Das Herz des Ozeans von Karen White/Beatriz Williams/Lauren Willig

herz

Erschienen als Taschenbuch
bei Blanvalet
insgesamt 542 Seiten
Preis: 11,00 €
ISBN: 978-3-7341-0834-1
Kategorie: Drama, Liebe

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Die Schriftstellerin Sarah Blake entdeckt Nachlass ihres Urgroßvaters, dass dieser einst Steward auf der RMS Lusitania war, die während des Ersten Weltkriegs von einem deutschen U-Boot versenkt wurde. Bei ihren Recherchen stößt sie auf den Politiker Robert Langford, dessen Familie ebenfalls mit den tragischen Ereignissen  jenes Aprils im Jahre 1915 verbunden ist. Die beiden erleben die Begebenheiten der Vergangenheit hautnah mit, als sie immer wieder auf neue Spuren stoßen.

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Alleine das Cover drückt deutlich aus, was einen bei „Das Herz des Ozeans“ erwartet. Zudem kommt dann noch der Titel dazu und die Tatsache, dass das ganze Drama auf einem Schiff geschieht, das sinkt. Mag im ersten Moment wie ein müder Abklatsch der „Titanic“-Tragödie klingen, trifft es aber nicht ganz. Denn das von drei (!!!) Autorinnen verfasste Liebesdrama bietet neben dem zu erwartenden „Kitsch“ auch eine gut recherchierte, historische Geschichte rund um das Unglück und den Untergang der RMS Lusitania. „Das Herz des Ozeans“ ist in erster Linie wahrscheinlich ein Roman für Frauen, da er sich natürlich erst einmal um die Liebe dreht. Doch es gibt mit Sicherheit auch Männer wie mich, die sich in solch eine Geschichte fallen lassen können und ihren Spaß daran haben. Ich interessiere mich seit meiner Jugend für Schiffsunglücke, insbesondere dem der Titanic, und war natürlich neugierig, wie das Thema der Lusitania hier behandelt wird. Ich war wirklich angenehm überrascht, wie die drei Autorinnen es geschafft haben, eine unglaublich intensive Atmosphäre einzufangen, wenn man sich in die Vergangenheit des Jahres 1915 begibt.

Sicherlich fühlt man sich des Öfteren an die Ereignisse der Titanic erinnert (und ich denke, das war von den Autorinnen auch so beabsichtigt), aber das war letztendlich gar nicht schlimm, sondern sogar äußerst spannend und unterhaltsam. Was ich persönlich sehr geschickt fand, war die Einteilung des Buches in die Sichtweisen drei verschiedener Frauen. Vielleicht haben die Autorinnen ihre Zusammenarbeit auch dahingehend gelöst, in dem jede von ihnen eine dieser drei Frauenrollen übernahm. Fakt ist, dass man keinerlei unterschiedliche Schreibstile zwischen diesen Kapiteln erkennen kann, was für mich fast schon eine Meisterleistung darstellt. 😉
Zwei dieser Kapitel handeln in der Vergangenheit auf der Lusitania und eines erzählt die Geschichte der Gegenwart, in der die Protagonistin Nachforschungen anstellt (und sich dabei in einen Mann verliebt). Gerade diese abwechselnden Kapitel ließen mich dieses Buch förmlich verschlingen, so rasant lasen sich diese Geschichten. Die Handlung in der Gegenwart erinnerte mich des Öfteren tatsächlich an die hervorragende Highland-Saga von Diana Gabaldon.

Alles in allem habe ich mich hervorragend unterhalten und die Reise zurück auf die RMS Lusitania genossen. Die Liebesgeschichte(n), vor allem die der Gegenwart, hat mich oftmals ergriffen, weil sie sehr emotional und authentisch geschildert wurde. Sicherlich passieren solche Begegnungen wie im Märchen relativ selten, aber aus eigener Erfahrung kann ich behaupten, dass es sie gibt. 🙂
Der Schreibstil aller drei Autorinnen hat mir sehr gefallen und mich vor allem gepackt. Die Ereignisse und Örtlichkeiten wurden detailliert und mitunter sehr bildhaft beschrieben, so dass sich der Roman oftmals wie eine Art Film im Gedächtnis offenbarte. „Das Herz des Ozeans“ hat mich auf alle Fälle so überzeugt, dass ich mir früher oder später auch das Erstlingswerk dieses Autorentrios mit dem Titel „Das saphirblaue Zimmer“ zulegen werde. Für Freunde von Liebesdramen, aber auch für historisch interessierte Fans der Schifffahrt absolut zu empfehlen.

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Fazit: Spannend, authentisch, emotional und in höchstem Maße unterhaltsam.

© 2020 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Eine Handvoll Asche von Abir Mukherjee

Asche

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 446 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-453-42338-1
Kategorie: Krimi, historischer Roman

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Als Ermittler Sam Wyndham bei einer Razzia in einer Opiumhöhle überrascht wird, flieht er Hals über Kopf, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Auf seiner Flucht stößt er auf eine Leiche. Als er die folgenden Tage mit einem neuen Fall betraut wird, ahnt er nicht, dass schon bald auch genau jene geheimnisvolle Leiche in seine Ermittlungen eine Rolle spielt …

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Sam Wyndham ist zurück und im ersten Moment gerät man tatsächlich in Versuchung und möchte sagen, dass sein drittes Abenteuer auch sein bestes ist. Doch schon bald stellt sich heraus, dass sich keines der drei bisher erschienen Bücher aus der Reihe den Rang abläuft. Jeder Fall ist für sich genommen ein Pageturner, der es in sich hat und dessen Sog man sich schon nach den ersten Seiten nicht mehr entziehen kann. Es liegt mit Sicherheit an der flüssigen Schreibweise und den humorvollen Einlagen des Autors, dass man am liebsten einfach nur immer weiterlesen möchte, bis man das Ende erreicht hat. Wie schon in den Vorgängerromanen beschreibt Mukherjee die Zeit, in der die Geschichte spielt, hervorragend und so bildhaft, dass man oft denkt, man mache eine Zeitreise und wäre wirklich mit dabei.

Im dritten Teil dieser fantastischen und süchtigmachenden Reihe geht der Autor die Handlung (und auch Erzählweise) aus meiner Sicht ein wenig ruhiger an, was mir aber ausnehmend gut gefallen hat. Und wieder werden historische Begebenheiten (hin und wieder leicht verändert und abgewandelt) in einen perfekt ausgetüftelten Kriminalfall verwebt, so dass sich in den Unterhaltungswert auch immer wieder ein Wissenseffekt einbettet, an dem man richtig Spaß hat. Durch die bildhaft beschriebene und detaillierte exotische Kulisse Kalkuttas fühlt man sich teilweise wie in einem Film und möchte das Szenario gar nicht mehr verlassen. Mukherjee hat mit Sam Wyndham einen Helden geschaffen, der Fehler hat und dennoch absolut sympathisch ist. Und auch wenn man nach den Vorgängerbänden andere Romane gelesen hat, verliert man den Bezug zu Wyndham nicht. Kaum sind die ersten Seiten gelesen, fühlt man sich in der Vergangenheit wieder wohl und kann sich an die ersten Abenteuer des britischen Ermittlers wieder erinnern.

Abir Mukherjee besitzt eine wunderbare Gabe, denn er verstreut in seinem Text  einen grandiosen Humor, der an keiner Stelle lächerlich oder störend wirkt, sondern unglaublich menschlich und authentisch ist. Neben dem opiumsüchtigen Hauptprotagonisten spielt natürlich auch sein Kollege Surrender-not wieder mit, den ich ebenfalls sehr ins Herz geschlossen habe. Die beiden sind ein Team, das man gerne begleitet und an dessen privaten Schicksalen und Problemen man Anteil nimmt. Die politischen und menschlichen Verstrickungen zwischen den beiden sind grandios in Szene gesetzt und verlangen nach mehr. Ich war anfangs nicht ganz sicher, ob Mukherjee diese Geschichte ursprünglich als Trilogie geplant hatte, wenn ich mir aber das Ende von „Eine Handvoll Asche“ ansehe, steigt in mir die Hoffnung, dass die Abenteuer von Sam Wyndham weitergehen.  Wünschenswert wäre es auf alle Fälle, denn solch hochwertige, historische Krimis mit zwei Sympathieträgern bekommt man nicht allzu oft. Band 3 dieser tollen Reihe konnte mich also auch wieder uneingeschränkt (wie schon die Bände 1 und 2) begeistern.

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Fazit: Konsequent hochwertige Fortführung der Wyndham-Reihe. Absolute Leseempfehlung.

© 2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Das Bekenntnis von John Grisham

Bekenntnis

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Heyne Verlag
insgesamt  591 Seiten
Preis: 24,00 €
ISBN: 978-3-453-27213-2
Kategorie: Thriller, Drama

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Pete Banning, ein angesehener Bürger der Kleinstadt Clanton, erschießt eines Tages im Herbst des Jahres 1946, den Pfarrer der Gemeinde. Der Täter stellt sich der Polizei und äußert kein Wort über seine Motive. Selbst als er zum Tode verurteilt wird, schweigt er. Nicht nur die Familie des Mörders stellt sich die Frage, warum der Mord geschah.

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John Grisham war und ist für mich noch immer ein Garant für echte Page-Turner. Viele Leser und auch seine Fans finden seine neueren Bücher nicht mehr so interessant wie die früheren. Das kann definitiv nicht bestätigen. Für mich sind die Romane von John Grisham nach wie vor allererste Sahne und das nicht nur im Bereich Justizthriller. Das Bekenntnis ist in drei Teile gegliedert. Grishams Schreibstil ist einfach nur toll zu lesen. Schnörkellos und absolut bildhaft entführt der Autor seine Leser in eine ganz eigene Welt. Mit „Das Bekenntnis“ begibt sich Grisham, zumindest in der ersten Hälfte seines neuesten Romans, zurück zu seinen Wurzeln und beschreibt einen spannenden und auf den ersten Moment mysteriösen Justizfall. Da sich der Täter in keiner Weise zu seiner Tat äußert, will man als Leser natürlich unbedingt wissen, welche Motive ihn dazu bewegt haben. Grisham macht das sehr geschickt, indem er den Leser nämlich auch im zweiten Teil der Geschichte weiterhin im Unklaren lässt.

Dieser zweite Teil entführt uns in Pete Bannings Vergangenheit, wo er sich in Japan im Zweiten Weltkrieg befindet. Dieser sehr historisch angehauchte Teil wirkt zuweilen etwas langatmig, zumal er sich von den anderen Büchern Grishams bezüglich des Schreibstils etwas abhebt. Denn hier wird sehr viel fachliches Wissen vermittelt, das den Lesefluss an manchen Stellen stört. Nichtsdestotrotz ist diese Episode aus dem Leben des Protagonisten unglaublich interessant und lesenswert. Man lernt Pete Banning besser kennen und kann so manche Handlungsweise plötzlich besser verstehen. Das Motiv für den Mord an dem Reverend erfährt man aber immer noch nicht.

Im dritten Teil des Buches wendet sich Grisham dann wieder der Familie zu und erzählt, was nach der Hinrichtung von Pete Banning geschieht. Und sofort greift wieder der flüssige Schreibstil des Autors und man fliegt nur so durch die Seiten. Ich hatte an manchen Stellen zwar schon eine Vermutung, wie der Roman endet und diese Vermutung wurde auch letztendlich auf gewisse Art und Weise bestätigt, wenngleich dann doch noch eine Wendung ins Spiel kam, mit der ich wiederum überhaupt nicht gerechnet habe. „Das Bekenntnis“ konnte mich dennoch nicht ganz so überzeugen, wie die vorherigen Bücher Grishams, was aber keineswegs heißt, dass dieses Buch schlecht ist. Es ist ein wenig anders und vermischt Justizthriller mit einem geschichtlichen Hintergrund und einer wirklich faszinierenden Familiengeschichte. Wären die Längen im zweiten Teil des Buches nicht gewesen, so hätte sich auch dieses Buch wieder in das gleiche Niveau eingereiht wie alle Bücher von John Grisham. Ich freue mich auf jeden Fall jetzt schon, wenn ein neues Abenteuer aus seiner Feder erscheint. denn seine Bücher verschaffen mir einen Lesegenuss ähnlich wie Michael Crichton oder Stephen King, bei denen ich auch immer schlecht das Buch aus der Hand legen kann. Dieses Mal bekommt Herr Grisham nicht die volle Punktzahl, aber ich ziehe aufgrund des etwas langatmigen Zwischenteils nur einen halben Punkt ab. 😉

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Fazit: Faszinierende Mischung aus Familiendrama Justizthriller und geschichtlichem Ereignis.

©2019 Wolfgang Brunner für Buchwelten

NSA – Nationales Sicherheitsamt von Andreas Eschbach

NSA

Erschienen als gebundene Ausgabe
im Bastei Lübbe Verlag
insgesamt 796 Seiten
Preis: 22,90 €
ISBN: 978-3-7857-2625-9
Kategorie: Thriller, Belletristik

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Wie hätte sich der Krieg entwickelt, wenn es im Dritten Reich schon Computer, das Internet, Handys und soziale Netzwerke gegeben hätte? Wäre die Überwachung der Bürger durch die Nazis nicht erschreckend gewesen?
Die Programmiererin Helene arbeitet im Weimar des Jahres 1942 im sogenannten Nationalen Sicherheits-Amt (NSA) und entwickelt Programme, mit denen alle Bürger des Reiches überwacht werden können. Durch Zufall lernt sie die Liebe ihres Lebens kennen, der allerdings das Deutsche Reich durch Fahnenflucht verraten hat und gesucht wird. Helene gerät zunehmend in Konflikte und muss zusätzlich noch feststellen, dass die durchgeführten Überwachungen bei weitem bedrohlicher sind, als sie jemals gedacht hätte …

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Und wieder hat sich Andreas Eschbach einen sehr brisanten Thema gewidmet, das er zwar in der Vergangenheit ansiedelt, aber geschickt die Gefahren des Internets in der heutigen Zeit mit einbaut. Was zuerst wie eine modernisierte Version von Robert Harris‘ „Vaterland“ anmutet, entwickelt sich allerdings schon nach kurzer Zeit zu einer erschreckenden Vergangenheitsvision, die dem Leser einen Spiegel der gegenwärtigen Situation vorhält. Eschbachs Roman erschreckt und jagt einem auf fast jeder Seite unglaubliche Angst ein, weil man sich oftmals nicht sicher ist, ob es sich denn heute genau so verhält, wie der Autor es in seiner fiktiven Geschichte schildert. Es ist unglaublich, mit welcher Detailgenauigkeit Eschbach unsere Gegenwart in das Szenario einer schrecklichen Vergangenheit transportiert und einerseits „die Geschichte neu schreibt“ und andererseits exakt den Nerv der heutigen Zeit mit ihren übertriebenen sozialen Netzwerken trifft. Vor allem wirft dieser Roman ein völlig neues Licht auf die Debatte um die Speicherung von Daten im Internet. Und es zeigt, dass Macht auch missbraucht werden kann, um Unschuldige zu bedrohen.

Ich bin ziemlich sicher, dass es wieder unzählige „Nörgler“ geben wird, die dem Plot nichts abgewinnen können (oder möchten) und etwas völlig anderes in die Geschichte hinein interpretieren, als von Eschbach gedacht. Wer sich aber auf solch eine historische „Möglichkeit“ einlässt, wird mit einem extrem spannenden und hervorragend geschriebenen Roman belohnt, der einen nicht mehr loslässt, hat man einmal damit angefangen.  Es ist eine Gratwanderung, die Andreas Eschbach mit seinem neuen Werk begeht. Aber er meistert die Herausforderung brillant und weckt im Leser unzählige Gedanken. Fast möchte man den Umgang des Autors mit der Hitlerzeit und der damit verbundenen „Menschenhatz“ zurückhaltend nennen, so feinfühlig wird damit umgegangen. Aber trotzdem hält man unweigerlich den Atem an, wenn man Zeuge von Aufspüraktionen und Verfolgungen nicht gewollter und geduldeter  Menschen wird. Die moderne Aufbereitung jener Zeit hat mich tief beeindruckt.

Andreas Eschbach widmet sich aber nicht nur den zwielichtigen Unternehmungen der Nationalsozialisten, sondern beschreibt auch eine wunderbare und stets nachvollziehbare Liebesbeziehung, die mir ebenfalls absolut gefallen hat. Man konnte die Gedankengänge, Ängste und Hoffnungen der Protagonisten absolut verstehen und fühlte mit ihr. Was mir außerdem positiv bei „NSA“ aufgefallen ist, sind die nicht zimperlichen Sexszenen, die Andreas Eschbach eingebaut hat (und die auch im Rahmen der Handlung absolut Sinn ergeben). Denn sie sind alles andere als reißerisch, obwohl sie, wie schon erwähnt, auch nicht zurückhaltend sind. Doch auch hier hat Eschbach einen hervorragenden Weg gefunden, erotische und sexuelle Szenen auf eine Art und Weise zu beschreiben, dass sie keinesfalls plump, billig und lächerlich wirken, sondern eine entsprechende Stimmung vermitteln können, mit der man als Leser unbedingt umgehen kann.
Man kann definitiv nicht umhin, den Plot dieses Romans als genial zu bezeichnen. Die Mischung aus Fakten und Fiktion ist dem Autor dermaßen gut gelungen, dass man sich manchmal  während des (vertieften) Lesens dabei ertappt, alles für bare Münze zu halten, so authentisch wurden die elektronischen Möglichkeiten der Neuzeit in das historische Handlungsgerüst mit eingebaut. Hut ab, Herr Eschbach vor dieser Kunst und auch vor dem Mut, solch ein Thema (gerade in der heutigen Zeit) aufzugreifen. Absoluter Lesetip meinerseits, da dieses Buch schlichtweg süchtig macht und einen ganz eigenen, hypnotisierenden Sog entwickelt. Ich freue mich deshalb schon sehr, auf ein neues Werk von Andreas Eschbach.

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Fazit: Geniale Idee, die unglaublich gut umgesetzt wurde. Andreas Eschbach macht auch mit diesem Buch wieder süchtig.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

The Hunger – Die letzte Reise von Alma Katsu

The Hunger - Die letzte Reise von Alma Katsu

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 448 Seiten
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-453-31927-1
Kategorie: Historie, Drama

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Im Jahr 1846 macht sich eine Gruppe von Siedlern auf den Weg von Illinois nach Kalifornien. Sie erhoffen sich ein glücklicheres Leben und eine bessere Zukunft. Doch schon bald müssen sie feststellen, dass die Reise durch die Weiten der Prärie weitaus gefährlicher ist, als sie annahmen. Hinzu kommt, dass es nicht nur die Natur ist, die ihnen zu schaffen macht, sondern es lauert eine noch weitaus schlimmere Gefahr auf den Treck unter der Leitung von George Donner.

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Schon beim Klappentext und nach den ersten Seiten weiß man, wohin diese Reise führt. „The Hunger – Die letzte Reise“ von Alma Katsu erinnert tatsächlich in vielerlei Hinsicht an Dan Simmons‘ grandioses Epos „Terror“. Das mag zum einen an der ähnlichen Ausgangssituation liegen (eine Gruppe von Menschen findet sich in einer nahezu ausweglosen Situation wieder und muss mit allen Mitteln ums Überleben kämpfen), zum anderen aber auch an der durchgehend fast schon depressiven Atmosphäre, die sich über die gesamte Geschichte wie ein Leichentuch legt. Man spürt die Angst und Panik, leidet und hofft mit den Menschen und kann sich der trostlosen Stimmung nicht entziehen, weil sie extrem authentisch und bildhaft von der Autorin dargestellt wird. „The Hunger – Die letzte Reise“ wird definitiv auch jene Leserschaft begeistern, die bereits Simmons‘ „Terror“ zu ihrem persönlichen Meisterwerk auserkoren haben.

Alma Katsus Schreibstil ähnelt dem von Dan Simmons, ist aber weitaus weniger detaillierter und „einfacher“, wodurch der Plot um einiges gerafft wird. Das mag den ein oder anderen Leser ansprechen, andere werden gerade dieses epische Element vermissen. Katsus Roman ist dadurch weitaus schneller und weniger langatmig zu lesen, was vielen Lesern entgegenkommen wird. Ich persönlich fand die Länge des Romans durchaus angenehm und weder zu lang noch zu kurz, wenngleich ich das bedeutend längere Werk „Terror“ durchaus genossen habe. Aber ich habe auch „The Hunger – Die letzte Reise“ mit jeder Seite genossen. Die Charaktere wurden sehr glaubhaft und lebensnah beschrieben, so dass man ihre Gedankengänge absolut nachvollziehen konnte. Auch wenn Alma Katsus Werk nicht den gleichen Zauber wie „Terror“ besitzt, so geht die Autorin einen konsequenten Weg, der betroffen macht und an einigen Stellen auch schockiert. Niemals wird aber die Atmosphäre mit reißerischen Szenen gestört (oder gar kaputt gemacht), sondern selbst die schockierenden Momente werden in einer ruhigen Weise geschildert. Man spürt die Kälte und Angst, aber auch die Verzweiflung der Protagonisten und ist oftmals hautnah bei den Geschehnissen dabei. Katsu lässt ihre Leser auch einen Blick in die Vergangenheit mancher Protagonisten  werfen, was der ganzen Geschichte einen nostalgischen Touch gibt, der einen über das Leben nachdenken lässt.

Alma Katsu hat zwar einen historischen Roman geschrieben, kratzt aber letztendlich nur an den wahren Begebenheiten. Sie nimmt eher die wahre Ausgangssituation, um sie in einen gruseligen Roman zu verwandeln. Ich meine das nicht negativ, aber als ich im Nachwort über die Ereignisse des Donner-Trecks gelesen habe, hätte ich mir im Roman tatsächlich etwas mehr Historie gewünscht. Alma Katus hat der wahren Geschichte einen mystischen Touch gegeben (ähnlich wie Dan Simmons in „Terror“ und „Drood“), löst aber das Rätsel nicht wirklich auf. Das wiederum empfand ich als Pluspunkt des Romans, den es bleibt nach dem Lesen unweigerlich ein bedrückendes Gefühl im Magen zurück, weil man darüber nachdenkt, was denn damals wirklich passiert ist. Insgesamt hat mich „The Hunger – Die letzte Reise“ absolut gut unterhalten und ich habe mich in der tollen Stimmung sehr wohl gefühlt, hätte mir aber einfach ein wenig mehr historische Details gewünscht. Die Mischung aus historischem Drama und mystischem Gruselhorror funktioniert auf alle Fälle hervorragend und auch dieses Buch wird, wie schon „Terror“, in meinem Gedächtnis haften bleiben.

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Fazit: Absolut gelungene Mischung aus historischem Drama und mystischem Gruselhorror. Für Fans von Dan Simmons‘ „Terror“ ein Muss.

© 2018 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Ein angesehener Mann von Abir Mukherjee

Ein angesehener Mann von Abir Mukherjee

Erschienen als Taschenbuch
im Heyne Verlag
insgesamt 512 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-453-42173-8
Kategorie: Krimi, historischer Roman

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In Kalkutta wird ein bekannter Politiker, ein „angesehenen Mann“, ermordet. Der englische Ermittler Sam Wyndham, der gerade aus dem ersten Weltkrieg heimgekehrt ist und sich erst einmal an Kalkutta und seine Einwohner gewöhnen muss, soll den Fall übernehmen. Seine Nachforschungen führen ihn durch die geheimnisvolle Welt Kalkuttas, in der Machtkämpfe, Intrigen und Drogen eine große Rolle spielen.

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Abir Mukherjees Debütroman ist ein süchtig machender, sehr atmosphärischer Krimi, der im Kalkutta des Jahres 1919 spielt. Es ist der Beginn einer Krimireihe um den äußerst sympathischen Ermittler Sam Wyndham. Es dauerte keine zehn Seiten und ich war von der Beschreibung des alten Kalkutta dermaßen fasziniert, dass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Unglaublich dicht und bildhaft beschreibt Mukherjee die fremde Umgebung und lässt den Leser die drückende Hitze und die Fremdartigkeit der Kultur hautnah miterleben. Oftmals erinnerte mich der sehr angenehme und flüssige Schreibstil des Autors an die Bücher von J.K. Rowling, die sie unter dem Pseudonym Robert Galbraith verfasst hat. Die Seiten fliegen nur so dahin und erstaunlicherweise wird es niemals langweilig, obwohl wirklich relativ wenig passiert. „Ein angesehener Mann“ ist beileibe kein actionreicher Roman, sondern ein sehr ruhiger Kriminalfall, der mehr auf den Handlungsort und seine Protagonisten, als auf den Fall selbst eingeht. Dennoch verbirgt sich dahinter ein wahrer Pageturner, der süchtig macht.

Mukherjee hat einen genialen Einstieg in seine Krimiserie abgeliefert, die mich nachhaltig beeindruckt. Unglaublich greifbar hat er eine vergangene Zeit aufleben lassen und den Mordfall sehr glaubwürdig in die historischen Begebenheiten eingebaut. Die Auflösung des Falls hat mich an einige Werke von Agatha Christie erinnert und ich denke, dass Fans dieser Autorin auch bei „Ein angesehener Mann“ ihre helle Freude haben. Eingebettet in einen Rahmen aus fremder Kultur und schonungsloser Politik lässt Mukherjee den Leser an einer anstrengenden Ermittlung teilhaben, die oftmals auf der Stelle zu stehen bleiben scheint. Aber genau diese (für manch einen wohl langweilige) Tatsache verleiht dem Plot eine unglaubliche Authentizität, die (mich zumindest) vollkommen begeistert. Allzu gerne hätte ich Sam Wyndham und seinen treuen Begleiter Surrender-not Banerjee noch ein paar Seiten länger begleitet, so wohl fühlte ich mich in der Umgebung. Sehr gut werden außerdem die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit geschildert, so dass vieles absolut nachvollziehbar erscheint, selbst wenn man sich mit solcherart politischer Verstrickungen und Machtverhältnisse nicht auskennt. Interessanterweise sind diese Begebenheiten auch für Menschen wie mich, die sich für Politik überhaupt nicht interessieren, spannend und unterhaltsam, denn man bekommt einen sehr schönen (und eben informativen) Einblick in die damaligen Verhältnisse, der an keiner Stelle langatmig wirkt.

Der Protagonist Sam Wyndham wirkt von Anfang an sehr sympathisch, was vor allem daran liegt, dass er ganz „normal“ ist. Ein Mensch mit Stärken und Schwächen, kein Superermittler, sondern ein Mann, der oft ratlos ist und nicht mehr weiter weiß, aber nicht aufgibt. Der Mann an seiner Seite, Surrender-not Banerjee, kann genau so viele Sympathiepunkte vorweisen und stellt eine perfekte Ergänzung dar. Es macht großen Spaß, die beiden bei ihren Ermittlungen und Überlegungen zu begleiten. Erstaunlicherweise schafft es Munkherjee bis zum Ende, die Spannung aufrechtzuerhalten und mit seiner Auflösung am Ende zu überraschen. Gerade auf den letzten Seiten fügt der Autor sämtliche Fäden zu einem logischen Gerüst zusammen, das den Mordfall nachvollziehbar macht und auch noch ein paar Überraschungen bereit hält.
Für mich war „Ein angesehener Mann“ die Krimi-Überraschung des Jahres, die mit einem atmosphärisch dichten Schauplatz und einem sehr sympathischen Ermittler-Duo aufwartet. Ganz klare Leseempfehlung für Freunde von historischen Kriminalromanen und Fans von Agatha Christie und/oder Robert Galbraith. Ich freue mich schon sehr auf das zweite Abenteuer von Sam Wyndham, das voraussichtlich im Juli 2018 erscheinen wird und den Titel „Ein notwendiges Übel“ trägt.

Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass das Cover ein echter Eyecatcher ist. Ich habe das sehr ansprechende Titeklbild während des Lesens desöfteren betrachtet und mich in dieser Welt noch mehr verlieren können. Erfreulicherweise wird das Design beim zweiten Band beibehalten, so dass man als Büchersammler Hoffnung hat, eines Tages eine schön gleich aussehende Sammlung von Sam Wyndham-Büchern im Regal stehen zu haben. 😉

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Fazit: Atmosphärisch dichter, historischer Krimi-Pageturner mit einem überaus sympathischen Ermittler-Duo. Macht süchtig!

© 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten

Der Mann, der nichts vergessen konnte von Ralf Isau (4/5)

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Erschienen als
Taschenbuch
im PIPER Verlag
464 Seiten
Preis: 9,95 €
ISBN:  9783492267151
Kategorie: Thriller

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Tim Labin, gesegnet mit mehreren Doktortiteln und frisch gebackener Schachweltmeister ist der Mann, der nichts vergessen kann. Alles was er jemals gelesen, gesehen oder gehört hat, bleibt in seinem außergewöhnlichen Gehirn auf alle Ewigkeit abgespeichert.

Er liest Bücher mit einer Stärke von ca. 500 Seiten in etwa einer Stunde. Wobei der Ausdruck Lesen hier eigentlich falsch ist, er saugt sie auf, gierig nach Wissen.

Nur an eines kann sich Tim nicht mehr erinnern. An die Ereignisse jener Nacht, in der seine Eltern ums Leben kamen. Tim war damals gerade 9 Jahre alt und wurde in dieser Nacht schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Seither klafft diese dunkle Lücke in seinem Hirn und der ständige Drang nach neuem Wissen, ist nichts anderes, als sein Versuch diese Erinnerungen wieder zu finden.

Doch sein großes, umfängliches Wissen macht Tim lange nicht zu einem glücklichen, zufriedenen Mann. Er hat große Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen. Er kann es nicht ertragen die Hand geschüttelt oder überhaupt von Menschen (auch zufällig) berührt zu werden. Wenn er in einer größeren Menschenmenge ist, gerät er in Panik. Tritt er eine Flugreise an, dann muss beispielsweise gewährleistet sein, dass in den Reihen vor, hinter und neben ihm kein weiterer Passagier sitzt.

Als die Historikerin und Computerspezialistin JJ mit einem Anliegen an Tim herantritt, nimmt er die Herausforderung nicht allein wegen seinem unstillbaren Durst nach Wissen an. Vom ersten Augenblick fühlt er sich zu JJ hingezogen, was für Tim ein völlig neues Gefühl ist und auf Grund seiner sozialen Schwierigkeiten auch kein kleines Problem für ihn darstellt.

JJ bittet Tim uralte verschlüsselte Dokumente zu enträtseln. Sie ist sicher, dass Tim, der Mann, der nichts vergessen kann genau der richtige Mann ist, der helfen kann. Dieser begibt sich gemeinsam mit JJ nach Cambridge, in die alte Bibliothek. Dort sind sie auf der Suche nach dem Text, der zur Verschlüsselung der alten Schriften gedient hat.

Tim macht sich voller Eifer an die Arbeit, natürlich auch um der schönen Historikerin zu imponieren. Doch auch wenn die beiden sich geschäftlich gut verstehen und JJ auch mit den diversen Macken Tims gut zurechtkommt: sie lässt den Mann nicht an sich heran. Wenn es ihr zu persönlich wird, dann blockt sie sofort ab. 

Doch Tim hat keine Eile, er liest sich durch die umfangreiche Bibliothek in Cambridge und dabei stößt er so nach und nach auch auf Wege, die zurück in seine eigene Vergangenheit führen.

Es gibt jedoch Personen, denen ist ebenso an der Entschlüsselung der alten Texte gelegen, jedoch wollen diese nicht, dass Tim zuviel erfährt. Ohne sich dessen bewusst zu sein, begibt sich Tim mit jedem Schritt, den er näher an die Entschlüsselung herankommt in größere Gefahr ….

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Dies war mein erster Thriller, den ich von Ralf Isau gelesen habe. Habe ich zu Beginn des Buches noch bei Facebook geschrieben, dass es sicherlich unblutiger wird, als mein vorheriges Buch von Chris Carter, so hat mich Ralf Isau prompt eines besseren belehrt.

Denn die erste Szene war gleich relativ blutig, denn das Buch startet genau mit der Nacht des Todes von Tims Eltern, an die er sich nicht mehr erinnern kann.

Ich muss sagen, Ralf Isau hat bewiesen, dass er auch außerhalb der Fantasy für Erwachsene und Jugendliche gute Ideen zu Papier bringen kann. Der Schreibstil ist gewohnt gehoben. Sicherlich geht es auch umgangssprachlich zu, was aber hauptsächlich in der Natur des von Isau erschaffenen, verkorksten Charakters des Protagonisten begründet ist. Denn durch seine sozialen Schwächen kontert er ständig recht schlagfertig in Gesprächsmomenten und nimmt kein Blatt vor den Mund.

Mit seinem Mann, der nichts vergessen kann, hat der Autor einen sehr sympathischen Charakter erschaffen und die Beschreibungen der Ursache für sein besonderes Gehirn, sind wie gewohnt gut recherchiert.

Die Entwicklung der Handlung ist gut aufgebaut, die Handlungsorte wechseln und spannende, düstere Momente werden von ruhigeren Szenen abgelöst. Für mich war dieser Roman ein Abenteuerroman mit Thrillereinfluss.

Uralte Logenverbindungen, alte Dokumente, Gruften voller Geheimnisse, Beschreibungen wunderbarer Bibliotheken in Washington und Cambridge, aber auch Computer High-Tech & Internet, all dies hat dieser Roman zu bieten.

Ab und zu waren mir die Hintergründe und Verbindungen der Personen und die Sprünge durch die Zeiten und historischen Verknüpfungen zu verworren und überfrachtet. Wer hat was gegründet, wer kannte wen und hat wem, wann was zugeschustert. Es gab Momente, da kam ich da nicht ganz mit und mir war es einfach zuviel des Guten. Solche Verschwörungen, mit komplizierten Spionagecharakter sind nicht so mein Fall.


Dennoch hat mir der Roman Spaß gemacht und ich werde mit Sicherheit einen weiteren Isau-Thriller lesen. Denn ich finde es gut, wenn Autoren in verschiedenen Genres unterwegs sind und sich nicht festlegen lassen (wollen).

Auch wenn ich mich bereits jetzt auf die nächsten Fantasy und Jugendromane von Ralf Isau freue, für mich kann der Autor eindeutig auch spannendes und fesselndes schreiben.

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Mein Fazit: 4 von 5 Sternen für diesen Isau-Thriller. Fesselnd, spannend, interessant und abwechslungsreich. Für alle Leser, die gerne über Verschwörungen, Schatzsuche, kryptisches und Abenteuerrätsel lesen ist er absolut zu empfehlen. 

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© Buchwelten 2012

Der Sohn der Amazone von Stefanie Philipp (5/5)

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Erschienen als
Taschenbuch
bei Amazon
378 Seiten
Preis: 11,50 €
ISBN:  978-1477612163
Kategorie: historischer Roman

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Raván, Amazone der freien Steppenfrauen erwartet ihr zweites Kind. Das besondere an den freien Frauen ist jedoch, als Nachwuchs werden ausschließlich Töchter geduldet. Sollte ein Junge – ein Welpe – geboren werden, dann wird er der Mutter fortgenommen und der großen Mutter geopfert. Die freien Frauen töten keine Kinder, sie opfern sie.


Welpen werden in der Gemeinschaft der Frauen nicht geduldet, denn sie wachsen heran zu den Menschenwölfen, den ärgsten Feinden der freien Frauen. Sie misshandeln und töten Frauen und da die Angst zu groß ist, werden auch die kleinen Jungs, die Welpen, auf Grund des Stückchens Fleisch zwischen ihren Beinen nicht in die Gemeinschaft aufgenommen.

Raván ist gerade gemeinsam mit ihrer ersten Tochter Hastee auf dem Heimweg von einem Tauschhandel, als durch einen unglücklichen Unfall die Wehen vorzeitig einsetzen. Ihre Tochter ist verletzt und das Unwetter erschwert die Geburt ungemein. Wie groß ist der Schock für Raván als sie entdeckt, dass ihr viel zu früh geborenes Kind ein Welpe ist! Noch schlimmer, sie ist fern der heimischen Weidegründe und somit ist auch die vorstehende Mutter nicht da, die ihr den Welpen abnehmen könnte und zum Opferaltar bringen, wie es ihr Glaube vorschreibt.

Raván sieht sich gezwungen den Welpen zunächst zu nähren, zumindest so lange bis sie wieder im eigenen Lager ist. Denn die Amazonen lassen auch einen Welpen nicht absichtlich sterben.

Doch mit dem Stillen an ihrer Brust nimmt das Unglück ihren Lauf. Raván beginnt eine mütterliche Bindung zu dem Neugeborenen aufzubauen. Sie sieht in ihm ihr Kind, keinen Menschenwolf. Sie kann nicht verstehen, dass so ein schutzloses, kleines Wesen einmal zu einem groben, brutalen Frauenschänder heranwachsen soll.

Als ihre Tochter Hastee endlich wieder soweit genesen ist, dass sie reiten kann, macht sich die kleine Gruppe wieder auf den Weg zurück in das Lager. Dort angekommen übergibt Raván den Säugling der vorstehenden Mutter der Familie Banou.
Diese ist außerdem Raváns Mutter, doch sie hat nicht annähernd Verständnis dafür, dass ihre Tochter den Welpen genährt hat, nur um ihn am Leben zu erhalten. Sofort macht sich Banou bereit, den Welpen zum Opferaltar zu bringen und ihn der großen Mutter zu übergeben.

Und dies fällt nicht nur Raván sehr schwer, auch Hastee – ihre ältere Tochter – ist völlig entsetzt, denn Raván hatte ihr verschwiegen, dass es sich bei dem Neugeborenen um einen Welpen handelt …

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Ich bin durch Zufall auf diesen Roman gestoßen, als ich zu Gast bei der „Mülheimer Lesebühne“ der Lesung von Stefanie Philipp lauschen durfte. Die Autorin hat es sofort geschafft mich mit der Handlung, dem besonderen Schreibstil und ihrer perfekten Art des Vorlesens in ihren Bann zu ziehen.

Dieser Roman ist weder Frauenroman, noch ein klassischer historischer Roman. Er ist einfach etwas komplett anderes. Leider war zu diesem Zeitpunkt der Roman nur als Ebook oder Kindle-Version erhältlich.

Doch glücklicherweise fand das nicht nur ich sehr bedauerlich, sondern auf weiteren Lesungen wurde Stefanie Philipp immer wieder gefragt, warum der Roman nicht als klassisches Buch erhältlich sei.
Die Autorin hat den Roman dann in Eigenregie als Taschenbuch drucken lassen, ohne direkten Verlag. Das alles war erst einmal nicht wichtig. Hauptsache der Roman war/ist in gedruckter Form erhältlich. Zum Glück, kann ich nur sagen. Denn ich bin sicher, dass nun viele Besucher ihrer Lesungen bereits den Roman im Regal stehen haben.

Die Handlung des Romans ist hochinteressant und vor allem sehr gut umgesetzt. Denn, so wie ich aus dem Anhang erfahren habe, gibt es soviel nicht zu recherchieren über die Steppenfrauen oder Amazonen. Wie Stefanie Philipp diese Geschichte ausgesponnen hat, hat mich vom Anfang bis zum Ende mitgerissen.

Ein Buch voller Liebe, Gewalt, Kraft, Ausdauer, Versteckspielereien, Hass und sonstiger Gefühle, jedoch nicht annähernd kitschig. Im Gegenteil, der Roman ist sehr dramatisch und rasant. Langeweile kommt nicht eine Minute lang auf.

Der Schreibstil ist sehr gehoben, ausführlich und ausschweifend. So wie die Steppe, die Berge, die Lager, die Kämpfe und Charaktere der freien Frauen beschrieben sind, war ich gefangen in dieser Welt.

Es gibt soviele besondere Lebensarten dieser Amazonen, die hoch interessant sind, begonnen bei der Segnung/Empfängnis, bis hin zur ihrer Art zu kämpfen.

Der Roman ist nun  als einfaches Taschenbuch erschienen. Das Cover ist schlicht, gefällt mir dennoch gut. Die Seiten des Buches sind weiß und die eingerückten Zeilen sind etwas extrem. Beides mag ich persönlich nicht so sehr. Doch dies sind Dinge über die ich in diesem Fall gerne hinwegsehe.

Denn wichtig ist, dass dieses Taschenbuch zwischen den Buchdeckeln seine besondere Geschichte erzählt und nun auch die Leser erreicht, die keinen Kindle oder E-Book Reader besitzen.

Und wieder einmal der Beweis: tolle Geschichten finden sich (leider) nicht (nur) in den Bestseller-Listen oder Buchläden. Hier ist eine weitere Autorin, die eine wunderbare Arbeit geleistet hat. Plus ein(e) Schrifsteller(in) der ich – wie vielen anderen auch – Durchhaltevermögen und vor allem Erfolg wünsche.

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Mein Fazit: 5 von 5 Sternen für diesen Roman, den ich keinem wirklichen Genre zuordnen kann. Er liefert alles was eine gute Geschichte ausmacht und sie fesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Eine Geschichte um eine starke Frau, die ihren eigenen Weg geht, koste es was es wolle. Meine ganz klare Leseempfehlung. 

 

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Ich danke der Autorin Stefanie Philipp für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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