ ist ein astreiner Wissenschaftsthriller, der auch von Michael Crichton stammen könnte. Wells hat hervorragend recherchiert und schildert das Szenario, vom Anfang bis zum erschreckenden Ende, authentisch und überzeugend. Die Entwicklung, die die Entdeckung einer neuen neuen Lotion für die Haut nimmt, ist folgenschwer und fesselt absolut. Dan Wells hat sämtliche Möglichkeiten, die durch solch eine Formel entstehen könnten, durchdacht und auch durchgespielt. Das macht schon ungemein Spaß, wenn man durch den flüssigen Schreibstil unmittelbar dabei ist, wie die Erde „vor die Hunde“ geht. An manchen Stellen in der zweiten Hälfte fühlte ich mich an Filme wie „District 9“ oder „Darkman“ erinnert. Auch hier kämpft ein zum Außenseiter gewordener Mann gegen die Öffentlichkeit und die verantwortlichen Politiker. Im Nachwort erwähnt Dan Wells, dass er die Arbeit an „Die Formel“ immer wieder unterbrochen hat, um zum Beispiel an einem neuen John Cleaver-Abenteuer oder seiner Partials- oder Mirador-Reihe weiterzuschreiben. Der oberflächliche Leser wird kaum einen Unterschied zwischen den Kapiteln entdecken, der Aufmerksame dagegen schon. Es gibt zum Beispiel ein einziges Kapitel, das wirkt, als hätte es jemand anderes geschrieben. Da passt Ausdrucksweise und Sprache absolut nicht zum gewohnten Schreibstil von Dan Wells.

Insgesamt gesehen bietet „Die Formel“ aber sehr spannende Unterhaltung, die mit interessanten, wissenschaftlichen Wahrheiten vermischt ist. Dan Wells erzählt eine großartige, definitiv filmreife Geschichte, die sozusagen aus einer wissenschaftlichen Kleinigkeit eine allumfassende Apokalypse kreiiert. Keine Außerirdischen oder  Krankheiten sind es, die die Menschheit dahinrafft, sondern eine „einfache“ Körperlotion, die von den Menschen selbst erschaffen wurde. Wells übt mit seinem Buch Kritik an den Menschen (und auch an der Wissenschaft), macht sich über den Gesundheits- und Verjüngungswahn im Grunde genommen lustig und entwirft daraus eine Dystopie, dass einem das Lachen im Munde steckenbleibt. Seine Charaktere haben zwar Tiefgang und geben so manch Philosophisches von sich, lassen dem Leser aber noch Spielraum für die eigene Fantasie. Wells‘ Weltuntergangsroman ist unbedingt lesenswert. Er spielt darin mit einigen faszinierenden Ideen, wie zum Beispiel auch der unersättlichen Gier (nach Macht und Profit) von Unternehmen und der menschlichen Besessenheit, gut auszusehen und unsterblich zu sein. Was macht einen Menschen aus? Wie einzigartig ist dessen Identität?
Ich mochte die erste Hälfte eindeutig mehr, weil sie mich, wie schon erwähnt, ein wenig an Michael Crichton erinnerte, wohingegen die zweite Hälfte oftmals sarkastisch wirkte, was mich nicht so anspricht. Eine Apokalypse ist für mich immer noch dramatisch und schrecklich und nicht unbedingt humorvoll. Hätte Wells das Ende düsterer gestaltet, wäre „Die Formel“ für mich eines seiner besten Bücher, so vergebe ich „nur“ vier von fünf Sternen.

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Fazit: Anfangs sehr spannende, später sarkastisch angehauchte Dystopie.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Breakthrough von Michael Grumley

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
381 Seiten
12,99 €
ISBN: 978-3-453-31875-5

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Kurz nachdem ein U-Boot der US-Marine spurlos in der Karibik verschwindet, wird die Meeresbiologin Alison Shaw um Hilfe gebeten. Sie kann nämlich mit Delfinen kommunizieren und die Regierung verspricht sich mit dem Einsazu dieser Tiere einen Erfolg, um das Verschwinden aufzuklären. Doch die beiden Delfine finden in den Tiefen des Meeres nicht das verschollene U-Boot, sondern etwas ganz anderes, das zur Gefahr für die gesamte Menschheit werden könnte.

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Schon der Einstieg vermittelt ein unglaublich intensives Abenteuergefühl, dem man sich nicht entziehen kann. Unzählige Filme kommen mir in den Sinn, die ähnlich wirken: „Indiana Jones“, „Deep Blue Sea“, „Der weiße Hai“, „Arachnophobia“ und und und …
Michael Grumley vermischt geschickt wissenschaftliche Details mit einer spannenden Handlung und schildert die Geschehnisse in einer solch bildhaften Sprache, dass man ein perfektes Kopfkino während des Lesens geliefert bekommt. „Breakthrough“ wirkt, als hätten Michael Crichton, Dan Brown, Lincoln Child und Douglas Preston gemeinsam ein Buch verfasst, das Matthew Reilly und James Rollins redigiert hätten. Es ist die grandiose Mischung aus Wissenschaft, Abenteuer und Science Fiction, die den ersten Teil einer Serie zu einem wahren Pageturner machen. Gerade die ersten beiden Drittel ziehen am Leser in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit vorbei, die einem kaum Atem holen lässt. Erst im letzten Drittel wirken einige Vorfälle ein wenig übertrieben, was aber dem Spaß an der Story dennoch keinen Abbruch tut.

Grumleys Protagonisten sind sehr glaubwürdig konstruiert und, wenngleich sie nicht immer eine durchgehende Tiefe besitzen, wachsen sie einem doch ans Herz. Vor allem die Meeresbiologin hat es mir persönlich angetan mit ihrer ehrlichen und authentischen Art. „Breakthrough“ widmet sich anfangs der Kommunikation mit Delfinen, was sehr interessant und spannend geschrieben ist, bevor es sich in eine völlig andere Richtung bewegt, als man zu Anfang angenommen hat. Auch diese Entwicklung, bei der auf dem Meeresgrund etwas Fantastisches entdeckt wird, hat mich vollkommen gefangen genommen. Der Plot bietet sich absolut für eine Verfilmung an, bei der ich in erster Linie tatsächlich an Roland Emmerich als Regisseur denke, denn, wie in seinen Filmen, werden in diesem Buch Naturkatastrophen überzogen und, von militärischer Seite aus, extrem pathetisch geschildert. Da hat man bei manchen Entscheidungen, die von Politikern und Militaristen gefällt werden, ein wenig Probleme. Aber so ist das nun mal mit amerikanischen Thrillern dieser Art, das kennt man auch aus anderen Beispielen. Sicherlich setzt Grumley auch typisch klischeehafte Zutaten in sein Werk ein, die mir persönlich dann eher nicht so gefallen haben, aber den Gesamteindruck dennoch nicht zerstören.

Michael Grumleys Schreibstil ist sehr flüssig zu lesen, was zur Folge hat, dass man durch die Geschichte fliegt, als seien es nur halb so viele Seiten. Man fiebert unweigerlich mit, wenn die Delfine ins Spiel kommen und hält den Atem an, wenn plötzlich gigantische Flutwellen ins Spiel kommen, die man in dieser Form nicht erwartet hat. Grumley lässt seine Story an verschiedenen Schauplätzen spielen und erzeugt auch hiermit ein filmreifes Ergebnis. Man darf gespannt sein, wie sich die Geschichte um die Meeresbiologin Alison Shaw und ihre „sprechenden“ Delfine weiterentwickelt. Einen mehr als soliden, ausbaufähigen  Grundstein hat Michael Grumley auf jeden Fall gelegt. Und die im ersten Teil noch immer nicht durchschaubare Handlung lässt einen mit hoher Erwartung an den zweiten Teil mit dem Titel „In der Tiefe“ zurück, der übrigens im Februar im Heyne Verlag erscheinen soll. Grumley baut auch eine Botschaft in seinen Roman ein, die der Menschheit wieder einmal vor Augen hält, besser auf ihren Planeten aufzupassen. Dieser Aspekt ist sehr gut und nachvollziehbar in die Science Fiction-Handlung eingebaut und macht auf seine Weiterführung in den Folgebänden (derzeit gibt es wohl vier Teile) neugierig. Insgesamt ist Michael Grumley ein echter Pageturner gelungen, der an die obengenannten Autoren erinnert und diese in manchen Passagen sogar übertrifft. Grumley sollte man sich als Liebhaber von Wissenschafts-Thrillern und Science Fiction-Abenteuern merken.

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Fazit: Rasanter und hochspannender Wissenschafts-Thriller mit einem filmreifen Plot. Absolut empfehlenswert.

© 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten